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Information zur Barbewegungsverordnung und ergänzende Ausführungen zum Durchführungserlass

BMFBMF-010102/0001-IV/2/20073.8.20072007Information zur Barbewegungsverordnung und ergänzende Ausführungen zum Durchführungserlass

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer

betroffene Normen:

§ 131 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 163 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Barbewegungs-VO, BGBl. II Nr. 441/2006

Schlagworte:

Barbewegungsverordnung, Aufzeichnungspflichten, Losungsermittlung

Verweise:

§ 131 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 132 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961

1. Allgemeines

Details der Losungsermittlung, der Einzelaufzeichnungspflichten bei den Barbewegungen, sowie die diesbezüglichen Ausnahmebestimmungen sind der Barbewegungsverordnung und dem Durchführungserlass (mit Beispielen) vom 27.12.2006, BMF-010102/0004-IV/2/2006, zu entnehmen.

Mit diesem ergänzenden Ausführungen zum Durchführungserlass sollen im Wesentlichen allfällige in diesem Zusammenhang auftretende Zweifelsfragen geklärt werden.

2. Branchenpauschalierungen - § 17 EStG 1988 und Einzelaufzeichnung der Barbewegungen

Einzelaufzeichnungspflicht gilt auch bei pauschalierten Gewinnermittlern nach § 17 EStG 1988, allerdings nur hinsichtlich jener Größen die im Rahmen der Pauschalierungsbestimmungen nicht pauschal ermittelt werden[1] . Insoweit Branchenpauschalierungen Aufzeichnungserleichterungen festlegen, gelten diese grundsätzlich als lex specialis im Verhältnis zu den allgemeinen Aufzeichnungspflichten der BAO.

3. Losungsermittlung durch Rückrechnung (Kassasturz) bzw. Einzelaufzeichnungen

Schon bisher bestand der Grundsatz, dass die Betriebseinnahmen einzeln zu erfassen sind. Die Ermittlung der Tageslosung durch Rückrechnung (Kassasturz) war als Ausnahme gedacht, die jeder Unternehmer in Anspruch nehmen konnte (Abschn. 3.1.2 und 4.1.3 im Durchführungserlass zu § 126 ff BAO vom 22.5.1990).

Nunmehr wurde diese Ausnahmebestimmung durch die gesetzliche Änderung in § 131 Abs. 1 Z 2 BAO und der Barbewegungsverordnung auf die genannten Abgabepflichtigen begrenzt, denen eine Einzelerfassung aufgrund Betriebsgröße oder Umstände der Geschäftsabwicklung nicht zumutbar erscheint.

Bei Vorliegen von Einzelaufzeichnungspflicht bleibt jedem Steuerpflichtigen die Auswahl der Art der Erfassung (Grundlagensicherung) selbst vorbehalten[2] .

Mindesterfordernis nach § 131 Abs. 2 Z 1 BAO ist den einzelnen Bareingang aufzuzeichnen, wenn allerdings zusätzliche Aufzeichnungen geführt werden, die für die Abgabenhebung von Bedeutung sind, unterliegen auch diese der Aufbewahrungspflicht.

So stellen etwa neben den im Durchführungserlass zur Barbewegungsverordnung beispielsweise aufgezählten Möglichkeiten grundsätzlich auch Registrierkassenstreifen von elektronischen Tischrechnern oder elektronischen Registrierkassen geeignete Einzelaufzeichnungen dar.

Es besteht keine Pflicht zur Anschaffung von elektronischen Registrierkassen.

Die verwendeten Registrierkassen sollen jedoch den seit 1999 geltenden Rechtsvorschriften[3] entsprechen (§§ 131 Abs. 3 und 132 Abs. 3 BAO sowie Erlass des BMF vom 5.3.1999, 02 2251/5-IV/2/99 in AÖF Nr. 76/1999 und Erlass des BMF vom 3.7.2000, 02 2251/3-IV/2/00, veröffentlicht in AÖF Nr. 138/2000).

Man soll grundsätzlich unterscheiden zwischen Losungsermittlung und Grundlagensicherung.

Die Losungsermittlung kann entweder durch Summierung der einzelnen Bareinnahmen oder durch Rückrechnung (bzw. Kassasturz) erfolgen.

Die Grundlagensicherung bezweckt die einzelnen Geschäftsfälle, wie Bareingänge und Barausgänge festzuhalten (siehe Abschn. 4.5 Durchführungserlass zu § 126 ff BAO vom 22.5.1990, GZ 02 2261/4-IV/2/90). Eine Erfassung und Eintragung in den Büchern und Aufzeichnungen hat nach Maßgabe der in § 131 Abs. 1 Z 2 BAO angeführten Frist zu erfolgen.

4. Strichlisten

Strichlisten sind keine Methode der Losungsermittlung, sondern dienen primär der Grundlagensicherung. Die Losungsermittlung erfolgt durch Summierung der im Rahmen der Grundlagensicherung erfassten Einnahmen.

Strichlisten sollen sich laut Barbewegungserlass auf die einzelnen Barbeträge beziehen und diese geschäftsfallbezogen darstellen. Wenn nur die Anzahl der verkauften Waren nach Warengruppen und Preisen getrennt - unabhängig von Geschäftsfall/Bareingang aufgezeichnet werden - und die Tageslosung durch Zusammenfassung der auf die jeweilige Warengruppe errechneten Teilsummen ermittelt wird, ohne dass der einzelne Bareingang erfasst wurde bzw. ermittelt werden kann, ist dies unzureichend.

Auch bereits im Durchführungserlass zu §§ 126 BAO ff, Abschn. 4.5 (AÖF Nr. 169/1990) werden Strichlisten als zulässiges Instrument zur Grundlagensicherung angeführt, wenn damit die Bargeldbewegungen festgehalten werden. Unabhängig vom Wortlaut des Erlasses wurden jedoch in der Verwaltungspraxis i.A. so genannte Stricherllisten, mit denen nur Waren in Warengruppen aufgezeichnet wurden, als ausreichend angesehen. Bei Einzelaufzeichnungspflicht sind derartige Aufzeichnungen aufgrund der Änderungen in § 131 BAO zur Grundlagensicherung allein nicht mehr ausreichend.

5. Bonverkauf/unbare Bezahlung

Bisherige Regelungen verlieren durch den Durchführungserlass zur Barbewegungsverordnung, insoweit sie dazu nicht im Widerspruch dazu stehen, keine Änderung[4] .

Bei Bonverkauf (Verkauf von Gutscheinen, die zum Bezug von Waren/Dienstleistungen berechtigen) kommt es zu keiner Änderung der bisherigen Regelung (siehe Abschn. 4.2 Abs. 2 des Durchführungserlasses zu § 126 ff BAO vom 22.5.1990, GZ 02 2261/4-IV/2/90), dabei ist der Bonverkauf und nicht die Warenausgabe für die Aufzeichnung maßgeblich.

Falls Waren oder Dienstleistungen zur Gänze gratis abgegeben werden (etwa Gratisbon), sind diese bei der Losungsermittlung grundsätzlich nicht zu erfassen. Aufzeichnungen darüber sind jedoch aufzubewahren, da für die Abgabenerhebung von Bedeutung. Damit kann im Fall einer Kalkulation bei einer Außenprüfung der Verbleib der Fehlmengen erklärt werden.

Bei Bezahlung mittels Kredit- oder Bankomatkarte gibt es auch keine Änderung der bisherigen Rechtslage (siehe Abschn. 4.2 Abs. 1 des Durchführungserlasses zu § 126 ff BAO vom 22.5.1990, GZ 02 2261/4-IV/2/90), wobei grundsätzlich die einzelnen pro Geschäftsfall bezahlten Beträge wie Barbewegungen zu erfassen sind.

6. Tischabrechnung

Die Regelung hinsichtlich Tischabrechnung[5] sind als Erleichterung für den Fall gedacht, wenn nach Bonierung des Gesamttisches, die Kunden einzeln zeitnah bezahlen wollen. Damit soll ein nachträgliches Storno und eine neue Bonierung für den jeweiligen Einzelkunden vermieden werden. Der Zeitpunkt der Bonierung muss nicht der Inkassozeitpunkt sein, er kann, je nach Kassensystem, auch etwa der Zeitpunkt der Bestellung (Bonanlage) sein, sollte jedoch grundsätzlich einheitlich sein.

7. Automatenumsätze

Nach Abschn.1.2.5 des Durchführungserlasses wurde die Möglichkeit geschaffen durch Aufzeichnung der Anzahl der verkauften Waren/Leistungen für jeden einzelnen Automaten, sowie der vereinnahmten Erlöse im Fall der Einzelaufzeichnungspflicht den gesetzlichen Bestimmungen bzw. der Barbewegungsverordnung zu entsprechen, wobei auch die Zählwerkstände bei vorhandenen Zählwerken aufzuzeichnen sind.

Dies schließt nicht mit ein, dass Automaten ohne Zählwerke nachgerüstet werden müssen.

Bei Automaten mit gleichpreisigen Waren/Dienstleistungen kann der Einzelumsatz durch Division von Kasseninhalt/Einzelpreis ermittelt werden.

Bei Automaten ohne Zählwerk mit unterschiedlichen Preisen, lassen sich die verkauften Waren und erzielten Einnahmen durch Bestandsverrechnung (Endbestand - Anfangsbestand bzw. Nachfüllmenge, sowie ermittelte Einnahmen durch Kassenentleerung) ermitteln.

Die Erleichterungen bei der Losungsermittlung gelten nur für die im Durchführungserlass angeführten Waren- und Dienstleistungsautomaten. Für Glückspielautomaten gilt die normale Einzelaufzeichnungspflicht.

8. Ermittlung der 150.000 Euro Grenze

Die Umsatzgrenze ist grundsätzlich betriebsbezogen zu ermitteln[6] , wobei die Ausnahmeregelung nach § 2 der Barbewegungsverordnung (kalte Händeregelung) unabhängig von der Umsatzgrenze zur Anwendung kommt.[7]

Weiters finden bei der Ermittlung der Umsatzgrenze die unter § 2 der Barbewegungsverordnung fallenden - "kalte Hände Umsätze" keine Berücksichtigung.[8]

9. Verkaufsfahrzeuge/fest umschlossene Räumlichkeiten

Die Abgrenzung fest umschlossene Räumlichkeit/offene Verkaufsbude ist auch bei Verkaufsfahrzeugen maßgeblich[9] .

Wenn daher eine nach einer Seite hin vollständig offene Verkaufsbude Räder hat, fällt sie unter § 2 der Barbewegungsverordnung ("kalte Hände Regelung").

Wenn bei einem Verkaufsbus der Verkauf und das Inkasso im Freien vor dem Bus stattfindet, der Bus lediglich als Lagerraum dient und ein Aufenthalt im Bus nicht zumutbar ist, kommt

§ 2 der Barbewegungsverordnung zur Anwendung[10] .

Nach einer Seite hin vollständig offen ist eine Räumlichkeit dann, wenn sie ab der üblichen Höhe für Verkaufstheken in voller Breite offen ist und während der Geschäftszeiten nicht geschlossen werden kann.

10. In Verbindung mit fest umschlossenen Räumlichkeiten

Umsätze die im Freien in Verbindung mit fest umschlossenen Räumlichkeiten getätigt werden (zB in Gastgarten vor dem Gasthaus), fallen nicht unter die Ausnahmebestimmung des § 2 der Barbewegungs-VO. Ein Umsatz wird in Verbindung mit einer fest umschlossenen Räumlichkeit durchgeführt, wenn einerseits das örtliche Naheverhältnis zur fest umschlossenen Räumlichkeit gegeben ist und andererseits auch der einzelne Umsatz in Verbindung mit einer fest umschlossenen Räumlichkeit durchgeführt wird. Wenn daher im Rahmen der Verkaufstätigkeit bei Verkäufen im Freien bei Ausführung des einzelnen Umsatzes (Geschäftsfalles) auch Waren aus der fest umschlossenen Räumlichkeit (Gasthaus) zum Kunden gebracht oder das Inkasso im Gasthaus vorgenommen wird, besteht eine Verbindung zur fest umschlossenen Räumlichkeit. Wobei allerdings etwa das tägliche Nachfüllen der Lagerbestände des Verkaufstandes im Freien diese Verbindung nicht begründet.

10.1. Benachbarte Betriebstätten:

Wenn ein Unternehmer an 2 benachbarten Betriebstätten unterschiedliche Tätigkeiten (etwa Geisterbahn und Autodrom) ausübt, von denen eine Betriebstätte unter § 2 der Barbewegungsverordnung fällt, sind diese getrennt zu betrachten. In der Geisterbahn wird beispielsweise in einer festumschlossenen Räumlichkeit (Kassa) kassiert und beim Autodrom der Umsatz im Freien ausgeübt und im Freien mittels "Schürzeninkasso" durch einen Mitarbeiter kassiert. Es besteht keine Verpflichtung, das Inkasso für das Autodrom in der benachbarten Geisterbahn vorzunehmen, da in jedem Betrieb unterschiedliche nicht miteinander verbundene Leistungen an verschiedene Kunden, an 2 unterschiedlichen Betriebsorten erbracht werden.

11. Verletzung der Formvorschriften des § 131 BAO

Wenn die Formvorschriften des § 131 BAO verletzt werden, haben die Bücher und Aufzeichnungen nicht mehr die Fiktion der Ordungsmäßigkeit des § 163 BAO (die Vermutung sie seien auch inhaltlich richtig) für sich. Dies zieht allerdings nicht eine automatische Schätzungsberechtigung der Behörde nach sich. Es ist vielmehr nach der Sachlage des Einzelfalls anhand der vorhandenen Bücher und Aufzeichnungen, Unterlagen und sonstiger Beweismittel zu prüfen, ob nach dem Gesamtbild der Verhältnisse ein begründeter Anlass gegeben ist, auch die sachliche Richtigkeit in Zweifel zu ziehen. Dies kann auch dann der Fall sein, wenn wegen Verletzung der Mitwirkungspflicht ein Überprüfung der Vollständigkeit und Richtigkeit der Besteuerungsgrundlagen nicht möglich ist (§ 163 Abs. 2 BAO).

Eine Verletzung der gesetzlich auferlegten Pflicht ist sohin dann gegeben, wenn durch Verweigerung der Mitwirkung (Ursächlichkeit der Pflichtverletzung[11] ) eine Überprüfung der Vollständigkeit und Richtigkeit der Besteuerungsgrundlagen nicht möglich ist.

Auch im Fall einer Schätzungsberechtigung nach § 184 BAO, etwa bei gravierenden Verstößen gegen die Mitwirkungspflichten[12] , hat die Behörde den wahren Besteuerungsgrundlagen möglichst nahe zu kommen und die vorliegenden Beweismittel entsprechend zu würdigen.

Bundesministerium für Finanzen, 3. August 2007

[1] siehe Durchführungserlass Abschn.1.1

[2] siehe Durchführungserlass Abschn. 1.2.1. , letzter Satz

[3] siehe auch ARD 5515/18/2004

[4] siehe Durchführungserlass Barbewegungsverordnung, Einleitung

[5] siehe Durchführungserlass Abschn. 1.2.3.

[6] siehe Durchführungserlass Abschn. 2.2.1.

[7] siehe § 2 Barbewegungs-VO; BGBl. II Nr.441/2006

[8] siehe Durchführungserlass Abschn. 2.3.1 und angeführte Beispiele

[9] siehe Durchführungserlass Abschn. 2.3.3.

[10] siehe Durchführungserlass Abschn. 2.3.3., 4. Absatz

[11] arg. leg cit. : "wegen"

[12] siehe EB in der Regierungsvorlage zu den Änderungen des § 163 BAO

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Materie:

Steuer

betroffene Normen:

§ 131 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 163 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Barbewegungs-VO, BGBl. II Nr. 441/2006

Schlagworte:

Barbewegungsverordnung, Aufzeichnungspflichten, Losungsermittlung

Verweise:

§ 131 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 132 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961

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