EAS 868
Schließt sich ein österreichischer Anwalt einer international tätigen Sozietät an, die in der Rechtsform einer (im Ausland errichteten) Personengesellschaft geführt wird und erfolgt hierbei eine Übertragung der inländischen Kanzlei in das Vermögen der Personengesellschaft nach den hiefür maßgebenden Grundsätzen des Art. IV Umgründungssteuergesetz, dann stellt das inländische Anwaltsbüro fortan eine inländische "feste Einrichtung" (im Sinn von Art. 14 OECD-Musterabkommen) der zu der Personengesellschaft zusammengeschlossenen Anwälte dar. Die ausländische Personengesellschaft muss demgemäß in Österreich Erklärungen für die einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellung einreichen, in der die Gewinnanteile sämtlicher Partner in dem Ausmaß ausgewiesen werden, in dem sie der inländischen festen Einrichtung zuzuordnen sind. Dies gilt auch dann, wenn in dem österreichischen Büro ausschließlich der österreichische Partner freiberufliche Tätigkeiten ausübt; auch in diesem Fall ist der der inländischen Einrichtung zuzuordnende Gewinn aliquot in den Händen aller Partner steuerlich zu erfassen.
Angesichts des Umstandes, dass der in dem inländischen Büro erzielte Gewinn nicht als solcher dem österreichischen Anwalt verbleibt, sondern genauso wie jener aller anderen Büros in der Personengesellschaft gepoolt und in der Folge auf die Partner - nach anderen Kriterien als jenen des individuellen Erfolges - aufgeteilt wird, erscheint diese aus der österreichischen innerstaatlichen Rechtslage (Bilanzbündeltheorie) folgende Vorgangsweise rechtstheoretisch sachgerecht. Dass in einem solchen Fall durch eine Aufteilung des inländischen Büroergebnisses auf sämtliche Partner der Sozietät eine Progressionsermäßigung - möglicherweise sogar ein Unterschreiten der für die beschränkt steuerpflichtigen ausländischen Partner maßgebenden Einkommensschwelle - erzielt werden kann, ist unbefriedigend, muss aber bei dem aus der geltenden Rechtslage resultierenden Besteuerungskonzept der Personengesellschaften hingenommen werden.
Wollte man das DBA derart interpretieren, dass es bei Freiberuflern ein Besteuerungsrecht an den Gewinnen einer "festen Einrichtung" in dem Maße dem Staat der festen Einrichtung überträgt, als darin eine persönliche Tätigkeit eines Freiberuflers ausgeübt wird, sollte sonach das Abkommen so ausgelegt werden, dass es gestattet, den gesamten inländischen Gewinn in den Händen des österreichischen Anwaltes zu besteuern, dann würde dies ein noch unbefriedigenderes Ergebnis zeitigen; denn eine solche DBA-Interpretation könnte Österreich nicht davon entbinden, das Besteuerungsverfahren nach inländischem Recht ablaufen zu lassen und demzufolge eine einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellung für alle Partner vorzunehmen. Legt man das Abkommen unter solchen Gegebenheiten so aus, dass es nun untersagt, die Gewinnteile der nicht im österreichischen Büro tätig gewesenen Partner zu besteuern, dann würde diesfalls das österreichische Besteuerungsrecht an den Anteilen der ausländischen Partner noch zusätzlich verloren gehen.
30. April 1996 Für den Bundesminister: Dr. Loukota
Für die Richtigkeit der Ausfertigung:
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer |
betroffene Normen: | OECD-MA, OECD-Musterabkommen |
Schlagworte: | feste Einrichtungen, feste Geschäftseinrichtung, feste örtliche Einrichtung, Zurechnung, freiberufliche Tätigkeit |
Verweise: | UmgrStG, Umgründungssteuergesetz, BGBl. Nr. 699/1991 |