VwGH 2012/09/0036

VwGH2012/09/00366.11.2012

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok und die Hofräte Dr. Rosenmayr, Dr. Bachler, Dr. Strohmayer und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Senft, über die Beschwerde des Dr. X in Y, vertreten durch Dr. Alexander Rehrl, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Alpenstraße 54, gegen den Bescheid der Disziplinarkommission für Salzburger Landesbeamte/Innen vom 24. Jänner 2012, Zl. 30303-200/465/25-2012, betreffend Suspendierung nach dem Salzburger Landes-Beamtengesetz 1987 (weitere Partei: Salzburger Landesregierung), zu Recht erkannt:

Normen

BDG 1979 §112 impl;
LBG Slbg 1987 §48 Abs1 idF 1999/028;
LBG Slbg 1987 §9 Abs2;
BDG 1979 §112 impl;
LBG Slbg 1987 §48 Abs1 idF 1999/028;
LBG Slbg 1987 §9 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Salzburg Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde wurde der Beschwerdeführer mit Wirksamkeit vom 12. Mai 2010 vom Dienst suspendiert unter gleichzeitiger Kürzung des Monatsbezuges unter Ausschluss der Kinderzulage auf zwei Drittel für die Dauer der Suspendierung.

In der Begründung des angefochtenen Bescheides führte die belangte Behörde aus (Anonymisierungen durch den Verwaltungsgerichtshof):

"Unbestritten steht fest, dass (der Beschwerdeführer) am 17.08.2009 eine Waffenbesitzkarte, ausgestellt von der Bezirkshauptmannschaft Z, erwarb. Am 22.10.2009 erwarb (der Beschwerdeführer) eine genehmigungspflichtige Schusswaffe der Marke Glock 21 Kaliber 45ACP.

Fest steht weiters, dass sein Sohn, MH, nicht im Besitz eines waffenrechtlichen Dokumentes ist.

Mit der von seinem Vater erworbenen Waffe wollte sich sein Sohn, MH, am 24.04.2010 im heimatlichen Wohnobjekt durch einen Kopfschuss das Leben nehmen.

(Der Beschwerdeführer) war seit 22.10.2009 im waffenrechtlich legalen Besitz einer Schusswaffe der Marke Glock 21 Kaliber 45ACP. Diese Waffe wurde zwar in einem Tresor verwahrt, der Schlüssel zu diesem Tresor wurde jedoch vo(m Beschwerdeführer) an seinen Sohn MH, welcher nicht im Besitz eines waffenrechtlichen Dokumentes ist, übergeben. Damit hatte MH ohne weitere Einschränkungen Zugang zur waffenscheinpflichtigen Waffe und konnte ungehindert damit hantieren. (Der Beschwerdeführer) kaufte die Waffe wegen der ständigen Angstzustände seines Sohnes MH und ging mit ihm auch öfters auf den Schießstand zum Schießen. Er überließ seinem Sohn weiters die Waffe, obwohl er wusste, dass dieser vor allem in alkoholisiertem Zustand zu Gewalt und nicht rechtskonformem Verhalten neigte. Demnach ist als erwiesen anzunehmen, dass (der Beschwerdeführer) nicht nur in Kenntnis davon war, dass sein Sohn Zugriff zur Waffe hatte, sondern dass er darüber hinaus diesem vorsätzlich Zugang zur Waffe verschaffen hat.

Die Disziplinarkommission sieht keinen Grund, an der Glaubwürdigkeit der Zeuginnen zu zweifeln. Dies wird unter anderem wie folgt begründet:

Die Zeuginnen Ro und St sagen inhaltlich absolut übereinstimmend aus. Die Zeugin St war seit ihrem 14. Lebensjahr für die Dauer von zwei Jahren und zwei Monaten mit MH befreundet. Obwohl sie in dieser Beziehung durch die Disziplinarbehörde nicht näher zu bewertenden schwierigsten Verhältnissen ausgesetzt war, die zu entsprechender strafrechtlicher Verfolgung von Herrn MH Anlass gegeben haben, war es ihr ein Bedürfnis in der zeugenschaftlichen Vernehmung darauf hinzuweisen 'dass der MH psychisch sehr krank ist und dass er auf Therapie gehen sollte'. In ihrer gesamten Aussage erweckt sie in keiner Weise den Eindruck, als würde sie MH falsch verdächtigen wollen. Im Gegenteil, sie wollte sich auch dem Verfahren nicht anschließen, für sie war laut ihrer Aussage 'alles erledigt' und habe sie sich damit abgefunden was passiert sei und 'außerdem hat der MH schon genug Probleme'.

Auch aus dem Vernehmungsprotokoll von Ro ist in Summe eher abzuleiten, dass diese stark verunsichert und verängstigt erscheint, sie jedoch auf Grund des ihr Widerfahrenen in keiner Weise eine falsche Verdächtigung des Sohnes vo(m Beschwerdeführer) beabsichtigte. Ihre Schilderung erscheint in sich schlüssig und ebenfalls sehr sachlich.

Die Tatsache, dass (der Beschwerdeführer) dem inhaltlichen Vorbringen der Zeuginnen nichts entgegnet, kann nun natürlich nicht so ausgelegt werden, dass dies ein Schuldeingeständnis wäre bzw. die Aussagen der Zeuginnen in jedem Fall richtig sein müssen. Den Einschreiter trifft jedoch insofern auch eine Mitwirkungspflicht, als keine entsprechende Beweiswürdigung durchgeführt werden kann, wenn er einem unter Umständen falschen Vorbringen, von dem die Disziplinarkommission jedoch keinesfalls ausgeht, nichts entgegnet."

Es handle sich gegenständlich vorrangig um den Verdacht der Übertretung von strafrechtlichen Bestimmungen des Waffengesetzes im außerdienstlichen Bereich, der nach dem derzeitigen Aktenstand durchaus hinlänglich erhärtet erscheine.

Rechtlich beurteilte die belangte Behörde diesen Sachverhalt folgendermaßen:

"Nach Ansicht der Disziplinarkommission ist das Verhalten vo(m Beschwerdeführer) jedenfalls geeignet, das Vertrauen der Bevölkerung in die sachliche Amtsführung zu beeinträchtigen, und zwar auch dann, wenn dieses Verhalten in der Öffentlichkeit nicht bekannt wird oder wurde. Dies deshalb, weil - wie die durchgeführte Beweiswürdigung unbestrittenermaßen ergeben hat - sein Sohn MH nicht wegen einer fahrlässig schlechten Aufbewahrung des Tresorschlüssels in den Besitz der Waffe kam, sondern vielmehr (der Beschwerdeführer) diese Waffe für ihn besorgte und ihm vorsätzlich zur Verfügung stellte. Weiters erfuhr das Verhalten vo(m Beschwerdeführer) im Ergebnis durchaus eine Bekanntheit in der Öffentlichkeit, da sein Sohn öffentlich mit der Waffe hantierte, diese herumzeigte und erklärte, er habe die Waffe von seinem Vater erhalten.

Das Ansehen des Amtes erscheint insbesondere deshalb gefährdet, weil zwar grundsätzlich jede Dienstpflichtverletzung bei der Bevölkerung geeignet ist, eine schlechte Meinung vom 'Amt' herbeizuführen, im konkret vorliegenden Fall jedoch ein verdichteter Vorwurf einer 'unsachlichen' Amtsführung insofern zu befürchten ist, als es die Pflicht eines rechtskundigen Beamten ist, das Vertrauen der Bevölkerung in die sachliche Amtsführung in der Form zu gewährleisten, dass er auch im außerdienstlichen Bereich nicht bewusst strafgesetzliche Übertretungen in Kauf nimmt, um seinem Sohn eine Hilfeleistung stellen zu wollen, die jeglicher Lebenserfahrung, Lebenspraxis und dem logischen Hausverstand eines zugegebenermaßen sicher extrem besorgten Vaters entbehrt. Womöglich mag ein derartiges Vorgehen auch unter dem Aspekt eines gewissen Realitätsverlustes betrachtet werden, welcher durchaus geeignet ist, das Ansehen des Amtes zu gefährden - unabhängig davon, ob es das tatsächlich tut.

Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Suspendierung ihrem Wesen nach eine sichernde Maßnahme ist, die bei Zutreffen der gesetzlichen Voraussetzungen im Verdachtsbereich zwingend zu treffen ist. Sie stellt keine endgültige Lösung dar. Es braucht daher nicht nachgewiesen zu werden, dass der Beamte die ihm zur Last gelegte Dienstpflichtverletzung tatsächlich begangen hat. Die ebenfalls nach dieser Judikatur als erforderlich erachteten greifbaren Anhaltspunkte für eine Dienstpflichtverletzung in ausreichender Schwere sowohl in Richtung auf die objektive als auch auf die subjektive Tatseite sind nach Ansicht der Disziplinarkommission jedenfalls als gegeben einzustufen."

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 48 des Salzburger Landes-Beamtengesetzes 1987, LGBl. Nr. 1 idF. LGBl. Nr. 28/1999, (L-BG) lautet:

"(1) Wird über den Beamten die Untersuchungshaft verhängt oder würden durch die Belassung des Beamten im Dienst wegen der Art der ihm zur Last gelegten Dienstpflichtverletzungen das Ansehen des Amtes oder wesentliche Interessen des Dienstes gefährdet, hat die Disziplinarbehörde die Suspendierung zu verfügen.

…"

Die belangte Behörde hat sich zunächst zutreffend darauf berufen, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Suspendierung ihrem Wesen nach eine sichernde Maßnahme ist, die bei Zutreffen der gesetzlichen Voraussetzungen im Verdachtsbereich zwingend zu treffen ist. Sie stellt keine endgültige Lösung dar. Es braucht daher nicht nachgewiesen zu werden, dass der Beamte die ihm zur Last gelegte Dienstpflichtverletzung tatsächlich begangen hat; diese Aufgabe kommt vielmehr erst den Disziplinarbehörden im Disziplinarverfahren zu. Es genügt demnach, wenn gegen den Beschuldigten ein - begründeter - Verdacht besteht. Dies ist dann der Fall, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme der Wahrscheinlichkeit des Vorliegens einer Dienstpflichtverletzung rechtfertigen. Ein Verdacht kann immer nur auf Grund einer Schlussfolgerung aus Tatsachen entstehen. Die Berechtigung zur Verfügung der Suspendierung liegt allein in dem Bedürfnis, noch vor der Klärung der Frage des Vorliegens einer Dienstpflichtverletzung in der abschließenden Entscheidung über die angemessene Disziplinarstrafe des Beamten eine den Verwaltungsaufgaben und dem Dienstbetrieb dienende, vorübergehende Sicherungsmaßnahme zu treffen. Die Suspendierung eines Beamten gehört demnach in die Reihe jener vorläufigen Maßnahmen, die in zahlreichen Verfahrensgesetzen vorgesehen sind, um einen Zustand vorübergehend zu ordnen, der endgültig erst auf Grund des in der Regel einen längeren Zeitraum beanspruchenden förmlichen Disziplinarverfahrens geregelt wird, um dadurch Nachteile und Gefahren abzuwehren und zu verhindern. Ob sich der für die Suspendierung herangezogene Vorfall so ereignet hat, wie dies von den Belastungszeuginnen dargestellt wurde, ist erst im Disziplinarverfahren zu prüfen (vgl. zum Ganzen das hg. Erkenntnis vom 9. November 2009, Zl. 2008/09/0298, mwN). Auch eine abschließende rechtliche Beurteilung des im Verdachtsbereich vorgeworfenen Verhaltens muss bei der Suspendierung noch nicht getroffen werden (vgl. Kucsko-Stadlmayer, Das Disziplinarrecht der Beamten4, 2010, S 508, und die dort referierte hg. Rechtsprechung).

Aus dem angefochtenen Bescheid ist - entgegen dem Beschwerdevorbringen - klar zu entnehmen, dass die belangte Behörde den Sachverhalt im Verdachtsbereich als erwiesen erachtet hat.

Der Beschwerdeführer rügt mangelndes Parteiengehör. Er verkennt, dass ihm der festzustellende maßgebende Sachverhalt (vgl. die in Walter/Thienel,

Verwaltungsverfahrensgesetze I2 (1998), Seite 688, E 284, wiedergegebene hg. Rechtsprechung) unter Nennung der Beweisquellen in der Begründung des Bescheides der Behörde erster Instanz vorgehalten wurde. Er hatte mit Erhebung der Berufung von seinem Recht Gebrauch gemacht, hiezu Stellung zu nehmen. Er hat den Sachverhalt in der Berufung nicht bestritten. Die belangte Behörde hat zum vorliegenden Verdacht keine neuen Ermittlungen vorgenommen, ihre Entscheidungsgrundlage stützt sie auf die gleichen Beweisquellen wie die Behörde erster Instanz. Der von der belangten Behörde angenommene maßgebende Sachverhalt entspricht - wenngleich anders formuliert - inhaltlich dem von der Behörde erster Instanz festgestellten Sachverhalt. Der behauptete Verfahrensmangel liegt demnach nicht vor.

Im Übrigen bestreitet der Beschwerdeführer diesen Sachverhalt auch in der Beschwerde nicht konkret, sodass er auch die Relevanz eines allfälligen Verfahrensmangels nicht dargetan hätte.

Soweit der Beschwerdeführer darauf hinweist, dass er im ersten Rechtsgang des gerichtlichen Strafverfahrens von den wider ihn erhobenen Vorwürfen freigesprochen worden und der zweite Rechtsgang bisher noch nicht rechtskräftig abgeschlossen sei, so ist dieses Vorbringen unvollständig. Denn nach der Aktenlage wurde der Freispruch im ersten Rechtsgang vom Berufungsgericht aufgehoben, im zweiten Rechtsgang erfolgte mit Urteil vom 23. Jänner 2012 ein Schuldspruch, der mit Berufung bekämpft wurde. Die auf dem Freispruch im ersten Rechtsgang beruhenden folgenden Ausführungen des Beschwerdeführers entbehren damit ihrer Grundlage.

Aber auch das Vorbringen gegen die rechtliche Würdigung führt die Beschwerde nicht zum Erfolg:

Mit einer Suspendierung zur Wahrung des Ansehens des Amtes soll verhindert werden, dass die Bevölkerung eine schlechte Meinung von der Dienststelle erhält, an der der Beamte tätig ist. Dies ist bei der Verletzung jener Dienstpflichten, die bereits im Tatbestand auf die Meinung der Bevölkerung abstellen, der Fall. Gegenständlich kommt die Pflicht zur Wahrung des Vertrauens in die sachliche Wahrnehmung der dienstlichen Aufgaben (vgl. § 9 Abs. 2 L-BG) in Frage, sowie der Umstand, dass die Dienstpflichtverletzung geeignet ist, besonderes Aufsehen in der Öffentlichkeit zu erregen (wobei das Verhalten jedoch nicht tatsächlich in der Öffentlichkeit bekannt geworden sein muss (vgl. Kucsko-Stadlmayer,

Das Disziplinarrecht der Beamten4, 2010, S 515 f, und die dort zitierte hg. Rechtsprechung)).

Unter diesen Gesichtspunkten ist die Rechtsansicht der belangten Behörde, dass der Verdacht der Begehung einer wie hier vorliegenden gerichtlichen Straftat nach dem Waffengesetz durch einen rechtskundigen Beamten geeignet ist, dass eine "unsachliche" Amtsführung das Ansehen des Amtes gefährde, und geeignet sei, das Vertrauen der Bevölkerung in die sachliche Amtsführung zu beeinträchtigen (siehe die oben wiedergegebene Begründung der belangten Behörde), nicht als rechtswidrig zu erkennen.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008. Wien, am 6. November 2012

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