VwGH 2009/17/0141

VwGH2009/17/014120.6.2012

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pallitsch und die Hofräte Dr. Holeschofsky und Dr. Köhler sowie die Hofrätinnen Dr. Zehetner und Mag. Nussbaumer-Hinterauer, im Beisein des Schriftführers Mag. Pichler, in der Beschwerdesache der F GmbH in W, vertreten durch Dr. Martin Hembach, Rechtsanwalt in 2700 Wiener Neustadt, Herzog Leopold Straße 26/7, gegen den Bescheid des Stadtsenats der Stadt Wiener Neustadt vom 12. Mai 2009, Zl. 4VT/40-2007/Gr, betreffend Anträge auf Bescheidaufhebung bzw. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, den Beschluss gefasst:

Normen

VwGG §28 Abs1 Z4;
VwGG §28 Abs1 Z5;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §42 Abs2;
VwGG §28 Abs1 Z4;
VwGG §28 Abs1 Z5;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §42 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat der Stadt Wiener Neustadt Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin stellte mit Schreiben vom 23. Dezember 2008 den Antrag, näher bezeichnete Abgabenbescheide betreffend Aufschließungs- und Ergänzungsabgaben, die im Zeitraum von Dezember 2004 bis Oktober 2007 erlassen worden waren, "aufzuheben und nach Durchführung des Verfahrens die Aufschließungs-Ergänzungsabgabe im Sinne der beiliegenden Berechnung richtig zu stellen", oder in eventu "der Einschreiterin die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Erhebung einer Berufung gegen die oben angeführten Bescheide zu bewilligen". Zur Begründung führte die Beschwerdeführerin aus, es sei ihr bis "zu einer entsprechenden Belehrung am 11. und 16. 12. 2008 nicht erkennbar" gewesen, dass bei der Berechnung der Ergänzungsabgabe die jeweils zulässige Gebäudehöhe nicht berücksichtigt worden sei.

Mit Spruchpunkt 1. des Bescheides vom 19. Jänner 2009 wies der Magistrat der Stadt Wiener Neustadt (im Folgenden: Magistrat) den Antrag der Beschwerdeführerin auf Aufhebung der Bescheide gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurück. Mit Spruchpunkt 2. wies er den Antrag der Beschwerdeführerin auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Erhebung einer Berufung gem. § 71 Abs. 1 AVG ab. Dabei führte er aus, die Abgabenbescheide seien bereits in Rechtskraft erwachsen. Mit zwei Ausnahmen habe die Beschwerdeführerin zu allen Bescheiden Rechtsmittelverzichte abgegeben. Es könne kein Anlass zu einer Verfügung nach § 68 AVG Abs. 2 bis 4 gefunden werden. Auf eine Aufhebung der Aufschließungs- und Ergänzungsabgabenbescheide bestehe auch kein Anspruch seitens der Beschwerdeführerin. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Erhebung einer Berufung sei abzuweisen, weil die Beschwerdeführerin in ihrem Antrag Ausführungen bzw. eine Glaubhaftmachung zu dem Umstand unterlassen habe, warum erst Jahre nach Bescheiderlassung und Entrichtung der Abgaben das Hindernis zur Erhebung der Berufung weggefallen sei. Das Vorbringen zum Vorliegen der Wiedereinsetzungsgründe sei "sehr konstruiert". Aufgrund der Entrichtung der Abgaben, der korrekten Rechtsmittelbelehrungen und des Rechtsmittelverzichts sei ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis nach diesem langen Zeitraum auszuschließen.

In ihrer dagegen erhobenen Berufung brachte die Beschwerdeführerin vor, dass der Magistrat zur Berechnung der Ergänzungsabgabe von einer unrichtigen Berechnungsgrundlage ausgegangen sei. Hätte die Beschwerdeführerin dies erkannt, so hätte sie keinen Rechtsmittelverzicht abgegeben. Eine Aufhebung der Abgabenbescheide sei aus Gründen der Rechtsrichtigkeit und der Rechtssicherheit geboten. Zu ihrem Wiedereinsetzungsantrag führte die Beschwerdeführerin aus, sie sei in einem Irrtum befangen gewesen, der auf einer unrichtigen Anleitung des Magistrats beruht habe, insbesondere auf einer unrichtigen Anwendung der Berechnungsgrundlage durch die Behörde. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei auch das innere psychische Geschehen (Irrtum, Vergessen) als Ereignis iSd § 71 Abs. 1 Z 1 AVG anzusehen.

Mit Spruchpunkt 1. des angefochtenen Bescheides wurde die "Berufung gegen die Zurückweisung des Ansuchens um Aufhebung der Bescheide …. gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1991" abgewiesen und der Bescheid erster Instanz bestätigt. Mit Spruchpunkt 2. dieses Bescheides wurde die Berufung gegen die "Abweisung des Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Erhebung einer Berufung gem. § 66 Abs. 4 AVG 1991" abgewiesen und der Bescheid erster Instanz bestätigt. Die belangte Behörde führte nach Wiedergabe des Verfahrensganges begründend aus, dass die Beschwerdeführerin nicht nachvollziehbar dargetan habe, weshalb eine Änderung der Bescheide "aus Gründen der Rechtssicherheit geboten" sei und weshalb sie keine fristgerechte Prüfung auf Rechtsrichtigkeit der behördlichen Entscheidung vorgenommen habe. Da nach § 68 Abs. 7 AVG niemandem ein Anspruch auf die Ausübung des der Behörde zustehenden Abänderungs- und Behebungsrechts zustehe, sei die Berufung gegen die zurückweisende erstinstanzliche Entscheidung abzuweisen gewesen. Der Beschwerdeführerin sei es hinsichtlich ihres Wiedereinsetzungsantrages nicht gelungen, ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis glaubhaft zu machen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit welcher die Beschwerdeführerin die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begehrt.

Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrer (diesbezüglich ergänzten) Beschwerde in ihrem "Recht auf einer rechtsrichtige, den geltenden Bauvorschriften und der tatsächlichen Bebauung entsprechende Vorschreibung von Aufschließungs- und Ergänzungsabgaben verletzt".

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt bei der Prüfung des angefochtenen Bescheides dem Beschwerdepunkt im Sinne des § 28 Abs. 1 Z. 4 VwGG entscheidende Bedeutung zu, weil der Verwaltungsgerichtshof nach § 41 Abs. 1 leg. cit. nicht zu prüfen hat, ob irgendein subjektives Recht des Beschwerdeführers, sondern nur, ob jenes verletzt wurde, dessen Verletzung er behauptet; durch den Beschwerdepunkt wird der Prozessgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens festgelegt und der Rahmen abgesteckt, an den der Verwaltungsgerichtshof bei der Prüfung des angefochtenen Bescheides gebunden ist. Vom Beschwerdepunkt zu unterscheiden und mit ihm nicht zu verwechseln sind die Beschwerdegründe des § 28 Abs. 1 Z. 5 VwGG und die Aufhebungstatbestände des § 42 Abs. 2 VwGG, an die keine Bindung des Verwaltungsgerichtshofes besteht. Wird der Beschwerdepunkt unmissverständlich ausgeführt, so ist er einer Auslegung aus dem Gesamtzusammenhang der Beschwerde nicht zugänglich (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes den hg. Beschluss vom 28. Februar 2011, Zl. 2010/17/0220, mwN).

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde über die gegen die Abweisung eines Antrages auf Aufhebung von näher genannten Abgabenbescheiden erhobene Berufung sowie über die Berufung gegen die Abweisung einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Erhebung einer Berufung (gegen diese Abgabenbescheide) abgesprochen. Die Beschwerdeführerin konnte daher durch den angefochtenen Bescheid in dem im Beschwerdepunkt geltend gemachten Recht nicht verletzt werden.

Im Übrigen wird darauf hingewiesen, dass nach der im Beschwerdefall noch anzuwendenden niederösterreichischen Abgabenordnung kein Recht auf Aufhebung eines Bescheides durch den Magistrat bestand. Angemerkt wird auch, dass die Beschwerdeführerin in ihrem Antrag auf Wiedereinsetzung keinen tauglichen Wiedereinsetzungsgrund geltend gemacht hat.

Da die Beschwerdeführerin im Sinne der obigen Ausführungen nicht in einem vom Beschwerdepunkt umfassten Recht verletzt sein konnte, war die Beschwerde gem. § 34 Abs. 1 und 3 VwGG wegen des Mangels ihrer Berechtigung zu ihrer Erhebung in einem gem. § 12 Abs. 4 VwGG gebildeten Senat ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 20. Juni 2012

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