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Folgeprovisionen nach Betriebstättenschließung

BMFBMF-010221/1015-IV/4/201111.5.20112011

EAS 3220

Hat es ein amerikanischer Geschäftsvermittler übernommen, für einen internationalen Konzern den österreichischen Absatzmarkt aufzubauen und hat er diese Aufgabe unter Nutzung einer inländischen Betriebstätte dadurch erfolgreich bewältigt, dass er ein Netzwerk von Subvertretern eingerichtet hat, wobei ihm als Entgelt eine Provision von sämtlichen Konzernumsätzen durch die Subvertreter gebührt, so werden die hierdurch erzielten Gewinne als inländische Betriebstättengewinne der inländischen Besteuerung unterliegen.

Hat der amerikanische Geschäftsvermittler nach Erfüllung dieser Aufgabe den Mittelpunkt seiner Lebensinteressen unter Schließung der inländischen Betriebstätte in die USA verlegt, dann werden die ihm zufließenden Folgeprovisionen grundsätzlich als nachträgliche Einkünfte aus seiner ehemaligen Betriebstätte weiterhin gemäß Artikel 7 DBA-USA der österreichischen Besteuerung unterliegen. Denn die steuerliche Erfassung von Einkünften aus einer ehemaligen gewerblichen Tätigkeit einer Betriebstätte obliegt dem Betriebstättenstaat (VPR 2010 Rz 244 und VwGH 6.3.1984, 83/14/0107).

Die nachträglichen Einkünfte werden aber der inländischen Betriebstätte nur dann zuzurechnen sein, wenn sie kausal durch die in dieser Betriebstätte ausgeübten Funktionen erwirtschaftet worden sind. Dies wird der Fall sein, wenn der amerikanische Geschäftsvermittler die Folgeprovisionen ohne wesentliche weitere aktive Einflussnahme vereinnahmt und wenn sich daher der Provisionsanspruch schwerpunktmäßig auf die in der Betriebstätte ausgeübten Funktionen gründet.

Eine andere Beurteilung wäre erforderlich, wenn der Geschäftsvermittler den Anspruch auf Umsatzprovisionen der Subvertreter nicht nur als Entgelt dafür erhalten hat, dass er dem Konzern den Zugang zum österreichischen Absatzmarkt verschafft hat, sondern dafür, dass er auch weiterhin für die Aufrechterhaltung und den Ausbau dieses Absatzmarktes zuständig bleibt. Denn dann werden die Vergütungen für seine nachträglichen, nunmehr von den USA aus und ohne inländischer Betriebstätte unternommenen (gewerblichen) Aktivitäten nicht mehr als nachträgliche Erträge der seinerzeitigen Betriebstätte gewertet werden können, weil diesen Aktivitäten dann ein wesentliches Gewicht für die Erzielung der Folgeprovisionen zuzumessen sein wird. Denn in einem solchen Fall wird die Kausalitätsverkettung der nachträglichen Einkünfteerzielung mit der seinerzeitigen Betriebstätte zu schwach ausgeprägt sein, um die Erzielung der Folgeprovisionen noch auf den Arbeitseinsatz in der Betriebstätte zurückführen zu können. Selbst das Argument, dass ohne Betriebstätte eine Marktpräsenz gar nicht hätte aufgebaut werden können und dass diesfalls daher auch keine Folgeprovisionen hätten erzielt werden können, würde bei wesentlichem nachträglichem Arbeitseinsatz keine andere Beurteilung erfordern.

Ob der eine oder der andere Fall vorliegt, setzt Sachverhaltsermittlungen und -beurteilungen voraus, die aber nicht auf ministerieller Ebene vorgenommen werden können. Dies gilt insbesondere für die Frage, ob die nachträglichen Aktivitäten des amerikanischen Geschäftsvermittlers, wie etwa die Schulung und Unterstützung der Subvertreter, bei Gesamtwürdigung des Sachverhaltsbildes als einkünftegenerierende Faktoren zu werten sind.

Bundesministerium für Finanzen, 11. Mai 2011

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer

betroffene Normen:

Art. 7 DBA USA (E), Doppelbesteuerungsabkommen Vereinigte Staaten von Amerika (Einkommensteuer - Steuerumgehung), BGBl. III Nr. 6/1998

Schlagworte:

nachträgliche Betriebstättengewinne, Folgeprovisionen, Kausalitätsverkettung

Verweise:

VPR 2010, Verrechnungspreisrichtlinien 2010 Rz 244
VwGH 06.03.1984, 83/14/0107

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