VwGH 2012/09/0040

VwGH2012/09/004012.11.2013

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok sowie die Hofräte Dr. Rosenmayr und Mag. Feiel als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Senft, über die Beschwerde des TM in S am See, vertreten durch Mag. Karl Komann, Rechtsanwalt in 9500 Villach, Freihausgasse 10/1, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für Kärnten vom 27. Dezember 2011, KUVS-80-81/15/2011, betreffend Bestrafungen nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (weitere Parteien:

Bundesministerin für Finanzen; Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz), zu Recht erkannt:

Normen

AuslBG §2 Abs2;
AuslBG §2 Abs4 Z1;
AuslBG §2 Abs4 Z2;
AuslBG §2 Abs4;
AuslBG §2 Abs2;
AuslBG §2 Abs4 Z1;
AuslBG §2 Abs4 Z2;
AuslBG §2 Abs4;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug und nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung ergangenen Bescheid erkannte die belangte Behörde den Beschwerdeführer schuldig, er habe es als handelsrechtlicher Geschäftsführer der M Bau GmbH mit Sitz in S zu verantworten, dass

1. der rumänische Staatsangehörige MM am 18. und 19. August 2010 jeweils von 9:00 bis 16:00 Uhr und am 20. August 2010 von 8:00 bis 9:00 Uhr, sowie

2. der rumänische Staatsangehörige AP am 20. August 2010 von 8:00 bis 9:00 Uhr

als Arbeiter bei der M Bau GmbH auf der Baustelle EFH 9220 Velden, L-Weg 5, beschäftigt worden seien, obwohl für diese Ausländer keine arbeitsmarktrechtlichen Bewilligungen erteilt gewesen seien. Der Beschwerdeführer habe dadurch die Rechtsvorschriften des § 28 Abs. 1 Z 1 lit. a iVm § 3 Abs. 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) verletzt und es wurden über ihn zwei Geldstrafen von jeweils EUR 2.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafen jeweils 34 Stunden) verhängt.

Die belangte Behörde begründete dies zusammengefasst - soweit im verwaltungsgerichtlichen Verfahren noch von Bedeutung - damit, dass die M Bau GmbH, deren handelsrechtlicher Geschäftsführer der Beschwerdeführer zum Tatzeitpunkt gewesen sei, auf der Baustelle 9220 Velden, L-Weg 5, den Auftrag gehabt habe, die Fenster auszutauschen und die Hausfassade zu isolieren und zu verputzen. Am 20. August 2010 hätten auf der Baustelle die rumänischen Staatsangehörigen AP und MM gearbeitet, wobei MM seine Tätigkeit bereits am 18. August 2010 um 09.00 Uhr aufgenommen habe. MM sei seit 31. Oktober 2008 Gesellschafter der M Bau GmbH gewesen und habe damals 30 % der Anteile gehalten. MM habe für die Gesellschaft Maurer- und Reparaturarbeiten durchgeführt; die Geschäftsführung der M Bau GmbH sei dem Beschwerdeführer oblegen. MM habe keinen Einfluss auf die Geschäftsführung der Gesellschaft gehabt. AP und MM seien als Dienstnehmer bei der M Bau GmbH beschäftigt gewesen, ohne dass für diese eine Bewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz vorgelegen habe.

Beweiswürdigend stützte sich die belangte Behörde dazu auf die Angaben des Beschwerdeführers, der in der Berufungsverhandlung selbst angegeben habe, dass in den Firmenunterlagen festgehalten sei, dass er der Firmenchef sei. Dass die Aufträge nach seiner Aussage mit MM besprochen worden seien, indiziere noch kein Mitspracherecht; eine Sperrminorität sei nicht behauptet worden. Bereits bei seiner Einvernahme vor dem Finanzamt habe er angegeben, dass er der Chef der M Bau GmbH sei, für die Aufträge sorge und alle mit der Geschäftsführung anfallenden Arbeiten erledige. MM würde sämtliche Bauarbeiten durchführen. Diese Angaben seien von MM insofern bestätigt worden, als er angegeben habe, Maurer zu sein und alle für die Errichtung eines Wohnhauses erforderlichen Arbeiten wie Maurer-, Fassaden-, Betonier- und Fliesenlegerarbeiten sowie Trockenausbauten auszuführen. Er habe angegeben, keinen Einfluss auf die Geschäftsführung zu haben; diese Arbeiten würden vom Beschwerdeführer erledigt, der auch sein Chef sei. Auch in der Berufungsverhandlung habe MM zu seinem Mitspracherecht lediglich ausgeführt, dass er gearbeitet habe. Er habe zwar auf Maurer- und Reparaturarbeiten hingewiesen, die er für die Gesellschaft erledigt habe, jedoch auf keinerlei Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Geschäftsführung. Die von MM über Vorhalt seiner Aussage vor dem Finanzamt Spittal/Villach, dass er nicht Gesellschafter, sondern qualifizierter Arbeiter sei und einen monatlichen Nettobetrag von EUR 1.200,-- beziehe, behaupteten Verständigungsschwierigkeiten mit dem Dolmetscher bei seiner niederschriftlichen Einvernahme, erklärte die belangte Behörde mit näherer Begründung für unglaubwürdig. Diese Aussage stimme zudem mit den Angaben von MM in dem u.a. auch in rumänischer Sprache abgefassten Personenblatt überein.

Rechtlich beurteilte die belangte Behörde den festgestellten Sachverhalt nach Wiedergabe der maßgeblichen Gesetzesbestimmungen und Darstellung einschlägiger Judikatur dahingehend, dass dem Beschwerdeführer im Hinblick auf die Tätigkeit von MM in der Gesellschaft ohne Vorliegen einer Bewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz ein Verstoß gegen § 3 Abs. 1 AuslBG zur Last liege, der ihm auch subjektiv vorwerfbar sei.

Abschließend legte die belangte Behörde ihre Strafbemessungsgründe dar.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom 14. März 2012, B 200/12-3, abgelehnt und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten hat. Über die im Verfahren auftragsgemäß ergänzte Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Die Beschwerde richtet sich nur mehr gegen die mit Spruchpunkt 1. erfolgte Bestrafung wegen der Beschäftigung von MM. Der Beschwerdeführer bestreitet dabei nicht, dass MM in der festgestellten Weise im angeführten Zeitraum für die M Bau GmbH tätig geworden ist. Er bringt in diesem Zusammenhang jedoch vor, dass MM nicht als Arbeiter beschäftigt, sondern als Gesellschafter mit einem Anteil von 30 % selbständig tätig gewesen sei. In der Beurteilung durch die belangte Behörde erblickt der Beschwerdeführer unter diesem Gesichtspunkt - wie bereits in seiner Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof - eine Verletzung des Rechts auf Niederlassung gemäß Art. 43 EG (früher Art. 52 EGV; nunmehr Art. 49 AEUV).

Sollte der Beschwerdeführer mit diesem Vorbringen in Richtung einer auf europarechtlichen Normen zulässigen Beschäftigung deuten, ist ihm zu antworten, dass dies nur für Dienstleistungen als Selbständige gilt. Es besteht hinsichtlich der Merkmale etwa des AuslBG, des AÜG, der GewO und der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Abgrenzung von selbständiger zu unselbständiger Tätigkeit zwischen Gemeinschaftsrecht und innerstaatlichem Recht jedoch kein Unterschied, weil es allein auf das Unterordnungsverhältnis ankommt (vgl. mit näherer Begründung, auf die gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird, das Erkenntnis vom 8. August 2008, Zl. 2008/09/0163). Ein Unterordnungsverhältnis lag hier aber nach den oben im Wesentlichen wiedergegebenen Ausführungen der belangten Behörde jedenfalls vor.

Wenn der Beschwerdeführer ferner ausführt, dass die in § 2 Abs. 4 Z 1 und 2 AuslBG normierte Unselbständigkeitsvermutung gegen EU-Recht verstoße, ist ihm zunächst zu entgegnen, dass die Vermutung des § 2 Abs. 4 AuslBG im konkreten Fall gar nicht angewendet wurde.

Sollte er damit aber - ohne es ausdrücklich zu nennen - auf das Urteil des EuGH vom 22. Dezember 2008, C-161/07 , Bezug nehmen, ist er damit nicht im Recht. In diesem Urteil hat der EuGH lediglich ausgesprochen, dass es gegen das Gemeinschaftsrecht verstößt, wenn die Eintragung bestimmter Gesellschaften, an denen Angehörige der neuen Mitgliedstaaten beteiligt sind, im Firmenbuch von der vorherigen Feststellung der Selbständigkeit durch das Arbeitsmarktservice oder von der vorherigen Vorlage eines Befreiungsscheins abhängig gemacht wird. Er hat aber ausdrücklich festgehalten, dass eine Überprüfung, ob bestimmte Tätigkeiten tatsächlich selbständig oder doch im Rahmen einer unselbständigen Beschäftigung ausgeübt werden, zulässig ist (Rn. 40 des genannten Erkenntnisses). Damit verstößt es auch nicht gegen das Gemeinschaftsrecht, dass in jenen Fällen, in denen eine solche Überprüfung ergibt, dass in Wahrheit eine unzulässige unselbständige Beschäftigung vorliegt, eine Verwaltungsstrafe verhängt wird (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. September 2011, Zl. 2011/09/0052).

Mit dem weiteren Beschwerdevorbringen, dass MM mit 30 % einen größeren als den in § 2 Abs. 4 Z 2 AuslBG vorgesehenen Geschäftsanteil von 25 % gehalten habe, sodass es ihm nicht verwehrt sein könne, für die Gesellschaft Leistungen zu erbringen, die typischerweise in einem Arbeitsverhältnis erbracht werden, übersieht der Beschwerdeführer Folgendes:

Nach Anhang VII Z 2 der Beitrittsakte Rumäniens zur Europäischen Union sind die früheren Mitgliedstaaten berechtigt, während eines Übergangszeitraums von bis zu sieben Jahren (Z 5) den Zugang rumänischer Staatsangehöriger zu ihren Arbeitsmärkten zu regeln. Österreich hat von dieser Möglichkeit durch § 32a Abs. 1 AuslBG Gebrauch gemacht, wonach rumänische Staatsangehörige den Bestimmungen des AuslBG unterfallen.

Gemäß § 2 Abs. 4 AuslBG ist für die Beurteilung, ob eine Beschäftigung im Sinn des Abs. 2 vorliegt, der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhalts maßgebend. Die Tatbestände in Z 1 und 2 des § 2 Abs. 4 AuslBG sind nur zwei ausdrücklich genannte Beispiele (arg.: "insbesondere") für Arbeitsleistungen, die unter diesem maßgeblichen Gesichtspunkt eine einer Bewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz unterliegende Beschäftigung darstellen. Aus der Bestimmung des § 2 Abs. 4 Z 2 AuslBG ist aber nicht abzuleiten, dass ein Gesellschafter mit einem Geschäftsanteil von über 25 % keinesfalls, also auch dann, wenn dieser (auch) in einem Arbeitsverhältnis gemäß § 2 Abs. 2 AuslBG stünde, eine Bewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz benötigte. Vielmehr ist auch in einem solchen Fall zu beurteilen, ob die geleistete Tätigkeit in ihrer Gesamtheit nach ihrem wahren wirtschaftlichen Gehalt als Beschäftigung im Sinn des § 2 Abs. 2 AuslBG anzusehen ist oder nicht (vgl. das Erkenntnis vom 18. Jänner 2007, Zl. 2006/09/0041; siehe auch das Erkenntnis vom 11. Mai 2010, Zl. 2008/22/0845, je mwN).

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausführt, ist der Begriff der Beschäftigung - soweit dies im Beschwerdefall in Betracht kommt - durch § 2 Abs. 2 AuslBG unter anderem in der Weise bestimmt, dass die Verwendung in einem Arbeitsverhältnis oder in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis als Beschäftigung gilt. Maßgebend für diese Einordnung in den genannten Beschäftigungsbegriff ist, dass die festgestellte Tätigkeit in persönlicher bzw. wirtschaftlicher Abhängigkeit des Arbeitenden ausgeübt wird. Als (der Bewilligungspflicht unterworfenes) Beschäftigungsverhältnis im Sinn des § 2 Abs. 2 leg. cit. ist unter anderem auch eine kurzfristige oder aushilfsweise Beschäftigung anzusehen. Das Tatbestandselement der Beschäftigung ist ausschließlich nach dem wirtschaftlichen Gehalt der Tätigkeit zu beurteilen. Liegt eine Verwendung (vgl. § 2 Abs. 2 AuslBG) in einem Abhängigkeitsverhältnis vor, das typischerweise den Inhalt eines Arbeitsverhältnisses oder arbeitnehmerähnlichen Verhältnisses bildet, ist von einer der Bewilligungspflicht nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz unterworfenen Beschäftigung auszugehen. Auf eine zivilrechtliche Betrachtung, ob überhaupt ein Arbeitsvertrag zustande kam, ob diesem (etwa im Hinblick auf § 879 ABGB oder mangels einer rechtsgeschäftlichen Willensübereinstimmung) Mängel anhaften, oder welche vertragliche Bezeichnung die Vertragsparteien der Tätigkeit gegeben haben, kommt es hingegen nicht an (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 23. Mai 2002, Zl. 2000/09/0190, mwN).

Im vorliegenden Fall behauptet der Beschwerdeführer gar nicht, dass dem rumänischen Gesellschafter eine Sperrminorität zugekommen wäre. Das ergibt sich auch nicht aus dem Akteninhalt. Vielmehr räumt der Beschwerdeführer selbst ein, dass MM für die Gesellschaft Leistungen erbracht habe, die typischerweise in einem Arbeitsverhältnis geleistet werden.

Die belangte Behörde ging daher zu Recht von einer der Bewilligungspflicht des Ausländerbeschäftigungsgesetzes unterliegenden Beschäftigung des Ausländers für die Gesellschaft aus.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am 12. November 2013

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