VwGH 2009/07/0164

VwGH2009/07/016415.9.2011

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofräte Dr. Hinterwirth, Dr. Enzenhofer, Dr. Sulzbacher und Dr. N. Bachler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pühringer, über die Beschwerden der G S in O, vertreten durch Rechtsanwälte Steflitsch OEG in 7400 Oberwart, Hauptplatz 14, gegen die Bescheide des Landesagrarsenates beim Amt der Burgenländischen Landesregierung vom 1.) 2. Dezember 2008, Zl. LAS-L108/3-2008, 2.) 5. März 2009, Zl. LAS-L112/2-2009, jeweils betreffend Zusammenlegungsverfahren O II-Nord, zu Recht erkannt:

Normen

ABGB §354;
AVG §56;
AVG §68 Abs1;
B-VG Art131 Abs1 Z1;
B-VG Art139 Abs1;
FlVfGG §1 Abs3;
FlVfGG §10 Abs1;
FlVfGG §10;
FlVfGG §2 Abs3;
FlVfGG §2;
FlVfGG §4 Abs1;
FlVfGG §4 Abs8;
FlVfGG §4;
FlVfLG Bgld 1970 §1 Abs3;
FlVfLG Bgld 1970 §17 Abs2;
FlVfLG Bgld 1970 §17 Abs4;
FlVfLG Bgld 1970 §2 Abs2 litb;
FlVfLG Bgld 1970 §2 Abs2;
FlVfLG Bgld 1970 §20 Abs7;
FlVfLG Bgld 1970 §20;
FlVfLG Bgld 1970 §3 Abs1;
FlVfLG Bgld 1970 §4 Abs1;
FlVfLG Bgld 1970 §4 Abs2;
FlVfLG NÖ 1975 §18 idF 6650-2;
FlVfLG NÖ 1975 §4 Abs2 idF 6650-2;
FlVfLG OÖ 1979 §1 Abs1;
FlVfLG OÖ 1979 §23;
FlVfLG OÖ 1979 §4 Abs2;
VwRallg;
ABGB §354;
AVG §56;
AVG §68 Abs1;
B-VG Art131 Abs1 Z1;
B-VG Art139 Abs1;
FlVfGG §1 Abs3;
FlVfGG §10 Abs1;
FlVfGG §10;
FlVfGG §2 Abs3;
FlVfGG §2;
FlVfGG §4 Abs1;
FlVfGG §4 Abs8;
FlVfGG §4;
FlVfLG Bgld 1970 §1 Abs3;
FlVfLG Bgld 1970 §17 Abs2;
FlVfLG Bgld 1970 §17 Abs4;
FlVfLG Bgld 1970 §2 Abs2 litb;
FlVfLG Bgld 1970 §2 Abs2;
FlVfLG Bgld 1970 §20 Abs7;
FlVfLG Bgld 1970 §20;
FlVfLG Bgld 1970 §3 Abs1;
FlVfLG Bgld 1970 §4 Abs1;
FlVfLG Bgld 1970 §4 Abs2;
FlVfLG NÖ 1975 §18 idF 6650-2;
FlVfLG NÖ 1975 §4 Abs2 idF 6650-2;
FlVfLG OÖ 1979 §1 Abs1;
FlVfLG OÖ 1979 §23;
FlVfLG OÖ 1979 §4 Abs2;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Burgenland Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

Die Beschwerdeführerin ist Eigentümerin des Grundstücks Nr. 21745, KG O.

Das Amt der Burgenländischen Landesregierung als Agrarbehörde erster Instanz (AB) leitete mit Verordnung vom 27. August 2007, kundgemacht im Landesamtsblatt für das Burgenland vom 7. September 2007,

36. Stück, das Zusammenlegungsverfahren "O II - Nord" ein. Das Grundstück der Beschwerdeführerin wurde in das Verfahren mit einbezogen.

1. Zum Verfahrensverlauf hinsichtlich des erstangefochtenen Bescheides:

Mit Schreiben vom 7. November 2007 stellte die Beschwerdeführerin einen Antrag auf Ausscheidung ihres Grundstückes aus dem Zusammenlegungsverfahren.

Mit Schreiben der AB vom 12. November 2007 an die Beschwerdeführerin wurde dieser mitgeteilt, dass die AB mit der Entscheidung über diesen Antrag vorläufig zuwarten wolle, weil das Zusammenlegungsverfahren unter Umständen gemäß § 5 Abs. 1 des Burgenländischen Flurverfassungs-Landesgesetzes (in weiterer Folge: FLG) ausgesetzt oder ganz eingestellt werden könnte.

Mit Schreiben vom 14. Mai 2008 stellte die Beschwerdeführerin an den Landesagrarsenat beim Amt der Burgenländischen Landesregierung (in weiterer Folge: LAS) einen Devolutionsantrag, da die AB binnen mehr als sechs Monaten noch nicht entschieden und somit ihre Entscheidungspflicht verletzt hätte.

Mit Verordnung der AB vom 27. Mai 2008, veröffentlicht im Landesamtsblatt für das Burgenland vom 13. Juni 2008, 24. Stück, mit dem Titel "O II - Nord, Einleitung eines Zusammenlegungsverfahrens, Erweiterung", wurde das Verfahren zur Zusammenlegung landwirtschaftlicher Grundstücke (neuerlich) eingeleitet und dabei - neben den bereits von der ersten Verordnung erfassten, neuerlich genannten Grundstücken - weitere Grundstücke im Gebiet "J-Berg" in das Verfahren einbezogen.

Punkt 7. der Verordnung lautete:

"7. Mit Inkrafttreten dieser Verordnung tritt die Verordnung des Amtes der Burgenländischen Landesregierung als Agrarbehörde I. Instanz vom 27. August 2007, Zahl: 4a-A-314/2-2007, mit der das Verfahren zur Zusammenlegung landwirtschaftlicher Grundstücke in den Katastralgemeinden O, R und U eingeleitet wird, außer Kraft."

Mit Schreiben vom 16. Juni 2008 an den LAS urgierte die Beschwerdeführerin eine Entscheidung über den Devolutionsantrag.

Am 4. September 2008 führte der LAS eine mündliche Verhandlung durch, bei der für die Beschwerdeführerin trotz Ladung niemand erschien.

Mit Schreiben vom 21. November 2008 stellte die Beschwerdeführerin einen Devolutionsantrag an den Obersten Agrarsenat, welcher diesen Antrag mit Bescheid vom 11. März 2009 als unzulässig zurückwies.

Mit einer Säumnisbeschwerde vom 21. November 2008 hatte sich die Beschwerdeführerin an den Verwaltungsgerichtshof gewandt, welcher nach Bescheidnachholung durch die säumige Behörde mit Beschluss vom 29. Jänner 2009, 2008/07/0213, das Verfahren einstellte.

Mit diesem zwischenzeitig erlassenen Bescheid der belangten Behörde vom 2. Dezember 2008 wurde dem Devolutionsantrag der Beschwerdeführerin stattgegeben und der Ausscheidungsantrag als unzulässig zurückgewiesen.

Begründend führte die belangte Behörde hinsichtlich des Devolutionsantrages zunächst aus, dass die sechsmonatige Entscheidungsfrist bei Einbringung des Devolutionsantrages zweifelsohne bereits abgelaufen gewesen sei. Ein überwiegendes Verschulden der Behörde bei der Verzögerung der Entscheidung könne nicht ausgeschlossen werden, da eine Entscheidung binnen sechs Monaten durchaus möglich gewesen sei. Somit sei die Zuständigkeit für eine Sachentscheidung gegeben.

Da aber zum Zeitpunkt des Überganges der Entscheidungspflicht auf die belangte Behörde die Verordnung vom 27. August 2007 durch die Verordnung vom 27. Mai 2008 ersatzlos außer Kraft gesetzt worden sei, sei die Rechtsgrundlage zur Entscheidung über den dem Verfahren zugrunde gelegten Ausscheidungsantrag entfallen. Da auf anhängige Verfahren das im Zeitpunkt der Erlassung eines Bescheides geltende Recht anzuwenden sei, sei spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der ihre Behandlung mit Beschluss vom 22. September 2009, B 2003/08-9, ablehnte und sie mit Beschluss vom 6. November 2009, B 2003/08-11, dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

Insofern mit dem Beschwerdevorbringen die Rechtswidrigkeit der den angefochtenen Bescheid tragenden Rechtsvorschriften behauptet werde, lasse ihr Vorbringen - so der Verfassungsgerichtshof im erstgenannten Beschluss - vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (vgl. VfSlg. 7808/1976) und im Hinblick darauf, dass das Grundstück der Beschwerdeführerin bereits von der (ersten) Verordnung betreffend das Zusammenlegungsverfahren O II-Nord vom 27. August 2007 erfasst worden sei, die behauptete Rechtsverletzung, die Verletzung eines anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts oder die Verletzung in einem sonstigen Recht wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung als so wenig wahrscheinlich erkennen, dass sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg habe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die zu Zl. 2009/07/0164 protokollierte, im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ergänzte Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.

2. Zum Verfahrensverlauf hinsichtlich des zweitangefochtenen Bescheides:

Die Beschwerdeführerin stellte mit Schreiben vom 16. Juni 2008 einen Antrag auf Ausscheidung ihres Grundstückes aus dem Zusammenlegungsverfahren, welches mit der Verordnung vom 27. Mai 2008 eingeleitet worden war. Begründend führte sie dazu aus, dass ihr Grundstück als Bauland gemäß § 14 Abs. 2 des Burgenländischen Raumplanungsgesetzes (in weiterer Folge: Bgld RPlG) ausgewiesen sei, wobei das Grundstück von zahlreichen weiteren Grundstücken mit derselben Widmung umgeben sei, die auch in das Verfahren einbezogen worden seien. Dies sei aber weder notwendig noch zweckmäßig im Sinne des § 1 Abs. 1 FLG, weil das Grundstück der Beschwerdeführerin wie auch die benachbarten Grundstücke ohnedies vor wenigen Jahren aus einem solchen Verfahren hervorgegangen seien. Eine Einbeziehung von Bauland in ein agrarbehördliches Verfahren sei darüber hinaus unzulässig.

Ein Sachverständiger des Hauptreferates Agrartechnik bei der Abteilung 4b (Güterwege, Agrar- und Forsttechnik) beim Amt der Burgenländischen Landesregierung gab mit 19. August 2008 eine fachkundige Stellungnahme zur Einbeziehung des Grundstückes der Beschwerdeführerin in das Zusammenlegungsverfahren ab. Dieses sei gemäß § 12 Abs. 5 FLG ein Grundstück besonderen Wertes. Es weise keine Randlage im Zusammenlegungsgebiet auf. Viele der angrenzenden, ebenso als Aufschließungsgebiet - Betriebsgebiet gewidmete Grundstücke seien bedingt durch ihre Konfiguration nicht für eine entsprechende Nutzung geeignet. Der Flächenwidmungsplan solle in den nächsten Monaten überarbeitet werden. Eine entsprechende Umlegung und Erschließung des Gebietes solle gemäß § 16 Abs. 2 FLG erfolgen. Eine Ausscheidung des Grundstückes der Beschwerdeführerin aus dem Zusammenlegungsverfahren "würde das Erreichen dieser Ziele beeinträchtigen".

Mit Äußerung vom 27. August 2008 führte die Beschwerdeführerin aus, dass die Einschätzung ihres Grundstückes gemäß § 12 Abs. 5 FLG ebenso wie der Hinweis auf die bevorstehende Überarbeitung des Flächenwidmungsplanes irrelevant seien. Die Fachabteilung verkenne in ihrer Stellungnahme, dass es sich beim Grundstück der Beschwerdeführerin um Bauland handle und dieses nicht nach dem FLG in ein Zusammenlegungsverfahren einzubeziehen sei. Da dies denkunmöglich sei, sei die Ausscheidung des Grundstücks nicht geeignet, Ziele des gegenständlichen Zusammenlegungsverfahrens zu beeinträchtigen.

Mit Bescheid vom 9. September 2008 gab die AB dem Antrag der Beschwerdeführerin gemäß § 4 Abs. 2 FLG nicht statt. Nach Anführung der relevanten Rechtsvorschriften zählte die AB die Ziele des gegenständlichen Zusammenlegungsverfahrens wie folgt auf:

" - die Neueinteilung und Erschließung des land- und forstwirtschaftlichen Grundbesitzes

Der Verwaltungsgerichtshof hat beschlossen, die Beschwerden wegen ihres sachlichen, rechtlichen und persönlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung zu verbinden und hat hierüber erwogen:

1. Zum erstangefochtenen Bescheid:

Hinsichtlich des erstangefochtenen Bescheides bringt die Beschwerdeführerin vor, dass die nachträgliche Einbeziehung weiterer Grundstücke in das Zusammenlegungsverfahren nicht mit Verordnung, sondern gemäß § 4 FLG bzw. § 2 Abs. 3 Flurverfassungs-Grundsatzgesetz 1951 (FGG) mit Bescheid zu erfolgen gehabt hätte. Die (zweite) Verordnung vom 27. Mai 2008 verstoße somit gegen die diesbezüglichen gesetzlichen Regelungen sowohl im Grundsatz- als auch im Landes-Ausführungsgesetz und wäre deshalb insoweit vom Verfassungsgerichtshof als verfassungswidrig aufzuheben. Dies führe dazu, dass die Aufhebung der ersten Verordnung durch die zweite hinfällig und somit über den Ausscheidungsantrag vom 7. November 2007 in der Sache zu entscheiden gewesen wäre.

Dieses Vorbringen deckt sich im Wesentlichen mit dem Vorbringen der Beschwerdeführerin in ihrer gegen den erstangefochtenen Bescheid gerichteten Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof.

Die Einleitung des Zusammenlegungsverfahrens beruht auf der eine generell-abstrakte Norm bildenden Einleitungsverordnung, deren Gesetzmäßigkeit nur vom Verfassungsgerichtshof überprüft werden kann (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 16. Dezember 1999, 99/07/0142, m.w.N.). Dieser griff aber bereits in seinem (oben wiedergegebenen) Beschluss vom 22. September 2009, B 2003/08, die von der Beschwerdeführerin geäußerten Bedenken gegen die Gesetzmäßigkeit der (zweiten) Verordnung nicht auf; beim Verwaltungsgerichtshof sind seinerseits keine Bedenken in diese Richtung entstanden.

Die Beschwerde gegen den erstangefochtenen Bescheid enthält kein weiteres Vorbringen, womit eine Rechtsverletzung der Beschwerdeführerin durch diesen Bescheid behauptet wird.

Die Beschwerde gegen den erstangefochtenen Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

2. Zum zweitangefochtenen Bescheid:

2.1. Die Beschwerdeführerin bringt vor, mit der "Einstellung" des ursprünglichen Zusammenlegungsverfahrens sei hinsichtlich der dort einbezogenen Grundstücke, also auch des Grundstückes der Beschwerdeführerin, "res iudicata" bewirkt worden, sodass der späteren Einleitungsverordnung vom 27. Mai 2008 der Grundsatz "ne bis in idem" entgegenstehe.

Dieses Vorbringen übersieht, dass Verordnungen grundsätzlich nicht rechtskräftig (bestandskräftig) in dem bei Bescheiden geläufigen Sinn werden. Wenn sich die verordnungserlassende Behörde zu einer Änderung oder Aufhebung einer Verordnung veranlasst sieht, so steht ihr das grundsätzlich jederzeit frei (vgl. dazu Raschauer, Allgemeines Verwaltungsrecht2, Rz 837). Der Grundsatz der Beachtlichkeit von "res iudicata" bzw. des Gebotes "ne bis in idem" bezieht sich allein auf Bescheide.

Die Beschwerdeführerin übersieht, dass dann, wenn die zweite Verordnung nicht erlassen worden wäre, die erste Verordnung weiterhin in Kraft stünde. Auch mit dieser Verordnung war das Grundstück der Beschwerdeführerin aber ins Zusammenlegungsverfahren einbezogen worden. Die von der AB gewählte Vorgangsweise der Erlassung von zwei Verordnungen hatte auf die Einbeziehung des Grundstückes der Beschwerdeführerin ins Zusammenlegungsverfahren daher keinen Einfluss.

2.2.1. Die Grundzusammenlegung, so die Beschwerdeführerin weiter, habe die Neueinteilung und Erschließung des land- und forstwirtschaftlichen Grundbesitzes gemäß § 1 Abs. 1 FLG im Auge, das gegenständliche Grundstück wie auch zahlreiche angrenzende Grundstücke seien aber als Bauland gewidmet. Die belangte Behörde hätte den Anteil von nicht land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken und deren konkrete Lage im Zusammenlegungsgebiet eruieren müssen, weil das Ergebnis solcher Erhebungen Aufschlüsse darüber gebe, ob das "notwendige Ausmaß" gemäß § 20 Abs. 7 FLG erreicht oder überschritten worden sei. Das Unterlassen jeglicher Erhebungen stelle einen wesentlichen Verfahrensmangel dar.

Die Miteinbeziehung von Bauland sei außerdem ohnehin, abgesehen von den restriktiv zu behandelnden Fällen des § 20 Abs. 7 FLG, unzulässig und verstoße gegen das Grundrecht auf Unverletzlichkeit des Eigentums. Strukturmängel von Bauland seien nach den Bestimmungen des Bgld. RPlG zu beseitigen. Die Beschwerdeführerin habe ihre Zustimmung nach § 20 Abs. 7 FLG nicht erteilt, sodass die Notwendigkeit der Miteinbeziehung ihres Grundstückes nach dem 3. Satz dieser Bestimmung zu beurteilen sei. Die belangte Behörde sei zur Auffassung gekommen, dass die Zielsetzungen des Hochwasserschutzes und der Schaffung eines Weges durch die Ausscheidung beeinträchtigt bzw. erschwert würden. Die Zielsetzungen zu erreichen, werde dadurch aber nicht unmöglich. Notwendigkeit sei stets ein zwingendes, unabdingbares Erfordernis. Die Einbeziehung des Grundstücks sei möglicherweise zweckmäßig, aber nicht zwingend unabdingbar und notwendig. Die Einbeziehung sei auch nicht sachlich erklärbar, da im Verfahren nur hervorgekommen sei, dass eine exakte Zuordnung der Verwendung bzw. Gestaltung des Grundstückes noch nicht möglich sei.

2.2.2. Die hier relevanten Bestimmungen des FLG haben folgenden Wortlaut:

"§ 2. (1) …

(2) Gegenstand der Zusammenlegung sind alle im Zusammenlegungsgebiet liegenden Grundstücke (einbezogene Grundstücke).

Diese gliedern sich in Grundstücke,

  1. a)
  2. b) die nur für gemeinsame Anlagen oder für Grenzänderungen in Anspruch genommen werden können (§ 20 Abs. 7).

§ 4. (1). …

(2) Aus dem Zusammenlegungsgebiet können Grundstücke mit Bescheid ausgeschieden werden, wenn es zur Erreichung der Verfahrensziele zweckmäßig ist.

§ 17. (1) Im Zusammenlegungsgebiet sind die Anlagen zu errichten, die zur zweckmäßigen Erschließung und Bewirtschaftung der Abfindungsgrundstücke notwendig sind oder sonst den Zweck der Zusammenlegung fördern und einer Mehrheit von Parteien dienen, wie Wege, Brücken, Gräben, Entwässerungs-, Bewässerung- und Bodenschutzanlagen sowie Flächen für Lebensräume von Nützlingen in der Landwirtschaft. Hiebei können - unbeschadet der Bestimmungen des § 88 Abs. 4 lit. c und d - Gemeindestraßen und -wege und, wenn allgemeine öffentliche Interessen nicht entgegenstehen, auch andere bauliche Anlagen und Objekte, die in die Vollziehung des Landes fallen, umgestaltet, umgelegt oder aufgelassen werden.

(2) …

(4) Grundstücke, die keine land- und forstwirtschaftlichen Grundstücke sind, und Hofstellen, können nach Maßgabe der Bestimmungen des § 20 Abs. 7 für die Herstellung gemeinsamer Anlagen in Anspruch genommen werden.

(5) ….

§ 20. (1) ….

(7) Grundstücke, die keine land- oder forstwirtschaftlichen Grundstücke sind, und Hofstellen können nur mit Zustimmung ihrer Eigentümer der Zusammenlegung unterzogen werden. Dienen Grundstücke Bergbauzwecken oder würden bestehende Bergbauberechtigungen (Nutzungsrechte) berührt werden, ist auch die Zustimmung des Bergbauberechtigten (Nutzungsberechtigten) erforderlich. Sofern öffentliche Interessen, wie zum Beispiel Belange der Landesverteidigung, der Bundes- und Landesstraßen, der Eisenbahnen, der Energieversorgung, des Bergbaues, der Luft- und Schifffahrt, der Forstwirtschaft oder der Wasserwirtschaft nicht entgegenstehen, können solche Grundstücke ohne Zustimmung ihrer Eigentümer im notwendigen Ausmaß für Grenzänderungen und für die Herstellung gemeinsamer Anlagen in Anspruch genommen werden. Sofern der Flächenverlust nicht durch Zuteilung einer Ersatzfläche ausgeglichen werden kann, ist eine Geldentschädigung in der Höhe des Verkehrswertes der in Anspruch genommenen Grundstücke zu gewähren. Ersatzfläche und Geldentschädigung treten hinsichtlich aller Rechtsbeziehungen zu dritten Personen an die Stelle der in Anspruch genommenen Flächen.

(8) …"

2.2.3. Soweit die Beschwerdeführerin einen Verstoß gegen das Grundrecht auf Unverletzlichkeit des Eigentums geltend macht, ist darauf hinzuweisen, dass die Tatsache, dass ein bestimmtes Grundstück in ein Zusammenlegungsverfahren einbezogen wird (mit der Einleitungsverordnung) und bleibt (aufgrund eines einen Ausscheidungsantrag abweisenden Bescheides), keine Verfügung über das Eigentum an diesem Grundstück bedeutet, dergestalt nämlich, dass es der betroffenen Partei entzogen wird. Derartige Regelungen sind späteren Verfahrensabschnitten vorbehalten und dann jeweils bekämpfbar (vgl. das hg. Erkenntnis vom 10. November 1992, 92/07/0131).

Eine Einbeziehung nicht land- und forstwirtschaftlicher Grundstücke, insbesondere auch von Grundstücken mit Baulandwidmung, in ein Zusammenlegungsverfahren ist nach dem FLG keinesfalls ausgeschlossen. Aus § 1 Abs. 3 FLG (= § 1 Abs. 3 FGG), § 2 Abs. 2 FLG sowie § 20 Abs. 7 FLG (= § 4 Abs. 8 FGG) ergibt sich, dass auch Hofstellen und nicht land- und forstwirtschaftliche Grundstücke (Bauland) ohne Zustimmung des Grundeigentümers in das Zusammenlegungsbzw. Flurbereinigungsverfahren einbezogen werden können (vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 12. Juni 1976, VfSlg 7808/1976 und die hg. Erkenntnisse vom 20. März 1984, 84/07/0011, und vom 24. Februar 1977, 2035/76, VwSlg 9259/A).

Auch der Umstand, dass das Grundstück der Beschwerdeführerin ein solches mit besonderem Wert ist, vermag keinesfalls das für eine Ausscheidung allein maßgebliche Kriterium der Zweckmäßigkeit nach § 4 Abs. 2 FLG zu konstituieren. In Ansehung dieses Gesichtspunktes ist ein Grundstück von besonderem Wert nicht anders als ein solches ohne diesen Wert zu behandeln (vgl. in diesem Sinn das hg. Erkenntnis vom 1. Dezember 1992, 92/07/0142).

2.2.4. Maßnahmen zur Hintanhaltung einer Hochwassergefahr können im Sinne der § 17 Abs. 2 und 4 in Verbindung mit § 20 Abs. 7 FLG ohne Zweifel als gemeinsame Anlagen angesehen werden, für deren Herstellung auch nicht land- oder forstwirtschaftliche Grundstücke im notwendigen Ausmaß in Anspruch genommen werden können. Den hiezu abgegebenen sachverständigen Ausführungen der Fachabteilung für Güterwege, Agrar- und Forsttechnik ist die Beschwerdeführerin nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegen getreten; sie hat auch gar nicht behauptet, dass ein Hochwasserschutz im genannten Bereich des Zusammenlegungsgebietes nicht notwendig sei.

Das nunmehr solcherart ins Zusammenlegungsverfahren einbezogene Grundstück ist nach den Ausführungen der Fachabteilung offenbar ein Grundstück, das gemäß § 2 Abs. 2 lit. b FLG nur für gemeinsame Anlagen oder für Grenzänderungen in Anspruch genommen werden soll.

Eine Prüfung des konkreten Bedarfes und des Ausmaßes der Inanspruchnahme (vor dem Hintergrund des § 20 Abs. 7 FlVG) konnte in diesem Verfahrensabschnitt noch gar nicht vorgenommen werden. Wie in der mündlichen Verhandlung vom 26. Februar 2009 dargelegt, war zu jenem Zeitpunkt eine exakte Zuordnung der zukünftigen Verwendung bzw. Gestaltung des Grundstückes der Beschwerdeführerin im Verfahren noch nicht möglich. Somit konnte aber gar nicht festgestellt werden, in welchem Ausmaß das Grundstück in Anspruch genommen werden sollte, da diese Inanspruchnahme erst noch bevorstand. Diese ist einem späteren Verfahrensabschnitt vorbehalten und gesondert bekämpfbar.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 23. Mai 1996, 95/07/0212, ausführte, würde das Vorliegen einer Grobplanung über die künftige Neuordnung bereits zum Zeitpunkt der Entscheidung über einen Ausscheidungsantrag die Begründung der Ablehnung eines solchen Antrages zwar entscheidend vereinfachen, stellt aber nicht den einzigen Weg dar, auf welchem die Ablehnung eines Ausscheidungsantrages im Verhältnis zum jeweiligen Sachvorbringen der die Ausscheidung ihrer Grundstücke begehrenden Partei nachvollziehbar begründet werden könnte. Im vorliegenden Fall trägt die auf Fachaussagen gestützte Begründung des angefochtenen Bescheides, das im 30jährigen Hochwasserabflussbereich liegende Grundstück der Beschwerdeführerin könne für zu planende Hochwasserschutzmaßnahmen bzw. Begleitwege (gemeinsame Anlagen) heranzuziehen sein, die Annahme, dass dieses Grundstück zweckmäßigerweise ins Verfahren einbezogen bleibt.

Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin hat die Aufrechterhaltung der Einbeziehung eines Grundstückes im Zusammenlegungsverfahren nach § 4 Abs. 2 FLG gerade nicht zur Voraussetzung, dass das gesamte Zusammenlegungsverfahren ohne dieses Grundstück nicht durchgeführt werden könnte, die Einbeziehung also unabdingbar notwendig wäre. Entscheidend ist in dieser Verfahrensphase vielmehr die Prognose, ob die Einbeziehung des Grundstückes für die Abwicklung des Verfahrens und die Entwicklung der Neueinteilung zweckmäßig ist oder nicht. Diese Zweckmäßigkeit der Einbeziehung des Grundstückes der Beschwerdeführerin in das Zusammenlegungsverfahren hat das vorliegende Verfahren aber ergeben. Der Verwaltungsgerichtshof nimmt daher an der rechtlichen Schlussfolgerung, wonach eine Ausscheidung des Grundstückes der Beschwerdeführerin im Sinne des § 4 Abs. 2 FLG nicht zweckmäßig wäre, keinen Anstoß.

2.3 Sofern schließlich die Beschwerdeführerin auch im Zusammenhang mit dem zweitangefochtenen Bescheid darauf verweist, dass die Erlassung der zweiten Verordnung gesetz- und verfassungswidrig sei, da bei der Erweiterung einbezogener Grundstücke in Bescheidform vorzugehen gewesen wäre, ist sie auf die Ausführungen zum erstangefochtenen Bescheid und auf die dort zitierte Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zu verweisen.

Entgegen der gegenteiligen Behauptung der Beschwerdeführerin wurde - nach dem Text der Verordnungen - gemäß § 3 Abs. 1 FLG das Militärkommando Burgenland und die Landwirtschaftskammer für das Burgenland jeweils im Verfahren zur Verordnungserlassung angehört. Darüber hinaus wäre eine unterlassene Anhörung dieser beiden Stellen im Verfahren betreffend die Verordnungserlassung nicht geeignet gewesen, Rechte der Beschwerdeführerin im Ausscheidungsverfahren zu verletzen.

Insgesamt war somit auch diese Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

4. Die angefochtenen Entscheidungen stammen von einem Landesagrarsenat und damit einem Tribunal im Sinn des Art. 6 MRK. Der Landesagrarsenat hat jeweils eine mündliche Verhandlung durchgeführt. Die Durchführung einer solchen vor dem Verwaltungsgerichtshof gemäß dem Antrag der Beschwerdeführerin war daher entbehrlich (vgl. dazu unter vielen das hg. Erkenntnis vom 21. Oktober 2010, 2008/07/0176).

5. Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich - im Rahmen des gestellten Begehrens - auf §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 15. September 2011

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