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Qualifikationskonflikt im Fall einer deutschen Betriebsaufspaltung

BMFT 238/1-IV/4/0210.12.20022002

EAS 2185

Verlegt ein deutscher Industrieller seinen Wohnsitz nach Österreich, so tritt er damit in die österreichische unbeschränkte Steuerpflicht ein, derzufolge seine deutschen Einkünfte künftighin nach österreichischem Recht zu ermitteln sind.

Ist der Industrielle zu 24% an einer (immobilienverwaltenden) deutschen GmbH&Co KG beteiligt, die ihren Immobilienbesitz an eine deutsche Betriebs-AG vermietet, deren Anteile im Wege einer vermögensverwaltenden deutschen Gesellschaft bürgerlichen Rechts zu 50% von dem Industriellen gehalten werden, und werden unter diesen Gegebenheiten nach deutschem Recht zum einen die Vermietungseinkünfte in gewerbliche Einkünfte umtransformiert und zum zweiten die Anteile an der Betriebs-AG zum notwendigen Betriebsvermögen der deutschen KG erklärt, dann wird durch solche Wirkungen des deutschen Steuerrechtes mit dem Zuzug nach Österreich zumindest teilweise ein zur Doppelbesteuerung führender Qualifikationskonflikt erzeugt. Denn die Beteiligung an der Betriebs-AG würde auf österreichischer Seite nicht als notwendiges Betriebsvermögen der deutschen vermögensverwaltenden KG gewertet und folglich dem Privatvermögen des nach Österreich zugezogenen Industriellen zugerechnet. Nach österreichischem Recht müssten folglich die von der deutschen Betriebs-AG ausgeschütteten Gewinne unter Artikel 10 DBA-Deutschland subsumiert und der österreichischen Besteuerung unterworfen werden.

Wenn allerdings nach deutschem Recht eine zwingende Zurechnung der Gewinnausschüttungen zu einer nach deutschem Recht bestehenden Betriebstätte der deutschen Besitz-KG zu erfolgen hat, dann kann Deutschland nicht entgegengetreten werden, wenn es auf der Grundlage von Artikel 3 Abs. 2 des Abkommens das Besteuerungsrecht an den (auch die Dividendenausschüttung inkludierenden) deutschen Betriebstätteneinkünften in Anspruch nimmt. Denn das Abkommen selbst enthält keine Anweisungen in Bezug auf die Zurechnung von Betriebsvermögen an Betriebstätten, sodass diese "Lücke" zutreffenderweise durch innerstaatliches deutsches Recht gefüllt werden darf.

Nimmt aber Deutschland solcherart in Übereinstimmung mit dem Abkommen ein Besteuerungsrecht in Anspruch, dann verpflichtet dies Österreich gemäß Artikel 23 Abs. 2 des Abkommens zur Steuerfreistellung (siehe zB auch EAS 1441 oder EAS 2062).

10. Dezember 2002 Für den Bundesminister: Dr. Loukota

Für die Richtigkeit der Ausfertigung:

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer

betroffene Normen:

Art. 3 Abs. 2 DBA D (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Bundesrepublik Deutschland (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. III Nr. 182/2002
Art. 10 DBA D (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Bundesrepublik Deutschland (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. III Nr. 182/2002
Art. 23 Abs. 2 DBA D (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Bundesrepublik Deutschland (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. III Nr. 182/2002

Schlagworte:

Qualifikationskonflikt, Betriebsaufspaltung, Wohnsitzverlegung, Zuzug, immobilienverwaltende Gesellschaften, vermögensverwaltende Gesellschaften, Vermietungseinkünfte, gewerbliche Einkünfte, Gewinnausschüttungen, Betriebstätteneinkünfte, Dividendenausschüttung, Zurechnung, notwendiges Betriebsvermögen

Verweise:

EAS 1441
EAS 2062

Stichworte