VwGH 2011/07/0149

VwGH2011/07/014920.9.2012

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofräte Dr. Hinterwirth, Dr. Enzenhofer, Dr. N. Bachler und Mag. Haunold als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pühringer, über die Beschwerde

1. des J H und 2. der Monika Haimel, beide in T, beide vertreten durch Dr. Gerhard Renner und Dr. Gerd Höllerl, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Gonzagagasse 11/26, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 1. April 2011, Zl. WA1- W-42401/001-2006, betreffend wasserrechtliche Bewilligung, zu Recht erkannt:

Normen

ABGB §6;
ABGB §7;
AVG §56;
AVG §59 Abs1;
AVG §63 Abs1;
AVG §66 Abs4;
B-VG Art83 Abs2;
MRK Art6 Abs1;
VwGG §39 Abs2 Z6;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
WRG 1959 §21a;
WRG 1959 §9;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit "Erlässe(n)" vom 9. April 1907 der k.k.

Bezirkshauptmannschaft K wurde die "angesuchte wasserrechtliche Bewilligung" für die der Gutsinhabung H gehörige Fischzuchtanstalt "für den gegenwärtigen Bestand" der Anlage unter Vorschreibung verschiedener Bedingungen erteilt. Der Bewilligung ist keine Befristung zu entnehmen. Im Wasserbuch sind Pläne des damaligen Bestandes vom November 1906 enthalten. Das Wasserrecht war mit dem Eigentum am Grundstück (damals Parz. 229 EZ. 957 und Parz. 269/1, EZ. 623) verbunden.

In einer mündlichen Verhandlung der Bezirkshauptmannschaft P (BH) vom 10. November 1993 wurde hinsichtlich bestimmter, näher bezeichneter Abänderungen an den Quellen 3, 4 und 5 derselben Fischzuchtanlage von der Behörde festgehalten, dass es sich bei den Änderungen um nicht bewilligungspflichtige Adaptierungsmaßnahmen handle. Darüber hinaus heißt es, dass im Vergleich zum Lageplan von 1906 gewisse Änderungen eingetreten seien, wobei es sich aber ausschließlich um "Umgestaltungsmaßnahmen an den verschiedenen Teichflächen" handle. Insgesamt sei jedoch eine Verkleinerung der Teichwasserflächen gegenüber dem Bestandsplan aus 1906 erfolgt. Wünschenswert wäre die Vorlage eines Bestandsplanes.

Mit Schreiben vom 21. Juli 2000 wurde von den damaligen Konsensinhabern eine "Bestandsbeschreibung" der Fischzuchtanlage vorgelegt.

Mit Schreiben vom 24. Oktober 2005 beraumte die BH eine mündliche Verhandlung am 16. November 2005 an. Darin merkte die BH an, dass bei dieser Verhandlung geprüft werden solle, ob "das Vorhaben" den Bestimmungen des Wasserrechtsgesetzes 1959 (WRG 1959) entspreche. Die Wasserrechtsbehörde habe dabei die Möglichkeit, Auflagen bzw. Bedingungen vorzuschreiben. Unter den Rechtsgrundlagen wurde unter anderem auch § 21a WRG 1959 angeführt.

Am 16. November 2005 führte die BH die angekündigte mündliche Verhandlung durch, an der der Erstbeschwerdeführer als nunmehriger Konsensinhaber teilnahm. In der Liste der Anwesenden findet sich beim Erstbeschwerdeführer die Bezeichnung "Antragsteller." In der Darstellung des Sachverhaltes wird davon ausgegangen, dass der Erstbeschwerdeführer beabsichtige, die Fischteichanlage "weiter zu betreiben." Grundlage für die Verhandlung seien die im Jahr 2000 vorgelegten Pläne.

Im Rahmen der mündlichen Verhandlung erstatteten Dipl.- Ing. W.K. als Amtssachverständiger für Wasserbautechnik und Dipl.- Ing. H.P. als Amtssachverständiger für Fischereiwesen Gutachten, in denen verschiedene Auflagen für die Anlage vorgeschlagen wurden. Ein Hinweis auf die Notwendigkeit der Befristung der Bewilligung der Anlage findet sich in den Gutachten nicht. Der Erstbeschwerdeführer erklärte, fehlende Unterlagen bis zum 31. März 2006 der Wasserrechtsbehörde vorzulegen.

Einem handschriftlichen Aktenvermerk vom 8. August 2006 ist zu entnehmen, dass Dipl.-Ing. W.K. über Anfrage telefonisch mitgeteilt habe, dass das Wasserbenutzungsrecht aus fachlicher Sicht für 25 Jahre verliehen werden könne. Die Überprüfung solle durch den Amtssachverständigen erfolgen.

Mit Bescheid vom 1. September 2006 erteilte die BH den Beschwerdeführern die "wasserrechtliche Bewilligung" für den Betrieb einer Fischteichanlage auf näher genannten Grundstücken nach Maßgabe der im Abschnitt A) genannten Projektbeschreibung und bei Einhaltung der im Abschnitt B) genannten Auflagen. Das Wasserbenutzungsrecht wurde befristet bis 31. Juli 2031 erteilt. Unter den Rechtsgrundlagen dieses Bescheides wurden unter anderem die §§ 9, 11, 12 und 32 WRG 1959, nicht aber § 21a WRG 1959, angeführt.

Im Abschnitt hinsichtlich der Verfahrenskosten führte die BH an, dass unter anderem für "den Antrag" Gebühren anfielen, und zwar EUR 13,-- für "Ansuchen vom 16.11.2005". Abschließend merkte die BH an, dass das Verfahren ergeben habe, dass "das Vorhaben" weder öffentliche Interessen beeinträchtige noch bestehende Rechte verletze.

Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer mit Schreiben vom 4. Oktober 2006 Berufung, welche mit einem weiteren (undatierten) Schreiben inhaltlich näher ausgeführt wurde. Sie legten dar, dass die wasserrechtliche Bewilligung aus dem Jahr 1907 unbefristet erteilt worden sei. Auch ergäbe sich durch die Befristung eine Wertverminderung der Anlage wie auch eine Beeinträchtigung der geplanten langfristigen Investitionen. Schließlich sehe § 21a WRG 1959 eine zeitliche Begrenzung vor, wenn öffentliche Interessen nicht hinreichend geschützt seien. Der Amtssachverständige habe jedoch festgehalten, dass das Vorhaben öffentliche Interessen nicht verletze. Es werde die Erteilung einer unbefristeten Bewilligung beantragt.

Der Amtssachverständige Dipl.-Ing. W.K. ergänzte auf Anfrage der belangten Behörde mit Schreiben vom 26. Mai 2009 seine gutachtliche Stellungnahme und führte unter anderem zur Befristung aus:

"Zu 1.: (…)

Die Fischteichanlage liegt im Hauptschluss eines Quellgerinnes (Brunnader) in der Talebene des T-Tales. Die Auswirkungen der Fischteichanlage sind unmittelbar auf die Brunnader und in weiterer Folge auf das Grundwasser des T-Tales, da die Brunnadern des T-Tales in Kontakt mit dem Grundwasser stehen. Aus diesem Grund ist eine Beeinträchtigung des Grundwassers möglich, wenn die Auflagen und vor allem der Besatz nicht eingehalten werden. Entsprechend der zum damaligen Zeitpunkt in Entwurf stehenden Wasserrahmenrichtlinie ist voraussichtlich in 25 Jahren ab Verhandlungstag ein Anpassungsbedarf eventuell gegeben und daher der Eingriff über die Befristung einfacher zu handhaben. (…)"

Mit Schreiben vom 8. Oktober 2009 nahmen die Beschwerdeführer dazu Stellung und wiesen unter anderem darauf hin, dass nie die Rede von einer Befristung des bestehenden Wasserrechtes gewesen sei. Sie hätten auch nie um eine wasserrechtliche Bewilligung angesucht und hätten angenommen, dass das gegenständliche Verfahren ein Feststellungsverfahren sei.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 1. April 2011 wies die belangte Behörde die Berufung ab. Die Rechtsgrundlage wurde aus Anlass der Berufung auf § 21a WRG 1959 "richtig gestellt".

In ihrer Begründung hielt die belangte Behörde zunächst fest, dass die BH offenbar davon ausgegangen sei, dass die Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung vom 16. November 2005 einen Antrag auf Erteilung einer wasserrechtlichen Bewilligung gestellt hätten; ein solcher Antrag sei der Verhandlungsschrift jedoch nicht zu entnehmen. Ebenso handle es sich bei der Bestandsbeschreibung vom 21. Juli 2000 nicht um einen solchen Antrag. Ein Antrag könne der Aktenlage somit nicht entnommen werden. Die Verhandlungskundmachung vom 24. Oktober 2005 stütze sich auch auf § 21a WRG 1959, auf dessen Grundlage die mündliche Verhandlung vom 16. November 2005 durchgeführt worden sei, auf welcher wiederum der Bescheid der BH beruhe.

Der Bescheid sei auf eine Einschränkung und Adaptierung des Wasserrechtes zum Zweck des Schutzes öffentlicher Interessen gerichtet. Der wasserbautechnische Amtssachverständige habe im Gutachten vom 26. Mai 2009 ausgeführt, dass die gegenständliche Fischteichanlage im Hauptschluss eines Quellgerinnes liege und dieses Gerinne im Kontakt mit dem Grundwasser stehe. Aus diesem Grund seien die im Bescheid der BH vorgeschriebenen Einschränkungen gefordert worden. Aus der Bestandsbeschreibung vom 21. Juli 2000 gehe ebenfalls die Verbindung der Teiche der Anlage mit dem Grundwasser hervor und werde auch auf die Risiken dazu bei intensiverer Nutzung Bezug genommen. Der angefochtene Bescheid stelle daher inhaltlich einen Anpassungsbescheid gemäß § 21a WRG 1959 dar. Dafür sei eine Antragstellung nicht vorgesehen, der Bescheid sei amtswegig zu erlassen.

§ 21a WRG 1959 ermögliche auch eine Verkürzung der Bewilligungsdauer. Dem Gutachten vom 26. Mai 2009 sei zu entnehmen, dass nur durch eine zeitliche Befristung des Wasserrechtes ein effektiver Schutz des Grundwassers erreicht werde.

Die gegenständliche Fischteichanlage sei auf Grund ihrer Konzeption als für das Grundwasser sehr sensibel einzustufen. Dies ergebe sich aus der Tatsache, dass die Teiche dieser Anlage direkt mit dem Grundwasser kommunizierten. Der Betrieb dieser Anlage bringe deshalb eine konkrete Gefährlichkeit mit sich. Aus diesem Grund fordere der wasserbautechnische Amtssachverständige ja auch eine Reduzierung des Besatzes. Eine Begründung für die Befristung liefere er dadurch, dass er einerseits auf die örtlichen Gegebenheiten (grundwassergespeiste Anlage) und andererseits auf das Fehlen eines Umgehungsgerinnes hinweise. Zum Umgehungsgerinne habe der Amtssachverständige in der Verhandlung vom 16. November 2005 ausgeführt, dass die Herstellung eines solchen auf Grund des langjährigen Bestandes nicht möglich sei. Wegen dieser Ausführungen ergebe sich eine ausreichende Begründung für eine Befristung des Wasserrechtes.

Schließlich verwies die belangte Behörde zum Vorbringen, das Vorhaben beeinträchtige weder öffentliche Interessen noch bestehende Rechte, darauf, dass diese Aussage lediglich die Schlussfolgerung der Behörde für den Fall der Erfüllung der aufgetragenen Vorschreibung darstelle.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Die Beschwerdeführer erachten sich durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten insofern verletzt, als das ihnen zustehende und von ihnen auch als solches "angekaufte" Wassernutzungsrecht ohne ausreichende rechtliche Begründung auf 25 Jahre befristet worden sei.

Die Beschwerdeführer beantragten die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die Beschwerdeführer bringen zusammengefasst vor, dass die Behörde kein Verfahren nach § 21a WRG 1959 durchgeführt habe; insbesondere sei die Verhältnismäßigkeit nicht geprüft worden. Eine Befristung vermindere erheblich den Wert der Fischzuchtanlage. Auch sei es unzulässig, aufgrund einer möglichen Beeinträchtigung des Grundwassers bei Nichteinhaltung der Auflagen auf die Notwendigkeit einer zeitlichen Befristung zu schließen. Auch der Hinweis auf eine damals noch nicht geltende Wasserrahmenrichtlinie widerspreche völlig rechtsstaatlichen Grundsätzen. Die belangte Behörde könne nicht davon ausgehen, dass allenfalls künftig geltende gesetzliche Bestimmungen eine Befristung als zweckmäßig erscheinen ließen und dass sich die Beschwerdeführer bei Ausübung ihres Wassernutzungsrechtes nicht an die Auflagen des Bescheides hielten.

2. Die einschlägigen Bestimmungen des WRG 1959 lauten auszugsweise:

"§ 9. (1) Einer Bewilligung der Wasserrechtsbehörde bedarf jede über den Gemeingebrauch (§ 8) hinausgehende Benutzung der öffentlichen Gewässer sowie die Errichtung oder Änderung der zur Benutzung der Gewässer dienenden Anlagen. Auf Antrag hat die Behörde festzustellen ob eine bestimmte Benutzung eines öffentlichen Gewässers über den Gemeingebrauch hinausgeht.

(2) Die Benutzung der privaten Tagwässer sowie die Errichtung oder Änderung der hiezu dienenden Anlagen bedarf dann einer Bewilligung der Wasserrechtsbehörde, wenn hiedurch auf fremde Rechte oder infolge eines Zusammenhanges mit öffentlichen Gewässern oder fremden Privatgewässern auf das Gefälle, auf den Lauf oder die Beschaffenheit des Wassers, namentlich in gesundheitsschädlicher Weise, oder auf die Höhe des Wasserstandes in diesen Gewässern Einfluß geübt oder eine Gefährdung der Ufer, eine Überschwemmung oder Versumpfung fremder Grundstücke herbeigeführt werden kann.

(3) ….

§ 11. (1) Bei Erteilung einer nach § 9 oder § 10 Abs. 2 erforderlichen Bewilligung sind jedenfalls der Ort, das Maß und die Art der Wasserbenutzung zu bestimmen.

(2) ….

§ 21a. (1) Ergibt sich nach Erteilung der Bewilligung insbesondere unter Beachtung der Ergebnisse der Bestandsaufnahme (§ 55d), dass öffentliche Interessen (§ 105) trotz Einhaltung der im Bewilligungsbescheid oder in sonstigen Bestimmungen enthaltenen Auflagen und Vorschriften nicht hinreichend geschützt sind, hat die Behörde vorbehaltlich § 52 Abs. 2 zweiter Satz die nach dem nunmehrigen Stand der Technik (§ 12a) zur Erreichung dieses Schutzes erforderlichen anderen oder zusätzliche Auflagen vorzuschreiben, Anpassungsziele festzulegen und die Vorlage entsprechender Projektsunterlagen über die Anpassung aufzutragen. Art und Ausmaß der Wasserbenutzung vorübergehend oder auf Dauer einzuschränken oder die Wasserbenutzung vorübergehend oder auf Dauer zu untersagen.

(2) …

(3) Die Behörde darf Maßnahmen nach Abs. 1 nicht vorschreiben, wenn diese Maßnahmen unverhältnismäßig sind. Dabei gelten folgende Grundsätze:

a) der mit der Erfüllung dieser Maßnahmen verbundene Aufwand darf nicht außer Verhältnis zu dem damit angestrebten Erfolg stehen, wobei insbesondere Art, Menge und Gefährlichkeit der von der Wasserbenutzung ausgehenden Auswirkungen und Beeinträchtigungen sowie die Nutzungsdauer, die Wirtschaftlichkeit und die technische Besonderheit der Wasserbenutzung zu berücksichtigen sind;

b) bei Eingriffen in bestehende Rechte ist nur das jeweils gelindeste noch zum Ziele führende Mittel zu wählen;

c) verschiedene Eingriffe können nacheinander vorgeschrieben werden.

§ 32. (1) Einwirkungen auf Gewässer, die unmittelbar oder mittelbar deren Beschaffenheit (§ 30 Abs. 3) beeinträchtigen, sind nur nach wasserrechtlicher Bewilligung zulässig. Bloß geringfügige Einwirkungen, insbesondere der Gemeingebrauch (§ 8) sowie die ordnungsgemäße land- und forstwirtschaftliche Bodennutzung (Abs. 8), gelten bis zum Beweis des Gegenteils nicht als Beeinträchtigung.

(2) …"

3. Im vorliegenden Fall wurde durch die belangte Behörde die erstinstanzliche Entscheidung insofern "richtig gestellt", als sich der angefochtene Bescheid nunmehr auf § 21a WRG 1959 stützt; im Gegensatz dazu war der erstinstanzliche Bescheid noch auf Grundlage (ua) der §§ 9, 11 und 32 WRG 1959 ergangen.

3.1. Der Spruch eines Bescheides ist nach seinem äußeren Erscheinungsbild, also objektiv, auszulegen. Für die Bedeutung einer spruchmäßigen Aussage ist weder maßgeblich, wie sie die Behörde verstanden wissen wollte, noch wie sie der Empfänger verstand. Da Bescheide Gesetzen (im materiellen Sinn) näher stehen als privatrechtlichen Verträgen, ist es vielmehr angebracht, bei ihrer Auslegung analog den Grundsätzen der §§ 6 und 7 ABGB vorzugehen. Folglich stellt der Wortlaut des Spruches Anfang und Grenze jeder Auslegung dar (vgl. dazu Hengstschläger/Leeb, 2. Teilband, AVG, § 59 Rz 110).

Der Bescheid der BH wird unzweideutig als "Erteilung einer wasserrechtlichen Bewilligung" bezeichnet. Damit übereinstimmend werden Bestimmungen des WRG 1959 zitiert, die Bewilligungstatbestände beinhalten; weiters finden sich spruchgemäß Hinweise auf die Folgen der Nichteinhaltung der Bauvollendungsfrist bzw. auf die Möglichkeit der Wiederverleihung bei rechtzeitiger Antragstellung. Dafür, dass die Erstbehörde von Amts wegen vorgehen und in den Altkonsens aus dem Jahr 1907 eingreifen und diesen verändern wollte, gibt es keinerlei Hinweise. Eine Umdeutung dieses insofern klaren Bescheidinhaltes dahingehend, dass in Wirklichkeit eine Abänderung einer bestehenden Bewilligung (aus 1907) auf Grundlage des § 21a WRG 1959 ergangen sei, ist angesichts seines eindeutigen Wortlautes jedenfalls nicht möglich.

Mit dem erstinstanzlichen Bescheid wurde daher von der Behörde unter der Annahme, es sei von den Beschwerdeführern ein entsprechender Antrag gestellt worden, eine (neue) wasserrechtliche Bewilligung mit Befristung erteilt.

3.2. Der belangten Behörde ist insofern zuzustimmen, als ein auf die Erteilung dieser Bewilligung gerichteter Antrag fehlte. Weder die Beschwerdeführer (noch deren Rechtsvorgänger, die die Bestandsbeschreibung vom 21. Juli 2000 vorgelegt hatten) hatten im Verwaltungsverfahren die Erteilung einer wasserrechtlichen Bewilligung beantragt. Für die Erlassung einer wasserrechtlichen Bewilligung, eines antragsbedürftigen Verwaltungsaktes, fehlte der BH daher die Zuständigkeit.

3.3. Die belangte Behörde hat mit dem angefochtenen Bescheid nicht nur diese Unzuständigkeit der Erstbehörde nicht aufgegriffen, sondern durch die "Korrektur der Rechtsgrundlage" die Sache des Berufungsverfahrens überschritten.

"Sache" des Berufungsverfahrens (§ 66 Abs. 4 AVG) ist grundsätzlich die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruchs der Behörde erster Instanz gebildet hat (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 6. September 2005, 2002/03/0203, und vom 26. April 2011, 2010/03/0109).

Die belangte Behörde hat den Bescheid, mit dem - insofern spruchmäßig unverändert - eine wasserrechtliche Bewilligung erteilt wurde, nunmehr auf § 21a WRG 1959 gestützt. Ein Bewilligungsverfahren, das in der Erteilung einer Bewilligung mit Befristung mündet, ist aber ein anderes Verfahren als ein amtswegiges Verfahren nach § 21a WRG 1959 und stellt daher eine andere "Sache" dar. Ein Wechsel in der Berufungsinstanz von einem Verfahrenstypus zum anderen bedeutet daher die Überschreitung der Sache des Erstbescheides.

Schon aus diesen Gründen erweist sich der angefochtene Bescheid als inhaltlich rechtswidrig und war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

4. Für das fortgesetzte Verfahren ist auf Folgendes hinzuweisen:

4.1. Eine Behörde, welche einen antragsbedürftigen Bescheid erlässt, obwohl kein diesbezüglicher Antrag der Partei vorliegt, verletzt auf Verfassungsebene das Recht auf das Verfahren vor dem gesetzlichen Richter, auf einfach gesetzlicher Ebene das Recht auf Einhaltung der Zuständigkeitsordnung (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 25. April 2003, 2003/12/0032).

War nun aber die Unterbehörde unzuständig, so ist die Berufungsbehörde allein dafür zuständig, diese Unzuständigkeit aufzugreifen und den bekämpften Bescheid zu beheben. Greift die Berufungsbehörde die sich aus der Unzuständigkeit der Behörde, die in erster Instanz entschieden hat, ergebende Rechtswidrigkeit nicht auf, sondern entscheidet sie in der Sache selbst, begründet dies eine Rechtswidrigkeit des Berufungsbescheides, auch wenn dieser Umstand in der Berufung nicht geltend gemacht wurde (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 18. März 2010, 2008/07/0049, m.w.N.).

Die belangte Behörde wird daher im fortgesetzten Verfahren den Erstbescheid mangels Zuständigkeit der BH zur Erlassung eines Bewilligungsbescheides aufzuheben haben. Diese Aufhebung wird dazu führen, dass weiterhin der Bescheid (die wasserrechtliche Bewilligung) aus dem Jahr 1907 die maßgebliche wasserrechtliche Bewilligung für die Fischteichanlage darstellt.

4.2. Ob die Voraussetzungen für ein Vorgehen nach § 21a WRG 1959 vorliegen, und welches Ergebnis die Verhältnismäßigkeitsprüfung nach § 21a Abs. 3 WRG 1959 hat, wird gegebenenfalls danach zu ermitteln sein.

5. Der EGMR hat in seinen Entscheidungen vom 10. Mai 2007, Nr. 7.401/04 (Hofbauer/Österreich 2) und vom 3. Mai 2007, Nr. 17.912 (Bösch/Österreich) unter Hinweis auf seine frühere Rechtsprechung dargelegt, dass der Beschwerdeführer grundsätzlich ein Recht auf eine mündliche Verhandlung vor einem Tribunal hat, außer es lägen außergewöhnliche Umstände vor, die eine Ausnahme davon rechtfertigen. Der EGMR hat das Vorliegen solcher außergewöhnlicher Umstände angenommen, wenn das Verfahren ausschließlich rechtliche Fragen betrifft. Der entscheidungswesentliche Sachverhalt ist hier geklärt. In der vorliegenden Beschwerde wurden keine Rechts- oder Tatfragen von einer solchen Art aufgeworfen, dass deren Lösung eine mündliche Verhandlung erfordert hätte. Art. 6 EMRK steht somit dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung nicht entgegen. Die Entscheidung konnte daher im Sinne des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 4. März 2008, 2007/05/0241).

6. Die Entscheidung über die Verfahrenskosten gründet auf § 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 20. September 2012

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