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EWR-konforme Besteuerung von Gewinnausschüttungen an eine liechtensteinische Aktiengesellschaft

BMFBMF-010221/1735-IV/4/20081.7.20082008

EAS 2976

Bezieht eine in Liechtenstein ansässige Aktiengesellschaft, der 15% der Anteile einer österreichischen GmbH gehören, von dieser GmbH eine Gewinnausschüttung, dann ist die österreichische Kapitalertragsteuer (wenn die Gewinnausschüttung auch in Anwendung der wirtschaftlichen Betrachtungsweise der liechtensteinischen AG zuzurechnen ist) gemäß Artikel 10 Abs. 2 DBA-Liechtenstein auf 15% herabzusetzen. Aus der Mutter-Tochterrichtlinie ist in diesem Zusammenhang keine weitere Steuerentlastung zu gewinnen, da diese EG-Richtlinie nur für die Mitgliedstaaten der EG und nicht auch für die EWR-Staaten gilt und ein Verstoß gegen die Grundfreiheiten des EWR-Vertrages wegen der fehlenden Amtshilfebereitschaft Liechtensteins nicht vorliegen kann (EAS 2956).

Es ist wohl richtig, dass nach der Rechtsprechung des EuGH (EuGH 18.12.2007, C-101/05 , Rechtssache "A") fehlende Amtshilfe durch Informationsaustausch nur dann einen Grund für eine Verweigerung einer Steuerbefreiung darstellt, wenn für die Steuerbehörde das Vorliegen der Voraussetzungen für die Steuerbefreiung "nur in der Weise nachgeprüft werden kann, dass sie Auskünfte beim Niederlassungsstaat .... einholt". Doch kann ein von der liechtensteinischen Steuerverwaltung bestätigtes Formular ZS-QU2 nicht als "Ersatz" für eine Prüfung im Amtshilfeweg gewertet werden. Denn in Abschnitt IV des Formulars bestätigt die liechtensteinische Steuerverwaltung nichts anderes als die Ansässigkeit des liechtensteinischen Gesellschafters im Sinn des DBA-Ö/FL. Das Formular verzichtet im Bestätigungsteil des Abschnitts IV bewusst darauf, die ausländische Verwaltung zu nötigen, auch die Verantwortung für die Richtigkeit der übrigen Angaben des Dividendenempfängers (insb. betriebliche Aktivität, eigene Arbeitskräfte, eigene Räumlichkeiten, steuerliche Zurechnung der Gewinnausschüttung) zu übernehmen; ein Verlangen nach inhaltlicher Prüfung solcher Aspekte durch die bestätigende ausländische Verwaltung - die idR nur im Rahmen von Außenprüfungen möglich ist - würde idR einer Sofortbescheinigung des Formulars durch die DBA-Partnerverwaltung entgegenstehen. Kommt daher beispielsweise im Rahmen einer österreichischen Außenprüfung bei der ausschüttenden Gesellschaft der Verdacht einer Steuerumgehung auf (zB es werden erstmals in einem späteren Prüfungsverfahren Umstände aufgedeckt, die Anlaß für die Vermutung sind, dass die Beteiligung in wirtschaftlicher Betrachtungsweise treuhändig für eine US-Konzerngesellschaft gehalten wird), bedarf es zur Aufklärung einer Zusammenarbeit zwischen den beiden Steuerverwaltungen.

Bundesministerium für Finanzen, 1. Juli 2008

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer

betroffene Normen:

Art. 10 Abs. 2 DBA FL (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Liechtenstein (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. Nr. 24/1971
§ 21 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961

Schlagworte:

Amtshilfe, EWR-Grundfreiheiten, ZS-QU2, Ansässigkeitsbestätigung, Steuerumgehung, wirtschaftliche Betrachtungsweise

Verweise:

EuGH 18.12.2007, Rs C-101/05
Mutter-Tochter-Richtlinie, RL 90/435/EWG , ABl. Nr. L 225 vom 20.08.1990 S. 6
EAS 2956

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