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Einkünfteaufteilung bei Auslandsentsendungen von Arbeitskräften

BMFA 13/4-IV/4/963.7.19961996

EAS 906

Für die Beurteilung, ob im Fall einer Arbeitskräfteentsendung nach Deutschland, der Bundesrepublik Deutschland Besteuerungsrechte nach Artikel 9 DBA-Deutschland zufallen, ist entscheidend, ob die 183-Tagefrist durch die Entsendung nach Deutschland überschritten worden ist. Die hierbei anzuwendende Zählweise ergibt sich aus AÖFV. Nr. 331/1991: maßgebend sind die tatsächlichen (vollen oder teilweisen) Aufenthaltstage in Deutschland, ungeachtet, ob es sich hierbei um Arbeits-, Urlaubs-, Krankentage udgl. gehandelt hat. Überschreiten die tatsächlichen Aufenthaltstage - gleichgültig ob vorhersehbar oder nicht - die genannte Frist, dann erwächst in diesem Kalenderjahr ein Besteuerungsanspruch Deutschlands, der mit einer korrespondierenden Steuerfreistellungsverpflichtung in Österreich verknüpft ist.

Von dieser - OECD-einheitlich geregelten - Zählweise ist die andere Frage zu unterscheiden, wie nun die Aufteilung der Arbeitseinkünfte zwischen Deutschland und Österreich vorzunehmen ist. Geht man davon aus, dass die aktive Arbeitsleistung die Quelle des gesamten Jahresbezuges (auch soweit er auf arbeitsfreie Tage entfällt und soweit dieser in Sonderzahlungen besteht) darstellt, werden hiefür nicht die Aufenthaltstage, sondern die Arbeitstage maßgebend sein.

Wurde daher beispielsweise ein österreichischer Techniker von seinem österreichischen Arbeitgeber ab 9. Jänner 1995 für 32 Wochen zu einer Münchner Konzerngesellschaft entsandt und verbringt er die Wochenenden zu Hause in Österreich, wobei er Deutschland jeweils Samstag morgens verlässt und am Montag morgens wieder nach Deutschland einreist und verbringt er außerdem zu Weihnachten 1995 6 Tage Weihnachtsurlaub in Berlin, dann ist zunächst die Aufenthaltstagezählung vorzunehmen (die Samstage sind hierbei nicht abzuziehen, da sich der Techniker an diesen Tagen noch teilweise auf deutschem Staatsgebiet aufhält; siehe den Erlass AÖFV. Nr. 331/1991, der auf Z 5 des OECD-Kommentars 1992 zu Art. 15 OECD-MA beruht):

Gesamtentsendung nach München

32 Wochen x 7 Tage

224 Tage

Volle Österreich-Tage: 31 Sonntage + 14 Feier-/Urlaubstage

- 45 Tage

Fristrelevante Entsendungstage

= 179 Tage

Weihnachtsbesuch

6 Tage

Fristrelevante Gesamtaufenthaltstage

= 185 Tage

Nachdem nun feststeht, dass wegen Überschreitung der 183-Tage-Frist Deutschland Besteuerungsrechte erlangt hat, ist in einem zweiten Schritt festzustellen, welche Einkünfteteile auf die Tätigkeit in Deutschland entfallen. Hiezu muss eine Arbeitstagezählung angestellt werden:

Gesamtjahresarbeitstage

220 Tage

davon auf Deutschland entfallend:

 

32 Wochen x 7 Tage

224 Tage

davon in Deutschland arbeitsfrei:

 

31 Sonntage + 14 Feier-/Urlaubstage:

- 45 Tage

31 Samstage

- 31 Tage

Arbeitstage/Deutschland

=148 Tage

Arbeitstage/Österreich

= 72 Tage

Nun muss festgestellt werden, welche Einkünfteteile auf die in Deutschland ausgeübte Arbeit entfallen. Ist es Vereinfachenderweise möglich zu unterstellen, dass während des gesamten Jahres die Bruttobezüge gleichmäßig ausbezahlt wurden, dann werden 67,27% (148 : 220 x 100) des (laufenden) Jahresbezuges demnach in Österreich von der Besteuerung freizustellen und der deutschen Besteuerung zu überlassen sein (auszuscheiden sind aber diesfalls auch die mit diesen Bezugsteilen im Zusammenhang stehenden Werbungskosten); für die sonstigen Bezüge wird ebenfalls zu untersuchen sein, inwieweit die in Deutschland ausgeübte Arbeit ihre Quelle dargestellt hat. In dem vorbeschriebenen Beispielsfall wird von den Jahreseinkünften nicht der auf 185 Tage, sondern nur der auf 148 Tage entfallende Arbeitslohn in Österreich von der Besteuerung freizustellen sein (aus dem Vorhergesagten ergibt sich im übrigen, dass die Zuordnungsgrundsätze nach DBA-Recht sich nicht mit jenen der Lohnsteuerrichtlinien 1992 zu § 3 Abs. 1 Z 10 EStG decken).

Sollte sich aus der Handhabung dieser Grundsätze tatsächlich mit Deutschland ein Besteuerungskonflikt ergeben, müsste die Frage im Rahmen eines internationalen Verständigungsverfahrens einer Klärung zugeführt werden.

3. Juli 1996 Für den Bundesminister: Dr. Loukota

Für die Richtigkeit der Ausfertigung:

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer

betroffene Normen:

Art. 9 DBA D (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Bundesrepublik Deutschland (Einkommen und Vermögen), BGBl. Nr. 221/1955

Schlagworte:

183-Tage-Frist, 183-Tage-Klausel, Dienstnehmerentsendung, Auslandsentsendung, Steuerfreistellung, Freistellung, Verständigungsverfahren

Verweise:

Art. 15 Z 5 OECD-MA, OECD-Musterabkommen
§ 3 Abs. 1 Z 10 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988

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