Normen
GSVG 1978 §2 Abs1 Z4 idF 1998/I/139;
HGB §164;
GSVG 1978 §2 Abs1 Z4 idF 1998/I/139;
HGB §164;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde die Pflichtversicherung des Beschwerdeführers in der Kranken- und Pensionsversicherung gemäß § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG vom 4. Oktober 2002 bis 31. Dezember 2005 festgestellt.
Nach Darlegung des Verwaltungsgeschehens und Wiedergabe des § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer sei seit 4. Oktober 2002 Kommanditist der S. KEG mit einer Einlage von EUR 100,--. Das nicht protokollierte Einzelunternehmen "F. S." sei vom Beschwerdeführer in die Gesellschaft eingebracht worden.
Der Gesellschaftsvertrag der S. KEG vom Oktober 2002 laute auszugsweise (Unterstreichung wie im angefochtenen Bescheid):
"§ 2
Die "(S) KEG" beschäftigt sich mit der Ausübung des reglementierten Gewerbes der Kommunikationstechnik und dem Handel mit Elektrogeräten, Radio und Fernsehapparaten.
§ 4
Als Einlage leisten:
- (C. S.) seine Arbeitskraft und
- (Der Beschwerdeführer) sein nicht protokolliertes Einzelunternehmen. Dabei behält er sich die betrieblich genutzte Liegenschaft sowie nachfolgend angeführte Kredite/Darlehen im Sonderbetriebsvermögen zurück. Die betrieblich genutzte Liegenschaft wird der Gesellschaft gegen angemessene Vergütung vermietet.
§ 5
Die Vertretung und Geschäftsführung der Gesellschaft obliegt dem Komplementär (C.S.). Für Investitionen bedarf es in folgenden Fällen einer Zustimmung seitens des Kommanditisten:
- Einzelinvestitionen von über netto EUR 20.000,-- und
- Investitionen von einer Gesamtjahressumme von über netto EUR 30.000,--.
§ 6
Gewinne und Verluste werden wie folgt aufgeteilt:
Der Komplementär (C.S.) erhält als Vergütung für seine Arbeitskraft monatlich einen Betrag von EUR 1.500,--.
Der verbleibende Gewinn oder Verlust steht ausschließlich dem Kommanditisten zu."
Laut Gesellschafterbeschluss vom August 2006 sei § 6 zur Klarstellung um folgenden Satz erweitert worden:
"Verluste des Kommanditisten sind auf einem gesonderten Verlustverrechnungskonto zu erfassen. Dieses Verlustverrechnungskonto ist durch künftige Gewinnanteile des Kommanditisten aufzufüllen. Darüber hinaus besteht keine Verpflichtung des Kommanditisten, Verluste der Gesellschaft auszugleichen."
Laut den vorgelegten Einkommensteuerbescheiden habe der Beschwerdeführer im Jahr 2002 Einkünfte in der Höhe von EUR 14.462,62, im Jahr 2003 EUR 27.087,81, im Jahr 2004 EUR 7.716,39 und im Jahr 2005 EUR 12.848,04 erzielt. Laut telefonischer Auskunft des Finanzamtes S stammten im Jahr 2002 EUR 13.902,-- (der Einkünfte) aus der S. KEG.
Der festgestellte Sachverhalt ergebe sich aus den Verwaltungs- und Versicherungsakten und sei im Übrigen nicht strittig. Strittig sei lediglich "die rechtliche Beurteilung der Stellung als Kommanditist".
In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde aus, die Pflichtversicherung nach § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG gehe von einem Tatbestand aus, der im Wesentlichen an drei Kriterien anknüpfe:
- selbständige Erwerbstätigkeit,
- Erzielung von Einkünften im Sinne des EStG 1988 (§ 22 Z 1 bis 3 und 5 und (oder) § 23),
- keine andere Pflichtversicherung für die betreffende Tätigkeit.
Auf Grund der durch den Verwaltungsgerichtshof in mehreren Erkenntnissen bestätigten Bindungswirkung an rechtkräftige Einkommensteuerbescheide sei im Verfahren betreffend die Pflichtversicherung nach dem GSVG grundsätzlich nicht mehr zu prüfen, ob die von der zuständigen Abgabenbehörde getroffene einkommensteuerrechtliche Beurteilung zutreffend sei. Wie im Sachverhalt bereits festgestellt worden sei, habe der Beschwerdeführer im Jahr 2002 Einkünfte in der Höhe von EUR 14.462,62, im Jahr 2003 EUR 27.087,81, im Jahr 2004 EUR 7.716,39 und im Jahr 2005 EUR 12.848,04 erzielt.
Der Begriff "betriebliche Tätigkeit" sei kein eigenständig zu prüfendes Kriterium des § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG, sondern solle lediglich eine Abgrenzung zur (unentgeltlichen) privaten Tätigkeit und zur Klärung der zeitlichen Dimension der Tätigkeit schaffen, als Anknüpfungspunkt für die Feststellung von Beginn und Ende der Pflichtversicherung. Im Gegensatz zur (unentgeltlichen) privaten Tätigkeit trete bei der betrieblichen Tätigkeit der betrieblich Tätige an einen (auch begrenzten) Kreis der Öffentlichkeit heran und biete seine Leistungen und Produkte an. Das betriebliche Tätigwerden ergebe sich somit schon aus der Entgeltlichkeit und der Pflicht, die erlangten Einkünfte entsprechend zu versteuern.
Aus den Erläuterungen zur Regierungsvorlage zur 23. Novelle des GSVG, 1235 BlgNR 20. GP, mit der die generelle Ausnahme der Kommanditisten aus der Sozialversicherung aufgehoben worden sei, gehe hervor, dass Kommanditisten dann in die Sozialversicherung einbezogen werden sollen, wenn sie in gleicher Weise unternehmerisch tätig seien wie ein sonstiger Gesellschafter. Es habe eine genaue Prüfung im Einzelfall zu erfolgen. Liege in steuerlicher Hinsicht eine die Erzielung betrieblicher Einkünfte bewirkende Mitunternehmerschaft vor, so rechtfertige auch die rechtlich vorbehaltene Möglichkeit, auf die laufende Geschäftsführung Einfluss zu nehmen, oder das Bestehen einer - nicht bloß auf einen ziffernmäßig bestimmten oder bestimmbaren Betrag - beschränkten persönlichen Verlusthaftung die Bejahung einer selbständigen Erwerbstätigkeit im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG.
Eine selbständige Erwerbstätigkeit aus der Sicht des GSVG sei daher dann gegeben, wenn dem Kommanditisten typische unternehmerische Aufgaben (z.B. Geschäftsführungsbefugnisse) zukämen, dieser Dienstleistungen in die Gesellschaft einbringe oder ein Unternehmerrisiko trage, das über seine Haftungseinlage (z.B. Pflicht zur Verlustabdeckung im Innenverhältnis) hinausgehe.
§ 167 Abs. 3 HGB normiere, dass ein Kommanditist nur bis zum Betrag seines Kapitalanteils bzw. seiner noch rückständigen Einlage am Verlust der Gesellschaft teilnehme, wodurch im Außenverhältnis somit eine Begrenzung der Verlusthaftung des Kommanditisten hinsichtlich des endgültigen Verlusts der Gesellschaft mit seiner Kapitaleinlage gegeben sei. Der Kommanditist könne daher nicht mehr als seine Pflichteinlage verlieren. Im Regelfall seien somit Verlustanteile des Kommanditisten an der Gesellschaft, soweit sie dessen Kommanditeinlage überstiegen, dem Komplementär zuzurechnen, ein negatives Kapitalkonto verpflichte den Kommanditisten (bei geleisteter Einlage) beim Ausscheiden aus der Gesellschaft nicht. Durch die Eintragung der Bareinlage in der Höhe von EUR 100,-- in das Firmenbuch sei die Haftungsobergrenze des Beschwerdeführers gegenüber den Gläubigern der Gesellschaft im Außenverhältnis bestimmt worden. Über die Haftungsgrenze hinausgehende Verluste des Kommanditisten erhöhten den Verlustanteil des Komplementärs.
§ 167 Abs. 3 HGB sei allerdings nur wirksam, soweit im Gesellschaftsvertrag keine davon abweichenden Regelungen getroffen würden. In § 6 des Gesellschaftsvertrags sei jedoch abweichend geregelt, dass der verbleibende Gewinn oder Verlust ausschließlich dem Kommanditisten zustehe. Zustehen bedeute ein Verfügen über den Gewinn im positiven Fall, aber auch das Tragen eines Verlusts im negativen Fall.
Der Sohn des Beschwerdeführers sei als Komplementär am Gesellschaftsvermögen nicht beteiligt und ihm stehe auch kein vom jeweiligen Jahresergebnis abhängiger und angemessener Gewinnanspruch zu. Als Arbeitsgesellschafter erhalte er einen betraglich vorab fixierten und ergebnisunabhängigen Betrag in der Höhe von EUR 1.500,--, der auf den jeweiligen Gewinn bzw. Verlust des Kommanditisten anzurechnen sei. Im Gegensatz dazu würden dem Beschwerdeführer sämtliche nach Abzug der Fixvergütung verbleibenden Gewinne zufließen.
Aus § 6 des Gesellschaftsvertrages lasse sich jedenfalls ein Unternehmerrisiko ableiten, weil dem Beschwerdeführer sämtliche aus der Verwertung und Nutzung des eingesetzten Vermögens, das von ihm in die Gesellschaft eingebracht worden sei, resultierenden Ergebnisse sowie auch die damit verbundenen Risiken zukämen.
Zusammenfassend könne die Regelung des § 6 des Gesellschaftsvertrages nur dahingehend verstanden werden, dass ein Gewinn alleine dem Kommanditisten zukommen solle, aber auch der Verlust vom Kommanditisten alleine zu tragen sei. § 6 des Gesellschaftsvertrages, der die Verteilung von Gewinn und Verlust regle, betreffe ausschließlich das Innenverhältnis der Gesellschaft. Im Innenverhältnis könne von einer Haftungsbegrenzung jederzeit abgewichen werden, da § 167 HGB von dispositiver Natur sei und gemäß § 163 HGB eine derartige Vereinbarung zulässig und wirksam sei. Bei der Formulierung des § 6 handle es sich folglich um eine bewusste Abweichung vom dispositiven Recht des § 167 Abs. 3 HGB, die zu einer Haftung im Innenverhältnis führen solle. Insofern mache die in § 6 normierte Aufteilung von Gewinnen und Verlusten nur dann "Sinn", wenn ihr auch die Bedeutung einer Verlusthaftung im Sinne einer Nachschusspflicht für den Fall der ungedeckten Haftung zukomme. Eine derartige Gewinnzuteilung erscheine nur dann gerechtfertigt, wenn die im Gesellschaftsvertrag normierte Verlusthaftung auch zu Recht (dem Parteiwillen entsprechend) bestehe und somit eine Nachschusspflicht vorgesehen sei, die auch als eine Art Haftungsabgeltung gesehen werden könne. Andernfalls erscheine es kaum vorstellbar, dass ein Komplementär, der im Außenverhältnis hafte, einem solchen Gesellschaftskonstrukt zustimme.
Insgesamt sei daher davon auszugehen, dass es sich bei der Rechtsstellung des Komplementärs nach der im Innenverhältnis maßgeblichen gesellschaftsvertraglichen Vereinbarung weniger um einen am Betriebserfolg beteiligten Mitunternehmer handle, sondern vielmehr um einen angestellten Geschäftsführer mit fixem Gehaltsanspruch. Umgekehrt erhalte der Kommanditist nicht bloß eine Verzinsung des von ihm eingesetzten Kapitals, sondern den gesamten Unternehmerlohn abzüglich der Fixvergütung des Komplementärs.
Auf Grund der bereits angeführten Erläuterungen zur Regierungsvorlage zur 23. Novelle des GSVG reiche bereits das Vorliegen einer der dort genannten Voraussetzungen und sei eine selbständige Erwerbstätigkeit dann gegeben, wenn der Kommanditist wie im gegenständlichen Fall ein Unternehmerrisiko trage, das über seine Haftungseinlage hinausgehe. Aus diesem Grund brauche auf die Frage des Sondervermögens im gegenständlichen Fall nicht näher eingegangen zu werden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit seines Inhalts sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Antrag, ihn kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor, nahm von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand und stellte den Antrag, die Beschwerde abzuweisen. Die mitbeteiligte Sozialversicherungsanstalt erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Gemäß § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG in der im Beschwerdefall zeitraumbezogenen anzuwendenden Fassung BGBl. I Nr. 139/1998 sind selbständig erwerbstätige Personen, die auf Grund einer betrieblichen Tätigkeit Einkünfte im Sinne der §§ 22 Z 1 bis 3 und 5 und (oder) 23 des Einkommensteuergesetzes 1988 (EStG 1988), BGBl. Nr. 400, erzielen, auf Grund dieses Bundesgesetzes in der Krankenversicherung und in der Pensionsversicherung pflichtversichert, wenn auf Grund dieser betrieblichen Tätigkeit nicht bereits Pflichtversicherung nach diesem Bundesgesetz oder einem anderen Bundesgesetz in dem (den) entsprechenden Versicherungszweig(en) eingetreten ist.
Der Verwaltungsgerichtshof hat sich in seinem Erkenntnis vom 11. September 2008, Zl. 2006/08/0041, eingehend mit der Pflichtversicherung von Kommanditisten nach § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG in der auch hier maßgebenden Fassung der 23. GSVG-Novelle, BGBl. I Nr. 139/1998, auseinandergesetzt. Er hat dabei ausgesprochen, dass Kommanditisten einer KG nach Maßgabe einer "aktiven Betätigung" im Unternehmen, die auf Einkünfte gerichtet ist, pflichtversichert sein sollen, nicht aber Kommanditisten, die nur "ihr Kapital arbeiten lassen", d.h. sich im Wesentlichen auf die gesetzliche Stellung eines Kommanditisten beschränken. Die Beantwortung der Frage, ob sich der Kommanditist in einer für § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG relevanten Weise "aktiv" im Unternehmen betätigt, kann in rechtlicher Hinsicht nur vom Umfang seiner Geschäftsführungsbefugnisse und zwar auf Grund rechtlicher - und nicht bloß faktischer - Gegebenheiten abhängen. Kommanditisten, die nur "ihr Kapital arbeiten lassen", und die daher nicht nach § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG pflichtversichert sein sollen, sind jedenfalls jene, deren Rechtsstellung über die gesetzlich vorgesehenen Mitwirkungsrechte an der Geschäftsführung nicht hinausgeht (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 16. Februar 2011, Zl. 2007/08/0099 ).
2. Vorweg ist festzuhalten, dass die belangte Behörde die Pflichtversicherung des Beschwerdeführers nach § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG auf dessen Einkünfte aus seiner Kommanditbeteiligung an der S. KEG stützt. Obgleich dies nicht ausdrücklich festgestellt wurde, gehen die Verfahrensparteien - übereinstimmend auch mit den vorgelegten Verwaltungsakten - davon aus, dass es sich bei diesen Einkünften um Einkünfte aus Gewerbebetrieb im Sinne des § 23 EStG 1988 handelte.
3. Dass dem Beschwerdeführer in der S. KEG Geschäftsführungsbefugnisse eingeräumt worden wären, die über die gesetzlich vorgesehenen Mitwirkungsrechte eines Kommanditisten hinausgingen, nimmt die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid nicht an. Sie hat insbesondere nicht festgestellt, dass die nach dem Gesellschaftsvertrag für bestimmte Investitionen der Gesellschaft erforderliche Zustimmung des Beschwerdeführers unter Berücksichtigung der von der Gesellschaft konkret entfalteten Tätigkeit über das dem Kommanditisten - im hier maßgebenden Zeitraum - nach § 164 HGB iVm § 4 EEG zukommende Widerspruchsrecht gegen außergewöhnliche Handlungen hinausginge (vgl. demgegenüber das hg. Erkenntnis vom 18. Februar 2009, Zl. 2007/08/0043, zu einem Sachverhalt, nach dem dem Kommanditisten ein Vetorecht gegen - der Sache nach - Handlungen des gewöhnlichen Geschäftsbetriebes eingeräumt worden war), oder dass der Beschwerdeführer in der Gesellschaft tätig geworden wäre (vgl. das hg. Erkenntnis vom 13. Mai 2009, Zl. 2006/08/0341). Schließlich ist festzuhalten, dass die belangte Behörde auch nicht davon ausgegangen ist, dass es sich beim Gesellschaftsvertrag um ein Schein- oder Umgehungsgeschäft (§ 539a ASVG) handeln würde.
4. Die belangte Behörde geht aber davon aus, dass der Beschwerdeführer ein Unternehmerrisiko trage, das über seine Haftungseinlage hinausgehe, und dass damit - im Sinne der Erläuterungen zur Regierungsvorlage zur 23. Novelle des GSVG - eine selbständige Erwerbstätigkeit im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG gegeben sei.
Die Erläuterungen zur Regierungsvorlage zur 23. GSVG-Novelle (1235 BlgNR 20. GP, S. 20), auf die sich die belangte Behörde bezieht, lauten wie folgt:
"Zu den Z 2 und 121 (§ 2 Abs. 1 Z 4 sowie § 276 Abs. 4 und 5 GSVG):
Nach dem Wortlaut des § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG in der bisherigen Fassung unterliegt die Tätigkeit eines Kommanditisten generell nicht der Sozialversicherungspflicht. Diese Ausnahme geht aber zu weit, weil sie zu Unrecht von der Prämisse ausgeht, daß der Kommanditist immer nur sein Kapitalvermögen in die Gesellschaft einbringt. Eine Vereinbarung im Gesellschaftsvertrag, wonach der Kommanditist Dienstleistungen für die Gesellschaft erbringt und/oder die Unternehmerfunktion ganz oder teilweise ausübt, ist aber ohne weiteres zulässig. Es besteht die Möglichkeit, daß in der Praxis versucht werden könnte, durch Gründung von derartigen 'atypischen' Kommanditgesellschaften (KG) und Kommandit-Erwerbsgesellschaften (KEG) die Sozialversicherungspflicht zu umgehen. Dies widerspricht aber dem Konzept der fairen Einbeziehung aller Erwerbseinkommen in die Sozialversicherung. Es ist zudem kein sachlicher Grund ersichtlich, warum nur Kommanditisteneinkünfte auch dann sozialversicherungsfrei sind, wenn der Kommanditist in gleicher Weise mitunternehmerisch tätig wird wie ein sonstiger Gesellschafter.
Die Streichung von § 2 Abs. 1 Z 4 zweiter Satz GSVG bedeutet aber nicht, daß Kommanditisten in jedem Fall der Sozialversicherungspflicht unterliegen. Vielmehr hat eine genaue Prüfung im Einzelfall zu erfolgen. Insbesondere ist nach § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG zu prüfen, ob der Kommanditist eine 'selbständig erwerbstätige Person' ist und ob er auf Grund einer betrieblichen Tätigkeit Einkünfte im Sinne der §§ 22 Z 1 bis 3 und 5 und (oder) 23 des EStG 1988 erzielt.
Erwerbstätigkeit setzt generell eine 'Tätigkeit', also eine aktive Betätigung voraus, die auf einen Erwerb, dh. auf Einkünfte gerichtet ist. Die Aufgabe der Sozialversicherung beschränkt sich nach herrschendem Verständnis darauf, die Risiken zu versichern, die durch die Ausübung der verschiedenen Erwerbstätigkeiten entstehen. Wer hingegen nur 'sein Kapital arbeiten läßt', soll daraus keinen Sozialversicherungsschutz erlangen und daher auch nicht versicherungspflichtig sein. Die Differenzierung zwischen Erwerbseinkünften und Kapitalerträgen bei der Sozialversicherungspflicht ist im Grunde sogar verfassungsrechtlich geboten, weil nur die Anknüpfung an die Erwerbstätigkeit mit dem Kompetenztatbestand 'Sozialversicherungswesen' (Art. 10 Abs. 1 Z 11 B-VG) ohne weiteres in Einklang zu bringen ist.
Im Unterschied zu den Gesellschaftern von Kapitalgesellschaften sind die persönlich haftenden Gesellschafter von Personenhandelsgesellschaften (OHG, KG) und von eingetragenen Erwerbsgesellschaften (OEG, KEG) typischerweise persönlich unternehmerisch tätig, um den Gesellschaftszweck zu erreichen. Es ist daher folgerichtig, daß diese Personen, die auf Grund ihrer Haftung auch das wesentliche Unternehmerrisiko tragen, in die Sozialversicherungspflicht einbezogen werden (vgl. auch OGH vom 12. 9. 1989, SSV 3/98 zu § 131 Abs. 1 lit. d (jetzt: § 131 Abs. 1 Z 4) GSVG, wonach die Gesellschafter der OHG und die persönlich haftenden Gesellschafter der KG stets als selbständig erwerbstätig anzusehen sind). Etwas anders ist die Situation bei den Kommanditisten einer KG oder KEG, deren persönliche Haftung nach § 161 HGB auf den im Firmenbuch eingetragenen Haftungsbetrag beschränkt ist. Sie sind nur bei außerordentlichen Geschäftsführungsmaßnahmen in die Geschäftsführung eingebunden und von der Vertretung der Gesellschaft nach außen sogar zwingend ausgeschlossen. Bei den Kommanditisten stehen daher in der Regel die vermögensmäßige Beteiligung und die Kapitalverzinsung im Vordergrund. Ihre Mitspracherechte gehen im wesentlichen nicht über die der Gesellschafter von Kapitalgesellschaften hinaus. Für das Regelmodell der KG (KEG) soll eine Sozialversicherungspflicht nicht bestehen, weil auch nicht mehr von einer Erwerbstätigkeit gesprochen werden kann (vgl. auch VwGH vom 9. 3. 1983, 81/14/0044 zum Begriff 'Erwerbstätigkeit' in § 103 EStG 1988; zum selben Begriff in § 37 Abs. 5 EStG: Quantschnigg/Bruckner, Die Halbsatzbegünstigung nach dem StruktAnpG 1996, ÖStZ 1997, 162). Bringt der Kommanditist jedoch Dienstleistungen in die Gesellschaft ein, übernimmt er typische unternehmerische Aufgaben (zB Geschäftsführungsbefugnisse) oder (und) trägt er ein Unternehmerrisiko, das über seine Haftungseinlage hinausgeht (zB Pflicht zur Verlustabdeckung im Innenverhältnis), liegt eine Erwerbstätigkeit vor, die nach den Kriterien des § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG (bei Dienstleistungen gegebenenfalls nach § 4 Abs. 2 oder § 4 Abs. 4 ASVG) die Sozialversicherungspflicht nach sich zieht."
5. Die belangte Behörde nimmt im angefochtenen Bescheid auf § 6 des im Oktober 2002 abgeschlossenen Gesellschaftsvertrages Bezug. Demnach steht der - nach Berücksichtigung der Vergütung für die Arbeitskraft des Komplementärs - "verbleibende Gewinn oder Verlust (…) ausschließlich dem Kommanditisten zu".
Entgegen der Ansicht der belangten Behörde kann jedoch in dieser im Gesellschaftsvertrag vorgesehenen Regelung für die Zuweisung von Gewinnen bzw. Verlusten keine (unbeschränkte) Haftungsübernahme im Innenverhältnis erkannt werden, die abweichend von der gesetzlichen Regelung des § 167 Abs. 3 HGB in der Fassung vor dem Handelsrechts-Änderungsgesetz (HaRÄG), BGBl. I Nr. 120/2005, eine Nachschusspflicht des Beschwerdeführers und damit eine Übernahme des vollen unternehmerischen Risikos der Gesellschaft begründen würde.
Nach seinem Wortlaut regelt § 6 des Gesellschaftsvertrages die Aufteilung von Gewinnen und Verlusten, wobei im konkreten Fall zu berücksichtigen ist, dass der Komplementär der S. KEG Arbeitsgesellschafter ohne Kapitalanteil war. Die vertragliche Bestimmung sieht eine pauschale Vergütung für den Arbeitsgesellschafter vor, die als vorweggenommene Bestimmung eines den Umständen nach angemessenen Betrags des Jahresgewinnes (vgl nunmehr § 121 Abs. 1 UGB) anzusehen ist, während für den Beschwerdeführer als Kommanditisten - und alleinigem Gesellschafter mit Kapitalanteil - die Zuweisung jedes darüberhinausgehenden Gewinnes wie auch eines nach Abzug der Vergütung des Arbeitsgesellschafters verbleibenden Verlustes vorgesehen ist. Eine derartige Regelung, die den Arbeitsgesellschafter von Verlustzuweisungen ausschließt, entsprach bereits vor Inkrafttreten des HaRÄG (siehe nunmehr § 109 Abs. 2 iVm § 121 UGB) der gängigen Vertragspraxis (vgl. die Erläuterungen zur Regierungsvorlage zum HaRÄG, 1058 BlgNR 22. GP,
S. 39, zu § 121 UGB). Für eine (unbeschränkte) Nachschusspflicht bzw. Verlusthaftung des Kommanditisten bedürfte es - zumal damit im Ergebnis vom Grundmodell der Kommanditgesellschaft abgewichen würde - einer eindeutigen Vereinbarung, die in der hier vorliegenden gesellschaftsvertraglichen Regelung der Gewinn- und Verlustzuweisung nicht zu erkennen ist.
6. Da die belangte Behörde damit zu Unrecht davon ausgegangen ist, dass der Gesellschaftsvertrag die Tragung des vollen unternehmerischen Risikos der Tätigkeit der S. KEG durch den Beschwerdeführer vorsehe, erweist sich die allein darauf gestützte Beurteilung, der Beschwerdeführer sei selbständig erwerbstätig im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG, als rechtswidrig (vgl. zu einem Fall, in dem der Kommanditist mit 90 % am Gewinn und Verlust der Gesellschaft beteiligt war, das hg. Erkenntnis vom 21. Dezember 2011, Zl. 2009/08/0288).
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455. Das die Pauschalgebühr betreffende Kostenmehrbegehren war wegen der auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltenden sachlichen Abgabenfreiheit gemäß § 46 GSVG abzuweisen.
Wien, am 28. März 2012
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