VwGH 2010/07/0111

VwGH2010/07/011119.12.2013

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofräte Dr. Hinterwirth, Dr. N. Bachler, Dr. Lukasser und Mag. Haunold als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Pitsch, über die Beschwerde

1. der Mag. ER in M, 2. des Mag. AP in G, beide vertreten durch Mag. Petra Cernochova, Rechtsanwältin in 1010 Wien, Rotenturmstraße 17/15, gegen den Bescheid der Berufungskommission der Landeshauptstadt Graz vom 8. April 2010, Zl. 002270/2010-4, betreffend Anpassung des Volumens von Abfallsammelbehältern und der Abfuhrhäufigkeit nach § 9 Abs. 3 des Steiermärkischen Abfallwirtschaftsgesetzes 2004, zu Recht erkannt:

Normen

11997E175 EG Art175;
11997E249 EG Art249;
32000D0532 Abfallverzeichnis Kap20;
32006L0012 Abfall-RL Art1;
62008CJ0254 Futura Immobiliare VORAB;
AWG 2002 §2 Abs4 Z2 idF 2007/I/043;
AWG Stmk 2004 §13;
AWG Stmk 2004 §4 Abs4;
EURallg;
VwRallg;
11997E175 EG Art175;
11997E249 EG Art249;
32000D0532 Abfallverzeichnis Kap20;
32006L0012 Abfall-RL Art1;
62008CJ0254 Futura Immobiliare VORAB;
AWG 2002 §2 Abs4 Z2 idF 2007/I/043;
AWG Stmk 2004 §13;
AWG Stmk 2004 §4 Abs4;
EURallg;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführenden Parteien haben der Landeshauptstadt Graz Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 15. Dezember 2009 gab der Stadtsenat der Landeshauptstadt Graz dem Antrag der beschwerdeführenden Parteien, die Eigentümer der Liegenschaft H.-Gasse 10 in G (Grst. Nr. 341 der EZ 254 KG I) sind, auf Anpassung des bereitgestellten Behältervolumens und/oder der Häufigkeit der regelmäßigen Abfuhr für die genannte Liegenschaft gemäß §§ 9 Abs. 3 und 21 des Steiermärkischen Abfallwirtschaftsgesetzes 2004 (StAWG 2004), LGBl. Nr. 65 idF LGBl. Nr. 56/2006, teilweise statt. Für die genannte Liegenschaft wurden drei (Anmerkung: statt bisher fünf; die beschwerdeführenden Parteien begehrten die Reduzierung auf zwei) Stück 240-Liter-Abfallsammelbehälter mit einer zweimaligen Entleerung pro Woche für gemischte Siedlungsabfälle festgelegt. Im Übrigen wurde der Antrag abgewiesen.

In der Bescheidbegründung wurde unter anderem ausgeführt, Größe und Anzahl der im Spruch festgelegten Abfallsammelbehälter für gemischte Siedlungsabfälle gründeten sich auf die Erhebungsergebnisse vom 24. November 2009, 27. November 2009 und 1. Dezember 2009. Bei diesen Erhebungen seien Benutzer der Liegenschaft (u.a. eine Änderungsschneiderei, ein Gastgewerbebetrieb, zwei Bekleidungsgeschäfte, ein Friseur und ein Bewohner einer Wohnung) befragt worden, ob bzw. welche Abfälle sie in welche auf der Liegenschaft bereitgestellten Abfallsammelbehälter einbrächten. In diesem Zusammenhang hielt die Behörde u.a. fest, dass der Friseur derzeit keine der anfallenden Abfälle in die entsprechenden Behälter einbringe. Die durchgeführten Erhebungen - so die Behörde weiter - erwiesen sich als ausreichend, weil ein repräsentativer Teil der Bewohnerschaft (es seien von elf als solche erkannte Parteien sieben Parteien befragt worden) einvernommen worden sei. Die entsprechenden Aussagen erschienen glaubwürdig und stimmten auch mit den herkömmlichen Erfahrungen der Behälterauslastungen überein. Daher seien spruchgemäß drei Stück Abfallsammelbehälter für gemischte Siedlungsabfälle mit einem Volumen von 240 Liter mit einer zweimaligen Entleerung pro Woche festzulegen gewesen.

Die übrigen zwei Stück 240-Liter-Abfallsammelbehälter seien unverzüglich und unaufgefordert zur Abholung bereitzustellen.

Vorausgegangen war dem verfahrenseinleitenden Antrag das von den beschwerdeführenden Parteien veranlasste Wegsperren von drei der auf der in Rede stehenden Liegenschaft beigestellten fünf Stück 240-Liter-Abfallsammelbehälter für gemischte Siedlungsabfälle.

Gegen den genannten Bescheid erhoben die beschwerdeführenden Parteien Berufung. Die erstinstanzliche Behörde habe unrichtig festgestellt, dass der erwähnte Friseur derzeit keine der anfallenden Abfälle in die entsprechenden Behälter einbringe. Ferner seien die beschwerdeführenden Parteien zu Unrecht aufgefordert worden, die übrigen zwei Stück 240-Liter-Abfallsammelbehälter unverzüglich und unaufgefordert zur Abholung bereitzustellen. Dem Bescheid liege eine unrichtige rechtliche Beurteilung zugrunde, weil das Entsorgen des "Gewerbemülls" als Siedlungsmüll über das Haus einen "Müllbetrug" darstelle und von der Behörde unterbunden hätte werden müssen. Die Festlegung der drei Stück 240-Liter-Abfallsammelbehälter mit einer zweimaligen Entleerung pro Woche für gemischte Siedlungsabfälle, keinesfalls für "Gewerbemüll", wäre rückwirkend von Anbeginn, mindestens drei Jahre rückwirkend, zu verfügen gewesen und nicht erst ab Bescheiderlassung, sodass die beschwerdeführenden Parteien eine Gutschrift für den widerrechtlich entsorgten "Gewerbemüll" zu Lasten der Hauseigentümerschaft einerseits aber insbesondere zu Lasten der Wohnungsmieter andererseits zu erhalten hätten.

Während des Berufungsverfahrens führten die Stadt G. W, Geschäftsbereich Abfall, in einem Schreiben vom 8. Februar 2010 u. a. aus, im Juli 2009 seien vom damaligen Rechtsvertreter der beschwerdeführenden Parteien drei der auf der Liegenschaft H.- Gasse 10 seit Juli 1997 beigestellten fünf Stück 240-Liter-Abfallsammelbehälter für gemischte Siedlungsabfälle mit einer zweimaligen Entleerung weggesperrt und der Antrag um Reduktion auf zwei Stück der Sammelbehälter mit einer zweimaligen Entleerung pro Woche gestellt worden.

Ferner wurde in diesem Schreiben auf laufende Kontrollen durch die zuständigen Mitarbeiter der W und das Ende November bis Anfang Dezember 2009 bei den Nutzern der Liegenschaft vor Ort durchgeführte Erhebungsverfahren verwiesen. Einerseits sei festgestellt worden, dass die zwei Stück 240-Liter-Abfallsammelbehälter für gemischte Siedlungsabfälle am Entleertag fast immer voll ausgelastet gewesen seien. Andererseits seien nach Aussage einiger Nutzer der H.-Gasse 10 nicht alle gemischten Siedlungsabfälle (z.B. Kleiderbügel) in die bereitgestellten Sammelbehälter eingebracht worden. Aus den angeführten Gründen seien daher drei Stück 240-Liter-Abfallsammelbehälter mit einer zweimaligen Entleerung pro Woche notwendig, damit alle auf der Liegenschaft anfallenden gemischten Siedlungsabfälle, auch die derzeit nicht über die städtische Abfuhr entsorgten gemischten Siedlungsabfälle, ordnungsgemäß laut §§ 9 und 10 StAWG 2004 eingebracht werden könnten.

Diesem Schreiben waren am 30. November 2009,

17. Dezember 2009, 21. Jänner 2010 und 4. Februar 2010 aufgenommene Fotos jeweils mit einer Darstellung der zwei Stück 240-Liter-Abfallsammelbehälter für gemischte Siedlungsabfälle an der in Rede stehenden Liegenschaft angeschlossen.

Das genannte Schreiben und die Fotodokumentation wurden den beschwerdeführenden Parteien übermittelt, die in ihrer Äußerung vom 9. März 2010 ihren Berufungsantrag vollinhaltlich aufrechterhielten.

Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 8. April 2010 wurde die Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid vom 15. Dezember 2009 als unbegründet abgewiesen.

Begründend führte die belangte Behörde aus, es stehe unbestritten fest, dass auf der antragsgegenständlichen Liegenschaft seit Juli 1997 fünf Stück 240-Liter-Abfallsammelbehälter für gemischte Siedlungsabfälle mit einer zweimaligen Entleerung pro Woche beigestellt gewesen seien. Die beantragte Reduktion auf zwei Stück 240-Liter-Abfallsammelbehälter lasse jede Begründung dahingehend vermissen, dass antragsauslösend die Verringerung des langjährigen Abfallvolumens (um mehr als die Hälfte) auf beispielsweise nutzungsbedingten Rückgang von Fraktionen (mit entsprechenden Belegen) zurückzuführen gewesen wäre. Tatsächlich sei die begehrte Reduktion ausschließlich durch das eigenmächtige Wegsperren von drei Stück dieser im Eigentum der Stadt G. befindlichen Abfallsammelbehälter bedingt.

Demgegenüber hätten aktenmäßig dokumentierte laufende Kontrollen einschließlich der in den Monaten Ende November und Anfang Dezember 2009 bei den Nutzern der Liegenschaft vor Ort durchgeführten Erhebungsverfahren zum einen eine fast ständige Vollauslastung der zwei Stück nicht eigenmächtig entfernter 240- Liter-Abfallsammelbehälter für gemischte Siedlungsabfälle am Entleertag und zum anderen ergeben, dass nicht alle gemischten Siedlungsabfälle in die bereitgestellten Sammelbehälter eingebracht worden seien. Der in der Äußerung der beschwerdeführenden Parteien (vom 9. März 2010) als "unzulässigerweise auch gewerblicher Müll" bezeichnete Abfall stelle in seiner fotodokumentierten Zusammensetzung zweifelsfrei gemischten Siedlungsabfall im Sinn des § 4 Abs. 4 StAWG 2004 einschließlich der Definition des Europäischen Abfallverzeichnisses dar, dessen gesetzeskonforme Einbringung ausschließlich den Andienungspflichtigen obliege.

Entscheidend für die zweifelsfreie vorliegende Qualifikation als gemischte Siedlungsabfälle sei deren festgestellte Zusammensetzung nach Einwurf in die Abfalltonne, und zwar unabhängig vom Mengenverhältnis der einzelnen Fraktionen (Verweis auf Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes).

Die vorgefundene Mischung aus beispielsweise Haaren, Kleiderbügel, Papier, Flusen, Fäden, Fetzen, Schneiderabfällen, Restmüll, Plastiksackerln, Pflanzenresten, Pizzaresten und einem 1,5 Liter-Obstsaft-Tetrapak, somit der Inhaltsstoffe Papier, Kunststoffe, Metalle, kompostierbare Abfälle und gemischte Siedlungsabfälle und damit den Sammlungsnummern des Europäischen Abfallverzeichnisses 20 01 01, 20 01 11, 20 01 39, 20 01 40, 20 01 39, 20 02 01, 20 01 08, 20 03 01, 20 01 39 bzw. 20 01 01 zuordenbar, weise diese zweifelsfrei als Siedlungsabfall unabhängig davon aus, ob die Fraktionen aus einem Gewerbebetrieb oder einer privaten Wohnung stammten.

Nicht der Herkunftsort, sondern die Zusammensetzung im Abfallbehälter - für deren Entstehung einschließlich der Vermeidung allfälliger Fehlwürfe nicht die W der Stadt G. Verantwortung trügen (gleiches gelte auch für eine möglichst platzsparende Unterbringung der Fraktionen) - sei für das Vorliegen oder Nichtvorliegen von Siedlungsabfall und demgemäß dessen Andienungspflicht entscheidend.

Weder die eigenmächtige Entfernung von drei Stück 240-Liter-Abfallsammelbehältern noch die als unzulässig bezeichnete Entsorgung von sogenanntem gewerblichem Müll vermöge daher tauglich zu begründen, dass die von der erstinstanzlichen Behörde festgesetzte Bereitstellung von drei Stück 240-Liter-Abfallsammelbehältern mit einer zweimaligen Entleerung pro Woche nicht gerechtfertigt wäre. Während die dieser Festsetzung zugrunde liegenden Ermittlungsergebnisse auf behördlichen Erhebungen vor Ort beruhten, sei die von den beschwerdeführenden Parteien begehrte Reduktion auf eigenmächtigen Entzug von drei Stück 240- Liter-Abfallsammelbehältern in Verbindung mit der unzutreffenden Verneinung des Vorliegens von Siedlungsabfall zurückzuführen. Dies stelle keinen abfallrechtlich zulässigen Reduktionsgrund dar.

Die beschwerdeführenden Parteien erhoben gegen diesen Bescheid zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, in der sie unter anderem die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz sowie auf Unversehrtheit des Eigentums rügten.

Der Verfassungsgerichtshof lehnte mit Beschluss vom 7. Juni 2010, B 651/10-4, die Behandlung der Beschwerde ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab. In der Begründung dieses Beschlusses führte der Verfassungsgerichtshof unter anderem aus:

"Soweit die Beschwerde aber insofern verfassungsrechtliche Fragen berührt, als behauptet wird, die belangte Behörde habe der Bestimmung des § 4 Abs. 4 Steiermärkisches Abfallwirtschaftsgesetz 2004 (iVm §§ 6 Abs. 1, 8 und 13 leg. cit.) einen verfassungswidrigen Inhalt unterstellt, bzw. als die Verfassungswidrigkeit dieser Regelung gerügt wird, lässt ihr Vorbringen im Hinblick auf umweltpolitische Zielsetzungen durch Schaffung eines geordneten Abfallentsorgungssystems vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (vgl. etwa VfSlg. 17.777/2006; zur sachlichen Rechtfertigung einer Beschränkung der Kontrahierungsfreiheit im Interesse des Umweltschutzes z.B. VfSlg. 13.102/1992) die behauptete Rechtsverletzung, die Verletzung eines anderen verfassungsgesetzlichen Rechtes oder die Verletzung in einem sonstigen Recht wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes als so wenig wahrscheinlich erkennen, dass sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat."

In der ergänzten Beschwerde machten die beschwerdeführenden Parteien Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die hier maßgeblichen Bestimmungen des StAWG 2004, LGBl. Nr. 65 idF LGBl. Nr. 56/2006, lauten:

"§ 4

Begriffsbestimmungen

(…)

(4) Im Sinne dieses Gesetzes sind Siedlungsabfälle Abfälle aus privaten Haushalten und andere Abfälle, die auf Grund ihrer Beschaffenheit oder Zusammensetzung den Abfällen aus privaten Haushalten ähnlich sind. Bei der Zuordnung ist das Europäische Abfallverzeichnis im Sinne des Artikels 1 der Richtlinie 75/442/EWG über Abfälle, ABl. Nr. L 194 vom 25. Juli 1975 S 39, geändert durch die Richtlinie 91/156/EWG , ABl. Nr. L 78 vom 26. März 1991 S 32 und die Entscheidung 96/350/EG, ABl. Nr. L 135 vom 6. Juni 1996 S 32 zu berücksichtigen.

(…)

§ 6

Aufgabenzuordnung

(1) Für die Sammlung und Abfuhr der in einem Gemeindegebiet anfallenden Siedlungsabfälle gemäß § 4 Abs. 4 haben die Gemeinden zu sorgen (Andienungspflicht).

(…)

§ 7

Organisation der Abfuhr

(1) Die Gemeinde hat für die Sammlung und Abfuhr der Siedlungsabfälle gemäß § 4 Abs. 4 eine öffentliche Abfuhr einzurichten.

(…)

§ 8

Anschlusspflicht

(1) Die Liegenschaftseigentümer/innen der im Abfuhrbereich gelegenen Grundstücke sind berechtigt und verpflichtet, diese an die öffentliche Abfuhr anzuschließen und die auf ihren Grundstücken anfallenden Siedlungsabfälle durch die öffentliche Abfuhr sammeln und abführen zu lassen.

(…)

(3) Die Anschlusspflicht entsteht für die innerhalb des Abfuhrbereiches gelegenen Grundstücke mit der Bereitstellung der Abfallsammelbehälter.

(…)

§ 9

Abfallsammelbehälter

(1) Für die Sammlung von Siedlungsabfällen gemäß § 4 Abs. 4 sind von der Gemeinde geeignete und je nach zu sammelnder Abfallart unterscheidbare Abfallsammelbehälter oder Befestigungseinrichtungen für Sacksammelsysteme beizustellen. Die Abfallsammelbehälter bleiben im Eigentum der Gemeinde oder des privaten Entsorgungsunternehmens und sind von diesen zu reinigen, zu erhalten und im Bedarfsfalle zu ersetzen.

(2) Die Anzahl und Größe der zu verwendenden Abfallsammelbehälter oder Abfallsäcke ist so festzulegen, dass der anfallende Siedlungsabfall innerhalb des Abfuhrzeitraumes ordnungsgemäß eingebracht werden kann. Bei der Festlegung der Anzahl und Größe der Abfallsammelbehälter ist die Art, die Beschaffenheit und die Menge des anfallenden Abfalls, die Anzahl der Haushalte oder Personen und die Häufigkeit der öffentlichen Abfuhr zu beachten.

(3) Über begründeten Antrag des Liegenschaftseigentümers/der Liegenschaftseigentümerin kann das Behältervolumen und/oder die Häufigkeit der regelmäßigen Abfuhr der Menge des tatsächlich anfallenden Siedlungsabfalls in Entsprechung zu den Vorgaben der Abfuhrordnung der Gemeinde angepasst werden. Die Gemeinde hat über solche Anträge mit Bescheid abzusprechen.

(…)

§ 13

Gebühren und Kostenersätze

(1) Die Gemeinden werden ermächtigt, für die Benützung der Einrichtungen und Anlagen der Abfuhr und der Behandlung der Siedlungsabfälle Gebühren einzuheben, wobei sich diese an den Zielen und Grundsätzen dieses Gesetzes zu orientieren haben.

(2) Die Verpflichtung zur Entrichtung der Gebühren entsteht mit dem Zeitpunkt, an dem die Abfallsammelbehälter beigestellt werden.

(3) Zur Entrichtung der Gebühr sind die anschlusspflichtigen Liegenschaftseigentümer/innen verpflichtet. Miteigentümer/innen schulden die Gebühr zur ungeteilten Hand. Die für die Liegenschaftseigentümer/innen geltenden Bestimmungen finden sinngemäß auch auf Personen Anwendung, die zur Nutzung des Grundstückes berechtigt sind oder es verwalten. Bei Bauwerken auf fremdem Grund gelten die Bestimmungen dieses Gesetzes auch für die Bauwerkseigentümer/innen.

(4) Die Höhe der Gebühr ist nach beigestelltem Behältervolumen und der Anzahl der Entleerungen oder gewichtsbezogen zu berechnen (variable Gebühr), wobei in der Abfuhrordnung eine jedenfalls zu entrichtende Grundgebühr festzulegen ist. Für zusätzliche Leistungen bei der Abholung des Siedlungsabfalls kann ein gesonderter Kostenersatz verrechnet werden.

(…)"

2.1. In der Beschwerde wird vorgebracht, die Behörde habe zwar im Zeitraum November 2009 bis Februar 2010 "eine Kontrolle" durchgeführt. Nach den Ergebnissen der Beweisaufnahme handle es sich jedoch um das Befragen und eine Sichtkontrolle. Die Behörde habe nur gesehen, ob die Behälter ausgelastet seien oder nicht. Insbesondere sei aus den Ergebnissen nicht erkennbar, dass die Behörde mehr als ein einziges Mal die Kontrolle der Zusammensetzung des Abfalls durchgeführt habe. Dies wäre nicht nur im Hinblick darauf erforderlich, um festzustellen, welche Mengen von welchem Abfall sich im Behälter befänden, sondern auch um festzustellen, ob auch ein "sonstiger Gewerbeabfall" des Frisiergeschäfts (wie mehrmals vorgebracht) wie chemisch behandeltes Haar, Dosen von Farb- und Blondiermitteln und ähnliches in den Behältern entsorgt worden sei.

Ferner führen die Beschwerdeführer aus, die belangte Behörde habe den gesamten Abfall samt dem vom Friseur- und Kleidungsgeschäft stammenden Abfall als Siedlungsabfall im Sinn des § 4 Abs. 4 StAWG 2004 qualifiziert. Dies sei jedoch unrichtig. Es treffe zwar zu, dass Haare, Kleiderbügel, Flusen, Fäden, Fetzen und Schneiderabfälle grundsätzlich Abfällen aus privaten Haushalten ähnlich seien, diese Abfälle könnten aber nur dann als Siedlungsabfälle qualifiziert werden, wenn sie auch in einer privaten Haushalten ähnlichen Menge vorkämen. Dies gebiete sowohl eine verfassungs- als auch richtlinienkonforme Interpretation des § 4 Abs. 4 StAWG 2004.

Dadurch, dass der Abfall des Frisiersalons dem Siedlungsabfall unterstellt werde, müssten die beschwerdeführenden Parteien höhere Gebühren tragen. Diese Gebühren könnten zwar grundsätzlich auf Mieter überwälzt werden, im Vollanwendungsbereich des Mietrechtsgesetzes jedoch ausschließlich im Verhältnis der Nutzfläche, was zu einer ungerechtfertigten Belastung der Wohnungsmieter sowie über Leerstehungen auch wieder der Liegenschaftseigentümer führe. Dem Frisiersalon verschaffe dies eine ungerechtfertigte, gleichheitswidrige und in das Eigentumsrecht der beschwerdeführenden Parteien und der übrigen Wohnungsmieter eingreifende Bereicherung.

Eine solche Bereicherung des Gewerbebetriebes, der sich (zumindest erhebliche Teile) der Entsorgungskosten erspare, und letztlich auch die Bereicherung der Gemeinde, weil sie durch den Anschlusszwang des § 8 Abs. 1 StAWG 2004 und die weite Auslegung des Begriffes des Siedlungsabfalls nach § 4 Abs. 4 StAWG 2004 zu einem höheren Abfallvolumen und somit zu höheren Erträgen aus der Gebühr komme, seien weder im öffentlichen Interesse noch sachlich geboten, sondern griffen ungerechtfertigt in das Recht auf Unverletzlichkeit des Eigentums der beschwerdeführenden Parteien als Gebührenschuldner ein.

Aus einer verfassungskonformen Interpretation des § 4 Abs. 4 StAWG 2004 ergebe sich somit, dass der Begriff des gemischten Siedlungsabfalls eng auszulegen sei und nicht nur die Art sondern auch die Herkunft und Menge des Abfalles zu berücksichtigen seien.

2.2. Die Beschwerdebehauptung, es sei nicht erkennbar, dass die Behörde mehr als ein einziges Mal die Kontrolle der Zusammensetzung des Abfalls durchführte, trifft nicht zu. Neben den auch in der Beschwerde erwähnten, bei den Nutzern der Liegenschaft vor Ort durchgeführten Erhebungen wurde den beschwerdeführenden Parteien im Berufungsverfahren auch die an vier Tagen zwischen 30. November 2009 und 4. Februar 2010 erstellte Fotodokumentation der beiden 240-Liter-Abfallsammelbehälter - auf den Fotos sind die Behälter jeweils geöffnet und die darin eingebrachten Abfälle erkennbar - der in Rede stehenden Liegenschaft übermittelt.

§ 4 Abs. 4 StAWG 2004 enthält die inhaltlich gleiche Definition des Begriffs "Siedlungsabfälle" wie § 2 Abs. 4 Z 2 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG 2002) vor der Novelle BGBl. I Nr. 9/2011.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ergibt sich aus dieser Definition der Siedlungsabfälle, dass auch Abfälle, die nicht aus privaten Haushalten, sondern etwa aus Gewerbebetrieben stammen, Siedlungsabfälle sein können. Der Gesetzgeber stellt ausschließlich auf die Zusammensetzung der Abfälle ab. Ob diese Abfälle in Haushaltsmengen anfallen oder nicht, ist für die Zuordnung zur Kategorie der Siedlungsabfälle irrelevant (vgl. das Erkenntnis vom 25. Juni 2009, Zl. 2007/07/0014).

Hinsichtlich der Zuordnung von Abfällen verweist § 4 Abs. 4 StAWG 2004 auf das Europäische Abfallverzeichnis.

Die Beschwerde bestreitet weder, dass die im angefochtenen Bescheid erwähnten Abfälle (u.a. Haare, Kleiderbügel und Schneiderabfälle) bei den vor Ort durchgeführten Erhebungen vorgefunden wurden, noch, dass diese Abfälle den aufgezählten Abfallcodes des Kapitels (Gruppe) 20 des Europäischen Abfallverzeichnisses zuzuordnen sind.

Besteht aber ein zu beurteilender Abfall aus Stoffen, die einem oder mehreren Abfallcodes des Kapitels (Gruppe) 20 des Europäischen Abfallverzeichnisses zuzuordnen sind, ist dieser Abfall als Siedlungsabfall anzusehen (vgl. dazu die beiden hg. Erkenntnisse vom 26. Jänner 2006, Zl. 2005/07/0135, und vom 25. Juni 2009, Zl. 2007/07/0014, mwN).

Nach dem Vorgesagten ist dem Beschwerdevorbringen, die im angefochtenen Bescheid genannten Abfälle könnten nur dann als Siedlungsabfälle qualifiziert werden, wenn sie auch in einer privaten Haushalten ähnlichen Menge vorkämen, nicht zu folgen.

Die Beschwerde tritt ferner den Feststellungen der belangten Behörde nicht entgegen, wonach bei den Erhebungen eine fast ständige Vollauslastung der nicht entfernten zwei Stück 240-Liter-Abfallsammelbehälter vorgefunden worden sei und nicht alle gemischten Siedlungsabfälle in die bereitgestellten Sammelbehälter eingebracht worden seien.

Gemäß § 9 Abs. 2 und 3 StAWG 2004 kann daher die mit dem angefochtenen Bescheid erfolgte Festlegung bzw. Reduzierung auf drei (und nicht auf zwei) Stück 240-Liter-Absammelbehälter für gemischten Siedlungsabfall mit einer zweimaligen Entleerung pro Woche für die Liegenschaft H.-Gasse 10 nicht als rechtswidrig erkannt werden.

Auch dem Vorbringen der beschwerdeführenden Parteien hinsichtlich einer Ungleichbehandlung gegenüber Gewerbebetrieben sowie einer Verletzung ihres Rechts auf Unverletzlichkeit des Eigentums ist vor dem Hintergrund des bereits zitierten Beschlusses des Verfassungsgerichtshofes vom 7. Juni 2010, B 651/10, nicht zu folgen.

2.3. Ferner zeigt die Beschwerde mit dem von ihr angesprochenen Gebot richtlinienkonformer Interpretation innerstaatlichen Rechts keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Die beschwerdeführenden Parteien verweisen in diesem Zusammenhang auf das in Art. 15 der Richtlinie 2006/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2006 über Abfälle verankerte Verursacherprinzip sowie auf die Entscheidung des Gerichtshofes der Europäischen Union (EuGH) vom 16. Juli 2009, Rs C-254/08 , Futura Immobiliare srl Hotel Futura u.a. gegen Comune di Casoria. Der EuGH - so die beschwerdeführenden Parteien -

sehe die Differenzierung zwischen Gewerbebetrieben und Privatpersonen im Hinblick auf den Siedlungsmüll und das Verursacherprinzip als richtlinienkonform und mit dem Ziel der Finanzierung der Dienstleistung erreichbar. E contrario sei daraus abzuleiten, dass eine unterlassene Differenzierung mit der Richtlinie nicht vereinbar sei. Daraus folge, dass bei einer richtlinienkonformen Interpretation nicht nur die Art, sondern auch die Herkunft und die Menge des Abfalles zu berücksichtigen sei.

Der EuGH hat in dem von den beschwerdeführenden Parteien genannten Urteil vom 16. Juli 2009, Rs C-254/08 , eine Differenzierung der Beitragsleistung je nach der jeweiligen Kapazität, Siedlungsabfälle zu erzeugen, als mit dem Verursacherprinzip vereinbar erklärt. Entgegen dem Beschwerdevorbringen ist daraus aber nicht abzuleiten, dass das im StAWG 2004 normierte Regelungskonzept betreffend die Einhebung von Gebühren für die Benützung der Einrichtungen und Anlagen der Abfuhr und der Behandlung der Siedlungsabfälle mit der Richtlinie 2006/12/EG nicht vereinbar wäre.

Der EuGH hat in seinem Urteil vom 16. Juli 2009 unter anderem festgehalten, dass hinsichtlich der Finanzierung der Kosten für die Bewirtschaftung und Beseitigung von Siedlungsabfällen die Mitgliedstaaten grundsätzlich dafür sorgen müssten, dass alle Nutzer dieser Dienstleistung in ihrer Eigenschaft als "Besitzer" im Sinne von Art. 1 der Richtlinie 2006/12/EG kollektiv die Gesamtkosten für die Beseitigung dieser Abfälle tragen. Die Mitgliedstaaten seien nach Art. 249 EG frei in der Wahl der Form und der Mittel, die sie einsetzen, um das in Bezug auf die Tragung der Kosten für die Abfallbeseitigung angestrebte Ziel zu erreichen. Ferner führte der EuGH aus, es gebe beim gegenwärtigen Stand des Gemeinschaftsrechts keine auf der Grundlage von Art. 175 EG erlassene Regelung, nach der den Mitgliedstaaten eine konkrete Methode zur Finanzierung der Kosten für die Beseitigung von Siedlungsabfällen vorgeschrieben wäre. Er wies auch darauf hin, dass es häufig schwierig und auch kostspielig sei, die exakte Menge der von jedem "Besitzer" zur Sammlung gegebenen Siedlungsabfälle zu ermitteln (vgl. die Ausführungen des EuGH in den Rz 46 - 49 des genannten Urteiles).

Vor diesem Hintergrund sieht der Verwaltungsgerichtshof keine Veranlassung, der Anregung der beschwerdeführenden Parteien, die Frage, ob die Nichtberücksichtigung der Herkunft und der Menge eines von einem Geschäftsbetrieb stammenden Abfalls mit der Richtlinie 2006/12/EG konform sei, dem EuGH zur Vorabentscheidung vorzulegen.

3. Schließlich bringen die beschwerdeführenden Parteien vor, sie hätten in ihrer Berufung dargelegt, dass die erstinstanzliche Behörde die drei Stück 240-Liter-Abfallsammelbehälter mit einer zweimaligen Entleerung pro Woche rückwirkend - zumindest drei Jahre zurück - festzulegen gehabt hätte. Über diesen Antrag der beschwerdeführenden Parteien auf rückwirkende Festlegung der verringerten Anzahl der Abfallsammelbehälter sei im angefochtenen Bescheid ohne Begründung nicht entschieden worden.

Dem ist jedoch zu entgegnen, dass auch die beschwerdeführenden Parteien nicht behaupten, bereits im erstinstanzlichen Verfahren einen Antrag auf - rückwirkende - Festlegung der verringerten Anzahl der Abfallsammelbehälter gestellt zu haben. Erst in der Berufung wurde eine unrichtige rechtliche Beurteilung des erstinstanzlichen Bescheides mit dem Fehlen einer rückwirkenden Festlegung von drei Stück der Sammelbehälter geltend gemacht. Mit der spruchgemäß erfolgten Abweisung der Berufung und damit Bestätigung des erstinstanzlichen Bescheides ist die belangte Behörde diesem Vorbringen nicht gefolgt.

Die angesprochene rückwirkende Festlegung hätte im vorliegenden Fall auch nicht dem Gesetz entsprochen. So bestimmt § 13 Abs. 2 StAWG 2004, dass die Verpflichtung zur Entrichtung der Gebühren mit dem Zeitpunkt entsteht, an dem die Abfallsammelbehälter beigestellt werden. Dass den beschwerdeführenden Parteien im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides nicht sämtliche fünf Stück 240-Liter-Abfallsammelbehälter für gemischte Siedlungsabfälle zur Verfügung gestanden wären, wird in der Beschwerde aber gar nicht behauptet.

Der in der Beschwerde behauptete Begründungsmangel führt schon deshalb nicht zur Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides, weil die beschwerdeführenden Parteien die Relevanz dieses Verfahrensmangels nicht darlegen.

4. Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

5. In seinen Entscheidungen vom 10. Mai 2007, Nr. 7.401/04 (Hofbauer/Österreich 2), und vom 3. Mai 2007, Nr. 17.912/05 (Bösch/Österreich), hat der EGMR unter Hinweis auf seine frühere Judikatur dargelegt, dass der Beschwerdeführer grundsätzlich ein Recht auf eine mündliche Verhandlung vor einem Tribunal hat, außer es lägen außergewöhnliche Umstände vor, die eine Ausnahme davon rechtfertigen. Der EGMR hat das Vorliegen solcher außergewöhnlichen Umstände angenommen, wenn das Verfahren ausschließlich rechtliche oder "hoch-technische Fragen" ("exclusively legal or highly technical questions") betrifft, und im Zusammenhang mit Verfahren betreffend "ziemlich technische Angelegenheiten" ("rather technical nature of disputes") auch auf das Bedürfnis der nationalen Behörden nach zweckmäßiger und wirtschaftlicher Vorgangsweise, das angesichts der sonstigen Umstände des Falles zum Absehen von einer mündlichen Verhandlung berechtige, hingewiesen (vgl. auch die Entscheidung des EGMR vom 13. März 2012, Nr. 13.556/07, Efferl/Österreich; ferner etwa das hg. Erkenntnis vom 26. September 2013, Zl. 2011/07/0094, mwN).

Der entscheidungswesentliche Sachverhalt ist hier geklärt. In der vorliegenden Beschwerde wurden keine Rechts- oder Tatfragen von einer solchen Art aufgeworfen, dass deren Lösung eine mündliche Verhandlung erfordert hätte. Art. 6 EMRK steht somit dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung nicht entgegen. Die Entscheidung konnte daher im Sinne des § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden (vgl. dazu die hg. Erkenntnisse vom 4. März 2008, 2007/05/0241, und vom 20. September 2012, Zl. 2011/07/0149, mwN).

6. Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 19. Dezember 2013

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