EAS 3132
Gemäß Artikel 14 des DBA-Türkei, BGBl. Nr. 595/1973, dürfen Vergütungen, die eine in Österreich ansässige Person aus einer in der Türkei ausgeübten freiberuflichen Tätigkeit bezieht, nur in der Türkei besteuert werden. Nur dann, wenn die Aufenthalte auf türkischem Staatsgebiet 183 Tage im Kalenderjahr nicht übersteigen, verliert die Türkei gemäß Artikel 14 Abs. 2 DBA-TR das abkommensrechtlich unbegrenzte Besteuerungsrecht, behält aber gemäß Artikel 14 Abs. 3 DBA-TR immer noch ein mit 10% der Bruttobeträge beschränktes Quellenbesteuerungsrecht.
Der Begriff der "Vergütungen ... aus einem freien Beruf" ist im Abkommen nicht näher definiert. Werden österreichische Unternehmensberater in der Türkei tätig, dann erzielen diese nach österreichischer Rechtslage dann freiberufliche Einkünfte, wenn sie ihre Befähigung zur Unternehmensberatung durch ein abgeschlossenes Hochschulstudium oder durch Ablegung einer (gewerberechtlichen) Prüfung gemäß der Verordnung BGBl. II Nr. 34/1998 bzw. BGBl. Nr. 254/1978, erworben haben. Die Befähigung kann aber auch aus einer vor 1978 erworbenen Berechtigung zur Ausübung des Berufes eines Betriebsberaters oder Betriebsorganisators abgeleitet werden (VwGH 18.07.1995, 95/14/0026). Zusätzlich muss die Tätigkeit als Unternehmensberater bestimmte Beratungsgebiete umfassen (EStR 2000 Rz 5266 und AÖF Nr. 265/1992).
Die Türkei ist allerdings nicht verpflichtet, der österreichischen Rechtslage zu folgen, sondern ist auf der Grundlage von Artikel 3 Abs. 2 des Abkommens berechtigt, dem in Rede stehenden Begriff den in ihrem innerstaatlichen Recht zukommenden Begriffsinhalt zuzuschreiben, solange sich hierbei nicht ein Bedeutungsinhalt ergibt, der aus dem Abkommenszusammenhang heraus betrachtet mit Artikel 14 unvereinbar ist. Wenn Aktivitäten der klassischen Unternehmensberatung (Managementtraining und Verbesserung des "Working Capital") in der Türkei als freiberufliche Tätigkeit gewertet werden, so wird dies aber nicht als eine mit dem Abkommenszusammenhang unvereinbare Wertung zu sehen sein.
Im DBA-Türkei besteht die Besonderheit, dass das Quellenbesteuerungsrecht nach Artikel 14 nicht verloren geht, wenn der Erbringer der freiberuflichen Leistungen nicht eine natürliche Person, sondern ein "Unternehmen" ist. Auf der Grundlage von Artikel 3 Abs. 1 lit. e DBA-TR ist darunter ein Unternehmen zu verstehen, das von einer in Österreich ansässigen Person betrieben wird; diese Person kann auch eine Kapitalgesellschaft sein (Artikel 14 Abs. 4 DBA-TR).
Werden daher von einer österreichischen Consulting GmbH für einen türkischen Kunden in 6 türkischen Städten Analysen und Beratungen durchgeführt, dann hat die Türkei das abkommensrechtlich nicht begrenzte Besteuerungsrecht an den Beratungshonoraren, wenn die österreichische GmbH als "Empfänger" der Vergütungen sich durch ihre Mitarbeiter länger als 183 im Kalenderjahr in der Türkei "aufhält". Es ist daher nicht wesentlich, ob es sich bei den 6 Projekten um in sich geschlossene und voneinander getrennte Beratungsprojekte handelt, von denen jedes Projekt innerhalb von weniger als 183 Tagen abgeschlossen ist und durch jeweils wechselnde Beratungsteams betreut wird. Nimmt daher der türkische Kunde einen 20-prozentigen Steuerabzug von den Beratungshonoraren vor, so wäre dies durch Artikel 14 Abs. 4 gedeckt. Beruft sich allerdings der türkische Kunde auf Artikel 14 Abs. 3, dann dürfte er nur einen 10-prozentigen Steuerabzug vornehmen.
Von Artikel 14 Abs. 4 erfasste Einkünfte sind gemäß Artikel 23 Abs. 1 des Abkommens auf österreichischer Seite von der Körperschaftsbesteuerung freizustellen; denn das bei Artikel 14 vorgesehene Anrechnungsverfahren bezieht sich nur auf Fälle des 10-prozentigen Steuerabzuges (Artikel 14 Abs. 3 und Abs. 5 DBA-TR).
Bundesministerium für Finanzen, 17. Februar 2010
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer |
betroffene Normen: | Art. 14 DBA TR (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Türkei (Einkommen- und Vermögenssteuer - Steuerumgehung), BGBl. Nr. 595/1973 |
Schlagworte: | Unternehmensberater, freiberufliche Tätigkeiten, 183-Tage-Frist |
Verweise: | VwGH 18.07.1995, 95/14/0026 |