VwGH 2007/08/0099

VwGH2007/08/009916.2.2011

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peck, über die Beschwerde des M H in S, vertreten durch Dr. Dietmar Ritzberger und Ing. Dr. Erich Janovsky, Rechtsanwälte in 6130 Schwaz, Innsbrucker Straße 9, gegen den Bescheid des Bundesministers für Soziales und Konsumentenschutz vom 31. März 2007, Zl. BMSG-323790/0001-II/A/3/2006, betreffend Pflichtversicherung in der Krankenversicherung nach dem GSVG (mitbeteiligte Partei: Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft in 1051 Wien, Wiedner Hauptstraße 84-86), zu Recht erkannt:

Normen

GSVG 1978 §2 Abs1 Z4 idF 1998/I/139;
HGB §164;
GSVG 1978 §2 Abs1 Z4 idF 1998/I/139;
HGB §164;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 und binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, angefochtenen Bescheid wurde die Pflichtversicherung des Beschwerdeführers in der Krankenversicherung nach § 2 Abs. 1 Z. 4 GSVG vom 1. Juli bis 31. Dezember 2004 festgestellt.

In ihrer Bescheidbegründung ging die belangte Behörde - nach Darlegung des bisherigen Verwaltungsgeschehens - von folgendem Sachverhalt aus:

Mit 12. Dezember 2003 sei die Eintragung der H-OEG mit dem Beschwerdeführer, seiner Tochter V sowie B als persönlich haftende Gesellschafter ins Firmenbuch erfolgt. Der Beschwerdeführer habe mit 31. Dezember 2003 seine Gewerbeberechtigung als Zahntechniker ruhend gemeldet. Die H-OEG habe die Tätigkeit bis Ende Juni 2004 weiter ausgeübt. Mit 30. Dezember 2003 sei die OEG in eine KEG umgewandelt worden. Die Meldung über die Übernahme des Betriebes des nicht protokollierten Einzelunternehmens "H-Zahntechnisches Laboratorium" sei am 25. Juni 2004 beim Firmenbuch eingelangt und mit 6. Juli 2004 eingetragen worden. Die KEG habe ihre Gewerbeberechtigung mit 1. Juli 2004 erlangt. Bis zum 30. Juni 2004 seien sowohl V als auch die restlichen Dienstnehmer der untergegangenen OEG als Dienstnehmer des Beschwerdeführers aufgeschienen. Laut Einkommenssteuerbescheid 2004 vom 14. Juli 2005 würden Einkünfte (des Beschwerdeführes) aus Gewerbebetrieb in der Höhe von EUR 25.225,95 aufscheinen. Mit Versicherungserklärung vom 14. Dezember 2005 habe der Beschwerdeführer angegeben, dass er diese Einkünfte als Kommanditist der Firma H erzielt habe, und sämtliche Fragen im Bezug auf etwaige Geschäftsführerbefugnisse verneint.

Laut Gesellschaftsvertrag vom 17. Juni 2004 würden folgende Geschäfte der vorherigen Genehmigung durch Gesellschafterbeschluss bedürfen:

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 2 Abs. 1 Z. 4 GSVG in der im Beschwerdefall zeitraumbezogenen maßgebenden Fassung BGBl. I Nr. 139/1998 sind selbständig Erwerbstätige (natürliche) Personen, die auf Grund einer betrieblichen Tätigkeit Einkünfte im Sinne der §§ 22 Z. 1 bis 3 und 5 und (oder) 23 des Einkommensteuergesetzes 1988 (EStG 1988), BGBl. Nr. 400, erzielen, auf Grund dieses Bundesgesetzes in der Krankenversicherung und in der Pensionsversicherung pflichtversichert, wenn auf Grund dieser betrieblichen Tätigkeit nicht bereits Pflichtversicherung nach diesem Bundesgesetz oder einem anderen Bundesgesetz in dem (den) entsprechenden Versicherungszweig(en) eingetreten ist.

Soweit sich der Beschwerdeführer gegen die Beweiswürdigung und die Feststellungen der belangten Behörde hinsichtlich der Wertung der nachträglichen Änderung des Gesellschaftsvertrages als Schutzbehauptung und der Annahme wendet, dass im hier maßgeblichen Zeitraum ausschließlich der Gesellschaftsvertrag vom 17. Juni 2004 gegolten habe und keine mündlichen Änderungen in Bezug auf Punkt 6 des Gesellschaftsvertrages erfolgt seien, ist ihm zunächst entgegenzuhalten, dass die Beweiswürdigung ein Denkprozess ist, der nur insofern einer Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof zugänglich ist, als es sich um die Schlüssigkeit dieses Denkvorganges handelt bzw. darum, ob die Beweisergebnisse, die in diesem Denkvorgang gewürdigt wurden, in einem ordnungsgemäßen Verfahren ermittelt worden sind. Die Schlüssigkeit der Erwägungen innerhalb der Beweiswürdigung unterliegt daher der Kontrollbefugnis des Verwaltungsgerichtshofes, nicht aber deren konkrete Richtigkeit (vgl. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053).

Im konkreten Fall hat die belangte Behörde in Übereinstimmung mit der nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung vorgenommenen Wertung der zweitinstanzlichen Behörde dargelegt, warum sie insbesondere auf Grund der seinerzeitigen Einbringung der nicht mehr aktuellen Fassung des Gesellschaftervertrages im Wege des Steuerberaters der Behauptung einer zwischenzeitigen bzw. mit dem späteren Gesellschaftsvertrag "nachgeschobenen" Änderung nicht gefolgt ist. Der nachvollziehbaren Argumentation der belangten Behörde vermag die Beschwerde nichts Stichhaltiges entgegenzusetzen. Diese wiederholt im Wesentlichen den Standpunkt des Beschwerdeführers, wonach der Umstand, dass die Herabsetzung der Hafteinlage des Kommanditisten am 26. August 2005 (!) in der am 14. Dezember 2005 vorgelegten Vertragsfassung (vom 14. Juni 2004) noch nicht berücksichtigt ist, als Beweis dafür gesehen werden will, dass der Vertrag auch hinsichtlich der hier relevanten Passagen bereits im Zeitraum Juni bis Dezember 2004 nicht mehr aktuell gewesen sei. Die dazu ebenfalls ins Treffen geführten Angaben der Zeugin V in der mündlichen Verhandlung, wonach "anlässlich der Gründung der Gesellschaft nicht ausgemacht wurde, dass der Beschwerdeführer Mitwirkungsrechte hat", werden schon durch die "Urfassung" des Gesellschaftsvertrages vom 14. Juni 2004 widerlegt.

Ausgehend von den aus dieser schlüssigen Beweiswürdigung resultierenden Feststellungen kann der Beschwerdeführer auch mit seinem weiteren Vorbringen keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzeigen:

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich in seinem Erkenntnis vom 11. September 2008, Zl. 2006/08/0041, eingehend mit der Pflichtversicherung vom Kommanditisten nach § 2 Abs. 1 Z. 4 GSVG in der hier ebenfalls maßgebenden Fassung der 23. GSVG-Novelle, BGBl. I Nr. 139/1998, auseinandergesetzt. Er hat dabei ausgesprochen, dass Kommanditisten einer KG nach Maßgabe einer "aktiven Betätigung" im Unternehmen, die auf Einkünfte gerichtet ist, pflichtversichert sein sollen, nicht aber Kommanditisten, die nur "ihr Kapital arbeiten lassen", d.h. sich im Wesentlichen auf die gesetzliche Stellung eines Kommanditisten beschränken. Die Beantwortung der Frage, ob sich der Kommanditist in einer für § 2 Abs. 1 Z. 4 GSVG relevanten Weise "aktiv" im Unternehmen betätigt, kann in rechtlicher Hinsicht nur vom Umfang seiner Geschäftsführungsbefugnisse und zwar auf Grund rechtlicher - und nicht bloß faktischer - Gegebenheiten abhängen. Kommanditisten, die nur "ihr Kapital arbeiten lassen", und die daher nicht nach § 2 Abs. 1 Z. 4 GSVG pflichtversichert sein sollen, sind jedenfalls jene, deren Rechtsstellung über die gesetzlich vorgesehenen Mitwirkungsrechte an der Geschäftsführung nicht hinausgeht.

Wurden dem Kommanditisten entsprechende Geschäftsführungsbefugnisse eingeräumt, welche über die Mitwirkung an außergewöhnlichen Geschäften hinausgehen, oder steht ihm ein derartiger rechtlicher Einfluss auf die Geschäftsführung des Unternehmens zu, dann ist es unerheblich, in welcher Häufigkeit von diesen Befugnissen tatsächlich Gebrauch gemacht wird, sowie ob und in welcher Form sich der Kommanditist am "operativen Geschäft" beteiligt oder im Unternehmen anwesend ist (vgl. dazu auch das hg. Erkenntnis vom 13. Mai 2009, Zl. 2006/08/0341).

Nach der dargelegten Judikatur kommt es somit nur darauf an, ob dem Beschwerdeführer diese weiterreichenden Befugnisse eingeräumt wurden, sodass sich die - in der Beschwerde für notwendig erachteten zusätzlichen - Feststellungen, ob er diese auch tatsächlich ausgeübt hat, erübrigten.

Es begegnet daher keinen Bedenken, wenn die belangte Behörde auf Grundlage der für eine abschließende rechtlichen Beurteilung ausreichenden Feststellungen zum Ergebnis kommt, dass der Beschwerdeführer im gegenständlichen Zeitraum auf Grund der im Gesellschaftsvertrag vom 14. Juni 2006 eingeräumten Befugnisse vor dem Hintergrund seiner Beteiligung am Gesellschaftsvermögen eine für § 2 Abs. 1 Z. 4 GSVG relevante Rechtsstellung im Unternehmen innegehabt habe und damit der Pflichtversicherung in der Krankenversicherung nach der genannten Bestimmung unterlegen sei.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung BGBl. II Nr. 455/2008, insbesondere deren § 3 Abs. 2.

Wien, am 16. Februar 2011

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte