VwGH 2010/08/0019

VwGH2010/08/001925.5.2011

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer, Dr. Lehofer, Dr. Doblinger und MMag. Maislinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peck, über die Beschwerde des "Vereins L" in B, vertreten durch Dr. Alice Epler, Rechtsanwältin in 1070 Wien, Neubaugasse 3/10, gegen den Bescheid des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz vom 21. Dezember 2009, Zl. BMSK-420103/0002-II/A/3/2008, betreffend Pflichtversicherung nach dem ASVG und dem AlVG (mitbeteiligte Parteien: 1. L L in O, 2. Oberösterreichische Gebietskrankenkasse in 4021 Linz, Gruberstraße 77,

3. Pensionsversicherungsanstalt in 1021 Wien, Friedrich Hillegeist-Straße 1, 4. Allgemeine Unfallversicherungsanstalt in 1201 Wien, Adalbert Stifterstraße 65-67), zu Recht erkannt:

Normen

AlVG 1977 §1 Abs1 lita;
ASVG §4 Abs1 Z1;
ASVG §4 Abs2;
AlVG 1977 §1 Abs1 lita;
ASVG §4 Abs1 Z1;
ASVG §4 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der beschwerdeführende Verein hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 28. September 2006 stellte die zweitmitbeteiligte Gebietskrankenkasse (GKK) fest, dass der Erstmitbeteiligte aufgrund seiner Tätigkeit als Gesangssolist für den beschwerdeführenden Verein vom 1. Juli bis 2. September 1999 als Dienstnehmer der Vollversicherung nach § 4 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 ASVG und der Arbeitslosenversicherung nach § 1 Abs. 1 lit. a AlVG unterlegen sei. Der Erstmitbeteiligte habe sich für bestimmte Zeit verpflichtet, eine Rolle in einer Operette zu spielen; es liege ein Dauerschuldverhältnis vor. Der Erstmitbeteiligte sei persönlich arbeitspflichtig gewesen; es habe grundsätzlich Anwesenheitspflicht bestanden. Im Krankheitsfall habe er sich beim beschwerdeführenden Verein zu melden gehabt, ansonsten wäre er schadenersatzpflichtig gewesen.

Der beschwerdeführende Verein erhob gegen diesen Bescheid Einspruch. Im vorliegenden Fall habe der Künstler selbst das Vertretungsrecht im Vertragsmuster gestrichen, da er dieses nicht habe nutzen wollen. Diese ändere aber nichts daran, dass nach dem Gesamtbild der Verhältnisse eine selbständige Tätigkeit vorgelegen sei. Insbesondere habe der beschwerdeführende Verein auch dem Erstmitbeteiligten das generelle Vertretungsrecht eingeräumt. Unabhängig vom Punkt des Vertretungsrechtes führten andere Merkmale der Vereinbarung und der tatsächlichen Handhabung zu einem Ausschluss eines Dienstverhältnisses auch in diesem Fall. Die Auftragnehmer seien als selbständige Unternehmer unter Tragung des Unternehmerrisikos tätig geworden; dies bestätige auch der Erstmitbeteiligte, wonach bei Nichtauftreten die Gage nicht ausbezahlt worden wäre. Der Erstmitbeteiligte sei nicht in die Organisation des beschwerdeführenden Vereins eingebunden gewesen. Es habe keine über die vertragliche Vereinbarung hinausgehende laufende Weisungsbefugnis des Auftraggebers gegeben.

Der Landeshauptmann von Oberösterreich gab dem Einspruch mit Bescheid vom 17. Juli 2008 keine Folge. Begründend führte der Landeshauptmann im Wesentlichen aus, der beschwerdeführende Verein beschäftige jedes Jahr in den Sommermonaten für die im Rahmen der Sommerfestspiele in B aufgeführten Operetten bzw. Konzerte unter anderem neben Sängern und Choristen eine Reihe von Musikern. Die Versicherungspflicht dieser Personen sei bereits seit mehreren Jahren strittig. Die Tätigkeit aller Künstler sei inhaltlich jeweils die gleiche gewesen. Es sei daher davon auszugehen, dass die Solisten unabhängig von den Vertragstexten sozialversicherungsrechtlich gleich einzustufen seien. Der Arbeitsort sei vorgegeben gewesen. Sowohl die Solisten als auch die Musiker und Choristen seien sowohl in örtlicher als auch zeitlicher Hinsicht den Weisungen von Dirigenten und Regisseur unterlegen. Weisungen hätten auch das arbeitsbezogene Verhalten selbst betroffen und eine Bindung der Beschäftigten in persönlicher Hinsicht bewirkt. Als spielzeitverpflichtete Künstler seien die Solisten auch organisatorisch in den Betrieb eingebunden gewesen. Die Vereinbarung mit den Künstlern sei grundsätzlich auf eine persönliche Leistungserbringung ausgerichtet. Die erfolgreiche Aufführung der jeweiligen Operette erfordere zweifellos das Zusammenwirken aller Beteiligten und sei das Ergebnis einer umfangreichen Vorbereitung, bei der eine große Zahl an Personen perfekt aufeinander abgestimmt werden müsse. Die Künstler arbeiteten gemeinsam an der Einstudierung der Stücke, dazu seien umfangreiche Proben erforderlich, bei denen jede einzelne Szene einstudiert und eingeübt werde. Eine jederzeit unbeschränkte Vertretung durch Außenstehende, die an den gemeinsamen Proben nicht teilgenommen hätten, sei völlig unrealistisch; Vertretungen könnten nur eine Ausnahme sein. Die überwiegende Mehrheit der Befragten habe sich auch tatsächlich noch nie vertreten lassen. Im Nachverrechnungszeitraum (1999 bis 2002) sei eine generelle Vertretungsbefugnis noch gar kein Thema gewesen. Der Erstmitbeteiligte habe in seinem Vertrag die Bestimmung betreffend Vertretung handschriftlich durchgestrichen. Es habe im gesamten Zeitraum keine Zweitbesetzungen gegeben. Ausfälle habe es nur ausnahmsweise und nur aus wichtigen Gründen gegeben; in diesen Fällen seien häufig Kollegen "eingesprungen". Zu Vertretungen durch außenstehende Dritte sei es nur in Einzelfällen und nur aus besonderen Gründen, wie Krankheit, Unfälle, persönliche Anlässe oder andere Engagements gekommen, wobei diese anderen Engagements meist bei Vertragsabschluss bereits bekannt gegeben worden seien. Eine jederzeitige Vertretungsbefugnis sei aber mit einem geregelten Theaterbetrieb unvereinbar. Die Künstler seien auch im Einzelnen vom beschwerdeführenden Verein ausgewählt worden (schriftliche Bewerbungen, persönliches Vorsingen oder Vorspielen). Auf ein Unternehmerrisiko käme es hier nicht an, es liege aber auch kein Unternehmerrisiko vor.

Der beschwerdeführende Verein erhob gegen diesen Bescheid Berufung. Insbesondere bestritt er darin die Ausführungen des Landeshauptmannes zur Frage der Vertretungsberechtigung und verwies hiezu ausführlich auf die Niederschriften über die Vernehmung der Künstler. Er erstattete auch Vorbringen zur Durchführbarkeit einer generellen Vertretungsbefugnis in einem geregelten Operettenbetrieb (auch betreffend Solisten) und beantragte dazu die Aufnahme weiterer Beweise.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung ab.

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, laut dem schriftlichen Vertrag sei folgende Tätigkeit vereinbart worden: Solist im Rahmen des Operettenfestivals B, Spielsaison 1999, Operette M, Rolle des T, Proben laut Probenplan, Aufführungstermine laut Spielplan, Vorbereitung und Mitwirkung an allfälligen Fernseh-, Hörfunk- oder Videoaufzeichnungen. Der Erstmitbeteiligte habe sich damit zu gattungsmäßig umschriebenen Leistungen im Rahmen eines als Spielsaison abgesteckten Zeitraumes verpflichtet. Er habe nicht die Darbietung eines von ihm zusammengestellten und gestalteten Programms vereinbart, sondern die Mitwirkung an den von den Operettenfestspielen B für die Spielsaison geplanten Aktivitäten. Es sei aus dem Vertrag nicht ersichtlich, worin das vom Erstmitbeteiligten zu erbringende "Werk" bzw. der erfolgreiche Abschluss seiner Leistung bestehen solle. Es liege ein befristetes Dauerschuldverhältnis, kein Zielschuldverhältnis vor.

Hinsichtlich Arbeitszeit und Arbeitsort lege der Vorvertrag den voraussichtlichen Probenbeginn mit 1. Juli 1999 fest und nenne den Premierentermin mit 21. Juli 1999. Der Künstlervertrag regle hiezu: Proben laut Probenplan, Aufführungstermine laut Spielplan. Zum Zweck der Vorbereitung für eine audio- und/oder audiovisuelle Aufzeichnung verpflichte sich der Auftragnehmer, sofern dies vom Auftraggeber benötigt werde, zur Mitwirkung an einem Soundtrack. Für den Auftragnehmer bestehe keine Verpflichtung zur Leistung eines bestimmten zeitlichen Ausmaßes; es bestehe keine Bindung an eine vorgegebene Arbeitszeit oder einen bestimmten Arbeitsort, sofern sich nicht aus der Tätigkeit heraus eine solche ergebe (Proben- und Spielplan). Die Vertragsbestimmungen zeigten, dass der Erstmitbeteiligte seine Arbeitszeit nach den einseitig vom beschwerdeführenden Verein festgesetzten Zeitplänen zur Verfügung zu stellen gehabt habe. Es hätten nicht laufend sachlich notwendige Absprachen über Proben- und Aufnahmetermine stattgefunden; vielmehr sei der Erstmitbeteiligte ab Unterzeichnung des Vertrages verpflichtet gewesen, sich an die vom beschwerdeführenden Verein einseitig festgesetzten Probenpläne oder Probentermine zu halten. Der Erstmitbeteiligte sei damit in den Betrieb des Veranstalters zeitlich und örtlich eingebunden gewesen. Der Erstmitbeteiligte sei auch an eine weitgehende Anwesenheitsverpflichtung gebunden gewesen.

Der schriftliche Vertrag sehe an sich ein Vertretungsrecht vor, wonach der Auftragnehmer berechtigt sei, sich in der Durchführung des Werkes durch geeignete Personen sanktionslos vertreten zu lassen. Dieser Passus sei aber handschriftlich durchgestrichen. Auch enthalte der Vertrag die Bestimmung, der Auftragnehmer sei bei Verhinderung durch Krankheit verpflichtet, den Auftraggeber bis spätestens 18 Uhr am Tag vor der Probe oder dem Konzert zu verständigen und ein Ersatzmitglied zu entsenden. Hiebei sei der Halbsatz "und ein Ersatzmitglied zu entsenden" handschriftlich gestrichen. Es liege demnach kein Vertretungsrecht vor; der Erstmitbeteiligte habe sich demnach auch tatsächlich nicht beliebig vertreten lassen können.

Der Erstmitbeteiligte habe für die Tätigkeit laut Künstlervertrag für die gesamte Tätigkeit ein Pauschalhonorar erhalten. Der Vertrag sehe weiters vor, dass der Entgeltanspruch nur bei tatsächlicher Mitwirkung gebühre. Wirke der Auftragnehmer krankheitsbedingt oder aus sonstigen Gründen, die nicht im Bereich des Auftraggebers liegen, nicht an einer Probe oder einem Konzert mit, stehe insoweit kein Honorar zu; bei witterungsbedingter Absage oder Abbruch der Veranstaltung durch den Auftraggeber gebühre hingegen das Honorar. Daraus sei abzuleiten, dass der Erstmitbeteiligte zwar ein Unternehmerwagnis zu tragen gehabt habe, entsprechende unternehmerische Dispositionsmöglichkeiten könnten aus dem Vertrag aber nicht abgeleitet werden. Der Erstmitbeteiligte habe unabhängig vom Erfolg der gesamten Aufführung und auch unabhängig davon, wie gut er selbst bei der Aufführung gesungen habe, ein fixes Honorar erhalten.

Dem Erstmitbeteiligten sei laut Vertrag vorgeschrieben, zur ersten Probe bereits studiert zu erscheinen und bei Bedarf zusätzlich an Vorbereitungen für Fernsehaufzeichnungen mitzuwirken. Der beschwerdeführende Verein habe sich durch den Einsatz von Proben- und Spielplänen, Festlegung des Probenortes und durch den Einsatz seiner leitenden Mitarbeiter die Möglichkeit vorbehalten, das Arbeitsverhalten des Erstmitbeteiligten bei Bedarf durch Anweisungen zu steuern und zu kontrollieren. Dem Erstmitbeteiligten sei kein Raum für eine eigenmächtige Gestaltung seines Arbeitsverhaltens und des Arbeitsablaufes geblieben. Der Erstmitbeteiligte sei stets unter Anwesenheit eines Regisseurs oder Dirigenten, also eines leitenden Mitarbeiters des beschwerdeführenden Vereins tätig gewesen, sodass dieser auch jederzeit die Möglichkeit gehabt habe, den Erstmitbeteiligten zu kontrollieren und im Falle eines nicht entsprechenden Arbeitsverhaltens (etwa wenn der Erstmitbeteiligte zu spät komme) zurechtzuweisen. Der Erstmitbeteiligte sei demnach im Rahmen seiner Beschäftigung weisungsgebunden und kontrollunterworfen gewesen.

Es würden demnach die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit überwiegen.

Die Aussagen des Erstmitbeteiligten stünden mit den vorgelegten Verträgen im Einklang, es habe daher keine Notwendigkeit für weitere Einvernahmen bestanden. Auch die Aufnahme eines Sachverständigengutachtens habe sich demnach erübrigt.

Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt, auf die Erstattung einer Gegenschrift verzichtet und beantragt, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Die zweitmitbeteiligte Gebietskrankenkasse hat eine Gegenschrift erstattet und beantragt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen. Die viertmitbeteiligte Versicherungsanstalt hat mitgeteilt, auf die Erstattung einer Gegenschrift zu verzichten. Die übrigen mitbeteiligten Parteien haben sich am verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht beteiligt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der beschwerdeführende Verein wendet im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ausschließlich ein, es habe ein generelles Vertretungsrecht bestanden, es mangle daher an der persönlichen Arbeitspflicht.

Dienstnehmer (im Sinne des ASVG) ist gemäß § 4 Abs. 2 ASVG, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen. Als Dienstnehmer gilt jedenfalls auch, wer gemäß § 47 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 2 EStG 1988 lohnsteuerpflichtig ist.

Ob bei einer Beschäftigung die Merkmale persönlicher Abhängigkeit des Beschäftigten vom Empfänger der Arbeitsleistung gegenüber jenen persönlicher Unabhängigkeit überwiegen und somit persönliche Abhängigkeit im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG gegeben ist, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes davon ab, ob nach dem Gesamtbild dieser konkret zu beurteilenden Beschäftigung die Bestimmungsfreiheit des Beschäftigten durch diese Beschäftigung weitgehend ausgeschaltet oder - wie bei anderen Formen der Gestaltung einer Beschäftigung - nur beschränkt ist (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 10. Dezember 1986, VwSlg. Nr. 12.325/A).

Die wirtschaftliche Abhängigkeit, die nach der zitierten Rechtsprechung ihren sinnfälligen Ausdruck im Fehlen der im eigenen Namen auszuübenden Verfügungsmacht über die nach dem Einzelfall für den Betrieb wesentlichen Einrichtungen und Betriebsmittel findet, ist bei entgeltlichen Arbeitsverhältnissen die zwangsläufige Folge persönlicher Abhängigkeit.

Für das Vorliegen der persönlichen Abhängigkeit sind als Ausdruck der weitgehenden Ausschaltung der Bestimmungsfreiheit des Beschäftigten durch seine Beschäftigung nur seine Bindung an Ordnungsvorschriften über den Arbeitsort, die Arbeitszeit, das arbeitsbezogene Verhalten sowie die sich darauf beziehenden Weisungs- und Kontrollbefugnisse und die damit eng verbundene (grundsätzlich) persönliche Arbeitspflicht unterscheidungskräftige Kriterien zur Abgrenzung von anderen Formen der Gestaltung einer Beschäftigung, während das Fehlen anderer (im Regelfall freilich auch vorliegender) Umstände (wie z.B. die längere Dauer des Beschäftigungsverhältnisses oder ein das Arbeitsverfahren betreffendes Weisungsrecht des Empfängers der Arbeitsleistung) dann, wenn die unterscheidungskräftigen Kriterien kumulativ vorliegen, persönliche Abhängigkeit nicht ausschließt. Erlaubt allerdings im Einzelfall die konkrete Gestaltung der organisatorischen Gebundenheit des Beschäftigten in Bezug auf Arbeitsort, Arbeitszeit und arbeitsbezogenes Verhalten keine abschließende Beurteilung des Überwiegens der Merkmale persönlicher Abhängigkeit, so können im Rahmen der vorzunehmenden Beurteilung des Gesamtbildes der Beschäftigung auch diese an sich nicht unterscheidungskräftigen Kriterien von maßgebender Bedeutung sein (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Oktober 2010, Zl. 2007/08/0145).

Grundvoraussetzung für die Annahme persönlicher Abhängigkeit im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG und damit eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses ist die persönliche Arbeitspflicht. Fehlt sie, dann liegt ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis nicht vor. Persönliche Arbeitspflicht ist (u.a.) dann nicht gegeben, wenn demjenigen, dessen Leistungserbringung zu beurteilen ist, eine generelle Vertretungsbefugnis bei Erbringung dieser Leistung eingeräumt ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 16. April 1991, Zl. 90/08/0117; vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 19. Juni 1990, Zl. 88/08/0200).

Im hier vorliegenden Fall hat die belangte Behörde aber festgestellt, es liege kein (generelles) Vertretungsrecht vor. Der beschwerdeführende Verein bekämpft diese Feststellung: Der Schluss der belangten Behörde, aus der handschriftlichen Streichung der Vertretungsregelung im Vordruck des Künstlervertrags durch den Erstmitbeteiligten ergebe sich, dass der beschwerdeführende Verein dem Erstmitbeteiligten kein Vertretungsrecht eingeräumt habe, widerspreche den Denkgesetzen.

Es ist aber nicht ersichtlich, aufgrund welcher Umstände aus der Streichung einer in einem Vertragsentwurf enthaltenen Regelung abgeleitet werden solle, dass die gestrichene Regelung gelten solle. Es ist - ganz im Gegenteil - davon auszugehen, dass eine in einem Entwurf vorgesehene, sodann aber gestrichene Regelung, gerade nicht vereinbart wurde. Aus dem (offensichtlich vom beschwerdeführenden Verein stammenden) Vertragsentwurf ist zwar abzuleiten, dass dieser dem Erstmitbeteiligten angeboten hat, eine Vertretungsbefugnis in die Vereinbarung aufzunehmen. Dieses Anbot wurde aber vom Erstmitbeteiligten - offensichtlich im Hinblick auf die dadurch erreichte Befreiung von der Verpflichtung, im Krankheitsfall ein Ersatzmitglied zu entsenden (in diese Richtung deutet auch die im Akt der GKK liegende "Anlage zur Niederschrift" des Erstmitbeteiligten vom 17. September 2000) - nicht angenommen. Damit beinhaltet aber die zwischen dem beschwerdeführenden Verein und dem Erstmitbeteiligten wirksam getroffene Vereinbarung (entgegen dem Anbot des beschwerdeführenden Vereins) gerade kein Vertretungsrecht. Gegenteilige Beweisergebnisse zu diesem konkreten Fall liegen nicht vor; die Beweiswürdigung der belangten Behörde ist vom Verwaltungsgerichtshof nicht zu beanstanden.

Soweit der beschwerdeführende Verein - im Rahmen der Geltendmachung einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit - behauptet, es liege eine Vertretungsvereinbarung vor, geht er damit nicht von dem von der belangten Behörde angenommenen Sachverhalt aus. Ob anderen Solisten ein Vertretungsrecht eingeräumt worden ist und diese ihr Vertretungsrecht auch in Anspruch genommen haben, ist für den hier zu beurteilenden Fall nicht maßgebend, sodass insoweit auch keine Feststellungsmängel vorliegen. Auch ist es nicht entscheidend, von wem die Initiative zur Streichung der im Vertragsentwurf an sich vorgesehenen Vertretungsbefugnis ausgegangen ist, da feststeht, dass dieser Entwurf nicht unverändert der Vereinbarung zu Grunde gelegt wurde.

Der beschwerdeführende Verein rügt weiters, die belangte Behörde sei den Anträgen in der Berufung, zum Beweis des umfassenden Vertretungsrechts sämtliche beim beschwerdeführenden Verein im Prüfungszeitraum beschäftigten Solisten einzuvernehmen sowie zur Vereinbarkeit eines umfassenden Vertretungsrechts mit einem geregelten Operettenbetrieb sachkundige Zeugen zu vernehmen und ein Sachverständigengutachten aus dem Theaterfach einzuholen, nicht nachgekommen.

Es ist neuerlich darauf zu verweisen, dass im angefochtenen Bescheid lediglich über die Versicherungspflicht des Erstmitbeteiligten, nicht aber über die Versicherungspflicht sämtlicher vom beschwerdeführenden Verein beauftragten Solisten abgesprochen wurde. Wie aus dem Vorbringen des beschwerdeführenden Vereins hervorgeht, wurden von ihm zumindest einzelne Personen auch ohne Vertretungsbefugnis (mit Dienstvertrag, nicht mit "Künstlervertrag") angestellt. Vor diesem Hintergrund ist es aber für den hier vorliegenden Fall nicht entscheidend, ob anderen Solisten ein (uneingeschränktes) Vertretungsrecht eingeräumt wurde; dem Erstmitbeteiligten wurde ein Vertretungsrecht nicht eingeräumt.

Schließlich rügt der beschwerdeführende Verein die Unterlassung einer von ihm beantragten mündlichen Berufungsverhandlung. Im Hinblick darauf, dass mangels Notwendigkeit, das Ermittlungsverfahren zur Versicherungspflicht des Erstmitbeteiligten zu ergänzen, auch eine Berufungsverhandlung nicht notwendig war (§ 66 Abs. 2 und 3 AVG), liegt insoweit kein Verfahrensmangel vor.

Da im hier vorliegenden Fall eine im Vorhinein getroffene Vereinbarung über ein generelles Vertretungsrecht nicht besteht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Oktober 2010, Zl. 2007/08/0145), ist davon auszugehen, dass der Erstmitbeteiligte seine Leistungen in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit erbracht hat, zumal im Übrigen die Umstände, aus denen die belangte Behörde rechtlich zutreffend die Dienstnehmereigenschaft des Erstmitbeteiligten abgeleitet hat, im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht mehr strittig sind.

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Von der vom beschwerdeführenden Verein beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden.

Wien, am 25. Mai 2011

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