VwGH 2008/22/0210

VwGH2008/22/021031.5.2011

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok und die Hofräte Dr. Robl und Mag. Eder sowie die Hofrätinnen Mag. Merl und Dr. Julcher als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Perauer, über die Beschwerde der Ing. D, vertreten durch Dr. Irene Pfeifer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Riemergasse 10, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 4. Juni 2007, Zl. 316.498/2-III/4/07, betreffend Aufenthaltstitel, zu Recht erkannt:

Normen

ASVG §293;
NAG 2005 §11 Abs2 Z4;
NAG 2005 §11 Abs5;
NAG 2005 §47 Abs3;
ASVG §293;
NAG 2005 §11 Abs2 Z4;
NAG 2005 §11 Abs5;
NAG 2005 §47 Abs3;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin, eine serbische Staatsangehörige, beantragte am 6. März 2006 die Erteilung einer "Niederlassungsbewilligung - Angehöriger". Als Zusammenführende nannte sie ihre die österreichische Staatsbürgerschaft besitzende Mutter, die über Aufforderung der erstinstanzlichen Behörde auch eine Haftungserklärung abgab. Vorgelegt wurden weiters Einkommensnachweise der Mutter und des mit dieser im gemeinsamen Haushalt lebenden Vaters der Beschwerdeführerin, eines serbischen Staatsangehörigen.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag gemäß § 11 Abs. 2 Z 4 und Abs. 5 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz - NAG ab. Begründend führte sie auf das Wesentliche zusammengefasst aus, dass das Einkommen der Mutter der Beschwerdeführerin in der Höhe von durchschnittlich EUR 908,95 netto im Monat nicht ausreiche, um den Lebensunterhalt der Beschwerdeführerin in der Höhe des maßgeblichen Richtsatzes gemäß § 293 ASVG (EUR 726,--) sicherzustellen. Das Einkommen des Vaters der Beschwerdeführerin könne auf Grund seiner serbischen Staatsangehörigkeit nicht herangezogen werden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die nach Ablehnung ihrer Behandlung durch den Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom 14. Dezember 2007, B 1400/07-9, an den Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetretene und auftragsgemäß ergänzte Beschwerde, über die dieser nach Aktenvorlage durch die belangte Behörde erwogen hat:

Die Beschwerde rügt unter anderem, dass auch das Einkommen des gut verdienenden Vaters der Beschwerdeführerin zur Berechnung der vorhandenen Unterhaltsmittel herangezogen hätte werden müssen.

Dieses Vorbringen führt die Beschwerde zum Erfolg:

Der Rechtsirrtum der belangten Behörde liegt darin, dass sie das Einkommen des Vaters der Beschwerdeführerin gänzlich unberücksichtigt ließ, obwohl dessen Höhe (netto EUR 1.234,19 exklusive Sonderzahlungen) im Verwaltungsverfahren durch Vorlage einer Lohnbestätigung nachgewiesen wurde. Es ist zwar richtig, dass Zusammenführende die Mutter der Beschwerdeführerin ist und diese nach § 47 Abs. 3 letzter Satz NAG eine Haftungserklärung abzugeben hatte. Die Existenz des Zusammenführenden ist allerdings auch dann gesichert, wenn einem im gemeinsamen Haushalt lebenden Ehepaar der so genannte "Haushaltsrichtsatz" zur Verfügung steht und das restliche Haushaltseinkommen zur Unterhaltsleistung an den Nachziehenden verwendet wird (vgl. das Erkenntnis vom 6. Juli 2010, 2008/22/0512, mwN). Dafür, dass im vorliegenden Fall kein Konsens zwischen den Eltern der Beschwerdeführerin bestehen könnte, mit dem den "Haushaltsrichtsatz" übersteigenden Einkommen diese zu unterstützen, gibt es keine Anhaltspunkte. Der Umstand, dass der Vater der Beschwerdeführerin serbischer Staatsangehöriger ist, schließt zwar aus, dass ihm selbst die Rolle des Zusammenführenden im Sinn des § 47 NAG zukommt, steht aber nicht der Berücksichtigung seines Einkommens für die Beurteilung der Tragfähigkeit der Haftungserklärung seiner Ehefrau entgegen.

Im vorliegenden Fall ergeben sich aufzubringende Mittel von EUR 1.817,14 (EUR 1.091,14 Ausgleichszulagenrichtsatz für die im gemeinsamen Haushalt lebenden Eltern zuzüglich EUR 726,-- für die Beschwerdeführerin). Laut Feststellungen im angefochtenen Bescheid verfügt die Mutter der Beschwerdeführerin über ein monatliches Nettoeinkommen von EUR 908,95. Unter Berücksichtigung des Einkommens des Vaters von EUR 1.234,19 monatlich netto (exklusive Sonderzahlungen) reicht das Haushaltsnettoeinkommen der Familie jedenfalls aus, um die erforderlichen Unterhaltsmittel für die Beschwerdeführerin in der Höhe von EUR 726,-- zu gewährleisten.

Bei diesem Ergebnis kann dahingestellt bleiben, ob gemäß § 11 Abs. 3 NAG (vgl. zur Notwendigkeit einer derartigen Prüfung in der vorliegenden Konstellation ebenfalls das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 6. Juli 2010) ein Aufenthaltstitel zu erteilen gewesen wäre.

Der angefochtene Bescheid war daher schon aus den aufgezeigten Gründen gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben, ohne dass es auf die dem hg. Beschluss vom 5. Mai 2011, Zlen. EU 2011/0004 bis 0008-1, zugrundeliegenden unionsrechtlichen Fragen angekommen wäre.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am 31. Mai 2011

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