VwGH 2011/05/0181

VwGH2011/05/018124.6.2014

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und den Hofrat Dr. Moritz sowie die Hofrätin Mag. Rehak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Sußner, über die Beschwerde 1. der Mag. G P und 2. des Dr. H P, beide in W, beide vertreten durch Dr. Joachim Schallaböck, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Stephansplatz 6, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 21. September 2011, Zl. BOB-344/11, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Partei: T GmbH in W, vertreten durch Dr. Wilhelm Schlein Rechtsanwalt GmbH in 1010 Wien, Kohlmarkt 5/3; weitere Partei:

Wiener Landesregierung), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §8;
BauO Wr §134a Abs1 lita;
BauO Wr §134a Abs1;
BauRallg;
AVG §8;
BauO Wr §134a Abs1 lita;
BauO Wr §134a Abs1;
BauRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 610,60 und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die mitbeteiligte Partei beantragte mit dem am 29. September 2009 beim Magistrat der Stadt Wien als Baubehörde erster Instanz eingelangten Ansuchen die Erteilung der baubehördlichen Bewilligung gemäß §§ 70 und 73 der Bauordnung für Wien (BO) für die Herstellung von Balkonen und für damit zusammenhängende bauliche Änderungen im Zubau (1. Planwechsel) auf der Liegenschaft in Wien 1, D.gasse 6.

Von der Baubehörde erster Instanz wurde eine mündliche Verhandlung vor Ort für den 22. Jänner 2010 anberaumt, zu der auch die Beschwerdeführer, die Miteigentümer der Liegenschaft in Wien 1, N.gasse 1 - welche von der Bauliegenschaft durch eine Verkehrsfläche getrennt ist und dieser gegenüber liegt - sind, geladen wurden. Die Beschwerdeführer erhoben keine Einwendungen gegen das Bauvorhaben.

In weiterer Folge wurde das Projekt durch die mitbeteiligte Partei abgeändert und von der Baubehörde erster Instanz eine weitere mündliche Verhandlung in den Büroräumlichkeiten der Behörde für den 13. April 2010 anberaumt, zu welcher abermals auch die Beschwerdeführer geladen wurden. Im Zuge der Verhandlung legten die Beschwerdeführer schriftlich ausformulierte Einwendungen gegen das Bauvorhaben vor, in welchen sie im Wesentlichen ausführten, dass dadurch eine der letzten Grünoasen im verbauten Bereich der Innenstadt zerstört werde. Sie würden keine Genehmigung zur Errichtung einer Baustelle auf ihrem Grundstück erteilen; außerdem sei ein Zugang zur vorgesehenen Baustelle nur über ihr Grundstück möglich. Es käme zu einer zunehmenden Lärmbelästigung durch die Baustelle und in Zukunft auch zu einer Verschlechterung der akustischen Situation durch dieses Bauvorhaben. Durch die Verleihung des UNESCO-Kulturerbe-Zertifikats sei der Innenstadtbereich ein besonders schützenswerter Bereich, weshalb hinterfragt werden müsse, ob das Bauvorhaben mit diesen Vorgaben überhaupt vereinbar sei. Mehrere Bäume würden dem Projekt zum Opfer fallen; wertvolles "Naturgut, Grünoase, Sauerstoffproduzent, Kühlung- und Feuchtigkeitslieferanten, Lärmfilter" würden dadurch leichtfertig zerstört werden.

Weiters erklärten die Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung, in allen Punkten gleichlautende Einwendungen wie Herr P. - der Eigentümer der seitlich benachbarten Liegenschaft D.gasse 8 - zu erheben. Dieser erhob Einwendungen gegen die Plandarstellung, weil die Nachbarfassaden D.gasse 8 und G.gasse 8 nicht eingezeichnet seien, obwohl die Balkone bereits genehmigt seien. Weiters wandte er sich gegen die extensive Errichtung der Balkone, weil diese gegen § 83 BO und den darin vorgeschriebenen maximalen Verbau von einem Drittel der Fassade bei einer Obendraufsicht verstoße. Zudem wurde ein Verstoß gegen § 70 BO behauptet, da keine Bauverhandlung vor Ort stattgefunden habe.

Mit Spruchpunkt I.) des Bescheides des Magistrats der Stadt Wien vom 9. Juni 2011 wurden nach Maßgabe des zum Bestandteil dieses Bescheides erklärten Planes die beantragten Abweichungen vom bewilligten Bauvorhaben gemäß §§ 70 und 73 BO unter Vorschreibung von Auflagen wie folgt bewilligt:

"Im geplanten Zubau am Unbenannten Platz werden anstelle von Loggien nunmehr geschlossene Räume errichtet und an beiden Fronten in jedem Geschoß mit Ausnahme des Erdgeschosses je ein Balkon - insgesamt zehn - hergestellt. Der Wand- und Deckenaufbau, die Größe und zum Teil die Widmungen der dort vorgesehenen Räume sowie die Anordnung und Größe der Fenster werden geändert."

In ihrer dagegen erhobenen Berufung behaupteten die Beschwerdeführer neuerlich eine Unvollständigkeit der Planunterlagen, welche keine Darstellung der Fassaden der Liegenschaften D.gasse 8 und G.gasse 8 enthielten, sodass sie keine abschließende Beurteilung im Hinblick auf § 85 BO zuließen. Weiters wendeten sie sich dagegen, dass keine zweite Bauverhandlung vor Ort durchgeführt worden sei. Eine mündliche Verhandlung sei zwingend an Ort und Stelle durchzuführen, wenn ansonsten das Bauvorhaben oder seine Auswirkungen auf die Umwelt nicht verlässlich beurteilt werden könnten. Das Bauvorhaben stelle eine starke Beeinträchtigung der unmittelbaren Umgebung dar, insbesondere vor dem Hintergrund, dass es sich um einen der ältesten Straßenzüge Wiens mit zahlreichen denkmalgeschützten Häusern handle. Außerdem habe sich der Bescheid nicht mit der Frage der "Winkelsymmetrie" auseinandergesetzt. Die gesetzlich vorgeschriebene Entfernung der Balkone im Ausmaß von 3 m von den Nachbargrenzen (§ 84 Abs. 2 lit a BO) gehe vom Idealfall eines Bauvorhabens bei geschlossener Bauweise in gerader Linie aus. In einem solchen Fall seien benachbarte Balkone zumindest 6 m voneinander entfernt. Ein derartiger Abstand sei insbesondere im Hinblick auf die sehr hohe zulässige Ausladung der Balkone von 2,5 m notwendig. Stünden allerdings, wie im vorliegenden Fall, zwei Gebäudefronten im rechten Winkel zueinander und hielte jeder Nachbar die 3 m-Entfernung bei einer Ausladung der Balkone von 2,5 m ein, führe dies dazu, dass die Balkone lediglich 70 cm voneinander entfernt seien. Ein solches Ergebnis widerspreche dem Zweck des § 84 Abs. 2 lit. a BO und stelle nicht nur eine optische Beeinträchtigung durch eine besonders extensive Verbauung, sondern auch eine Gefährdung der Bewohner, z.B. durch ein mögliches Übergreifen eines Feuers im Brandfall, dar. Richtigerweise wäre diese Bestimmung daher so zu interpretieren, dass im Falle von Gebäuden, die im rechten Winkel zueinander stünden, bei der Berechnung des 3 m-Abstandes von der Winkelsymmetrale auszugehen sei.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde u.a. die Berufung der Beschwerdeführer - ebenso wie jene des Herrn P. - gemäß § 66 Abs. 4 AVG als unbegründet abgewiesen und der erstinstanzliche Bescheid bestätigt. In ihrer Begründung stellte die belangte Behörde nach Darstellung des Verwaltungsgeschehens und von Rechtsvorschriften zunächst fest, die Baulinie im südlichen Bereich der Bauliegenschaft verlaufe derart, dass sie an der Grenze der zu bebauenden Liegenschaft zur Nachbarliegenschaft D.gasse 8 einen ca. 90-gradigen Winkel bilde; ebenso verlaufe die Baulinie in einem normalen Winkel zur Nachbarliegenschaft D.gasse 4. Wie dem Einreichplan und den Ausführungen des bautechnischen Amtssachverständigen zu entnehmen sei, sollen im südlichen Bereich des Bauplatzes an der südöstlichen und der südwestlichen Gebäudefront zur unbenannten Verkehrsfläche insgesamt zehn Balkone hergestellt werden, wobei vom ersten Obergeschoß bis inklusive Dachgeschoß an jeder der beiden Fronten jeweils ein Balkon projektiert sei. Die Balkone seien versetzt angeordnet. Gleichzeitig sollen ursprünglich geplante Fensteröffnungen mit Fixverglasungen entfallen. Anstelle von Loggien sollen geschlossene Räume errichtet werden. Weiters sollen Gebäudeöffnungen mit Glasbrüstungen hergestellt werden.

Zum Berufungsvorbringen, wonach sich der erstinstanzliche Bescheid nicht mit der Frage der "Winkelsymmetrie" auseinandergesetzt habe, führte die belangte Behörde zunächst aus, dass der von den Beschwerdeführern zitierte § 84 Abs. 2 lit. a BO im verfahrensgegenständlichen Fall keine Anwendung finde, da diese Bestimmung das Vorragen von Gebäudeteilen über Baufluchtlinien in die Abstandsflächen und in Vorgärten regle. Die hier in Rede stehenden Balkone überragten jedoch eine Baulinie, weshalb deren Zulässigkeit nach § 83 BO zu beurteilen sei.

Nach dem diesbezüglich eindeutigen Wortlaut des § 83 Abs. 2 lit. g BO müssten Balkone von den Nachbargrenzen einen Abstand von wenigstens 3 m einhalten. Wie aus dem Einreichplan hervorgehe, wiesen die Balkone im zweiten und vierten Obergeschoß einen Abstand von 3,985 m zu der entlang der Liegenschaft des Herrn P. (D.gasse 8) verlaufenden Baulinie auf. Dies bedeute, dass ein zumindest ebenso großer Abstand zur Grundgrenze des Herrn P. gegeben sei, da die Baulinie auf oder geringfügig vor der Grundgrenze verlaufe. Die Balkone im ersten und dritten Obergeschoß sowie im Dachgeschoß wiesen einen Abstand von 6,76 m zu der entlang der Liegenschaft des Herrn P. verlaufenden Baulinie auf und hielten somit ebenfalls klar den Mindestabstand von 3 m zur Nachbargrenze ein.

Ein Verbot der Errichtung von Balkonen, welche die im § 83 Abs. 2 lit. g BO festgelegten Maße einhielten, für den Fall, dass die Baulinie nicht (wie idealtypisch) in einem Winkel von 180 Grad

an der seitlichen Grundgrenze weiterverlaufe, sei dem Gesetz nicht zu entnehmen. Vielmehr würden sich derartige Balkone im Sinn des Grundsatzes der Baufreiheit als zulässig erweisen und der Umstand, dass auf der Nachbarliegenschaft ebenfalls Balkone angeordnet seien oder solche angeordnet werden dürften, sei unbeachtlich. Ein Abstellen auf die Winkelsymmetrale sei in der BO weder ausdrücklich vorgesehen noch liege eine planwidrige Lücke vor, die es erlauben würde, etwa im Wege der Analogie zur Annahme einer entsprechenden gedachten Ergänzung des Gesetzeswortlautes zu gelangen.

Weiters führte die belangte Behörde aus, dass § 134a BO den Nachbarn in der Frage der Beeinträchtigung des Ortsbildes ein subjektiv-öffentliches Recht nicht einräume und die Verfahrensrechte der Nachbarn nicht weitergingen als deren materielle Rechte. Die Beschwerdeführer könnten daher durch den behaupteten Verfahrensmangel der Unvollständigkeit der Pläne im Hinblick auf für die Beurteilung gemäß § 85 BO erforderliche Darstellungen nicht in ihren subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt sein. Gleiches gelte für die von den Beschwerdeführern ins Treffen geführte Durchführung der zweiten Verhandlung in den Büroräumlichkeiten der Behörde anstelle einer Ortsaugenscheinsverhandlung. Die Beschwerdeführer hätten in diesem Zusammenhang vorgebracht, eine zweite Verhandlung vor Ort wäre geboten gewesen, weil das Bauvorhaben in einem der ältesten Straßenzüge Wiens mit zahlreichen denkmalgeschützten Gebäuden verwirklicht werden solle und dessen Auswirkungen vor Ort zu prüfen gewesen wären. Es sei nochmals darauf hinzuweisen, dass die Aufzählung der subjektiv-öffentlichen Nachbarrechte in § 134a BO taxativ sei und Stadtbildfragen demnach kein subjektivöffentliches Nachbarrecht darstellten. Da die Verfahrensrechte der Nachbarn nicht weitergingen als deren materielle Rechte, könnten sie durch die behauptete mangelnde Beurteilbarkeit der Auswirkungen des Projektes auf das Stadtbild auf Grund des Unterbleibens einer zweiten Ortsaugenscheinsverhandlung in ihren Rechten nicht verletzt sein. Auch Fragen der Einhaltung der Bestimmungen des Brandschutzes stellten mangels Aufzählung im § 134a BO kein subjektiv-öffentliches Nachbarrecht dar.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete - ebenso wie die mitbeteiligte Partei - eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die Beschwerdeführer bringen vor, die in der BO vorgesehene Entfernung der Balkone von 3 m von der Nachbargrenze gehe offensichtlich davon aus, dass es sich um ein Bauvorhaben bei geschlossener Bauweise in gerader Linie handle. In einem solchen Fall seien benachbarte Balkone zumindest 6 m voneinander entfernt. Ein derartiger Abstand sei insbesondere im Hinblick auf die sehr hohe zulässige Ausladung der Balkone von 2,5 m aus Gründen der Privatsphäre und Sicherheit der Anrainer (Ausbreitung von Feuer oder anderen Immissionen etc.) notwendig. Bei der gegenständlichen Liegenschaft stünden zwei Gebäudefronten im rechten Winkel zueinander. Hielte bei diesen örtlichen Begebenheiten jeder Nachbar die gesetzlich festgelegte 3 m-Entfernung bei maximaler Ausladung der Balkone ein, hätten diese zum Teil lediglich eine Entfernung von 70 cm voneinander. Dies stelle neben der massiven optischen Beeinträchtigung auch eine Gefährdung der Nachbarliegenschaften und deren Bewohner dar. Das Gesetz könne bei der Festlegung von Mindestabständen daher nur den Zweck verfolgen, von eben solchen Gefahren und Beeinträchtigungen schützen zu wollen. Richtigerweise wäre die Bestimmung des § 83 Abs. 2 lit. g BO daher so zu interpretieren, dass im Falle einer Gebäudeanordnung, bei der diese im rechten Winkel zueinander stünden, bei der Berechnung des 3 m-Abstandes von der Winkelsymmetrale auszugehen sei. Nur so könne das dem Telos der Norm entsprechende Ergebnis erreicht werden.

Unter dem Aspekt der Verletzung von Verfahrensvorschriften bringen die Beschwerdeführer vor, dass die Baubehörde erster Instanz nach Änderung der Baupläne eine zweite Bauverhandlung vor Ort durchführen hätte müssen, insbesondere im Hinblick auf die Thematik der Berechnung des 3 m-Abstandes gemäß § 83 Abs. 2 lit. g BO. Erst dadurch hätte sie die tatsächlichen Auswirkungen der extensiven Verbauung feststellen können. Die Beschwerdeführer hätten ihre Mitspracherechte und damit ihr Parteiengehör nicht hinreichend wahrnehmen können.

Gemäß § 79 Abs. 11 VwGG in der Fassung BGBl. I Nr. 122/2013 sind auf das vorliegende, mit Ablauf des 31. Dezember 2013 beim Verwaltungsgerichtshof anhängige Beschwerdeverfahren die Bestimmungen des VwGG in der Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 33/2013 weiter anzuwenden.

Die hier maßgeblichen Bestimmungen der BO in der Fassung LGBl. Nr. 46/2010 lauten (auszugsweise) wie folgt:

"§ 83. ( ... )

(2) Mit Zustimmung des Eigentümers der Verkehrsfläche dürfen folgende Gebäudeteile über die Baulinie oder Straßenfluchtlinie vorragen:

( ... )

g) bis zu einem weiteren Drittel der Gebäudelänge Balkone, sofern der unter ihnen gelegene Teil der Verkehrsfläche infolge seiner besonderen Ausgestaltung (Grünstreifen u. dgl.) nicht Verkehrszwecken dient; die Ausladung dieser Balkone darf höchstens 2,50 m betragen und sie müssen von den Nachbargrenzen einen Abstand von wenigstens 3 m einhalten.

( ... )

§ 134. ( ... )

(3) Im Baubewilligungsverfahren und im Verfahren zur Bewilligung von Abweichungen von Vorschriften des Bebauungsplanes sind außer dem Antragsteller (Bauwerber) die Eigentümer (Miteigentümer) der Liegenschaften Parteien. Personen, denen ein Baurecht zusteht, sind wie Eigentümer der Liegenschaften zu behandeln. Die Eigentümer (Miteigentümer) benachbarter Liegenschaften sind dann Parteien, wenn der geplante Bau und dessen Widmung ihre im § 134a erschöpfend festgelegten subjektivöffentlichen Rechte berührt und sie spätestens, unbeschadet Abs. 4, bei der mündlichen Verhandlung Einwendungen im Sinne des § 134a gegen die geplante Bauführung erheben; das Recht auf Akteneinsicht (§ 17 AVG) steht Nachbarn bereits ab Einreichung des Bauvorhabens bei der Behörde zu. Alle sonstigen Personen, die in ihren Privatrechten oder in ihren Interessen betroffen werden, sind Beteiligte (§ 8 AVG). Benachbarte Liegenschaften sind im Bauland jene, die mit der vom Bauvorhaben betroffenen Liegenschaft eine gemeinsame Grenze haben oder bis zu einer Breite von 6 m durch Fahnen oder diesen gleichzuhaltende Grundstreifen oder eine höchstens 20 m breite öffentliche Verkehrsfläche von dieser Liegenschaft getrennt sind und im Falle einer Trennung durch eine öffentliche Verkehrsfläche der zu bebauenden Liegenschaft

gegenüberliegen. ( ... )

§ 134a. (1) Subjektiv-öffentliche Nachbarrechte, deren Verletzung die Eigentümer (Miteigentümer) benachbarter Liegenschaften (§ 134 Abs. 3) im Baubewilligungsverfahren geltend machen können, werden durch folgende Bestimmungen, sofern sie ihrem Schutze dienen, begründet:

a) Bestimmungen über den Abstand eines Bauwerkes zu den Nachbargrundgrenzen, jedoch nicht bei Bauführungen unterhalb der Erdoberfläche;

( ... )"

Unstrittig ist, dass die Beschwerdeführer Miteigentümer der Liegenschaft in Wien 1, N.gasse 1, welche der Bauliegenschaft gegenüber liegt und von dieser durch eine Verkehrsfläche getrennt ist, und somit Nachbarn iSd § 134 BO sind.

Die Beschwerdeführer machen mit ihrem Beschwerdevorbringen eine Verletzung ihres subjektiv-öffentlichen Rechts auf Einhaltung der Abstandsbestimmungen durch die Errichtung der Balkone im Sinn des § 134a Abs. 1 lit. a BO geltend. In diesem Zusammenhang bringen sie vor, dass im Beschwerdefall zwei Gebäudefronten, nämlich jene der Bauliegenschaft und jene der (im Eigentum des Herrn P. stehende) Liegenschaft D.gasse 8, im rechten Winkel zueinander stünden und aus diesem Grund bei der Berechnung des in § 83 Abs. 2 lit. g BO normierten 3 m-Abstandes von der "Winkelsymmetrale" auszugehen sei, weil es ansonsten zu einer Gefährdung der Nachbarliegenschaften und deren Bewohnern komme.

Mit diesem Vorbringen machen die Beschwerdeführer jedoch keine Verletzung eines ihnen zustehenden subjektiv-öffentlichen Nachbarrechtes geltend. Ein Nachbar kann nur die Verletzung seiner Rechte, d.h. im gegebenen Zusammenhang die Einhaltung der Abstandsbestimmungen zu seinem, dem zu bebauenden Grundstück benachbarten Grundstück, geltend machen. § 134a Abs. 1 BO schränkt nämlich die Durchsetzbarkeit der taxativ aufgezählten subjektivöffentlichen Nachbarrechte durch die Tatbestandsvoraussetzung "sofern sie ihrem" (gemeint: dem Nachbarn) "Schutze dienen" ein. Dies bedeutet, dass auch dann, wenn ein objektiver Verstoß gegen eine unter § 134a BO subsumierbare baurechtliche Vorschrift vorliegen sollte, auf die Verletzung eines subjektiv-öffentlichen Rechts eines Beschwerdeführers jedenfalls dann nicht zu erkennen ist, wenn nach der Situierung des bewilligten Bauvorhabens schon der Lage nach in subjektive Rechte des Beschwerdeführers nicht eingegriffen werden kann (vgl. zum Ganzen das hg. Erkenntnis vom 15. Juni 2004, Zl. 2003/05/0047, mwN).

Die Beschwerdeführer behaupten nicht, dass durch die bewilligten Balkone der nach § 83 Abs. 2 lit. g BO erforderliche Abstand von 3 m zur Grenze der in ihrem Miteigentum stehenden Liegenschaft in Wien 1, N.gasse 1, unterschritten würde; solches ist auch den vorliegenden Plänen nicht zu entnehmen. Die Beschwerdeführer wurden somit in dem von ihnen geltend gemachten subjektiv-öffentlichen Nachbarrecht nicht verletzt.

Da den Beschwerdeführern in Bezug auf die Einhaltung der Abstandsbestimmungen des bewilligten Bauwerkes zur Liegenschaft in Wien 1, D.gasse 8, kein subjektiv-öffentliches Recht zukommt, geht auch das in diesem Zusammenhang erstattete Beschwerdevorbringen zur Nichtdurchführung einer zweiten Verhandlung vor Ort ins Leere, weil die prozessualen Rechte des Nachbarn nicht weiter gehen als seine materiellen Rechte (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 23. August 2012, Zl. 2012/05/0025, mwN).

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der gemäß § 3 Z 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014 in der Fassung BGBl. II Nr. 8/2014 weiterhin anzuwendenden Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 24. Juni 2014

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