VwGH 2010/10/0227

VwGH2010/10/022718.4.2012

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und Senatspräsident Dr. Stöberl sowie die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Lukasser und Dr. Hofbauer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Senft, über die Beschwerden des Bundes (Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft) in 1011 Wien, Stubenring 1, gegen die Bescheide des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich

1.) vom 8. September 2010, Zl. Senat-AB-09-2029, 2.) vom 8. September 2010, Zl. Senat-AB-09-2030, und 3.) vom 8. September 2010, Zl. Senat-AB-09-2031, jeweils betreffend Kostenersatz für einen Einsatz im Zuge eines Waldbrandes (mitbeteiligte Parteien: 1. Freiwillige Feuerwehr G,

2. Freiwillige Feuerwehr S und 3. Freiwillige Feuerwehr T, alle vertreten durch Dr. Peter Eigenthaler, Rechtsanwalt in 3180 Lilienfeld, Babenbergerstraße 30/2), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §59 Abs1;
B-VG Art131 Abs1 Z1;
FeuerwehrG NÖ §33 Abs2;
FeuerwehrG NÖ §4 Abs2;
FeuerwehrG NÖ §44;
FeuerwehrG NÖ §45;
ForstausführungsG NÖ 1978 §17a Abs2;
ForstausführungsG NÖ 1978 §17a Abs3;
ForstausführungsG NÖ 1978 §17a Abs5;
ForstausführungsG NÖ 1978 §63 Abs1 Z4;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
AVG §59 Abs1;
B-VG Art131 Abs1 Z1;
FeuerwehrG NÖ §33 Abs2;
FeuerwehrG NÖ §4 Abs2;
FeuerwehrG NÖ §44;
FeuerwehrG NÖ §45;
ForstausführungsG NÖ 1978 §17a Abs2;
ForstausführungsG NÖ 1978 §17a Abs3;
ForstausführungsG NÖ 1978 §17a Abs5;
ForstausführungsG NÖ 1978 §63 Abs1 Z4;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;

 

Spruch:

Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben.

Begründung

1.

Verwiesen wird zunächst auf das hg. Erkenntnis vom 21. Juni 2007, Zlen. 2006/10/0118, 0119, 0120, mit dem über Beschwerden der (nunmehr) mitbeteiligten Parteien die Bescheide des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich (UVS) vom 7. Juli 2005, jeweils betreffend Kostenersatz für einen Einsatz im Zuge eines Waldbrandes, wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben wurden. Dies im Wesentlichen mit der Begründung, die (damals) belangte Behörde habe eine Heranziehung der für Einsätze der Feuerwehren in der Tarifordnung des NÖ Landesfeuerwehrverbandes festgesetzten Kostenersätze in Vollziehung des § 17a NÖ Forstausführungsgesetz zu Unrecht als ausgeschlossen erachtet.

Die im fortgesetzten Verfahren ergangenen Bescheide des UVS vom 11. September 2007 wurden mit hg. Erkenntnis vom 16. Juni 2009, Zlen. 2007/10/0274, 0275, 0276, - über Beschwerden der auch nunmehr beschwerdeführenden Partei - wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. Dies im Wesentlichen mit der Begründung, den (damals) angefochtenen Bescheiden könne nicht einmal ansatzweise entnommen werden, von welchen tatsächlichen Annahmen ausgehend die (damals) belangte Behörde welche Tarifsätze der Tarifordnung des NÖ Landesfeuerwehrverbandes herangezogen habe und wie sie zu den den (auch nunmehr) mitbeteiligten Parteien zuerkannten Kostenersätzen in Höhe von EUR 18.899,19, EUR 45.321,37 bzw. EUR 10.528,15 gelangt sei. Vielmehr hätten sich die (damals) angefochtenen Bescheide darauf beschränkt, auf die erwähnte Tarifordnung hinzuweisen, ohne die von den mitbeteiligten Parteien geltend gemachten Ansprüche im Einzelnen zu erörtern und die erforderlichen Feststellungen zu treffen.

2.

Mit dem im fortgesetzten Verfahren ergangenen (erstgenannten) Ersatzbescheid vom 8. September 2010 wurde der erstmitbeteiligten Partei der Ersatz folgender aus der Bekämpfung eines Waldbrandes am 29. September 2003 erwachsenen Kosten durch den Bund zugesprochen:

1.) Mannschaftskosten:

EUR

10.137,--

2.) Fahrzeugkosten:

EUR

6.911,02

3.) Wiederbeschaffungskosten:

EUR

545,67

4.) Verbandsmaterial:

EUR

490,80

Begründend wurde nach Darstellung des Verfahrensganges und der angewendeten Rechtsvorschriften im Wesentlichen ausgeführt, die erstmitbeteiligte Partei habe mit Schreiben vom 20. Oktober 2003 den Ersatz der Kosten einer Waldbrandbekämpfung am 29. September 2003 begehrt, und zwar EUR 1.091,-- für beschädigtes Gerät, EUR 237,-- für Speisen und Getränke, EUR 490,80 für Treibstoff, EUR 10.137,-- als pauschalierten Ersatz für die eingesetzte Mannschaft sowie EUR 7.180,06 als pauschalierten Ersatz für das eingesetzte Gerät.

Da die Feuerwehr die verursachten Kosten zu tragen gehabt habe und in ihrem Vermögen eine Minderung eingetreten sei, sei der gestellte Antrag zulässig.

Die erstmitbeteiligte Partei habe zunächst Mannschaftskosten wie folgt geltend gemacht:

1.) Mannschaftskosten:

EUR

37.633,68

2.) Fahrzeugkosten:

EUR

6.661,33

3.) Wiederbeschaffungskosten:

EUR

754,02

Begründend wurde nach Darstellung des Verfahrensganges und der angewendeten Rechtsvorschriften im Wesentlichen ausgeführt, die zweitmitbeteiligte Partei habe mit Schreiben vom 23. September 2003 den Ersatz der Kosten einer Waldbrandbekämpfung zwischen 24. August 2003, 13:50 Uhr, und 25. August 2003, 15:30 Uhr, in S beantragt, und zwar Ersatz für beschädigtes Gerät in Höhe von EUR 1.508,04, für Speisen und Getränke in Höhe von EUR 889,34, für die eingesetzte Mannschaft in Höhe von EUR 37.633,68 sowie für das eingesetzte Gerät in Höhe von EUR 6.752,05.

Da die zweitmitbeteiligte Partei die verursachten Kosten zu tragen gehabt habe und in ihrem Vermögen eine Minderung eingetreten sei, sei der gestellte Antrag zulässig.

Die zweitmitbeteiligte Partei habe zunächst Mannschaftskosten wie folgt geltend gemacht:

1.) für den 24. August 2003:

1.) Mannschaftskosten:

EUR

7.185,28

2.) Fahrzeugkosten:

EUR

2.978,78

3.) Wiederbeschaffungskosten:

EUR

143,80

Begründend wurde nach Darstellung des Verfahrensganges und der angewendeten Rechtsvorschriften im Wesentlichen ausgeführt, die drittmitbeteiligte Partei habe mit Schreiben vom 6. Oktober 2003 den Ersatz der Kosten einer Waldbrandbekämpfung vom 14. August 2003, 17:10 Uhr, bis 15. August 2003, 00:30 Uhr, begehrt, und zwar EUR 143,80 für Treibstoff, EUR 233,90 für Speisen und Getränke, EUR 7.185,28 für die eingesetzte Mannschaft sowie EUR 3.199,07 für das eingesetzte Gerät.

Da die drittmitbeteiligte Partei die verursachten Kosten zu tragen gehabt habe und in ihrem Vermögen eine Minderung eingetreten sei, sei der gestellte Antrag zulässig.

Die drittmitbeteiligte Partei habe zunächst Mannschaftskosten wie folgt geltend gemacht:

Der Verwaltungsgerichtshof hat beschlossen, die vorliegenden Beschwerden wegen ihres sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung zu verbinden. Er hat sodann erwogen:

Gemäß § 42 Forstgesetz 1975 ist die Landesgesetzgebung gemäß Art. 10 Abs. 2 B-VG ermächtigt, nähere Vorschriften über die

  1. a) Meldung von Waldbränden,
  2. b) Organisation der Bekämpfung von Waldbränden,
  3. c) Hilfeleistung bei der Abwehr,
  4. d) Bekämpfungsmaßnahmen am Brandorte,
  5. e) nach einem Waldbrand zu treffenden Vorkehrungen und
  6. f) Tragung der Kosten der Waldbrandbekämpfung

    zu erlassen.

    Die in Ausführung dieser Ermächtigung erlassenen, im Beschwerdefall anzuwendenden Bestimmungen des NÖ Forstausführungsgesetzes, LGBl. Nr. 6851-5, lauten auszugsweise wie folgt:

    "Sonderbestimmungen für

    die Waldbrandbekämpfung

    § 17

(1) Bei Waldbränden kommt bis zum Eintreffen der Feuerwehr am Brandplatz dem nach Ausbildung und Dienstalter höchstgestellten örtlich zuständigen Forstorgan die Leitung der Brandbekämpfungsmaßnahmen zu.

(2) Ist Abs. 1 nicht anwendbar, dann hat sich der Leiter oder die Leiterin der Brandbekämpfungsmaßnahmen in allen forstlichen Belangen der Beratung anwesender Forstorgane zu bedienen.

§ 17a

Kostentragung bei Waldbränden

(1) Kosten, die aus der Bekämpfung von Waldbränden erwachsen sind, hat nach den Bestimmungen der folgenden Absätze der Bund zu ersetzen.

(2) Kosten der Waldbrandbekämpfung sind insbesondere die Kosten für die Beförderung der Feuerwehrmannschaft zum und vom Brandplatz, für die am Brandplatz verbrauchten Betriebsstoff- und Löschmittel, Schäden an Fahrzeugen, Geräten, Werkzeugen und Ausrüstungsgegenständen sowie die Kosten gemäß § 33a NÖ Feuerwehrgesetz, LGBl. 4400.

(3) Anspruch auf Kostenersatz haben die Gemeinden oder die sonstigen Rechtsträger von Feuerwehren, die zur Waldbrandbekämpfung eingesetzt waren.

(4) Anträge auf Ersatz der Kosten sind binnen acht Wochen nach Beendigung des Einsatzes beim Landeshauptmann einzubringen. Dieser hat die Anträge auf ihre sachliche und rechnerische Richtigkeit zu prüfen und dem zuständigen Bundesministerium vorzulegen.

(5) Wenn innerhalb von drei Monaten nach der Vorlage eines Antrages an das zuständige Bundesministerium eine gütliche Einigung über die Höhe des Anspruches nicht zustande kommt, hat auf Antrag des Anspruchsberechtigten der Landeshauptmann die Höhe des Anspruchs mit Bescheid festzusetzen. Gegen diesen Bescheid ist eine Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat im Land Niederösterreich zulässig.

(6) Sofern der Waldbrand auf ein Verschulden zurückzuführen ist, bleiben die Ansprüche des Bundes an den Schuldtragenden oder Schuldtragende auf Ersatz der Kosten unberührt.

(7) Soweit in den vorstehenden Absätzen Aufgaben der Gemeinden geregelt sind, sind diese Aufgaben des eigenen Wirkungsbereiches."

Den angefochtenen Bescheiden liegt jeweils die Auffassung zu Grunde, die im Zuge der Bekämpfung von Waldbränden den einschreitenden Feuerwehren entstandenen Kosten seien den mitbeteiligten Parteien nach Maßgabe der Tarifordnung des NÖ Feuerverbandes zuzusprechen gewesen.

Die beschwerdeführende Partei wendet dagegen zunächst ein, ein Antrag auf Kostenersatz iSd § 17a Abs. 3 NÖ Forstausführungsgesetz könne nur von den Gemeinden, in denen die Freiwilligen Feuerwehren ihren Standort hätten, nicht aber von den Feuerwehren selbst gestellt werden. Im Übrigen seien den mitbeteiligten Parteien, selbst wenn die von ihnen gestellten Anträge zulässig wären, Kosten zuerkannt worden, die nicht ihnen, sondern gegebenenfalls anderen Feuerwehren bei der Bekämpfung der jeweiligen Waldbrände erwachsen seien.

Dieses Vorbringen führt die Beschwerde im Ergebnis zum Erfolg:

Die beschwerdeführende Partei übersieht zwar bei ihrer Auffassung, die von den mitbeteiligten Parteien geltend gemachten Kostenersätze hätten ausschließlich von den Gemeinden beansprucht werden können, dass § 17a Abs. 3 NÖ Forstausführungsgesetz Anspruch auf Kostenersatz sowohl den Gemeinden als auch den Rechtsträgern von Feuerwehren einräumt, wobei zu letzteren auch die Freiwilligen Feuerwehren selbst zu zählen sind, weil sie gemäß § 4 Abs. 2 NÖ Feuerwehrgesetz, LGBl. 4400, als Körperschaften des öffentlichen Rechts und somit als juristische Personen eingerichtet sind. Die Freiwilligen Feuerwehren haben daher - anders als etwa die Berufsfeuerwehren nach den §§ 44 f NÖ Feuerwehrgesetz - die Stellung als Rechtsträger, denen Kosten erwachsen und die auch deren Ersatz beanspruchen können.

Hingegen besteht der Beschwerdevorwurf, die belangte Behörde habe den mitbeteiligten Parteien Kosten der Waldbrandbekämpfung zugesprochen, die ihnen nicht erwachsen seien, zu Recht:

Den angefochtenen Bescheiden liegt nämlich zunächst die Annahme zu Grunde, dass die von den mitbeteiligten Parteien geltend gemachten Kosten einer Vielzahl von an der Waldbrandbekämpfung jeweils eingesetzten Feuerwehren erwachsen seien. Dennoch wurde mit den angefochtenen Bescheiden nicht darüber abgesprochen, welcher Kostenersatz den einzelnen beteiligten Feuerwehren zusteht, sondern es wurde den mitbeteiligten Parteien jeweils ein Ersatzanspruch zuerkannt, dem die aus der Waldbrandbekämpfung insgesamt erwachsenen Kosten zu Grunde liegen.

Die belangte Behörde hat dabei übersehen, dass § 17a Abs. 3 NÖ Forstausführungsgesetz jeder zur Waldbrandbekämpfung eingesetzten Freiwilligen Feuerwehr (bzw. dem Rechtsträger der eingesetzten Berufsfeuerwehr) einen Anspruch auf Ersatz der ihnen aus diesem Einsatz (im Sinne des § 17a Abs. 2 NÖ Forstausführungsgesetz) erwachsenen Kosten einräumt, über den von der Behörde - sofern auch die übrigen Voraussetzungen erfüllt sind - gemäß § 17a Abs. 5 NÖ Forstausführungsgesetz zu entscheiden ist.

Eine gesetzliche Ermächtigung, im Falle der Beteiligung einer Vielzahl von Feuerwehren an der Bekämpfung eines Waldbrandes über die den Feuerwehren insgesamt erwachsenen Kosten zu entscheiden und einer (zB der einsatzleitenden) Feuerwehr die Gesamtkosten mit dem Auftrag zur Unterverteilung zuzuerkennen, besteht nicht. Vielmehr ist auch in einem solchen Fall über die einzelnen aus einem solchen Einsatz herrührenden, gesetzmäßig geltend gemachten Ansprüche zu entscheiden.

Die Zuerkennung der Gesamtkosten der Waldbrandbekämpfung an eine der beteiligten Feuerwehren könnte auch nicht damit begründet werden, dass dieser durch die anderen Feuerwehren kostenersatzpflichtige Hilfe geleistet worden sei (vgl. § 33 Abs. 2 NÖ Feuerwehrgesetz) und ihr im Umfang dieser Kostenersatzpflicht Kosten iSd § 17a Abs. 2 NÖ Forstausführungsgesetz erwachsen wären. § 63 Abs. 1 Z. 4 NÖ Feuerwehrgesetz sieht nämlich für diesen Fall keine Kostenersatzpflicht der Feuerwehr, sondern vielmehr der Gemeinde vor, deren Feuerwehr eine solche Hilfeleistung in Anspruch genommen hat. Schon aus diesem Grund kann daher nicht davon ausgegangen werden, dass die für die Hilfeleistung zu entrichtenden Kosten gemäß § 17a Abs. 5 NÖ Forstausführungsgesetz jener Feuerwehr zuzusprechen wären, der Hilfe geleistet wurde.

Die mitbeteiligten Parteien haben schließlich auch nicht behauptet, dass ihnen die Ersatzansprüche der übrigen an der Waldbrandbekämpfung beteiligten Feuerwehren mit den entsprechenden Rechtsfolgen abgetreten worden wären. Es erübrigt sich daher im vorliegenden Fall, auf die Frage der Abtretbarkeit des öffentlichrechtlichen Ersatzanspruches gemäß § 17a Abs. 3 NÖ Forstausführungsgesetz nach den §§ 1392 f. ABGB einzugehen (vgl. zu dieser Frage jedoch das hg. Erkenntnis vom 25. September 1973, VwSlg. 4582 F/1973) und gegebenenfalls eine Prüfung der angefochtenen Bescheide auf dieser Grundlage vorzunehmen.

Indem die belangte Behörde den mitbeteiligten Parteien jeweils mehr als die ihnen selbst aus der Waldbrandbekämpfung erwachsenen Kosten zugesprochen hat, hat sie die angefochtenen Bescheide mit Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes belastet. Diese waren daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben, ohne auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen.

Wien, am 27. März 2012

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