VwGH 2009/05/0272

VwGH2009/05/027213.12.2011

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Hofräte Dr. Enzenhofer und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Kalanj, über die Beschwerde der A Bauund Handelsgesellschaft m.b.H. in Wien, vertreten durch Dr. Hans Ambros, Rechtsanwalt in 1220 Wien, Bureschgasse 2, gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 15. Juli 2009, Zl. 7-B-BRM-1000/7/2009, betreffend Versagung einer Baubewilligung (mitbeteiligte Partei: Gemeinde O), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §56;
AVG §66 Abs4;
BauO Krnt 1996 §15;
VwRallg;
AVG §56;
AVG §66 Abs4;
BauO Krnt 1996 §15;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Kärnten Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Eingabe vom 12. Jänner 2006 beantragte die Beschwerdeführerin die Erteilung einer Baubewilligung für die Errichtung einer Wohnhausanlage auf dem Grundstück Nr. 79/4, KG O.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 20. Juli 2006 wurde das Bauansuchen gemäß § 15 Abs. 1 der Kärntner Bauordnung 1996 abgewiesen. Begründet wurde dies im Wesentlichen damit, dass eine erhebliche Störung des Orts- und Landschaftsbildes einträte und außerdem das Bauvorhaben auf Grund der zahlreichen Kleinwohnungen der Widmungskategorie Bauland-Kurgebiet widerspreche.

Gegen diesen Bescheid erhob die beschwerdeführende Partei Berufung und änderte im weiteren Verfahrensverlauf das Bauprojekt ab.

Mit Bescheid vom 24. April 2007 wies der Gemeindevorstand der mitbeteiligten Gemeinde die Berufung als unbegründet ab.

Auf Grund der dagegen erhobenen Vorstellung der beschwerdeführenden Partei hob die Kärntner Landesregierung mit Bescheid vom 15. Oktober 2007 den Bescheid des Gemeindevorstandes der mitbeteiligten Gemeinde vom 24. April 2007 auf und wies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeinde zurück. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, die im Berufungsverfahren erfolgte Projektänderung beinhalte eine gravierende Änderung der Baukörper nach Lage und Zahl, weil das Projekt hinsichtlich der Gebäudeausmaße und der Anzahl bzw. Stapelung der Geschoße sowie der Anzahl der Wohneinheiten abgeändert worden sei. Gleichzeitig sei der ursprünglich als Gesamtkomplex geplante Baukörper kleingliedriger ausgestaltet worden. Derartige Änderungen gingen über den im Berufungsverfahren zulässigen Rahmen von Änderungen hinaus.

Mit Bescheid des Gemeindevorstandes der mitbeteiligten Gemeinde vom 20. Dezember 2007 wurde daraufhin der Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 20. Juli 2006 gemäß § 66 Abs. 2 AVG aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Baubehörde erster Instanz zurückverwiesen.

In der Folge wurden von der beschwerdeführenden Partei Auswechslungspläne vorgelegt.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 20. Oktober 2008 wurde das (geänderte) Bauansuchen gemäß § 15 Abs. 1 der Kärntner Bauordnung abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, mit Verordnung des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom 14. Februar 2008 sei ein textlicher Bebauungsplan erlassen worden. Das Bauvorhaben sei mit diesem hinsichtlich der Geschoßflächenzahl nicht vereinbar, da im Bebauungsplan eine Geschoßflächenzahl von maximal 0,45 vorgesehen sei, das Bauvorhaben jedoch eine solche von 0,72 aufweise. Außerdem habe sich nach dem Bebauungsplan die zulässige Anzahl der Geschoße nach dem unmittelbar angrenzenden dominierenden Objektbestand zu richten und sei hier im umliegenden Bereich eine zweigeschoßige Bebauung dominierend gegeben. Die damit zulässige Geschoßanzahl werde insofern überschritten, als drei Geschoße errichtet werden sollten. Darüber hinaus stünden dem Bauvorhaben auch Interessen des Schutzes des Ortsbildes im Sinne des § 13 Abs. 2 lit. c der Kärntner Bauordnung 1996 entgegen.

Gegen diesen Bescheid erhob die beschwerdeführende Partei Berufung und änderte in der Folge das Bauvorhaben neuerlich ab.

Mit Bescheid vom 24. März 2009 wies der Gemeindevorstand der mitbeteiligten Gemeinde die Berufung als unbegründet ab. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die im Zeitpunkt der Erlassung des Berufungsbescheides geltende Rechtslage maßgebend sei. Es liege eine Geschoßflächenzahl von 0,63 vor, somit eine solche über der nach dem Bebauungsplan zulässigen von 0,45. Außerdem werde die zulässige Geschoßanzahl überschritten. Ferner stünden dem Bauvorhaben nach wie vor Interessen des Schutzes des Ortsbildes entgegen.

Die gegen diesen Bescheid erhobene Vorstellung der Beschwerdeführerin wurde mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen. In der Bescheidbegründung legte die belangte Behörde im Wesentlichen dar, dass mangels Übergangsbestimmung der im Zeitpunkt der Erlassung des Berufungsbescheides geltende Bebauungsplan vom 14. Februar 2008 anzuwenden sei. Es liege eine Geschoßflächenzahl von 0,639 vor, wodurch die nach dem Bebauungsplan zulässige Geschoßflächenzahl von maximal 0,45 überschritten werde. Dies ergebe sich auch aus einem Gutachten des bautechnischen Amtssachverständigen vom 22. Juni 2009, das im Vorstellungsverfahren eingeholt worden sei. Aus diesem Gutachten gehe auch hervor, dass die Bestimmung des § 5 Abs. 6 des Bebauungsplanes, wonach die maximale Baukörperhöhe für eine dreigeschoßige Bebauung 12,00 m vom Urgelände aus gemessen zu betragen habe, im Verlauf der nordostseitigen Außenwand beim Haus 1 im Bereich der Vorderkanten der abgesetzten Baukörper überschritten würde. Das gegenständliche Vorhaben widerspreche somit dem geltenden Bebauungsplan.

Gegen diesen Bescheid erhob die beschwerdeführende Partei Beschwerde vor dem Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom 22. September 2009, B 1054/09, ablehnte. Darin führte der Verfassungsgerichtshof im Wesentlichen aus, die in der Anlage II der Kundmachung LGBl. Nr. 62/1996 in Art. II Abs. 2 normierte Übergangsbestimmung beziehe sich nicht auf raumordnungsrechtliche, sondern auf baurechtliche Bestimmungen und sei nur für Bauverfahren anzuwenden, die vor dem 1. September 1996 anhängig gewesen seien. Da für das Inkrafttreten des Bebauungsplanes keine Übergangsbestimmungen bestünden, was verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden sei, sei das zum Zeitpunkt der Entscheidung des Gemeindevorstandes geltende Recht anzuwenden.

Parallel dazu erhob die beschwerdeführende Partei auch die hier gegenständliche Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof mit dem Begehren, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

In der Beschwerde wird ausgeführt, Flächenwidmungs- und Bebauungspläne hätten sich an den Rahmen der Landesgesetze zu halten. Art. II Abs. 2 der Kärntner Bauordnung sehe vor, dass im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes anhängige Verfahren nach den bisher geltenden Bestimmungen weiterzuführen seien, sofern in Abs. 3 bis 8 nichts anderes angeordnet sei. Diese Bestimmung müsse bei verfassungsgemäßer Auslegung auch für die Anwendung von im Wirkungsbereich der Kärntner Bauordnung erlassenen Verordnungen gelten. Die Anwendung der mehr als zwei Jahre nach dem Antrag auf Erteilung der Baubewilligung vom 12. Jänner 2006 erlassenen Verordnung vom 14. Februar 2008 betreffend den neuen Bebauungsplan, von der die Beschwerdeführerin vor dem abweisenden erstinstanzlichen Bescheid nicht einmal informiert worden sei, stelle einen erheblichen Eingriff in ihre Rechtsposition dar. Die Beschwerdeführerin habe, auch in ständiger Abstimmung mit den Gemeindebehörden, das Bauprojekt durch eine Reihe von mit hohen Kosten verbundenen Planwechseln stets den Vorgaben der Gemeinde angepasst und auch sonst hohe Investitionskosten in dieses Projekt getätigt. Für die Rückwirkung des Bebauungsplanes sprechende Gründe oder im Verhältnismäßigkeitsvergleich mit der Rechtsposition der Beschwerdeführerin gewichtige Gründe seien von den Verwaltungsbehörden nicht genannt worden. Der Hinweis, dass es keine Bestimmung gebe, nach der für anhängige Verfahren die bisher geltenden Bestimmungen anzuwenden seien, sei eine petitio principii ohne Argumentationskraft. Der Bebauungsplan vom 14. Februar 2008 sei auf das bereits seit dem 12. Jänner 2006 anhängige Baubewilligungsverfahren nicht anzuwenden.

Die Beschwerdeführerin bestreitet somit nicht die Feststellungen der belangten Behörde, wonach das Bauprojekt dem Bebauungsplan vom 14. Februar 2008 widerspreche.

Gemäß § 26 Abs. 5 des Kärntner Gemeindeplanungsgesetzes ist die Genehmigung eines Bebauungsplanes durch die Bezirkshauptmannschaft von der Bezirkshauptmannschaft in der Kärntner Landeszeitung kundzumachen. Der Bebauungsplan wird mit dem Ablauf des Tages der Kundmachung wirksam.

Im vorliegenden Fall wurde der Bebauungsplan vom 14. Februar 2008 mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft F vom 29. Februar 2008 genehmigt. Kundgemacht wurde dies in der Kärntner Landeszeitung vom 27. März 2008. Der Bebauungsplan ist folglich mit 28. März 2008 in Kraft getreten.

Relevante Rechtslage ist jene, die im Zeitpunkt des abschließenden Bescheides im Verfahren auf Gemeindeebene gegeben war (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 24. Juni 2009, Zl. 2007/05/0089). Der Berufungsbescheid des Gemeindevorstandes der mitbeteiligten Gemeinde stammt vom 24. März 2009. Es war daher der seit 27. März 2008 geltende Bebauungsplan bereits anzuwenden.

Eine davon abweichende besondere gesetzliche Regelung gibt es nicht. Dagegen bestehen, wie bereits der Verfassungsgerichtshof in dem zitierten Beschluss vom 22. September 2009 dargelegt hat, keine verfassungsrechtlichen Bedenken.

Die von der Beschwerdeführerin zitierte Übergangsbestimmung des Art. II Abs. 2 stammt aus der Bauordnungsnovelle LGBl. Nr. 44/1996 und ist in der Anlage II der Wiederverlautbarungskundmachung LGBl. Nr. 62/1996 enthalten. Sie bezog sich, wie der Verfassungsgerichtshof im genannten Beschluss zutreffend festgestellt hat, nur auf Bauverfahren, die im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes LGBl. Nr. 44/1996 anhängig gewesen sind. Das gegenständliche Baubewilligungsverfahren fällt nicht darunter, sodass aus dieser Übergangsbestimmung für die Beschwerdeführerin nichts zu gewinnen ist. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin kann diese spezielle Übergangsbestimmung aus einem konkreten Gesetz auch nicht zu einem generell heranzuziehenden Rechtsgrundsatz führen, der sich ganz allgemein auch auf Bebauungspläne bezieht.

Im vorliegenden Verfahren war daher der neue Bebauungsplan anzuwenden, wenn dieser auch erst nach Einbringung des Bauansuchens in Kraft getreten ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. September 2006, Zl. 2005/05/0147, mwN). Daran vermögen auch wirtschaftliche Interessen der Beschwerdeführerin nichts zu ändern. Ein Verhältnismäßigkeitsvergleich, wie ihn die Beschwerdeführerin anspricht, kann nicht dazu führen, dass eine andere Rechtslage anzuwenden ist.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Kostenersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 13. Dezember 2011

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