Normen
FlVfGG §1 Abs1;
FlVfGG §1 Abs2 Z1;
FlVfGG §11;
FlVfGG §4 Abs2;
FlVfGG §4 Abs6;
FlVfLG NÖ 1934 §17;
FlVfLG NÖ 1975 §1 Abs1;
FlVfLG NÖ 1975 §1 Abs2 Z1;
FlVfLG NÖ 1975 §13 Abs1;
FlVfLG NÖ 1975 §22;
FlVfGG §1 Abs1;
FlVfGG §1 Abs2 Z1;
FlVfGG §11;
FlVfGG §4 Abs2;
FlVfGG §4 Abs6;
FlVfLG NÖ 1934 §17;
FlVfLG NÖ 1975 §1 Abs1;
FlVfLG NÖ 1975 §1 Abs2 Z1;
FlVfLG NÖ 1975 §13 Abs1;
FlVfLG NÖ 1975 §22;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben dem Land Niederösterreich insgesamt Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Im Zusammenlegungsverfahren W. erließ die Niederösterreichische Agrarbezirksbehörde (im Folgenden: ABB) mit Verständigung vom 10. März 2008 den 1. Teilplan des Planes der gemeinsamen Maßnahmen und Anlagen. Der Bescheid enthält unter anderem das Landschaftselement Nr. 13. Nach Angabe des Operationsleiters sei diese Grünanlage von einem geplanten Abfindungsgrundstück mit einer Fläche von etwa 9,34 ha umgeben, wobei die Grenzen im Norden und Süden parallel zur Grünanlage ausgeformt sein sollten.
Gegen diesen Bescheid der ABB erhoben die Beschwerdeführer Berufung an die belangte Behörde. Die Anlage Nr. 13 möge "ersatzlos gestrichen" werden. In der Vorwunschabgabe sei eine Abfindungsfläche von etwa 6 ha als Zuteilungswunsch geäußert worden; nunmehr seien anlässlich einer neuerlichen Wunschabgabe etwa 9,5 ha "zugesprochen" worden. Durch Schattenwirkung, Wurzeldruck und spätere Bearbeitbarkeit entstünden für diese Fläche allerdings nun mehr Nach- als Vorteile. Die Abfindung sei ohnehin zu einem Drittel von Wald umgeben.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung "mangels hinreichender Begründung als unzulässig" zurück.
Begründend führte die belangte Behörde aus, dass "zwischenzeitig" im Herbst 2008 die vorläufige Übergabe der Grundabfindungen angeordnet worden sei.
Mit dem in Berufung gezogenen Bescheid der ABB sei im Zusammenlegungsverfahren W. neben anderen gemeinsamen Anlagen die Errichtung des Landschaftselementes Nr. 13 angeordnet worden. Dieses werde als einreihige Hochstrauchhecke auszubilden sein. Rechtliche Voraussetzung für die Errichtung derartiger Anlagen sei im konkreten Fall die langfristige Sicherung der natürlichen Ertragsbedingung für das künftige Abfindungsgrundstück der Beschwerdeführer, damit dieses zweckmäßig bewirtschaftet werden könne. Darunter falle etwa auch die Beseitigung oder Milderung von ungünstigen Wasserverhältnissen oder einer unzureichenden naturräumlichen Ausstattung.
Im vorliegenden Zusammenlegungsverfahren W. sei nur die vorläufige Übernahme der Grundabfindungen angeordnet worden, sodass bis zur Erlassung des noch ausständigen Zusammenlegungsplans durchaus noch Änderungen in der Flureinteilung möglich seien. Die Beschwerdeführer könnten im derzeitigen Verfahrensstadium somit nicht mit Sicherheit davon ausgehen, die Abfindung im Ausmaß von etwa 9,5 ha endgültig in ihr Eigentum zugeteilt zu erhalten.
Aus dem gesamten Berufungsvorbringen der Beschwerdeführer ergebe sich nun aber, dass diese ausschließlich die ihrer Meinung nach mangelnde Qualität ihrer neben der gemeinsamen Anlage liegenden "vorläufigen" Abfindung einwendeten, da durch Schattenwirkung, Wurzeldruck und spätere Bearbeitbarkeit aus ihrer Sicht für diese Fläche mehr Nach- als Vorteile entstünden. Diese Argumente könnten aber mit dem Anspruch auf inhaltliche Überprüfung erst im Rahmen einer Berufung gegen den noch zu erlassenden Zusammenlegungsplan eingewendet werden. Zutreffendenfalls würden negative Auswirkungen derartiger Anlagen auf einzelne Abfindungsgrundstücke entsprechend berücksichtigt.
Die Notwendigkeit der Errichtung der Anlage - beispielsweise aus Gründen der Verhinderung von Wasser- oder Winderosion - werde nicht einmal ansatzweise bezweifelt. Es könnten aber eben nur solche Einwände mit Aussicht auf allenfalls positive Erledigung angeführt werden, welche das von der Erstbehörde angenommene Zutreffen der erwähnten rechtlichen Parameter zur Anordnung der Errichtung der konkreten Anlagen tangierte.
Die Rechtsmittelbelehrung des in Berufung gezogenen Bescheides der ABB weise ausdrücklich auf einen begründeten Berufungsantrag hin.
Die Bestimmung des § 63 Abs. 3 AVG dürfe "im Geiste des Gesetzes" nicht formalistisch ausgelegt werden, sodass eine gesetzmäßig erhobene Berufung schon dann vorliege, wenn sie erkennen lasse, was die Partei anstrebe und womit sie ihren Standpunkt vertreten zu können glaube. Weder die Unklarheit noch der Mangel der Stichhaltigkeit der Begründung einer Berufung könne dem Fehlen einer solchen gleichgesetzt werden. Für die Beurteilung, ob ein Berufungsantrag begründet sei, sei nicht wesentlich, dass die Begründung stichhaltig sei. Eine allenfalls untaugliche Berufungsbegründung könne nicht mit dem Fehlen einer solchen gleichgesetzt werden. Ein Berufungsantrag, mit dem von der belangten Behörde die Entscheidung ausschließlich in einer Angelegenheit - nämlich der Prüfung der Qualität der endgültigen künftigen Abfindung - begehrt werde, die nicht Gegenstand der Entscheidung der ABB gewesen sei, stelle indessen keinen zulässigen Berufungsantrag dar. Die einen derartigen Antrag enthaltende Berufung sei wegen des Mangels eines begründenden Berufungsantrages zurückzuweisen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§§ 1 und 13 des Niederösterreichischen Flurverfassungs-Landesgesetzes 1975, LGBl. 6650-6 (Nö. FLG) haben folgenden auszugsweisen Wortlaut:
"§ 1
Ziele und Aufgaben der Zusammenlegung
(1) Im Interesse der Schaffung und Erhaltung einer leistungsfähigen und umweltverträglichen Landwirtschaft sind die Besitz-, Benützungs- und Bewirtschaftungsverhältnisse im ländlichen Lebens- und Wirtschaftsraum durch Neueinteilung und Erschließung des land- und forstwirtschaftlichen Grundbesitzes sowie Ordnung der rechtlichen und wirtschaftlichen Grundlagen der land- und forstwirtschaftlichen Betriebe nach zeitgemäßen volks- und betriebswirtschaftlichen und ökologischen Gesichtspunkten im Wege eines Zusammenlegungsverfahrens nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen zu verbessern oder neu zu gestalten.
(2) Zur Erreichung dieser Ziele sind in erster Linie die Nachteile abzuwenden, zu mildern oder zu beheben, die verursacht werden durch
1. Mängel der Agrarstruktur (wie zum Beispiel zersplitterter Grundbesitz, ganz oder teilweise eingeschlossene Grundstücke, ungünstige Grundstücksformen, unwirtschaftliche Betriebsgrößen, beengte Orts- oder Hoflage, unzulängliche Verkehrserschließung, ungünstige Geländeform, ungünstige Wasserverhältnisse, unzureichende naturräumliche Ausstattung) oder
2. Maßnahmen im allgemeinen öffentlichen Interesse (wie zum Beispiel Errichtung, Änderung oder Auflassung von Eisenbahnen, Straßen und Wegen, Wasserläufen, Wasserversorgungs-, Energieversorgungs- oder Abwasseranlagen, Hochwasser-, Wildbach- oder Lawinenschutzbauten).
…
§ 13
Gemeinsame Maßnahmen und Anlagen
(1) Die Behörde muss für das Zusammenlegungsgebiet die erforderlichen gemeinsamen Maßnahmen und Anlagen planen. Das sind jene, die
* notwendig sind, um die Abfindungsgrundstücke zweckmäßig zu erschließen oder die natürlichen Ertragsbedingungen langfristig zu sichern, damit die Abfindungsgrundstücke zweckmäßig bewirtschaftet werden oder
* sonst den Zweck der Zusammenlegung fördern und mehreren Parteien dienen.
(2) Der Grund für die gemeinsamen Anlagen ist von den Parteien kostenlos im Verhältnis der Werte ihrer Grundabfindungen aufzubringen, soweit er bei Einrechnung eines aus einer Neuvermessung sich ergebenden Flächenunterschiedes oder durch vorhandene Anlagen nicht gedeckt ist oder sonst zur Verfügung steht. Parteien, für die sich durch die gemeinsamen Anlagen kein oder nur ein geringfügiger Vorteil ergibt, sind von der Grundaufbringung ganz oder teilweise zu befreien.
…"
Die allgemeinen Ziele des § 1 Nö. FLG sind auch bei der Schaffung der gemeinsamen Maßnahmen und Anlagen zu beachten (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. Juni 2007, Zl. 2006/07/0060). In § 1 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 1 Nö. FLG wird unter den Zielen eines Zusammenlegungsverfahrens auch ausdrücklich die Ordnung der rechtlichen und wirtschaftlichen Grundlagen der land- und forstwirtschaftlichen Betriebe "nach ökologischen Gesichtspunkten" und unter den zu beseitigenden Mängeln der Agrarstruktur die "unzureichende naturräumliche Ausstattung" genannt. Es haben daher auch ökologische Gesichtspunkte in ein Zusammenlegungsverfahren einzufließen. Dieser Aspekt ist auch in § 13 Abs. 1 Nö. FLG angesprochen, wenn er als gemeinsame Maßnahmen und Anlagen auch solche nennt, die "sonst den Zweck der Zusammenlegung fördern". Darunter fallen jedenfalls alle Maßnahmen und Anlagen, die dazu dienen, die "unzureichende naturräumliche Ausstattung" im Zusammenlegungsgebiet zu beseitigen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. Dezember 2005, Zl. 2004/07/0152).
Das verfahrensgegenständliche Landschaftselement Nr. 13 wird im 1. Teilplan des Plans der gemeinsamen Maßnahmen und Anlagen als "Hochstrauchhecke 1.-reihig" bezeichnet. Im "Verzeichnis der gemeinsamen Grünanlagen" ist als Hauptfunktion "Naturschutz" und als Nebenfunktion "Vernetzung" mit der Anmerkung "Erhaltung Böschung" angeführt. Die vordringliche Funktion dieser Anlage Nr. 13 ist somit eine ökologische (Naturschutz- und Vernetzungsfunktion), wobei diese Anlage in den bestehenden Altbestand einer Böschung integriert ist.
In der Erläuterung der Funktionen von Grünanlagen im Plan der gemeinsamen Maßnahmen und Anlagen Teilplan 1 wird der Begriff "Vernetzung" wie folgt definiert:
"Für eine zeitgemäße und umweltverträgliche Landbewirtschaftung ist eine ausreichende und ausgewogene Ausstattung der Flur mit naturnahen Landschaftsstrukturen erforderlich, um die Erhaltung der natürlichen Artenvielfalt zu fördern. Damit soll auch das Auftreten übermäßiger Schädlingskalamitäten vermindert und der Pflanzenschutzmitteleinsatz in vertretbaren Grenzen gehalten werden."
Der Begriff "Naturschutz" wird wie folgt erläutert:
"Anlagen, die vorwiegend dem Naturschutz dienen, können erforderlich sein, um im Rahmen des Agrarverfahrens eine wesentliche Verringerung naturnaher Strukturen zu verhindern, oder als Vorkehrung nach dem Naturschutzgesetz, oder um einen möglichst ausgeglichenen und nachhaltigen Naturhaushalt zu gewährleisten und eine geordnete Entwicklung des Naturraumes sicherzustellen."
Die verfahrensgegenständliche Anlage Nr. 13 dient somit der Beseitigung jener Mängel der Agrarstruktur, die im § 1 Abs. 2 Z. 1 Nö. FLG "als unzureichende naturräumliche Ausstattung" genannt ist. Dieser Aspekt ist auch - wie bereits ausgeführt - in § 13 Abs. 1 Nö. FLG angesprochen.
Das Landschaftselement Nr. 13 dient somit als ein Teil des Gesamtkonzeptes der gemeinsamen Maßnahmen und Anlagen, die auch die anderen in § 13 Abs. 1 Nö. FLG genannten Ziele und Zwecke verfolgen, lediglich der "sonstigen Förderung" des Zweckes der Zusammenlegung W.
Dass diese dem Landschaftselement Nr. 13 im Verfahren zugedachte ökologische Funktion nicht erfüllt würde, haben die Beschwerdeführer in ihrer Berufung an die belangte Behörde nicht behauptet. So wäre es an den Beschwerdeführern gelegen etwa auf eine bereits ausreichend vorhandene ökologische Ausstattung zu verweisen, wodurch das Landschaftselement Nr. 13 ersatzlos entfallen könnte.
Die Einwände der Beschwerdeführer in ihrer Berufung an die belangte Behörde gegen die Errichtung des Landschaftselementes Nr. 13 sind auf ihre anlässlich einer Wunschabgabe zugesagte Abfindung bezogen. Die Ausführungen im Zusammenhang mit Wurzeldruck, Schattenwirkung und späterer Bearbeitbarkeit betreffen allesamt Fragen der Gesetzmäßigkeit der Abfindung, die infolge des stufenförmigen Aufbaus von Kommassierungsverfahren (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 18. März 2010, Zlen. 2009/07/0008 bis 0009, mwN) im vorliegenden Verfahrensabschnitt nicht zu beurteilen sind (vgl. das hg. Erkenntnis vom 13. März 1990, Zl. 86/07/0187). Wie die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift zutreffend ausführt, befindet sich das Verfahren erst im Stadium der vorläufigen Übernahme, sodass im Zusammenlegungsplan den Beschwerdeführern durchaus andere Flächen zugeteilt werden könnten.
Die belangte Behörde hat die Berufung des Beschwerdeführers "mangels hinreichender Begründung" als unzulässig zurückgewiesen. Diese war indessen sehr wohl begründet; nur erwies sich die Begründung der Berufung nicht in Übereinstimmung mit der Rechtslage im Zusammenhang mit dem stufenförmigen Aufbau des Zusammenlegungsverfahrens. Sie geht daher in Verkennung der Rechtslage am Gegenstand des Verfahrens vorbei.
Aus § 63 Abs. 3 AVG lässt sich nicht ableiten, dass die Begründung einer Berufung richtig bzw. stichhaltig sein muss, um "zulässig" zu sein (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 11. Oktober 2000, Zl. 99/01/0130, sowie Thienel/Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht, 5. Auflage, 256).
Auch trägt das von der belangten Behörde herangezogene hg. Erkenntnis vom 9. Oktober 1969, Zl. 784/68, nicht ihre Rechtsansicht. So bewegt sich der Berufungsantrag der Beschwerdeführer im vorliegenden Verfahren sehr wohl innerhalb der Sache des unterinstanzlichen Verfahrens und lag nicht zur Gänze außerhalb der Sache des bekämpften Bescheides der ABB, wie dies im Gegensatz zu dem dem hg. Erkenntnis vom 9. Oktober 1969 zugrunde gelegenen Sachverhalt der Fall gewesen ist (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 22. Juni 2005, Zl. 2002/12/0173).
Der Charakter einer verwaltungsbehördlichen Entscheidung als Sacherledigung ist aus dem Gesamtinhalt des Bescheides abzuleiten. In der Begründung des angefochtenen Bescheides hat die für die Abweisung maßgebliche Überlegung, wonach sich die Begründung der Berufung als nicht in Übereinstimmung mit der Rechtslage im Zusammenhang mit dem stufenförmigen Aufbau des Zusammenlegungsverfahrens erwies, ihren Niederschlag gefunden. Die belangte Behörde hat daher den Beschwerdeführern nicht die Entscheidung über die Rechtmäßigkeit des Erstbescheides verweigert. Sie hat damit inhaltlich die Sache im Sinne des § 66 Abs. 4 AVG behandelt und ihre Entscheidung mit einer Begründung versehen, die bei inhaltlicher Richtigkeit eine Abweisung der Berufung trägt. Der Umstand, dass die Berufungsbehörde die Berufung zurückgewiesen statt abgewiesen hat, stellt daher lediglich ein Vergreifen im Ausdruck dar, welches nicht zur Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides führt (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 17. Februar 2011, Zl. 2009/07/0109, mwN).
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am 30. Juni 2011
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