EAS 2937
Hat eine italienische Gesellschaft (I-SPA) unter Zwischenschaltung einer österreichischen Tochter-Holdinggesellschaft (Ö-GmbH) und einer dieser untergeordneten Mauritius-Holdinggesellschaft (M-Holding) zahlreiche operative Gesellschaften in verschiedenen afrikanischen Staaten errichtet, dann kann in einer solchen Konstruktion jedenfalls keine Umgehung österreichischer Steuern gesehen werden und es kann folglich kein Rechtsmissbrauch im Sinn des § 22 BAO vorliegen.
Ob ein schädlicher Unternehmensschwerpunkt der niedrig besteuerten M-Holding vorliegt und ob daher auf der Grundlage von § 10 Abs. 4 KStG 1988 die internationale Schachtelbefreiung für die Gewinnausschüttungen der M-Holding an die Ö-GmbH verloren geht, ist zum großen Teil eine Sachverhaltsfrage, die von der örtlich zuständigen Abgabenbehörde zu entscheiden ist. Allerdings wird hierbei zu beachten sein, dass nach § 2 Z 2 der VO BGBl. II Nr. 295/2004 ein schädlicher Unternehmensschwerpunkt der M-Holding nur dann vorliegt, wenn ihr Kapital überwiegend und nachhaltig im schädlichen Bereich (hier: Erzielung von Zinsen) eingesetzt wird, wobei das "Gesamtbild der Verhältnisse" maßgeblich ist.
Dieses Gesamtbild der Verhältnisse spricht im geschilderten Fall für einen unschädlichen Unternehmensschwerpunkt, da 92% des Kapitals der M-Holding in den Afrika-Beteiligungen (inkl. 15% eigenkapitalersetzende Darlehen an die Afrika-Gesellschaften) und nur 8% in Darlehen an diese Gesellschaften angelegt sind. In einem solchen Fall kann der Umstand, dass in den Anlaufjahren der Afrika-Geschäfte wegen Verlustvorträgen und Reinvestitionen nur geringe Dividenden bei der M-Holding eingelangt sind und daher in diesen Jahren die aus den Darlehensforderungen eingehenden Zinsen im Verhältnis 13 : 1 das Übergewicht hatten, nicht isoliert davon gesehen werden, dass nach Eintritt größerer Erfolge der Afrika-Tochtergesellschaften im Jahr 2007 so hohe Gewinnausschüttungen an die M-Holding erfolgten (10 Mio USD gegenüber bisher zugeflossenen Zinsen von 3 Mio USD), dass diese nunmehr eine Weiterausschüttung an die Ö-Holding vornehmen kann. Das Gesamtbild dieser Verhältnisse deutet auf einen fehlenden Schädlichkeitscharakter hin.
Würde die M-Holding identitätswahrend mit Satzungssitz und Geschäftsleitung nach Italien verlegt (dies ist nach vorliegenden Informationen nach dem Recht beider Staaten möglich) würde dies nach österreichischem Steuerrecht nicht in eine fiktive Liquidation mit gleichzeitig fiktivem Erwerb der Anteile der nach Italien transferierten (fiktiv neuen) M-Holding umqualifiziert werden; denn es hat in einem solchen Fall weder formal noch wirtschaftlich betrachtet eine Liquidation stattgefunden. Wird in der Folge die nunmehr italienisch gewordene M-Holding (im Firmenwortlaut wird Ltd durch Spa ersetzt) in Italien tatsächlich liquidiert, dann wäre dieser Vorgang in Italien gemäß Art. 13 Abs. 3 DBA-Italien steuerfrei zu stellen. Der Vorgang wäre in Österreich kraft internationaler Schachtelbefreiung ebenfalls - ohne Sanktion des § 10 Abs. 4 KStG 1988 - steuerfrei. Allerdings nicht deshalb, weil Italien die Zinsen und Beteiligungserträge der M-Holding ausreichend hoch besteuert "hätte" (falls sie nach Sitzverlegung zugeflossen wären), sondern weil - nach der oben dargelegten Annahme - das Gesamtbild der Verhältnisse keinen Schädlichkeitscharakter erkennen lässt.
Bundesministerium für Finanzen, 25. Jänner 2008
Zusatzinformationen | |
---|---|
Materie: | Steuer |
betroffene Normen: | § 22 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Schlagworte: | Methodenwechsel, schädlicher Unternehmensschwerpunkt, Gewinnausschüttungen, identitätswahrende Sitzverlegung, internationale Schachtelbegünstigung |