VwGH 2010/06/0257

VwGH2010/06/02577.12.2011

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Senatspräsidentin Dr. Bernegger, sowie die Hofräte Dr. Waldstätten, Dr. Bayjones und Dr. Moritz als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Zöchling, über die Beschwerde der M H in R, vertreten durch Advokatur Dr. Herbert Schöpf LL.M. Rechtsanwalt-GmbH in 6020 Innsbruck, Arkadenhof, Maria-Theresien-Straße 34, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 23. September 2010, Zl. Ve1-8-1/636-1, betreffend Einwendungen im Bauverfahren (mitbeteiligte Parteien:

1. F T in P; 2. Gemeinde P in P), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §41 Abs2;
AVG §42 Abs1 idF 2004/I/010;
AVG §42 Abs1 idF 2008/I/005;
AVG §8;
BauO Tir 2001 §21 Abs2 lita;
BauO Tir 2001 §25 Abs3;
VwRallg;
AVG §41 Abs2;
AVG §42 Abs1 idF 2004/I/010;
AVG §42 Abs1 idF 2008/I/005;
AVG §8;
BauO Tir 2001 §21 Abs2 lita;
BauO Tir 2001 §25 Abs3;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Erstmitbeteiligte ersuchte mit Eingabe vom 1. September 2009 um die Erteilung der baurechtlichen Bewilligung für den Zubau einer Garage auf seinem Grundstück Nr. 14/2 KG P., an. Dieser Zubau ist nach dem eingereichten Lageplan in einem Abstand zur nördlichen Grundgrenze von 0,54 m bzw. 0,77 m vorgesehen. Der beabsichtigte Zubau weist eine Fläche von 33,80 m2 auf, etwas mehr als die Hälfte davon ist im Mindestabstandsbereich von 4 m zu der nördlichen Grundgrenze gelegen. Die Beschwerdeführerin ist - neben K. M. - Miteigentümerin des nördlich des Baugrundstückes unmittelbar angrenzenden Grundstückes Nr. 17/2, KG P.

Der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde machte mit Erledigung vom 18. Jänner 2010 die mündliche Verhandlung im vorliegenden Baubewilligungsverfahren für den 1. Dezember 2010 kund. Es wurde gemäß § 42 AVG darauf hingewiesen, dass, wer nicht bis zum Tage der Verhandlung oder während der Verhandlung Einwendungen erhebe, die Parteistellung verlöre. Die Kundmachung zur Verhandlung wurde der Beschwerdeführerin persönlich zugestellt.

Die Beschwerdeführerin erklärte in dieser Verhandlung, dass die Grundgrenze zwischen den beiden Grundstücken, wie sie im Lageplan dargestellt sei, zwischen den Vermessungspunkten 6291, 6290 und 3234 nicht stimme und der Aufbau bzw. Neubau nicht anerkannt werde.

Der Bürgermeister erteilte mit Bescheid vom 9. Februar 2010 dem Erstmitbeteiligten für das beantragte Bauvorhaben die Baubewilligung unter Auflagen. Er führte dazu im Wesentlichen aus, dass nach der Tiroler Bauordnung (TBO) die Errichtung einer Pkw-Garage im Abstandsbereich von innerhalb 4 m möglich sei, jedoch dürfe die maximale mittlere Wandhöhe, gemessen vom anschließenden Gelände, 2,80 m nicht überschreiten. Dies sei nach dem Einreichplan, in dem auch die Geländehöhen angegeben seien, mit einer mittleren Wandhöhe von 2,775 m eingehalten. Der Nachweis, dass nicht mehr als die Hälfte der gemeinsamen Grundgrenze verbaut sei, ergebe sich aus Folgendem: Die gemeinsame Grundstückslänge betrage nach dem Lageplan 27,57 m, die Hälfte davon seien 13,79 m. Tatsächlich seien nach dem Lageplan 13,60 m verbaut. Diese Länge sei dadurch erzielt worden, dass im Bereich der anschließenden bestehenden Garage die Außenwand auf eine Länge von 1,50 m zurückversetzt werde, sodass der 4,0 m Abstand eingehalten werde. In Bezug auf die Einwendung der Beschwerdeführerin werde festgehalten, dass über den Grenzverlauf bereits eine privatrechtliche Entscheidung - gerichtlich - herbeigeführt worden sei. Aus diesem Grund sei die Grundgrenze für die Baubehörde nicht strittig. Zudem habe die Behörde bei Überprüfung des zur Errichtung einer Einfriedungsmauer an der Grundgrenze vorliegenden Lageplanes mit der näher genannten Zahl des Dipl. Ing. B. vom 29. Juni 1999 (Baugesuch u.a. der Beschwerdeführerin) mit dem nunmehr vorliegenden Lageplan vom Vermessungsbüro Dipl. Ing. M. Übereinstimmung betreffend den Grenzverlauf feststellen können. Es sei daher von einem unstrittigen Grenzverlauf auszugehen.

In der dagegen erhobenen Berufung vom 26. Februar 2010 erklärte die Beschwerdeführerin neuerlich, dass die gemeinsame Grundgrenze in dem vorgelegten Lageplan nicht stimme. Außerdem bestehe sie darauf, dass der Abstand von 4 m eingehalten werde (zwischen dem Neubau und der gemeinsamen Grundgrenze).

Die Berufungsbehörde beauftragte in der Folge das Vermessungsbüro Dipl. Ing. M. P. und Dipl. Ing. P. S. mit der Grenzfeststellung des Grenzverlaufes zwischen dem Baugrundstück und dem nördlich gelegenen Grundstück der Beschwerdeführerin. In der von diesen Sachverständigen erstatteten Stellungnahme wurde gestützt auf die digitale Katastralmappe (DKM) und den Anmeldungsbogen VHW. 3/88 die im Lageplan des verfahrensgegenständlichen Bauansuchens dargestellte Grenze zwischen dem Baugrundstück und dem Grundstück der Beschwerdeführerin als Verbindung der eingangs genannten Grenzpunkte als richtig angesehen. Dieser Grenzfeststellung ist ein Protokoll des Dipl. Ing. J.E. vom 20. März 1987 über die Abgabe von Zustimmungserklärungen betreffend den verfahrensgegenständlichen Grenzverlauf durch die Grenzpunkte 6290 und 6291 angeschlossen, nach dem für das Nachbargrundstück allein K.M. dem dargestellten Grenzverlauf zugestimmt hat.

Der Gemeindevorstand der mitbeteiligten Gemeinde wies mit Bescheid vom 28. April 2010 die angeführte Berufung der Beschwerdeführerin als unbegründet ab. Er führte dazu im Wesentlichen aus, dass der zur Errichtung der Einfriedungsmauer an der Grundgrenze vorgelegte Lageplan mit der näher angeführten Geschäftszahl des Dipl. Ing. B. vom 29. Juni 1999 (Baugesuch u. a. der Beschwerdeführerin) mit dem nunmehr vorliegenden Lageplan des Vermessungsbüros Dipl. Ing. M. übereinstimme und deshalb von einem unstrittigen Grenzverlauf ausgegangen werden könne. Weiters sei das Vermessungsbüro Dipl. Ing. M. P. und Dipl. Ing. P. S. mit der Grenzfeststellung beauftragt worden. Darüber liege die näher bezeichnete Vermessungsurkunde vor, aus der sich Folgendes ergebe:

Die gegenständliche Grenze zwischen den beiden angeführten Grundstücken sei nach amtlicher digitaler Katastralmappe (DKM) durch die beiden Grenzpunkte 6290 und 6291 festgelegt. Nach der Abfrage aus der Koordinatenbank des Bundesamtes für Eich- und Vermessungswesen (BEV) seien diese Grenzpunkte mit dem Anmeldungsbogen VHW. 3/88 entstanden. Zu dem Plan VHW. 3/88 gebe es auch eine Zustimmungserklärung zu den Grenzen, die sowohl vom Erstmitbeteiligten als auch von K.M. (der damals Alleineigentümer der Nachbarparzelle Nr. 17/2 gewesen sei) unterfertigt sei. Die gegenständliche Grenze sei somit rechtsverbindlich fixiert. Im Lageplan für das Bauansuchen gemäß § 23 TBO 2001 des Dipl. Ing. M. vom 7. Dezember 2009 (mit näherer Geschäftszahl) sei diese Grenze richtig dargestellt.

Die belangte Behörde wies die dagegen erhobene Vorstellung der Beschwerdeführerin mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet ab. Sie führte dazu im Wesentlichen aus, dass die Beschwerdeführerin im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 1. Februar 2010 mit ihrem Vorbringen, dass die Grundgrenze zwischen dem Baugrundstück und dem nördlichen Grundstück, das u. a. der Beschwerdeführerin gehöre, nicht stimme und der Auf- bzw. Neubau daher nicht anerkannt werde, keine Verletzung eines der im § 25 Abs. 3 TBO 2001 normierten subjektiv-öffentlichen Nachbarrechte geltend gemacht habe. Damit habe die Beschwerdeführerin ihre Parteistellung verloren und wäre die eingebrachte Berufung als unzulässig zurückzuweisen gewesen. Werde eine Berufung - wie im vorliegenden Fall - abgewiesen statt als unzulässig zurückgewiesen, so werde die Beschwerdeführerin dadurch nicht schlechter gestellt als durch deren Zurückweisung und könne sie folglich durch die Abweisung in ihren Rechten tatsächlich nicht verletzt worden sein (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 19. September 1994, Zl. 94/07/0126 u.a.).

Daraus, dass die Beschwerdeführerin in der Berufung erstmals auf die Einhaltung der 4 m Abstandsbestimmung bestanden habe, sei in diesem Zusammenhang nichts zu gewinnen. Dies umso mehr, da die vorliegende Garage im Abstandsbereich gemäß § 6 Abs. 3 lit. a TBO 2001 zulässig wäre.

Nur der Vollständigkeit halber werde darauf hingewiesen, dass die Frage eines Grenzverlaufes im Zusammenhang mit dem anhängigen Bauverfahren als Vorfrage im Sinne des § 38 AVG zu qualifizieren sei. Die Berufungsbehörde habe weitere Ermittlungen zum Grenzverlauf getätigt und eine Stellungnahme von dem angeführten Vermessungsbüro eingeholt. Aus den beigebrachten Unterlagen ergebe sich, dass das Baugrundstück und das nördliche Nachbargrundstück mit dem näher bezeichneten Plan vom 2. Juni 1989 vermessen, verhandelt, von den Grundeigentümern unterschrieben und in den Grenzkataster eingetragen worden sei. Damit seien die Grenzen gemäß § 8 VermG als verbindlich anzusehen.

In der dagegen erhobenen Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift samt Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im vorliegenden Beschwerdefall ist die Tiroler Bauordnung 2001 (TBO 2001), LGBl. Nr. 94, idF LGBl. Nr. 40/2009 anzuwenden.

Gemäß § 21 Abs. 2 lit. a) TBO 2001 ist einem Bauansuchen über Neu- und Zubauten, wenn der Bauwerber nicht der Grundeigentümer bzw. Bauberechtigter ist, die Zustimmungserklärung des Grundeigentümers bzw. des Bauberechtigten anzuschließen.

Gemäß § 25 Abs. 3 TBO 2001 sind Nachbarn, deren Grundstücke unmittelbar an den Bauplatz angrenzen oder deren Grenzen zumindest in einem Punkt innerhalb eines Abstandes von 5 m zu einem Punkt der Bauplatzgrenze liegen, berechtigt, die Nichteinhaltung u. a. folgender bau- und raumordnungsrechtlicher Vorschriften geltend zu machen, soweit diese auch ihrem Schutz dienen:

"d) der Abstandsbestimmungen des § 6".

Gemäß § 6 Abs. 1 TBO 2001 muss, sofern nicht auf Grund der in einem Bebauungsplan festgelegten geschlossenen oder besonderen Bauweise oder auf Grund von darin festgelegten Baugrenzlinien zusammenzubauen bzw. ein anderer Abstand einzuhalten ist, jeder Punkt auf der Außenhaut von baulichen Anlagen gegenüber den Grenzen des Bauplatzes zu den angrenzenden Grundstücken mindestens einen horizontalten Abstand aufweisen, der gemäß lit. b) dieser Bestimmung im übrigen Bauland (gemeint zu Gewerbe- und Industriegebiet, Kerngebiet und Sonderflächen nach den §§ 43 bis 47 und 50 Tir. RaumordnungsG 2006) das 0,6fache des lotrechten Abstandes zwischen dem betreffenden Punkt und dem Geländeniveau darunter, jedenfalls aber 4 m beträgt.

Gemäß Abs. 3 dieser Bestimmung dürfen bauliche Anlagen oder Bauteile in die Mindestabstandsflächen von 3 m bzw. 4 m ragen oder innerhalb dieser errichtet werden:

"a) oberirdische bauliche Anlagen, die ausschließlich dem Schutz von Sachen oder Tieren dienen und deren mittlere Wandhöhe bzw. Höhe auf der der Grundstücksgrenze zugekehrten Seite 2,8 m, im Gewerbe- und Industriegebiet 3,5 m, nicht übersteigt, wenn sie in den Mindestabstandsflächen keine Rauchfang-, Abgasfang- oder Abluftfangmündungen aufweisen, einschließlich der Zufahrten; … ."

Gemäß Abs. 6 dieser Bestimmung dürfen die Mindestabstandsflächen von 3 m bzw. 4 m insgesamt nur im Ausmaß von höchstens 15 v.H. der Fläche des Bauplatzes mit oberirdischen baulichen Anlagen im Sinne des Abs. 2 lit. a und Abs. 3 verbaut werden. Dabei bleiben bauliche Anlagen nach Abs. 3 lit. c und d sowie Pflasterungen und dergleichen unberücksichtigt. Oberirdische bauliche Anlagen nach Abs. 3 lit. a und b dürfen überdies nur in einem solchen Ausmaß errichtet werden, dass gegenüber den angrenzenden Grundstücken zu jeder Seite hin mindestens die Hälfte der gemeinsamen Grenze von baulichen Anlagen frei bleibt, außer der betroffene Nachbar stimmt einer weitergehenden Verbauung nachweislich zu.

Gemäß § 41 Abs. 2 zweiter Satz AVG hat die Verständigung (Kundmachung) über die Anberaumung der Verhandlung die für Ladungen vorgeschriebenen Angaben einschließlich des Hinweises auf die gemäß § 42 AVG eintretenden Folgen zu enthalten.

Der am 1. Jänner 2008 in Kraft getretene § 42 Abs. 1 AVG i. d.F. BGBl. I Nr. 5/2008 sieht vor, dass, wenn eine mündliche Verhandlung gemäß § 41 Abs. 1 zweiter Satz AVG und in einer in den Verwaltungsvorschriften vorgesehenen besonderen Form kundgemacht wurde, dies zur Folge hat, dass eine Person ihre Stellung als Partei verliert, "soweit" sie nicht spätestens am Tag vor Beginn der Verhandlung während der Amtsstunden bei der Behörde oder während der Verhandlung Einwendungen erhebt.

Gemäß Abs. 2 dieser Bestimmung erstreckt sich die in Abs. 1 bezeichnete Rechtsfolge nur auf jene Beteiligten, die rechtzeitig die Verständigung von der Anberaumung der Verhandlung erhalten haben, wenn eine mündliche Verhandlung nicht gemäß Abs. 1 kundgemacht wurde.

Nach § 42 Abs. 1 AVG in der davor geltenden Fassung BGBl. I 10/2004 war der Verlust der Parteistellung dann vorgesehen, "wenn" nicht spätestens in den näher genannten Zeiträumen von einer Partei Einwendungen erhoben wurden.

Die Beschwerdeführerin wendet sich zunächst dagegen, dass sie nach Ansicht der belangten Behörde ihre Parteistellung im vorliegenden Baubewilligungsverfahren verloren habe. Sie habe in der Verhandlung darauf hingewiesen, dass die Grundgrenzen nicht richtig seien. Das geplante Bauwerk solle direkt an der Grundgrenze gebaut werden. Es würde das Bauwerk in Wahrheit auf Grund der falschen Grenzziehung über die Grenze hinaus auf das Grundstück der Beschwerdeführerin gebaut werden. Damit habe die Beschwerdeführerin aber eine Verletzung in einem Recht gemäß § 25 Abs. 3 lit. c und d TBO 2001 geltend gemacht. Zum einen werde der notwendige Abstand zum Grundstück der Beschwerdeführerin nicht eingehalten, zum anderen aber würden die Grenzlinien verletzt.

Die Beschwerdeführerin rügt zu Recht, dass die belangte Behörde den Verlust ihrer Parteistellung im verfahrensgegenständlichen Baubewilligungsverfahren angenommen hat. Dies ergibt sich schon daraus, dass in der Kundmachung der mündlichen Verhandlung, von der die Beschwerdeführerin persönlich verständigt wurde, kein entsprechender Hinweis auf die Rechtsfolgen im Sinne des § 42 Abs. 1 AVG i.d.F.

BGBl. I Nr. 5/2008 erfolgt ist. Für den Eintritt der Rechtsfolgen gemäß § 42 Abs. 1 AVG ist der dem Gesetz entsprechende Hinweis auf diese Rechtsfolgen gemäß § 41 Abs. 2 AVG in der Kundmachung bzw. Verständigung über die Verhandlung von essentieller Bedeutung (vgl. dazu u.a. das hg. Erkenntnis vom 3. April 2003, Zl. 2002/05/0937). Nach § 42 Abs. 1 AVG in der genannten Fassung verliert eine Partei ihre Parteistellung, "soweit" sie nicht in der näher angeführten Weise rechtzeitig Einwendungen erhebt. Demgegenüber hat die erstinstanzliche Behörde der Beschwerdeführerin den Verlust der Parteistellung dem Sinne nach so angekündigt, "wenn" sie nicht spätestens in der näher angeführten Weise Einwendungen erhebt. Nach der nunmehr geltenden und im Beschwerdefall heranzuziehenden Regelung des § 42 Abs. 1 AVG mit "soweit" bleibt die Parteistellung nur im Umfang der rechtzeitig erhobenen Einwendungen erhalten, während der Rechtsfolgenhinweis gemäß § 42 Abs. 1 AVG i.d.F. BGBl. I Nr. 10/2004 ("wenn") bewirkt hat, dass die Parteistellung insgesamt erhalten bleibt, wenn nur ein Nachbarrecht rechtzeitig geltend gemacht wurde (vgl. das hg. Erkenntnis vom 31. Jänner 2008, Zl. 2007/06/0203).

Da die Beschwerdeführerin ihre Parteistellung im vorliegenden Baubewilligungsverfahren im Hinblick auf den nicht zutreffenden Rechtsfolgenhinweis gemäß § 42 Abs. 1 AVG in der Verständigung über die mündliche Verhandlung nicht verloren hat, konnte sie auch aus Anlass der Berufung Nachbarrechte geltend machen. In diesem Sinne hat die Beschwerdeführerin auch in der Berufung die Einhaltung der Abstandsbestimmung gemäß § 6 Abs. 1 TBO 2001 (von 4 m) verlangt.

Da die Gemeindebehörden nicht vom Verlust der Parteistellung der Beschwerdeführerin ausgegangen sind, stellt diese unzutreffende Annahme der belangten Behörde keine Rechtsverletzung der Beschwerdeführerin dar, wenn die Behörden die Einwendungen der Beschwerdeführerin zu Recht als unbegründet abgewiesen haben. Schon die erstinstanzliche Behörde hat sich damit auseinandergesetzt, dass bestimmte oberirdische bauliche Anlagen gemäß § 6 Abs. 3 lit. a TBO 2001 in der Mindestabstandsfläche von u. a. 4 m errichtet werden dürfen. Im Sinne dieser Regelung hält das verfahrensgegenständliche Garagengebäude die in dieser Bestimmung vorgeschriebene Wandhöhe von 2,80 m ein, ein Garagengebäude ist überdies eine oberirdische bauliche Anlage, die ausschließlich dem Schutz von Sachen dient. Dieses Gebäude (einschließlich bestehender bewilligter Bauten) lässt überdies gemäß § 6 Abs. 6 dritter Satz TBO 001 mehr als die Hälfte der gemeinsamen Grundgrenze frei.

Wenn die Beschwerdeführerin nunmehr erstmals in der Beschwerde auch auf das im § 6 Abs. 6 erster Satz TBO 2001 aufgestellte Kriterium für u.a. bauliche Anlagen gemäß Abs. 3 dieser Bestimmung verweist, dass höchstens 15 % der Fläche des Bauplatzes mit einer solchen baulichen Anlage verbaut werden darf, ist ihr das aus § 41 Abs. 1 VwGG abgeleitete Neuerungsverbot entgegenzuhalten. Im Übrigen kann dazu aus dem vorliegenden Lageplan abgeleitet werden, dass auch dieses Erfordernis von dem verfahrensgegenständlichen Bauvorhaben (unter Berücksichtigung des sich daran anschließenden Garagengebäudes) eingehalten wird. So weist die Erweiterung der Garage 33,80 m2 aus (davon liegt etwas mehr als die Hälfte im 4 m - Abstandsbereich), weitere ca. 2 m2 der bestehenden Garage befinden sich gleichfalls im Mindestabstandsbereich. Im Hinblick auf die gegebene Bauplatzgröße von 664 m2 stellen 35 m2 (selbst wenn man also von der gesamten Fläche der Erweiterung ausgeht) im Mindestabstand jedenfalls weniger als 15 % der Fläche des Bauplatzes dar.

Weiters macht die Beschwerdeführerin geltend, dass die Vorfrage über die strittige Grenze von der belangten Behörde nicht ausreichend beantwortet worden sei. Es sei zwar eine Stellungnahme des näher angeführten Vermessungsbüros eingeholt worden. Die Beschwerdeführerin habe aber dargelegt, dass sie als Eigentümerin nicht die Zustimmung zur einvernehmlichen Änderung der Grenzziehung zwischen dem Baugrundstück und dem nördlichen Nachbargrundstück gegeben habe. Die fragliche Zustimmungserklärung sei von ihr im Jahre 1987 nicht unterfertigt worden, sie sei damals schon Miteigentümerin an diesem Grundstück gewesen. Sie habe dem Grenzverlauf sohin nicht zugestimmt. Es hätte ein Grundbuchsauszug angefertigt und allenfalls Nachforschungen im Grundbuch gemacht werden müssen.

Dazu ist zunächst festzustellen, dass der Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang nur dann im Zusammenhalt mit § 21 Abs. 2 lit. a TBO 2001 (Erfordernis der Zustimmung des Eigentümers des Bauplatzes bei Neu- und Zubauten) ein Mitspracherecht im vorliegenden Bauverfahren zukäme, wenn das in Frage stehende Bauvorhaben zum Teil auf ihrem Grundstück vorgesehen wäre. Gerade das wurde von der Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren nie behauptet. Wenn sie dies nunmehr in der vorliegenden Beschwerde ins Treffen führt, handelt es sich dabei um ein neues Vorbringen im verwaltungsgerichtlichen Verfahren, das in diesem keine Berücksichtigung mehr finden kann. Sie erstattet auch in der Beschwerde keinerlei Vorbringen dahingehend, dass die ihrer Ansicht nach richtige Grenze in einem Abstand von mehr als 0,54 m bzw. 0,77 m von der angenommenen Grundgrenze verlaufen würde. Nur in einem solchen Falle käme die nunmehr behauptete Grundinanspruchnahme in Frage. Sie hat vielmehr im vorliegenden Bauverfahren die im eingereichten Lageplan ausgewiesene Grundgrenze zu ihrem Grundstück hin bekämpft. Sie hat auch im Zusammenhang mit der Abstandsverletzung nicht geltend gemacht, dass der von ihr als richtig angesehene Grenzverlauf in Bezug auf die Kriterien des § 6 Abs. 6 TBO 2001 von maßgeblicher Bedeutung wäre.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008. Wien, am 7. Dezember 2011

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