Normen
GehG 1956 §113 Abs10 idF 2010/I/082;
GehG 1956 §12 Abs1 idF 2010/I/082;
GehG 1956 §12 Abs3 idF 2010/I/082;
GehG 1956 §113 Abs10 idF 2010/I/082;
GehG 1956 §12 Abs1 idF 2010/I/082;
GehG 1956 §12 Abs3 idF 2010/I/082;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der 1972 geborene Beschwerdeführer steht als Hauptmann (Verwendungsgruppe M BO 2) in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund.
Mit rechtskräftigem Bescheid des (damaligen) Bundesministers für Landesverteidigung vom 29. August 2003 wurde für ihn gemäß § 12 GehG der 13. Juli 1996 als maßgebender Vorrückungsstichtag in dieser Verwendungsgruppe festgestellt. In der Begründung dieses Bescheides wurde als Tag der Anstellung der 1. Oktober 2003 genannt. Im Umfang zwischen 1. Juli 1990 und 30. September 1997 sowie zwischen 1. Oktober 1998 und 31. Jänner 1999 gelegenen sonstigen Zeiten wurde, soweit der Beschwerdeführer ein Studium betrieben hatte, ausgeführt, diese seien dennoch für die erfolgreiche Verwendung nicht von besonderer Bedeutung gewesen und könnten daher nicht in Anwendung des § 12 Abs. 3 GehG zur Gänze als Vordienstzeiten angerechnet werden.
Mit Eingabe vom 9. April 2010, verbessert am 17. Dezember 2010 im Sinne der "Verordnung der Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst über das Antragsformular zur Neufestsetzung des Vorrückungsstichtages" vom 1. September 2010, BGBl. II Nr. 282, beantragte der Beschwerdeführer gemäß § 113 Abs. 10 GehG die Neufestsetzung seines Vorrückungsstichtages und der daraus resultierenden besoldungsrechtlichen Stellung sowie allenfalls die Nachzahlung von Bezügen aus diesem Anlass. Dabei bezog er sich auf Schulzeiten an einer näher bezeichneten allgemeinbildenden höheren Schule in der Zeit vom 1. Juli 1987 bis zum 12. Juni 1990 und führte ergänzend aus, folgende nicht "in Persis" gespeicherte Zeiten seien zu berücksichtigen:
"01.10.1991 - 02.02.1992 | |
01.03.1992 - 05.07.1992 | |
01.10.1992 - 30.06.1993 | |
01.10.1993 - 31.01.1994 | Studienzeiten an der TU WIEN |
01.03.1994 - 13.07.1994 | mit abgeschlossenem 1. Abschnitt. |
16.08.1994 - 30.11.1994 | Auf die dabei erworbenen Kenntnisse u. Fähigkeiten |
wurde im Rahmen der Dienstverrichtung zurückgegriffen." |
Mit Note vom 18. Jänner 2013 teilte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer daraufhin mit, dass die nach neuer Rechtslage erfolgte Berechnung des Vorrückungsstichtages (laut einem beiliegenden, die genannten Schulzeiten zwischen 1. Juli 1987 und 12. Juni 1990, also von 2 Jahren, 11 Monaten und 12 Tagen, anführenden Ermittlungsblatt) den 1. August 1993 ergebe. Eine Neufestsetzung des Vorrückungsstichtages könne nur zu einer Verbesserung der besoldungsrechtlichen Stellung führen, wenn mehr als drei Jahre zusätzlich angerechnet würden. Fallbezogen bewirke die Berechnung des Vorrückungsstichtages somit keine Änderung der besoldungsrechtlichen Stellung, weil gemäß § 8 Abs. 1 GehG idF des BGBl. I Nr. 82/2010 der für die Vorrückung in die zweite Gehaltsstufe erforderliche Zeitraum fünf Jahre betrage und sich der Vorrückungstermin gemäß § 8 Abs. 2 GehG nicht verbessere. Dazu wurde dem Beschwerdeführer die Möglichkeit einer Äußerung eingeräumt, die dieser jedoch nicht wahrnahm.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde für den Beschwerdeführer mit Wirkung vom 1. Jänner 2004 gemäß § 12 des Gehaltsgesetzes 1956, BGBl. Nr. 54 (GehG), idF des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 82/2010, der Vorrückungsstichtag mit 1. August 1993 ermittelt. Begründend führte die belangte Behörde nach Darstellung des Verfahrens und der Rechtslage aus, gemäß § 12 Abs. 2 Z. 6 GehG könne die Schulzeit vom 1. Juli 1987 bis zum 12. Juni 1990 (2 Jahre, 11 Monate und 12 Tage) zur Gänze zusätzlich zum Tag der Anstellung angerechnet werden. Das Gesamtausmaß der dem Tag der Anstellung als Berufsmilitärperson in der Verwendungsgruppe M BO 2 (1. Oktober 2003) voranzusetzenden Zeiten betrage demnach 10 Jahre und 2 Monate.
Der Bescheid führt in Anschluss an die Begründung zudem unter dem Titel "Hinweis" aus, dass die Neufestsetzung des Vorrückungsstichtages keine Änderung der besoldungsrechtlichen Stellung des Beschwerdeführers bewirke.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf rechtsrichtige Neufestsetzung des Vorrückungsstichtages und der daraus resultierenden besoldungsrechtlichen Stellung, Nachzahlung der entsprechenden Bezüge sowie im Recht auf Durchführung eines mängelfreien Verwaltungsverfahrens verletzt.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Zur Darstellung der (historischen Entwicklung der) für den Beschwerdefall maßgebenden Rechtslage wird zunächst in sinngemäßer Anwendung des § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG auf das hg. Erkenntnis vom 9. April 2012, Zl. 2012/12/0007, verwiesen.
§ 12 Abs. 1 und 3 des Gehaltsgesetzes 1956, BGBl. Nr. 54 - GehG, in der hier somit maßgebenden Fassung des BGBl. I Nr. 82/2010, lautet auszugsweise:
"Vorrückungsstichtag
§ 12. (1) Der Vorrückungsstichtag ist dadurch zu ermitteln, dass Zeiten nach dem 30. Juni des Jahres, in dem nach der Aufnahme in die erste Schulstufe neun Schuljahre absolviert worden sind oder worden wären, unter Beachtung der einschränkenden Bestimmungen der Abs. 4 bis 8 dem Tag der Anstellung vorangesetzt werden:
- 1. die im Abs. 2 angeführten Zeiten zur Gänze,
- 2. sonstige Zeiten, die
- a) die Erfordernisse der Abs. 3 oder 3a erfüllen, zur Gänze,
- b) die die Erfordernisse der Abs. 3 oder 3a nicht erfüllen,
- aa) bis zu 3 Jahren zur Gänze und
- bb) bis zu weiteren 3 Jahren zur Hälfte.
(2) …
(3) Zeiten gemäß Abs. 1 Z 2, in denen der Beamte eine Tätigkeit ausgeübt oder ein Studium betrieben hat, können im öffentlichen Interesse insoweit zur Gänze berücksichtigt werden, als die Tätigkeit oder das Studium für die erfolgreiche Verwendung des Beamten von besonderer Bedeutung ist. Solche Zeiten können jedoch höchstens in folgendem Ausmaß zur Gänze berücksichtigt werden:
1. in den Verwendungsgruppen A 1, A 2 oder in gleichwertigen Verwendungsgruppen fünf Jahre,
2. …"
§ 113 Abs. 10 bis 13 GehG in der maßgebenden Fassung des BGBl. I Nr. 82/2010, lautet (samt Überschrift) auszugsweise:
"Vorrückungsstichtag
§ 113. …
(10) Eine Neufestsetzung des Vorrückungsstichtages und der daraus resultierenden besoldungsrechtlichen Stellung aufgrund der §§ 8 und 12 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 82/2010 erfolgt nur auf Antrag und nur in denjenigen Fällen, in denen die bestehende besoldungsrechtliche Stellung durch den Vorrückungsstichtag bestimmt wird. ...
(11) ... (11a)
(12) Anträge gemäß Abs. 10 sind unter Verwendung eines vom Bundeskanzler mit Verordnung festzulegenden Formulars zu stellen. Antragsberechtigte, die vor dem Tag der Kundmachung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 82/2010 die Neufestsetzung ihres Vorrückungsstichtages oder ihrer besoldungsrechtlichen Stellung aufgrund von Vordienstzeiten vor dem Tag der Vollendung des 18. Lebensjahrs oder die Nachzahlung von Bezügen aus diesem Anlass beantragt haben, ist aufzutragen, den Antrag unter Verwendung des Formulars erneut einzubringen. Wird ein Antrag ohne Verwendung des Formulars gestellt oder nicht unter Verwendung des Formulars neu eingebracht, ist § 13 Abs. 3 AVG sinngemäß anzuwenden. Bei korrekter Antragstellung gilt der Antrag als ursprünglich richtig eingebracht.
(13) Für besoldungs- und pensionsrechtliche Ansprüche, die sich aus einer Neufestsetzung des Vorrückungsstichtages ergeben, ist der Zeitraum vom 18. Juni 2009 bis zum Tag der Kundmachung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 82/2010 nicht auf die dreijährige Verjährungsfrist gemäß § 13b dieses Bundesgesetzes oder gemäß § 40 des Pensionsgesetzes 1965 anzurechnen.
(14) …"
Der Beschwerdeführer vertritt die Ansicht, dass die Zeiten seiner (jeweils nicht abgeschlossenen) Studien an der Technischen Universität (TU) Wien (zunächst Maschinenbau, später auch Wirtschaftsingenieurswesen) "und zwar von 01.07.1990 bis 30.09.1997 und von 01.10.1998 bis 31.01.1999, sohin sieben Jahre und sieben Monate" gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 lit. a und § 12 Abs. 3 Z. 1 GehG in einem Ausmaß von fünf Jahren zur Gänze anzurechnen gewesen wären. Die im Rahmen dieser Studien erworbenen technischen Vorkenntnisse seien nämlich eine Voraussetzung "für seine Aufnahme in die Sparte zur Ausbildung zum technischen Offizier an der Theresianischen Militärakademie" gewesen. Zudem wären und seien diese Kenntnisse und Fähigkeiten für seine erfolgreiche Verwendung von besonderer Bedeutung (gewesen). Hierauf habe er in seinem Antrag auf Neufestsetzung des Vorrückungsstichtages durch das Vorbringen hingewiesen, auf diese Kenntnisse und Fähigkeiten wäre "im Rahmen der Dienstverrichtung zurückgegriffen" worden.
In diesem Zusammenhang ist zunächst festzuhalten, dass im Verwaltungsverfahren lediglich Zeiten von Studien zwischen Oktober 1991 und November 1994 geltend gemacht worden waren. Das nunmehrige Beschwerdevorbringen, das sich darüber hinausgehend insgesamt auf die Zeiträume vom 1. Juli 1990 bis zum 30. September 1997 sowie vom 1. Oktober 1998 bis zum 31. Jänner 1999 bezieht, enthält daher unzulässige Neuerungen.
Im Übrigen kommt ihm jedoch Berechtigung zu:
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist eine Vortätigkeit oder ein Studium dann von besonderer Bedeutung im Sinne des § 12 Abs. 3 GehG, wenn der durch die Vortätigkeit bzw. das Studium verursachte Erfolg der Verwendung als Beamter ohne die Vortätigkeit nur in einem beträchtlich geringeren Ausmaß gegeben wäre. Dabei ist auf den Zeitpunkt des Beginns des öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses als Beamter und die Tätigkeit abzustellen, die dieser bei Antritt des Dienstes auszuüben hatte, und nicht auf sonstige vorübergehende oder zukünftige Verwendungen oder auf Tätigkeiten, die der Beamte - etwa in einem dem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis vorangegangenen vertraglichen Dienstverhältnis - ausgeübt hatte. Der Beurteilung der besonderen Bedeutung für die erfolgreiche Verwendung ist grundsätzlich nicht mehr als der Zeitraum eines halben Jahres nach Beginn des öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses zugrunde zu legen. Es sind die konkret erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten zu berücksichtigen, wobei wesentlich ist, welche tatsächlichen Tätigkeiten der Beamte zu Beginn seines öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses auf Grund seiner Anstellung zu verrichten hatte, mit welchem Erfolg er diese Tätigkeiten besorgt hat und ob (fallbezogen) das Studium für den Verwendungserfolg als Beamter (im Sinn eines "Quantensprunges") ursächlich gewesen war. Trifft Letzteres zu und wäre der durch die Vortätigkeit bzw. das Studium verursachte Verwendungserfolg ohne diese Vortätigkeit (das Studium) nur in einem beträchtlich geringeren Maße gegeben gewesen, dann ist die Vortätigkeit (das Studium) für die erfolgreiche Verwendung als Beamter von besonderer Bedeutung im Sinne des § 12 Abs. 3 GehG (vgl. dazu ausführlich etwa die hg. Erkenntnisse vom 21. Jänner 1998, Zl. 96/12/0001, und vom 17. September 2008, Zl. 2008/12/0001, jeweils mwN aus der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes).
Die Frage, ob die Vollanrechnung einer Zeit gemäß dem im verbesserten Antrag vom 17. Dezember 2010 noch ausreichend erkennbar ins Treffen geführten § 12 Abs. 3 GehG in Betracht kommt, kann somit nur gelöst werden, wenn alle für die Beurteilung maßgebenden Kriterien festgestellt wurden. Daher ist in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren aus Anlass einer nach § 113 Abs. 10 GehG gebotenen (somit unabhängig vom Inhalt des Vorbescheides vorzunehmenden) Neufestsetzung des Vorrückungsstichtages festzustellen, welche Kenntnisse und Fähigkeiten während der auf ihre Vollanrechnung zu prüfenden Studienzeiten erworben wurden. Andererseits ist festzustellen, wann das öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis des Beschwerdeführers begonnen (dies muss nicht notwendig mit dem erwähnten Datum der Ernennung in die Verwendungsgruppe M BO 2 am 1. Oktober 2003 zusammenfallen) sowie welche tatsächlichen Tätigkeiten er damals zu verrichten hatte, mit welchem Erfolg er diese Tätigkeiten besorgt hat, sowie ob und inwieweit sein Verwendungserfolg über dem von Beamten ohne ähnliche Studien gelegen war, sich die genannten - wenn auch nicht abgeschlossenen -
Studien für einen hohen Verwendungserfolg als Beamter demnach als ursächlich erwiesen.
Die vorstehenden Ausführungen zeigen, dass die belangte Behörde ausgehend von einer unrichtigen Rechtsauffassung nicht die erforderlichen Erhebungen vorgenommen und Feststellungen im angefochtenen Bescheid, der auf diese Fragen nicht eingeht, getroffen hat.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Anzumerken ist schließlich, dass die belangte Behörde über den weiteren Antrag auf Feststellung der besoldungsrechtlichen Stellung des Beschwerdeführers nicht abgesprochen hat. Dies erscheint, unbeschadet der nicht als Beschwerdepunkt geltend gemachten Frage einer Trennbarkeit (vgl. dazu die hg. Erkenntnisse vom 24. Februar 2006, Zl. 2005/12/0032, und vom 13. November 2013, Zl. 2013/12/0040), jedenfalls als unzweckmäßig im Sinne des § 59 Abs. 1 dritter Satz AVG.
Die Kostentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am 11. Dezember 2013
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