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Lebensmittelpunkt eines Deutschen mit Wohnsitzen in drei Staaten

BMFW 92/1-IV/4/0013.3.20002000

EAS 1608

 

Hat ein deutscher Staatsbürger in Liechtenstein gemeinsam mit zwei anderen Partnern eine Produktionsgesellschaft aufgebaut, die ihre Produkte über eine ihm gehörende liechtensteinische Vertriebsgesellschaft mit österreichischer Tochtergesellschaft vertreibt, und verfügt er über Mietwohnungen in Liechtenstein und Österreich sowie über ein Haus auf Ibiza dann tritt infolge der inländischen Mietwohnung wohl unbeschränkte Steuerpflicht ein, doch bedarf zusätzlich die Frage der Klärung, ob Österreich hiedurch im Verhältnis zu Liechtenstein und zu Spanien der "Ansässigkeitsstaaat" im Sinn der jeweiligen Doppelbesteuerungsabkommen geworden ist.

Der Umstand, dass der Deutsche nach wie vor auf Werkvertragsbasis führend an der Produktentwicklung in Liechtenstein mitarbeitet und seine Haupteinnahmsquelle aus diesem wirtschaftlichen Engagement in Liechtenstein stammt, spricht dafür, dass seine stärksten wirtschaftlichen Interessen in Liechtenstein liegen. Der weitere Umstand, dass sich seine Lebensgefährtin und das gemeinsame Kind ständig in der spanischen Villa aufhalten, spricht für eine starke persönliche Bindung an den spanischen Wohnsitz; doch auch wenn der VwGH die Bedeutung der persönlichen Beziehungen über jene der wirtschaftlichen stellt (VwGH 22.3.1991, 90/13/0073), erscheint im vorliegenden Fall, vor allem bei zeitlich untergeordneten Aufenhalten in Ibiza eher unwahrscheinlich, dass von einem Lebensmittelpunkt in Spanien gesprochen werden kann.

Dass für die Zeit der Pensionierung in Österreich seit mehreren Jahren an der Errichtung eines österreichischen Hauses gearbeitet wird, spricht dafür, dass eine Verlagerung des Lebensmittelpunktes nach Österreich in der Zukunft geplant ist, kann indessen nicht als Begründung dafür herangezogen werden, dass diese Verlagerung bereits stattgefunden hat. Auch der Umstand, dass der Eintritt einer schweren Erkrankung langdauernde Aufenthalte in einem österreichischen Spital erforderlich machte, sodass hiedurch der Jahresaufenthalt in Österreich sogar 183 Tage überschritten hat, reicht für sich allein betrachtet noch nicht aus, um den Lebensmittelpunkt als in Österreich gelegen anzunehmen.

Allerdings können Fragen dieser Art nicht im EAS-Verfahren einer Klärung zugeführt werden, da hiefür umfassendere Sachverhaltsermittlungen erforderlich sind, deren Vornahme dem zuständigen österreichischen Finanzamt vorbehalten werden müssen.

Sollte seitens der liechtensteinischen Steuerverwaltung die Auffassung vertreten werden, dass Liechtenstein Ansässigkeitsstaat im Sinn des österreichisch-liechtensteinischen Doppelbesteuerungsabkommens ist und hierüber eine diesbezügliche Bescheinigung ausgestellt werden, und sollte das österreichischen Finanzamt den gegenteiligen Standpunkt vertreten, dann müsste diese Frage im Rahmen eines Verständigungsverfahrens einer Klärung zugeführt werden.

13. März 2000 Für den Bundesminister: Dr. Loukota

Für die Richtigkeit der Ausfertigung:

 

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer

betroffene Normen:

§ 26 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961

Schlagworte:

183-Tage-Frist, Mittelpunkt der Lebensinteressen, Verständigungsverfahren

Verweise:

VwGH 22.03.1991, 90/13/0073

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