VwGH 2009/01/0059

VwGH2009/01/005920.9.2011

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Blaschek und Dr. Kleiser als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Stelzl, über die Beschwerde des L G in G, vertreten durch Dr. Wolfgang Vacarescu, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Jakominiplatz 16/I, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 25. Februar 2009, Zl. FA7C - 11-513/2008-44, betreffend Staatsbürgerschaft, zu Recht erkannt:

Normen

AufG 1992;
FremdenG 1997;
NAG 2005 §8;
StbG 1985 §10 Abs1 Z1;
AufG 1992;
FremdenG 1997;
NAG 2005 §8;
StbG 1985 §10 Abs1 Z1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein nigerianischer Staatsangehöriger, hält sich seit 8. September 1997 in Österreich auf. Am 17. September 2008 beantragte er bei der belangten Behörde die Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft.

Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 25. Februar 2009 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft "gemäß §§ 10 und 11 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985, BGBl. Nr. 311/1985 in der Fassung BGBl. I Nr. 4/2008" ab.

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer habe nach den vorgelegten Meldenachweisen zwar seit 8. September 1997 in Österreich einen Hauptwohnsitz, das Erfordernis eines Hauptwohnsitzes sei jedoch seit der Staatsbürgerschaftsrechts-Novelle 2005 nicht (mehr) maßgebend; daraus ergebe sich bloß sein ununterbrochener Aufenthalt in Österreich. Die vom Arbeitsmarktservice Feldbach erteilte Beschäftigungsbewilligung gemäß § 20 Abs. 6 AuslBG sei keine Aufenthaltsbewilligung und stelle keinen Aufenthaltstitel dar.

Erst mit Wirksamkeit ab 22. Dezember 2003 sei dem Beschwerdeführer eine erste Niederlassungsbewilligung erteilt worden; diese sei immer wieder verlängert worden. Der Beschwerdeführer erfülle somit die Voraussetzung des § 10 Abs. 1 Z. 1 StbG nicht, weil er erst seit 22. Dezember 2003 einen ununterbrochenen und rechtmäßigen Aufenthalt in Österreich aufweise. Dem Beschwerdeführer sei (mit den Schreiben vom 5. Jänner 2009 und 28. Jänner 2009) hinsichtlich des Zeitraumes 18. Juli 2002 (Zeitpunkt der negativen Beendigung seines Asylverfahrens) bis 22. Dezember 2003 vorgehalten bzw. Gelegenheit gegeben worden, einen Aufenthaltstitel nachzuweisen, der Beschwerdeführer habe jedoch für diesen Zeitraum einen Aufenthaltstitel nicht nachweisen (dartun) können.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte die Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom 7. Oktober 2009, B 451/09-8, ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die - nach Ablehnung ihrer Behandlung und Abtretung durch den Verfassungsgerichtshof ergänzte - Beschwerde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die Beschwerde macht geltend, die belangte Behörde habe eine Unterbrechung des Aufenthaltes seit 8. September 1997 im Sinne einer physischen Abwesenheit des Beschwerdeführers nicht festgestellt. Nach der negativen Beendigung seines Asylverfahrens mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. Juli 2002 habe er einen Antrag auf Erteilung eines humanitären Bleiberechts gestellt. Daraufhin habe er per 22. Dezember 2003 eine Niederlassungsbewilligung erhalten. Entgegen der Ansicht der belangten Behörde sei auch im Zeitraum 18. Juli 2002 bis 22. Dezember 2003 "weiterhin der legale Aufenthalt im Bundesgebiet vorgelegen". Während dieses Zeitraumes sei sein Aufenthalt weder unterbrochen noch unrechtmäßig gewesen.

Mit diesem Vorbringen wird keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufgezeigt.

Die Bestimmung des § 10 Abs. 1 Z. 1 StbG erfordert, dass der Staatsbürgerschaftswerber mindestens zehn Jahre rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig und in dieser Zeit zumindest fünf Jahre niedergelassen ist, wobei diese beiden Verleihungsvoraussetzungen kumulativ vorliegen müssen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. September 2009, Zl. 2006/01/0943, mwN).

Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom 25. Juni 2009, Zl. 2006/01/0520, unter Hinweis auf Vorjudikatur das Kriterium des zehnjährigen rechtmäßigen und ununterbrochenen Aufenthalts im Bundesgebiet zusammenfassend erläutert sowie die Voraussetzungen für die Erfüllung des Erfordernisses der fünfjährigen Niederlassung dargelegt. Auf die Entscheidungsgründe dieses Erkenntnisses wird insoweit gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen.

Zum rechtmäßigen und ununterbrochenen Aufenthalt zählen vor allem Zeiten des sichtvermerksfreien Aufenthalts, des Aufenthalts mit Visum oder auf Grund einer Legitimationskarte oder einem Aufenthaltstitel gemäß § 8 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG). Für Zeiten vor Inkrafttreten des NAG kann die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts auch mit Aufenthaltstitel nach den Vorschriften des FrG 1997 oder des AufG nachgewiesen werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Juni 2008, Zl. 2008/01/0316, mwN).

Der Beschwerdeführer weist nach den (unbestrittenen) Feststellungen im angefochtenen Bescheid Niederlassungszeiten erst seit 22. Dezember 2003 auf. Das Vorliegen eines rechtmäßigen Aufenthalts für die Zeit vom 18. Juli 2002 bis 22. Dezember 2003 hat der Beschwerdeführer im Verleihungsverfahren nicht dargetan; auch nach der Aktenlage gibt es dafür keine Anhaltspunkte.

Die belangte Behörde hat das Vorliegen eines rechtmäßigen und ununterbrochenen Aufenthalts in der Dauer von zehn Jahren verneint, weil der Beschwerdeführer für die Zeit vom 18. Juli 2002 bis 22. Dezember 2003 über keinen Aufenthaltstitel verfügte.

Die Beschwerde vermag nicht darzutun, dass der Beschwerdeführer nach Beendigung des Asylverfahrens am 18. Juli 2002 bis zur (unbestrittenen) Ausstellung einer Niederlassungsbewilligung am 22. Dezember 2003 über einen Aufenthaltstitel verfügte. Aus dem Umstand, dass in diesem Zeitraum aufenthaltsbeendigende Maßnahmen gegen den Beschwerdeführer nicht gesetzt wurden, lässt sich nicht auf einen rechtmäßigen Aufenthalt schließen.

Die belangte Behörde ging im vorliegenden Fall somit zu Recht davon aus, dass der Beschwerdeführer legale Aufenthaltszeiten im Bundesgebiet erst ab 22. Dezember 2003 aufweist und die Verleihungsvoraussetzung eines ununterbrochen und rechtmäßigen Aufenthalts in der Dauer von zehn Jahren im Zeitpunkt der Bescheiderlassung (27. Februar 2009) daher (noch) nicht erfüllte (vgl. insoweit auch das hg. Erkenntnis vom 15. März 2010, Zl. 2008/01/0767).

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 20. September 2011

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