Normen
AVG §8;
BauO Wr §134a Abs1 lita;
BauO Wr §134a Abs1 litc;
BauO Wr §5 Abs6 lite;
BauO Wr §70 Abs1;
BauO Wr §79 Abs3;
BauRallg;
AVG §8;
BauO Wr §134a Abs1 lita;
BauO Wr §134a Abs1 litc;
BauO Wr §5 Abs6 lite;
BauO Wr §70 Abs1;
BauO Wr §79 Abs3;
BauRallg;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, MA 37, vom 14. April 2000 wurden, gestützt auf den Bebauungsplan (Plandokument 6311), für die Grundstücke Nr. 790/55 und 790/61 der Liegenschaft EZ 1978 des Grundbuches der Katastralgemeinde Oberdöbling gemäß § 9 der Bauordnung für Wien (BO) die Bebauungsbestimmungen wie folgt bekannt gegeben (auszugsweise wiedergegeben):
"Die Baulinie ist durch die Linie a-b für die 8 m breite Koschatgasse und
durch die Linie a-c-d für die 8 m breite Langenaugasse gegeben.
Die durch den Bebauungsplan festgesetzten Baufluchtlinien sind im beiliegenden Plan festgehalten.
Aus dem Bebauungsplan ergibt sich für die Liegenschaft an der Koschatgasse und der Langenaugasse:
Wohngebiet, Bauklasse I (eins) und die offene Bauweise.
..."
Mit Eingabe vom 19. April 2001 beantragte die mitbeteiligte Partei die Erteilung einer Baubewilligung für den Bau eines Wohnhauses auf den in der Bekanntgabe der Bebauungsbestimmungen erwähnten Grundstücken. Diese Grundstücke grenzen nördlich an die von Westen nach Osten verlaufende Koschatgasse sowie an die von Osten in einem spitzen Winkel von rund 30 Grad in die Koschatgasse einmündende Langenaugasse. Auf Höhe dieser Kreuzung grenzt im Süden an die Koschatgasse das Grundstück Nr. 790/21 der Liegenschaft EZ 1828, Grundbuch Oberdöbling, dessen Hälfteeigentümer der Beschwerdeführer ist.
Der Beschwerdeführer erhob gegen das Bauvorhaben der mitbeteiligten Partei Einwendungen.
Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurden von der mitbeteiligten Bauwerberin mit Juli 2002 datierte Auswechslungspläne vorgelegt, die dem Beschwerdeführer offenbar nicht mehr zur Kenntnis gebracht worden sind.
Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, MA 37, vom 7. August 2002 wurde der mitbeteiligten Partei "nach Maßgabe der mit dem amtlichen Sichtvermerk versehenen Pläne, die einen wesentlichen Bestandteil dieses Bescheides bilden", gemäß § 70 der Bauordnung für Wien (BO) und in Anwendung des Wiener Garagengesetzes unter Bezugnahme auf die bekannt gegebenen Bebauungsbestimmungen die beantragte Bewilligung zur Errichtung eines Wohnhauses mit fünf Wohnungen und fünf Stellplätzen einschließlich der damit zusammenhängenden Geländeveränderungen unter Vorschreibung von Nebenbestimmungen erteilt.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung, in welcher u.a. ausgeführt wurde, dass er von den Planänderungen vor Erteilung der Baubewilligung nicht verständigt worden sei und die Durchführung einer weiteren mündlichen Bauverhandlung erforderlich gewesen wäre. In den der Bewilligung zugrunde liegenden Plänen sei die planliche Darstellung des bewilligten Bauvorhabens unzureichend und ermögliche nicht eine ausreichende Beurteilung des Bauvorhabens. Die Berichtigungen der Pläne hätten auch die bebaute Fläche betroffen.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde die Berufung des Beschwerdeführers als unbegründet abgewiesen. Soweit dies für das Beschwerdeverfahren noch von Bedeutung ist, führte die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid begründend aus, die bebaubare Fläche sei durch die Bebauungsbestimmungen durch die Fluchtlinien begrenzt, die Gebäudehöhe sei gemäß § 81 Abs. 2 BO zu berechnen. Aus der vorgelegten Fassadenabwicklung ergebe sich, dass für das Bauvorhaben die zulässige Gebäudehöhe eingehalten sei. Der Beschwerdeführer werde im Hinblick darauf, dass das Gebäude in einem Abstand von mindestens 3 m von den Grundgrenzen errichtet werde und gemäß § 81 Abs. 2 BO ab dieser Stelle die Gebäudehöhe um 3 m überschritten werden dürfe, in keinem subjektiv-öffentlichen Nachbarrecht verletzt, da diese Höhe auch gemessen vom tiefsten Punkt des vorgefundenen bestehenden Geländes an der seinem Grundstück zugewandten Front nicht überschritten werde. Wie aus dem Einreichplan ersichtlich sei, würden die gesetzlich bestimmten Abstände sowohl an der Ost- als auch an der Westfront eingehalten und das zulässige Ausmaß der verbauten Abstandsflächen zwar fast zur Gänze ausgeschöpft, aber in keinem Fall überschritten. Der Mindestabstand von 3 m zu den Grundgrenzen im Bereich der Abstandsflächen werde durch das Bauvorhaben nicht unterschritten. Dem Beschwerdeführer sei hinreichend Gelegenheit gegeben worden, von den Planänderungen Kenntnis zu erlangen und hiezu Stellung zu nehmen. Ein Recht auf eine neuerliche mündliche Verhandlung wegen nachträglicher Änderungen komme dem Nachbarn nicht zu.
Der Verfassungsgerichtshof hat die Behandlung der dagegen erhobenen Beschwerde mit Beschluss vom 24. Februar 2003, B 273/03- 3, abgelehnt und die Beschwerde mit Beschluss vom 26. März 2003, B 273/03-5, gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG an den Verwaltungsgerichtshof abgetreten.
Vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer "in seinem einfach gesetzlich gewährleisteten, subjektiv-öffentlichen Recht verletzt, dass Bestimmungen über die flächenmäßige Ausnützbarkeit von Bauplätzen vom Bauwerber einzuhalten sind (§ 134a Abs. 1 lit. c BOfW)". In Ausführung des so formulierten Beschwerdepunktes trägt der Beschwerdeführer vor, dass sich im Beschwerdefall ein Hineinragen des bewilligten Bauvorhabens in den Seitenabstand und damit eine unzulässige Ausnutzung der Abstandsfläche über 45 m2 ergebe. Dies folge aus § 79 Abs. 3 der Bauordnung für Wien. Im vorliegenden Fall handle es sich um einen 18,50 m langen Verbau in der Abstandsfläche bis zu einem Abstand von 3 m von der Grundgrenze, der in der Ebene 1 mit der Garage weit über das dargestellte Niveau hinaus rage, in der Ebene 2 an zwei Seiten Öffnungen aufweise, die jedoch dem Gebäudebegriff im Sinne des § 60 Abs. 1 lit. a Bauordnung für Wien zuzuordnen seien, zumal dieser Baukörper in der Ebene 3 voll mit Mauern abgeschlossen werde. Dass die Fenster im rückwärtigen Teil an der Giebelfront, also seitlich zur Grundgrenze, als geneigte Mansardenfenster ausgebildet seien, stehe der Unzulässigkeit einer solchen Bebauung deswegen nicht entgegen, weil ein geneigter Giebelteil den Giebel damit noch nicht zu einem Dach mache. Bei der Beurteilung als Gebäude komme es nicht darauf an, ob Aufenthaltsräume in ihm enthalten seien; entscheidend sei vielmehr die Raumbildung. Die über den zulässigen Bereich von 45 m2 hinausgehende bebaute Fläche sei daher dem Gebäudebegriff zu unterstellen und widerspreche daher der Anordnung des § 79 Abs. 3 Bauordnung für Wien. Die Baubehörde erster Instanz habe die Planänderung wie eine Neueinreichung behandelt; sie hätte daher eine neuerliche Bauverhandlung ausschreiben müssen. Die Baubehörde erster Instanz habe den Anrainern das Recht auf Parteiengehör genommen.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer ist als (Mit‑)Eigentümer eines Grundstückes, welches durch eine weniger als 20 m breite öffentliche Verkehrsfläche von den beschwerdegegenständlichen Grundstücken der mitbeteiligten Bauwerberin getrennt ist und diesen zu bebauenden Grundstücken gegenüber liegt, Nachbar im Sinne des § 134 Abs. 3 Bauordnung für Wien (BO) und infolge rechtzeitig erhobener Einwendungen im Sinne des § 134a BO auch Partei des der Beschwerde zu Grunde liegenden Baubewilligungsverfahrens.
Auf Grund der nach Durchführung der mündlichen Bauverhandlung vor der Baubehörde erster Instanz erfolgten Planänderung durfte der Beschwerdeführer - da er zur Planänderung vor Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides nicht mehr gehört wurde - noch in der Berufung die Verletzung subjektiv-öffentlicher Nachbarrechte geltend machen, insoweit seine Rechte durch die Planänderung berührt wurden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 6. März 2001, Zl. 2000/05/0188). Er konnte daher im Beschwerdefall zulässigerweise noch in der Berufung die Verletzung der Bestimmungen über die flächenmäßige Ausnützbarkeit von Bauplätzen, Baulosen und Kleingärten im Sinne des § 134a Abs. 1 lit. c BO einwenden. Entgegen den Ausführungen der belangten Behörde in deren Gegenschrift hat sich das Berufungsvorbringen des Beschwerdeführers auch auf die Verletzung dieses ihm zustehenden Nachbarrechtes bezogen.
Eine Verletzung dieses vom Beschwerdepunkt umfassten Nachbarrechtes ist jedoch aus folgenden Gründen zu verneinen:
Der Beschwerdeführer erachtet eine Verletzung der Bestimmungen über die flächenmäßige Ausnützbarkeit von Bauplätzen im Zusammenhang mit der Regelung des § 79 Abs. 3 BO gegeben. Nach dieser Gesetzesstelle muss in der offenen Bauweise der Abstand der Gebäude von Nachbargrenzen in der Bauklasse I mindestens 6 m betragen. Die Fläche, die zwischen den Nachbargrenzen und den gedachten Abstandslinien liegt, wird als Abstandsfläche bezeichnet. In die Abstandsflächen darf mit Gebäuden auf höchstens die Hälfte des Abstandes an die Nachbargrenzen herangerückt werden, wobei die über die gedachte Abstandslinie hinaus ragende bebaute Fläche je Front in der Bauklasse I 45 m2 nicht überschreiten darf; insgesamt darf diese über die gedachte Abstandslinie hinausragende bebaute Fläche auf dem selben Bauplatz in der Bauklasse I 90 m2 nicht überschreiten.
Einem Nachbarn, dessen Liegenschaft (Grundstück) gegenüber dem zu bebauenden Grundstück liegt und von diesem durch eine öffentliche Verkehrsfläche getrennt ist, ist jedoch hinsichtlich des Einwandes der Nichteinhaltung der seitlichen Abstandsflächen entgegen zu halten, dass damit kein subjektiv-öffentliches Recht dieses Nachbarn geltend gemacht wird, wenn die erforderlichen Abstände zu seinem Grundstück jedenfalls eingehalten werden (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 27. Februar 2002, Zl. 2001/05/1066), weil ein Nachbar nur die Verletzung seiner Rechte, d.h. im gegebenen Zusammenhang die Einhaltung der Abstandsfläche zu seinem, dem zu bebauenden Grundstück benachbarten Grundstück, geltend machen kann (vgl. hiezu die bei Geuder/Hauer, Wiener Bauvorschriften,
4. Auflage, E 11. zu § 79 Bauordnung für Wien wiedergegebene hg. Rechtsprechung). § 134a Abs. 1 BO schränkt nämlich die Durchsetzbarkeit der taxativ aufgezählten subjektiv-öffentlichen Nachbarrechte durch die Tatbestandsvoraussetzung "sofern sie ihrem" (gemeint: dem Nachbarn) "Schutze dienen" ein. Dies bedeutet, dass auch dann, wenn ein objektiver Verstoß gegen eine unter § 134a leg. cit. subsumierbare baurechtliche Vorschrift vorliegen sollte, auf die Verletzung eines subjektiv-öffentlichen Rechtes eines Beschwerdeführers jedenfalls dann nicht zu erkennen ist, wenn nach der Situierung des bewilligten Bauvorhabens schon der Lage nach in subjektive Rechte des Beschwerdeführers nicht eingegriffen werden kann (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 29. April 1997, Zl. 96/05/0085, BauSlg. 97 = Slg. Nr. 14671/A).
Der Beschwerdeführer behauptet nicht, dass mit dem bewilligten Bauvorhaben die hier maßgebliche, zur öffentlichen Verkehrsfläche Koschatgasse/Langenaugasse festgelegte Baufluchtlinie (d. i. gemäß § 5 Abs. 6 lit. e BO die Grenze, über die mit einem Gebäude oder Gebäudeteil mit Ausnahme der gemäß § 84 zulässigen Vorbauten nicht vorgerückt werden darf) überschritten würde; solches ist auch den vorliegenden Plänen nicht zu entnehmen. Der Beschwerdeführer wurde somit in dem von ihm geltend gemachten subjektiv-öffentlichen Nachbarrecht nicht verletzt.
Die im § 70 Abs. 1 BO enthaltene Anordnung auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung im Baubewilligungsverfahren bedeutet nicht, dass jede Änderung des Sachverhaltes eine (neuerliche) mündliche Verhandlung nach sich ziehen muss (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 24. März 1998, Zl. 96/05/0249). Abgesehen davon vermag der Beschwerdeführer in seinem Vorbringen, die belangte Behörde wäre im Beschwerdefall verpflichtet gewesen, eine (neuerliche) mündliche Verhandlung durchzuführen, schon deshalb keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen, weil er die Relevanz dieses behaupteten Verfahrensmangels nicht dartut. Ein der Baubehörde erster Instanz allenfalls unterlaufener Verfahrensfehler führt in der Regel nicht zu einer Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides, weil Verfahrensmängel bei Überprüfung eines im Instanzenzug ergangenen Bescheides nur beachtlich sind, wenn sie im letztinstanzlichen Verfahren unterlaufen; etwaige Mängel des Verfahrens erster Instanz sind im Allgemeinen im Berufungsverfahren sanierbar (vgl. das hg. Erkenntnis vom 11. November 1998, Zl. 97/04/0242).
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff. VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 15. Juni 2004
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