VwGH 2010/17/0026

VwGH2010/17/002628.5.2013

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und den Hofrat Dr. Holeschofsky sowie die Hofrätin Mag. Dr. Zehetner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fries, in der Beschwerdesache der R Gen.m.b.H. in B, vertreten durch die CMS Reich-Rohrwig Hainz Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Gauermanngasse 2, gegen den Bescheid der Finanzmarktaufsichtsbehörde vom 23. Dezember 2009, Zl. FMA-KI29 0884/0009-DEZ/2009, betreffend einen Auftrag nach § 70 Abs. 4 Z 1 BWG, den Beschluss gefasst:

Normen

AHG 1949;
VwGG §33 Abs1;
AHG 1949;
VwGG §33 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird für gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt.

Aufwandersatz wird nicht zuerkannt.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführerin gem. § 70 Abs. 4 Z 1 Bankwesengesetz, BGBl. I Nr. 532/1993 (im Folgenden: BWG), aufgetragen, bei sonstiger Zwangsstrafe von EUR 20.000, den gesetzmäßigen Zustand bis längstens 31. März 2010 in der Form herzustellen, als FS, der als Geschäftsleiter der Beschwerdeführerin nicht über die gem. § 5 Abs. 1 Z 7 BWG stipulierten Voraussetzungen verfüge, gem. § 70 Abs. 4 Z 1 BWG iVm § 5 Abs. 1 Z 7 BWG spätestens mit Ablauf des 31. März 2010 als Geschäftsleiter der Beschwerdeführerin abzuberufen sei. Überdies sei durch die zuständigen gesellschaftsrechtlichen Organe der Beschwerdeführerin bis zu diesem Termin ein den Vorschriften des BWG entsprechender Geschäftsleiter zu bestellen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit welcher die Beschwerdeführerin inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend macht.

Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht auf Unterbleiben der Feststellung, dass FS als Geschäftsleiter der Beschwerdeführerin nicht über die persönliche Zuverlässigkeit iSd § 5 Abs. 1 Z 7 BWG verfüge, in ihrem Recht auf Nichterteilung des im angefochtenen Bescheid näher beschriebenen Auftrages, sowie in ihrem Recht, den angefochtenen Bescheid nicht sämtlichen Mitgliedern des Vorstandes und Aufsichtsrates zur Kenntnis zu bringen und der belangten Behörde die entsprechenden Protokollabschriften übermitteln zu müssen, verletzt.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in welcher sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Die Beschwerdeführerin replizierte auf die Gegenschrift.

Mit Schriftsatz vom 21. März 2013 teilte die belangte Behörde dem Verwaltungsgerichtshof mit, ihr sei mit Schreiben vom 29. März 2010 durch den R-Verband Salzburg gem. § 73 Z 2 BWG angezeigt worden, dass FS mit 31. März 2010 von seiner Funktion als zweiter Geschäftsleiter zurücktrete. Gemäß Beschluss des Vorstandes und Aufsichtsrates vom 26. März 2010 sei der Rücktritt von FS zur Kenntnis genommen worden. In der Sitzung des Vorstandes und Aufsichtsrates vom 26. März 2010 seien GK und GG mit Wirkung vom 26. März 2010 zu weiteren Geschäftsleitern bestellt worden. Die Eintragung ins Firmenbuch sei am 14. April 2010 erfolgt. Aus der Sicht der belangten Behörde sei damit dem angefochtenen Bescheid zur Gänze Rechnung getragen worden.

In ihrer Stellungnahme vom 26. April 2013 vertrat die beschwerdeführende Partei die Auffassung, dass ihr Rechtsschutzbedürfnis durch die Erfüllung des Auftrages keineswegs weggefallen wäre.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 33 Abs. 1 erster Satz VwGG ist eine Beschwerde mit Beschluss nach Einvernahme des Beschwerdeführers als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen, wenn in irgendeiner Lage des Verfahrens offenbar wird, dass dieser klaglos gestellt wurde.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist mit der Einstellung des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens im Sinne des § 33 Abs. 1 VwGG nicht nur bei formeller Klaglosstellung, sondern auch bei "Gegenstandslosigkeit" der Beschwerde vorzugehen.

Gegenstandslosigkeit wird angenommen, wenn durch Änderung maßgeblicher Umstände zeitlicher, sachlicher oder prozessualer Art das rechtliche Interesse des Beschwerdeführers an der Entscheidung wegfällt. Dabei ist zu beachten, dass die gesetzlichen Bestimmungen über die Verwaltungsgerichtsbarkeit einer Partei nicht den Anspruch auf die verwaltungsgerichtliche Feststellung der Gesetzmäßigkeit von Bescheiden an sich gewähren, sondern nur einen Anspruch auf Aufhebung gesetzwidriger Bescheide, die in die Rechtssphäre der Partei eingreifen (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 16. Oktober 2006, Zl. 2005/10/0206, mwN).

Diese Voraussetzung ist im Beschwerdefall gegeben, weil durch die Erfüllung des durch den angefochtenen Bescheid erteilten Auftrages die beschwerdeführende Partei nicht mehr fortdauernd in ihren Rechten verletzt ist (vgl. dazu den ebenfalls im Zusammenhang mit einem Auftrag nach § 70 Abs. 4 Z 1 BWG ergangenen hg. Beschluss vom 22. Oktober 2007, Zl. 2006/17/0106).

Wenn die beschwerdeführende Partei in ihrer Stellungnahme vom 26. April 2013 die Auffassung vertritt, es bestehe aus Gründen der Wiederherstellung des guten Rufes und der vollständigen Rehabilitierung des FS weiterhin ein "eigenständiges Interesse um Klärung, ob sie einen regulatorischen Verstoß gesetzt hat", so zeigt sie damit kein sie betreffendes rechtliches Interesse an einer Aufhebung des angefochtenen Bescheides durch den Verwaltungsgerichtshof auf. Durch die Erfüllung des behördlichen Auftrages ist der angefochtene Bescheid, der eine Zwangsstrafe für den Fall der Nichterfüllung verhängt hat, wirkungslos geworden. Einer Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes über die dagegen erhobene Beschwerde käme somit nur noch abstrakt-theoretische Bedeutung zu, weil die beschwerdeführende Partei auch durch eine Aufhebung des angefochtenen Bescheides rechtlich nicht besser gestellt wäre (vgl. den hg. Beschluss vom 29. September 2009, Zl. 2009/21/0151).

Zum Vorbringen, dass die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes für allfällige Schadenersatzansprüche ausschlaggebend sein könnte, ist auf die hg. Rechtsprechung zu verweisen, der zu Folge Rechtspositionen, die im Wege der Amtshaftung geltend gemacht werden können, nicht zu der rechtlich geschützten Interessenssphäre zählen, die den Beschwerdeführer zur Beschwerdeerhebung bzw. zur Beschwerdefortführung im Bescheidbeschwerdeverfahren legitimiert. In Fällen der sachlichen und zeitlichen Überholung von Bescheiden ist in sinngemäßer Anwendung des § 33 Abs. 1 VwGG das verwaltungsgerichtliche Verfahren einzustellen. Selbst ein (potenzieller oder aktuell geltend gemachter) Amtshaftungsanspruch kann keine Rechtsverletzungsmöglichkeit durch einen wegen zeitlicher Überholung wirkungslos gewordenen Bescheid begründen (vgl. wieder den hg. Beschluss vom 22. Oktober 2007, Zl. 2006/17/0106, mwN).

Die Beschwerde war daher in sinngemäßer Anwendung des § 33 Abs. 1 VwGG als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen.

Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG, insbesondere auf § 58 Abs. 2 VwGG. Gemäß § 58 Abs. 2 VwGG in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 88/1997, ist bei der Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens der nachträgliche Wegfall des Rechtsschutzinteresses nicht zu berücksichtigen; würde hiebei die Entscheidung über die Kosten einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern, so ist darüber nach freier Überzeugung zu entscheiden. Da im vorliegenden Fall nicht ohne Weiteres ersichtlich ist, ob der Beschwerde stattzugeben gewesen wäre, würde die Klärung der Frage, wer als obsiegende Partei anzusehen wäre, einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern. Es war daher gemäß § 58 Abs. 2 VwGG kein Kostenersatz zuzuerkennen (vgl. wieder den hg. Beschluss vom 22. Oktober 2007, Zl. 2006/17/0106, mwN).

Wien, am 28. Mai 2013

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