VwGH AW 2011/03/0041

VwGHAW 2011/03/004119.12.2011

Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag des Verein X, vertreten durch Dr. C, Rechtsanwältin, der gegen den Bescheid der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie vom 15. April 2009, Zl. BMVIT-220.151/0002-IV/SCH2/2009, betreffend Trassengenehmigung, eisenbahnrechtliche Baugenehmigung, Rodungsbewilligung, Bewilligung nach dem Mineralrohstoffgesetz und Genehmigung nach dem UVP-G 2000 (mitbeteiligte Partei: Galleria di Base del Brennero - Brenner Basistunnel BBT SE in 6020 Innsbruck, Grabenweg 3) erhobenen und zur hg. Zl. 2011/03/0219 protokollierten Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:

Normen

62005CJ0432 Unibet VORAB;
62009CJ0115 Bund Umwelt / Naturschutz Deutschland VORAB;
VwGG §30 Abs2;
62005CJ0432 Unibet VORAB;
62009CJ0115 Bund Umwelt / Naturschutz Deutschland VORAB;
VwGG §30 Abs2;

 

Spruch:

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

1. Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde über Antrag der mitbeteiligten Partei dieser in einem teilkonzentrierten Genehmigungsverfahren nach § 24 UVP-G für den Neubau des Brenner Basistunnels die Trassengenehmigung gemäß §§ 3 und 5 des Hochleistungsstreckengesetzes (Spruchpunkt 1), die eisenbahnrechtliche Baugenehmigung (Spruchpunkt 2), die Rodungsbewilligung für im Einzelnen angeführte Waldflächen im Ausmaß von 56.903 m2 zur befristeten Rodung und im Ausmaß von

12.640 m2 zur dauernden Rodung (Spruchpunkt 3), sowie - für das Bergbaugebiet S in der Gemeinde G - die Baubewilligung nach dem Mineralrohstoffgesetz (Spruchpunkt 4) erteilt.

2. Mit der dagegen erhobenen Beschwerde, ursprünglich protokolliert zur Zl 2009/03/0067, verband die beschwerdeführende Partei einen Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung, dem mit hg Beschluss vom 8. Juli 2009, Zl AW 2009/03/0013, nicht stattgegeben wurde.

3. Mit Schriftsatz vom 18. November 2011 hat die beschwerdeführende Partei neuerlich den Antrag gestellt, ihrer Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Nach Ansicht der beschwerdeführenden Partei sei (unter anderem) aufgrund der aktuellen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (Erkenntnis vom 28. Juni 2011, B-254/11), der europarechtlichen Vorgaben, des aktuellen Standes eines Verfahrens vor dem EuGH wegen des sektoralen Fahrverbotes in Tirol und wegen des "Weißbuchs Verkehr" der Europäischen Kommission von einer wesentlich geänderten Sach- und Rechtslage auszugehen.

Die belangte Behörde und die mitbeteiligte Partei sind in ihren Äußerungen der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung entgegengetreten.

4. Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof auf Antrag des Beschwerdeführers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, insoweit dem zwingende öffentliche Interessen nicht entgegenstehen und nach Abwägung aller berührten Interessen mit dem Vollzug des Bescheides für den Beschwerdeführer ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre. Wenn sich die Voraussetzungen, die für die Entscheidung über die aufschiebende Wirkung der Beschwerde maßgebend waren, wesentlich geändert haben, ist auf Antrag einer Partei neu zu entscheiden.

Auch ein Beschluss über einen Antrag nach § 30 Abs. 2 VwGG hat nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes die Wirkung einer rechtskräftigen Entscheidung (vgl etwa den hg Beschluss vom 23. Februar 2011, Zl AW 2011/22/0020, mwN). Ohne wesentliche Änderung der Sach- oder Rechtslage darf daher in derselben Sache nicht neuerlich entschieden werden.

5. Die beschwerdeführende Partei macht geltend, dass der Verwaltungsgerichtshof in dem - nach dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 26. September 2011, K I-1/11 - fortzusetzenden Beschwerdeverfahren "unter Vernachlässigung allfälliger einfachgesetzlicher Vorgaben über seinen Prüfungsumfang als Gericht im Sinne des Art. 6 EMRK tätig zu werden" habe. Wörtlich heißt es im Antrag:

"Dieses Rechtsmittel muss vor allem inhaltlich mit einem wirksamen Rechtsbehelf im Sinne des Art. 47 der Grundrechte Charta, der sich auf Art. 13 EMRK stützt, ausgestattet werden, da im Unionsrecht ein umfassenderer Schutz gewährt wird, was in concreto bedeutet, dass die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ohne weiteres geradezu europarechtlich vorgegeben ist (Erläuterung zu Art 47 Abl. C303/29 vom 14.12.2007). Nicht umsonst hat der EuGH dieses Recht in seiner stRsp beginnend mit dem Urteil vom 15.5.1986 als allgemeinen Grundsatz des Unionsrechtes festgeschrieben (Rechtssache 222/84, Johnston, Slg. 1986, 1651; siehe auch die Urteile vom 15. Oktober 1987, Rechtssache 222/86, Heylens, Slg. 1987, 4097, und vom 3. Dezember 1992 Rechtssache C- 97/91 , Borelli, Slg. 1992, I-6313).

In der Entscheidung der 3. Kammer des EU-Gerichtshofes vom 2. Juni 2005 in der Rechtssache C-136/03 (Georg Dörr gegen Sicherheitsdirektion für das Bundesland Kärnten und Ibrahim Ünal gegen Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg) hat der Gerichtshof ganz allgemein ausgesprochen, dass eine Regelung eines Mitgliedsstaates, wonach Rechtsmitteln gegen Entscheidungen erster Instanz keine aufschiebende Wirkung zugestanden wird, den europarechtlichen Anforderungen (dort: der Richtlinie 64/221 ) gerade nicht entspricht. Ein gerichtlicher Rechtsbehelf habe nur dann aufschiebende Wirkung, wenn diese Wirkung automatisch eintritt. Es genüge nicht, dass das zuständige Gericht befugt ist, erst auf Antrag des Betroffenen und unter bestimmten Voraussetzungen den Vollzug der Entscheidung auszusetzen!

Die dort ausgesprochenen Aussagen können auf den vorliegenden Fall angewendet werden. Insbesondere wenn man die jüngste Entscheidung des Gerichtshofes vom 12. Mai 2011 in der Rechtssache C-115/09 im Verfahren Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland, Landesverband Nordrhein-Westfalen e.V. gegen Bezirksregierung Arnsberg beachtet, wo explizit der Effektivitätsgrundsatz angezogen wurde: Die Ausübung der durch die Unionsordnung verliehenen Rechte dürfe nicht praktisch unmöglich gemacht oder übermäßig erschwert werden.

Aus all dem folgt ohne weiteres, dass dieser Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung unter Anwendung der europarechtlichen Vorgaben zulässig ist und daher zu bewilligen sein wird (arg: Nichtanwendung von einfachgesetzlichen Rechtsvorschriften durch den VwGH, VwGH entscheidet als Gericht; Erk des VfGH vom 28.6.2011, B254/11, vorläufiger Rechtsschutz nach EU-Recht)."

6. Zu diesem Vorbringen ist zunächst festzuhalten, dass die Erläuterungen zu Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: GRC) nicht den von der beschwerdeführenden Partei behaupteten Inhalt haben und auf die Frage der Zuerkennung aufschiebender Wirkung (bzw des einstweiligen Rechtsschutzes) in keiner Weise Bezug nehmen. Auch die von der beschwerdeführenden Partei - offensichtlich aus den Erläuterungen zu Art 47 GRC - zitierten Entscheidungen des Gerichtshofes der Europäischen Union (EuGH) weisen keinen Zusammenhang mit der hier gegenständlichen Rechtsfrage des einstweiligen oder vorläufigen Rechtsschutzes auf.

Auch aus der Bezugnahme auf das Urteil des EuGH vom 2. Juni 2005, C-136/03 , Dörr und Ünal, lässt sich für die beschwerdeführende Partei schon deshalb nichts gewinnen, weil die unionsrechtliche Grundlage der im Beschwerdefall anzuwendenden nationalen Rechtsvorschriften keine Regelung enthält, die der in der Rechtssache Dörr und Ünal maßgebenden Bestimmung des Art 9 Abs 1 der Richtlinie 64/221/EWG entsprechen würde.

Schließlich ist festzuhalten, dass der Effektivitätsgrundsatz, wie er etwa in RNr 43 des von der beschwerdeführenden Partei angesprochenen Urteils des EuGH vom 12. Mai 2011, C-115/09 , Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland, Landesverband Nordrhein-Westfalen, postuliert wird, verlangt, dass die Verfahrensmodalitäten der Rechtsbehelfe, die den Schutz der dem Bürger aus dem Unionsrecht erwachsenden Rechte gewährleisten sollen, die Ausübung der durch die Unionsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren dürfen. Auch dieser - in ständiger Rechtsprechung des EuGH judizierte - Grundsatz (vgl dazu insbesondere auch das Urteil der Großen Kammer des EuGH vom 13. März 2007, C-432/05 , Unibet) verlangt jedoch nicht, dass einem Rechtsbehelf automatisch aufschiebende Wirkung zukommt oder dass ihm jedenfalls - ohne Durchführung der in § 30 Abs 2 VwGG vorgesehenen Abwägung - aufschiebende Wirkung zuzuerkennen wäre.

7. Das oben wiedergegebene Vorbringen der beschwerdeführenden Partei zeigt damit insbesondere nicht auf, dass sich gegenüber dem Zeitpunkt der Entscheidung über den ersten Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung eine Änderung der maßgebenden Rechtslage ergeben hätte.

Soweit aber die beschwerdeführende Partei offenbar eine Änderung der Rechtslage aus dem Umstand abzuleiten versucht, dass der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 28. Juni 2011, B-254/11, den Verwaltungsgerichtshof als Gericht mit hinreichender Kontrollbefugnis in Tatsachenfragen auch im vorliegenden Beschwerdeverfahren angesehen hat, ist darauf hinzuweisen, dass sich jedenfalls am Kontrollmaßstab im Hinblick auf die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung - der bei der nach § 30 Abs 2 VwGG gebotenen Abwägung im Bereich der Anwendung des Unionsrechts den Effektivitätsgrundsatz zu berücksichtigen hat - durch das zitierte Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes nichts geändert hat.

Das auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes gestützte Vorbringen der beschwerdeführenden Partei vermag daher keine wesentliche Änderung der Rechtslage gegenüber dem Zeitpunkt der Entscheidung über den ersten Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung darzulegen.

8. Die beschwerdeführende Partei bringt im Hinblick auf die sachlichen Voraussetzungen für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung vor, dass die ihrer Ansicht nach erforderlichen Rahmenbedingungen, damit der Zweck des Brenner Basistunnels erreicht werden könnte, "nach wie vor nicht vorliegen" würden. Damit wird gerade keine Änderung der Sachlage dargetan.

Auch das Vorbringen, die bereits durchgeführten und unmittelbar bevorstehenden Baumaßnahmen hätten bereits "hunderte Millionen Euro verschlungen" und könnten "aus wirtschaftlichen und politischen Gründen faktisch nicht mehr rückgängig gemacht werden", vermag schon deshalb keine Änderung der maßgebenden Voraussetzungen gegenüber der ersten Entscheidung über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung aufzuzeigen, weil die von der mitbeteiligten Partei für das Bauvorhaben aufgewendeten Kosten keinen Nachteil für die beschwerdeführende Partei darstellen können und eine tatsächliche Irreversibilität der Baumaßnahmen nicht behauptet sowie der konkret daraus entstehende unverhältnismäßige Nachteil im Hinblick auf die von der beschwerdeführenden Partei wahrzunehmenden Rechte nicht konkretisiert wird.

9. Soweit die beschwerdeführende Partei vorbringt, dass die Nachbarstaaten, die die Zulaufstrecken zum Brenner Basistunnel errichten sollten, keine entsprechenden Handlungen gesetzt hätten und es lediglich "Interessen und Leitlinien" für die Durchführung des Vorhabens, nicht aber "mehr Verbindlichkeit" gebe, vermag dies keine Änderung der Sachlage gegenüber der ersten Entscheidung über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung aufzuzeigen; zudem ist nicht zu erkennen, welche Relevanz diesem Vorbringen im Hinblick auf die von der beschwerdeführenden Partei wahrzunehmenden Rechte zukommen könnte.

10. Die beschwerdeführende Partei beruft sich auch auf das "Weißbuch Verkehr" (Weißbuch "Fahrplan zu einem einheitlichen europäischen Verkehrsraum - Hin zu einem wettbewerbsorientierten und ressourcenschonenden Verkehrssystem, KOM(2011) 144 endgültig vom 28. März 2011), welches sich nach Ansicht der beschwerdeführenden Partei "von der Verlagerung (des Verkehrs auf die Schiene) distanziert und die Straße als Verkehrsmittel wieder favorisiert".

Welche Auswirkungen sich aus dem Weißbuch der Kommission für einen der beschwerdeführenden Partei drohenden unverhältnismäßigen Nachteil ergeben könnten, wird im Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung jedoch nicht ausgeführt.

11. Weiters bringt die beschwerdeführende Partei vor, dass der EuGH am 21. Dezember 2011 in der Rechtssache C-28/09 , Kommission / Österreich, betreffend das Fahrverbot auf der Autobahn A 12 für Lkw mit einem Gesamtgewicht von mehr als 7,5 t, die bestimmte Güter transportieren, entscheiden werde; sollte eine Verurteilung Österreichs erfolgen, sei dies "als weiteres Indiz dafür zu werten, dass seitens der EU niemand mehr an eine Verlagerung denkt und damit das Bauprojekt Brenner Basistunnel ad absurdum geführt wird".

Auch dieses Vorbringen legt nicht dar, welche Änderung der Sach- oder Rechtslage sich aufgrund dieser Entscheidung gegenüber der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Entscheidung über den ersten Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung im Hinblick auf die von der beschwerdeführenden Partei wahrzunehmenden Rechte ergeben könnte.

12. Schließlich macht die beschwerdeführende Partei geltend, dass die öffentlichen Interessen, welche zur Abweisung des ersten Antrags der beschwerdeführenden Partei auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung (Beschluss vom 8. Juli 2009, AW 2009/03/0013) geführt hätten, eine wesentliche Änderung erfahren hätten. Das "zentrale verkehrspolitische Element" sei nicht (mehr) gegeben, die Kosten seien explodiert und ein "Ende der Fahnenstange" hinsichtlich der voraussichtlich auflaufenden Kosten sei nicht ersichtlich. Die verkehrspolitischen und vor allem europarechtlichen Rahmenbedingungen lägen nicht vor und seien durch das "Weißbuch Verkehr" in noch weitere Ferne verschoben bzw ad acta gelegt worden. Außerdem fehle ein von der beschwerdeführenden Partei gefordertes "Gutachten über die volkswirtschaftlich zu erwartenden Kosten der Realisierung des Projektes unter Annahme des derzeitigen status quo der da ist:

Fehlen jeglicher verbindlicher Regelungen, dass der Tunnel dann auch benutzt werden MUSS, um die Verlagerungsziele zu erreichen."

Die beschwerdeführende Partei verkennt mit ihrem Vorbringen zunächst, dass sich der bei der Entscheidung über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung zu beurteilende unverhältnismäßige Nachteil aus dem Vollzug des angefochtenen Bescheides ergeben muss: Diesbezüglich kommt es darauf an, ob durch den Vollzug des angefochtenen Bescheides - hier durch die genehmigten Baumaßnahmen - ein unverhältnismäßiger Nachteil für die beschwerdeführende Partei im Vergleich zu jener Situation eintreten würde, in der von der Bewilligung, die mit dem angefochtenen Bescheid erteilt wurde, kein Gebrauch gemacht werden könnte. Dass durch das Bauvorhaben die von der beschwerdeführenden Partei angestrebte stärkere Verlagerung des Straßenverkehrs auf die Schiene nicht erreicht werden könnte, wie dies die beschwerdeführende Partei behauptet, begründet aber keinen Nachteil aus der Realisierung des genehmigten Vorhabens im Vergleich zu jener Situation, wie sie bei Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung bestehen würde.

Dem ursprünglichen Antrag der beschwerdeführenden Partei auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung wurde durch den Beschluss vom 8. Juli 2009, AW 2009/03/0013, aufgrund des Vorliegens zwingender öffentlicher Interessen nicht stattgegeben. Wörtlich heißt es in diesem Beschluss unter anderem:

"Die Errichtung des Brenner Basistunnels, für die mit dem angefochtenen Bescheid die Trassengenehmigung, eisenbahnrechtliche Baugenehmigung, Rodungsbewilligung und Baubewilligung nach dem Mineralrohstoffgesetz erteilt wurde, stellt ein vorrangiges Vorhaben im europäischen Interesse im Sinne der Entscheidung Nr 884/2004/EG des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Entscheidung Nr 1692/96/EG über gemeinschaftliche Leitlinien für den Aufbau eines transeuropäischen Verkehrsnetzes dar, mit dem vor 2010 begonnen werden soll (Art 19 und 19a in Verbindung mit Anhang III Z 1 der Entscheidung Nr 1692/96/EG in der Fassung der Entscheidung Nr 884/2004/EG). Das Bauvorhaben ist ein wesentlicher Teil des vorrangigen Vorhabens Nr. 1, der Eisenbahnachse Berlin - Verona/Mailand - Bologna - Neapel - Messina - Palermo. Für das Bauvorhaben wird auch eine substantielle Mitfinanzierung durch Gemeinschaftszuschüsse nach der Verordnung (EG) Nr 680/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2007 über die Grundregeln für die Gewährung von Gemeinschaftszuschüssen für transeuropäische Verkehrs- und Energienetze im Rahmen des aktuellen Mehrjahresprogramms angesprochen.

Vor dem Hintergrund der damit dokumentierten zentralen verkehrspolitischen Bedeutung des gegenständlichen Eisenbahnbauvorhabens, das nach dem angefochtenen Bescheid insbesondere auch die Voraussetzungen für einen leistungsfähigen Schienengüterverkehr und eine Veränderung des Modal Split zugunsten der Schiene (Verlagerung des Güterverkehrs auf die Schiene) schaffen soll, kann der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie in ihrer Äußerung die Auffassung vertritt, dass der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen (vgl zu einem Eisenbahnbauvorhaben von gemeinsamem Interesse im Sinne der Entscheidung Nr 1692/96/EG auch den hg Beschluss vom 26. April 2005, Zl AW 2005/03/0002)."

Die beschwerdeführende Partei kann nicht aufzeigen, dass sich an diesen Umständen wesentliche Änderungen ergeben hätten. Die - von der beschwerdeführenden Partei auch gar nicht angesprochene - Ersetzung der Entscheidung Nr 1692/96/EG über gemeinschaftliche Leitlinien für den Aufbau eines transeuropäischen Verkehrsnetzes durch den Beschluss Nr 661/2010/EU über Leitlinien der Union für den Aufbau eines transeuropäischen Verkehrsnetzes hat für das hier gegenständliche Bauvorhaben nichts geändert (vgl die unveränderte Ausweisung als vorrangiges Vorhaben in Anhang III Z 1 des genannten Beschlusses).

13. Im Hinblick darauf, dass nur im Falle einer wesentlichen Änderung der Voraussetzungen, die für die Entscheidung über die aufschiebende Wirkung der Beschwerde maßgebend waren, auf Antrag einer Partei neu über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung zu entscheiden ist, geht der pauschale Verweis der beschwerdeführenden Partei auf ihren ursprünglichen Antrag sowie den bisherigen Akteninhalt und den Inhalt der Akten des Verwaltungsverfahrens ins Leere.

14. Auch mit dem bloßen Hinweis darauf, dass seit zweieinhalb Jahren eine Bautätigkeit (aufgrund des angefochtenen Bescheides) ausgeführt werde, vermag die beschwerdeführende Partei keine für die Entscheidung über den neuerlichen Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung maßgebende wesentliche Änderung der Voraussetzungen aufzuzeigen.

15. Die beschwerdeführende Partei regt zuletzt an, "aufgrund der sich auf Basis dieses Antrages ergebenden europarechtlichen Fragestellungen" ein Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH zu richten.

Konkrete unionsrechtliche Fragen, die einer Auslegung durch den EuGH bedürften, lassen sich aber weder dem Antrag der beschwerdeführenden Partei entnehmen, noch stellen sich solche Fragen bei der Entscheidung über diesen Antrag, sodass kein Anlass für ein Vorabentscheidungsersuchen besteht.

16. Die beschwerdeführende Partei hat bereits mit ihrer ursprünglichen Beschwerde den Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gestellt und mit dem vorliegenden Antrag nicht dargelegt, dass sich die Voraussetzungen, die für die erste Entscheidung über die aufschiebende Wirkung der Beschwerde maßgebend waren, wesentlich geändert hätten.

Der Antrag der beschwerdeführenden Partei war daher wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.

Wien, am 19. Dezember 2011

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