VwGH 2008/08/0057

VwGH2008/08/005725.5.2011

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer, Dr. Lehofer, Dr. Doblinger und MMag. Maislinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peck, über die Beschwerde des V T in Wien, vertreten durch Mag. Dr. Alice Hoch, Rechtsanwalt in 2361 Laxenburg, Schlossplatz 12, gegen den aufgrund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom 30. Jänner 2008, Zl. 2007-0566-9-001516, betreffend Widerruf und Rückforderung von Notstandshilfe, zu Recht erkannt:

Normen

AlVG 1977 §24;
AlVG 1977 §25 Abs1;
AlVG 1977 §25 Abs2;
AVG §14;
AVG §15;
AVG §45 Abs2;
AVG §47;
VwGG §62 Abs1;
AlVG 1977 §24;
AlVG 1977 §25 Abs1;
AlVG 1977 §25 Abs2;
AVG §14;
AVG §15;
AVG §45 Abs2;
AVG §47;
VwGG §62 Abs1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 30. Jänner 2008 wurde gegenüber dem Beschwerdeführer der Notstandshilfebezug vom 26. März 2002 bis 2. Mai 2007 in der Höhe von EUR 43.987,68 gemäß § 24 Abs. 2 AlVG widerrufen und das unberechtigt Empfangene gemäß § 25 Abs. 1 iVm § 38 AlVG rückgefordert.

Begründend führte die belangte Behörde aus, dass die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien G mit Bescheid vom 4. Oktober 2007 den Notstandshilfebezug des Beschwerdeführers für den im Spruch genannten Zeitraum widerrufen und das unberechtigt Empfangene rückgefordert habe. Dies sei mit der Begründung geschehen, der Beschwerdeführer habe niederschriftlich angegeben, laufend im Lokal seiner Ehefrau zwischen 20 und 30 Wochenstunden zu arbeiten.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung habe der Beschwerdeführer ausgeführt, er sei von Beginn an Kommanditist der defizitären "Cafe C. KEG" gewesen, was er auch dem Arbeitsmarktservice ordnungsgemäß mitgeteilt habe. Außer der Kommanditistenstellung habe er keinerlei Funktionen in der KEG gehabt und auch keinerlei Tätigkeit ausgeübt, ausgenommen minimalster unentgeltlicher Hilfsdienste für seine Ehefrau (diese war nach dem Verwaltungsakt die unbeschränkt haftende Gesellschafterin der Cafe C. KEG). Die Feststellung des Arbeitsmarktservice, wonach der Beschwerdeführer vor dem Mai 2007 für das Unternehmen seiner Ehefrau 20 bis 30 Wochenstunden gearbeitet habe, sei zur Gänze unrichtig. Eine Niederschrift vom 26. März 2007, auf die sich der erstinstanzliche Bescheid beziehe, existiere nicht, da an diesem Tag kein Termin zwischen dem Arbeitsmarktservice und dem Beschwerdeführer stattgefunden habe. Doch selbst wenn er eine Niederschrift unterfertigt hätte, wäre aus dieser nichts zu gewinnen, da er fast kein Deutsch spreche und eine Niederschrift ohne Zuziehung eines Dolmetschers gegen die amtswegige Ermittlungspflicht der Behörde und gegen das rechtliche Gehör verstoßen würde. Er leide zudem an einer erheblichen Sehschwäche und wäre wahrscheinlich gar nicht in der Lage gewesen, die Niederschrift überhaupt zu lesen.

Die belangte Behörde stellte fest, dass der Beschwerdeführer seit 1973 in Österreich lebe und seither auch immer wieder in Beschäftigung gestanden habe. Sein letztes längeres Dienstverhältnis als Fleischergeselle habe im Jahr 2000 durch fristlose Entlassung geendet. Während der Arbeitslosigkeit des Beschwerdeführers ab 30. November 2000 habe er mehrfach an Kursmaßnahmen teilgenommen. In Endberichten dieser Maßnahmen würden zwar sprachliche Lücken des Beschwerdeführers erwähnt, jedoch auch seine Kommunikationsfreude und Diskussionsbereitschaft sowie die rege Teilnahme am Kursgeschehen hervorgehoben. In keinem Fall seien schlechte Deutschkenntnisse als Hindernis angesehen worden, dem Kursgeschehen zu folgen. Auch die zuständige Beraterin des Beschwerdeführers beim Arbeitsmarktservice habe in einer Stellungnahme angegeben, dass der Beschwerdeführer zwar nicht perfekt Deutsch spreche, es in der Beratungssituation aber keine sprachlichen Probleme gegeben habe, da die Beraterin immer versucht habe, dem Beschwerdeführer alles in einfachen Worten genauestens zu erklären.

Anlässlich einer anonymen Anzeige vom 26. März 2007, wonach der Beschwerdeführer täglich im Cafe C. arbeite, sei eine Erhebung im Lokal veranlasst worden. Bei dieser Erhebung am 2. Mai 2007 sei der Beschwerdeführer vom Erhebungsorgan des Arbeitsmarktservice Wien arbeitend im Lokal angetroffen worden. Bei der Aufnahme der Niederschrift habe er angegeben, pro Woche 20 bis 30 Stunden im Lokal seiner Ehefrau unentgeltlich zu arbeiten, da aus finanziellen Gründen eine "Anmeldung" nicht möglich gewesen sei.

Bei einer persönlichen Vorsprache bei der belangten Behörde habe der Beschwerdeführer angegeben, dass er sehr schlecht Deutsch spreche und am linken Auge fast blind sei. Er wisse nicht, warum er am 2. Mai 2007 die Niederschrift unterschrieben habe, ihm sei vom Erhebungsbeamten gesagt worden, dass er die Niederschrift unterschreiben müsse. Dieser Erhebungsbeamte habe dazu als Zeuge befragt angegeben, dass er sich an das Gespräch noch gut erinnern könne, da er bereits im Zuge einer vorangegangenen Erhebung am 23. Oktober 2006 den Beschwerdeführer arbeitend im Lokal angetroffen habe. Der Erhebungsbeamte habe weiters angegeben, während des gesamten Gesprächs mit dem Beschwerdeführer den Eindruck gehabt zu haben, dass ihn dieser genau verstehen würde. Die Angaben in der Niederschrift habe der Beschwerdeführer selbst gemacht, sie seien ihm nicht vorgegeben worden. Seine Deutschkenntnisse seien auf jeden Fall ausreichend für eine normale Verständigung gewesen.

In einem Schreiben vom 18. Dezember 2007 habe der Steuerberater des Beschwerdeführers bestätigt, dass der Beschwerdeführer bereits jahrelang unentgeltlich laut "Konsensualvertrag" für das Unternehmen seiner Ehefrau (gemeint die Cafe C. KEG) Hilfsdienste leiste.

In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde aus, dass eine Voraussetzung für den Bezug einer Leistung aus der Arbeitslosenversicherung das Vorliegen von Arbeitslosigkeit sei. Eine Person, die ohne in einem Dienstverhältnis zu stehen, im Betrieb des Ehegatten tätig sei, gelte nicht als arbeitslos und habe daher keinen Anspruch auf Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung. Gemäß den geltenden gesetzlichen Bestimmungen gelte für den Fall, dass ein Arbeitsloser bei der Ausübung einer Tätigkeit betreten werde, die er nicht unverzüglich der zuständigen regionalen Geschäftsstelle angezeigt habe, die unwiderlegliche Rechtsvermutung, dass diese Tätigkeit über der Geringfügigkeitsgrenze entlohnt werde. Der kollektivvertragliche Mindestlohn für 20 Wochenstunden betrage laut Auskunft der Gewerkschaft brutto EUR 548,18. Den Angaben des Beschwerdeführers in der Berufung, wegen mangelnder Deutschkenntnisse die von ihm unterschriebene Niederschrift nicht verstanden zu haben, sei entgegenzuhalten, dass sowohl die Beraterin des Beschwerdeführers, als auch andere Trainer der von ihm absolvierten Maßnahmen die Deutschkenntnisse des Beschwerdeführers als durchaus ausreichend bewertet hätten, um einem normalen Gespräch zu folgen. Die Sehschwäche an einem Auge sei nicht geeignet, den Inhalt einer Niederschrift über eigene Angaben nicht zu erkennen; diese Sehschwäche habe den Beschwerdeführer schließlich auch nicht gehindert, ab 3. Mai 2007 eine Geschäftsführertätigkeit im Unternehmen seiner Ehefrau zu übernehmen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit seines Inhalts sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Antrag, ihn kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Nach § 7 Abs. 1 AlVG hat Anspruch auf Arbeitslosengeld, wer der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht, die Anwartschaft erfüllt und die Bezugsdauer noch nicht erschöpft hat.

Gemäß § 7 Abs. 2 AlVG steht der Arbeitsvermittlung zur Verfügung, wer eine Beschäftigung aufnehmen kann und darf und arbeitsfähig (§ 8), arbeitswillig (§ 9) und arbeitslos (§ 12) ist.

Gemäß § 12 Abs. 3 AlVG gilt unter anderem nicht als arbeitslos, wer in einem Dienstverhältnis steht (lit. a), wer selbständig erwerbstätig ist (lit. b) oder wer, ohne in einem Dienstverhältnis zu stehen, im Betrieb des Ehegatten, der Eltern oder Kinder tätig ist (lit. d).

Gemäß § 12 Abs. 6 AlVG gilt jedoch als arbeitslos, wer aus einer oder mehreren Beschäftigungen kein Entgelt über der Geringfügigkeitsgrenze erzielt (lit. a) oder wer, ohne in einem Dienstverhältnis zu stehen, im Betrieb des Ehegatten, der Eltern oder Kinder tätig ist, sofern das Entgelt dieser Tätigkeit, würde sie von einem Dienstnehmer ausgeübt, die Geringfügigkeitsgrenze nicht übersteigen würde (lit. d).

Nach § 24 Abs. 2 AlVG in der im Beschwerdefall zeitraumbezogen anzuwendenden Fassung ist, wenn sich die Zuerkennung oder die Bemessung des Arbeitslosengeldes nachträglich als gesetzlich nicht begründet herausstellt, die Zuerkennung zu widerrufen oder die Bemessung rückwirkend zu berichtigen.

Bei Einstellung, Herabsetzung, Widerruf oder Berichtigung einer Leistung ist der Empfänger des Arbeitslosengeldes gemäß § 25 Abs. 1 AlVG zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten, wenn er den Bezug durch unwahre Angaben oder durch Verschweigung maßgebender Tatsachen herbeigeführt hat oder wenn er erkennen musste, dass die Leistung nicht oder nicht in dieser Höhe gebührte. Nach Abs. 6 dieser Bestimmung ist eine Verpflichtung zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen einschließlich einer Verfügung zur Nachzahlung für Zeiträume unzulässig, die länger als fünf Jahre, gerechnet ab Kenntnis des maßgeblichen Sachverhalts durch die regionale Geschäftsstelle, zurückliegen.

§ 25 Abs. 2 AlVG idF vor der Novelle BGBl. I Nr. 77/2004 (Arbeitsmarktreformgesetz) lautete auszugsweise:

"(2) Wird ein Empfänger von Arbeitslosengeld (Notstandshilfe) bei einer Tätigkeit gemäß § 12 Abs. 3 lit. a, b, d oder g betreten, die er nicht unverzüglich der zuständigen regionalen Geschäftsstelle angezeigt hat (§ 50), so gilt die unwiderlegliche Rechtsvermutung, daß diese Tätigkeit über der Geringfügigkeitsgrenze entlohnt ist. Das Arbeitslosengeld (die Notstandshilfe) für zumindest zwei Wochen ist rückzufordern.

..."

§ 25 Abs. 2 AlVG idF BGBl. I Nr. 77/2004 lautet auszugsweise:

"(2) Wird ein Empfänger von Arbeitslosengeld (Notstandshilfe) bei einer Tätigkeit gemäß § 12 Abs. 3 lit. a, b oder d durch öffentliche Organe, insbesondere Organe von Behörden oder Sozialversicherungsträgern oder Exekutivorgane, betreten, die er nicht unverzüglich der zuständigen regionalen Geschäftsstelle angezeigt hat (§ 50), so gilt die unwiderlegliche Rechtsvermutung, daß diese Tätigkeit über der Geringfügigkeitsgrenze entlohnt ist. Das Arbeitslosengeld (die Notstandshilfe) für zumindest zwei Wochen ist rückzufordern.

..."

Gemäß § 38 AlVG sind die genannten Bestimmungen sinngemäß auf

die Notstandshilfe anzuwenden.

Wer Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung bezieht, ist gemäß § 50 Abs. 1 AlVG verpflichtet, neben der Aufnahme einer Tätigkeit gemäß § 12 Abs. 3 AlVG auch jede andere für das Fortbestehen und das Ausmaß des Anspruches maßgebende Änderung seiner wirtschaftlichen Verhältnisse sowie jede Wohnsitzänderung der regionalen Geschäftsstelle ohne Verzug, spätestens jedoch binnen einer Wochen seit dem Eintritt des Ereignisses anzuzeigen.

2. Die Beschwerde macht zunächst als Verfahrensmangel geltend, dass die belangte Behörde nicht näher darauf eingegangen sei, dass der Beschwerdeführer nur sehr schlecht Deutsch spreche und daher der Erhebung am 2. Mai 2007 nicht oder nur kaum folgen habe können. Die belangte Behörde gehe auch nicht darauf ein, dass die Beraterin des Beschwerdeführers beim Arbeitsmarktservice zwar angegeben habe, der Beschwerdeführer hätte den Beratungsgesprächen folgen können, sie aber auch gesagt habe, dass sie diese Gespräche in einfachen Worten abgehalten und alles genauestens erklärt habe. Hinsichtlich der Niederschrift vom 4. Dezember 2007 lege die belangte Behörde zudem nicht dar, weshalb sie die dort gemachten Angaben des Beschwerdeführers für irrelevant bzw. nicht glaubwürdig gehalten habe. Das Vorbringen des Beschwerdeführers, er erbringe lediglich geringfügige Hilfsleistungen im Cafe C., werde nicht berücksichtigt. Die vom Beschwerdeführer angebotenen Beweise seien nicht berücksichtigt worden und es sei das rechtliche Gehör verletzt worden.

3. Zu diesem Vorbringen ist zunächst festzuhalten, dass der in der Berufung vom 16. Oktober 2007 erhobene Einwand des Beschwerdeführers, er verstehe nur unzureichend Deutsch, die belangte Behörde veranlasst hat, im Zuge des Berufungsverfahrens entsprechende Ermittlungen durchzuführen. Dabei wurde unter anderem das Erhebungsorgan, das die Niederschrift am 2. Mai 2007 aufgenommen hatte, förmlich als Zeuge einvernommen und zur Sprachkompetenz des Beschwerdeführers bei der Erhebung am 2. Mai 2007 befragt.

Der Grundsatz der freien Beweiswürdigung (§ 45 Abs. 2 AVG) bedeutet nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht, dass der in der Begründung des Bescheides niederzulegende Denkvorgang der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle nicht unterliegt. Die Bestimmung des § 45 Abs. 2 AVG hat nur zur Folge, dass die Würdigung der Beweise keinen gesetzlichen Regeln unterworfen ist. Dies schließt aber eine verwaltungsgerichtliche Kontrolle in der Richtung nicht aus, ob der Sachverhalt genügend erhoben ist und ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind, also nicht den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut widersprechen. Unter Beachtung dieser Grundsätze hat der Verwaltungsgerichtshof auch zu prüfen, ob die Behörde im Rahmen ihrer Beweiswürdigung alle in Betracht kommenden Umstände vollständig berücksichtigt hat. Hingegen ist der Verwaltungsgerichtshof nicht berechtigt, eine Beweiswürdigung der belangten Behörde, die einer Überprüfung unter den genannten Gesichtspunkten standhält, auf ihre Richtigkeit hin zu beurteilen, d. h. sie mit der Begründung zu verwerfen, dass auch ein anderer Ablauf der Ereignisse bzw. ein anderer Sachverhalt schlüssig begründbar wäre.

Wenn die Behörde den Ausführungen der Partei keinen Glauben schenkt, hat sie die Gründe dieser Beweiswürdigung im Bescheid auszuführen (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom 20. Oktober 2010, Zl. 2007/08/0256, mwN, und vom 19. Jänner 2011, Zl. 2008/08/0070).

Eine ordnungsgemäß aufgenommene Niederschrift ist eine öffentliche Urkunde. Sie liefert auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren vollen Beweis dessen, was darin festgehalten wird, wobei allerdings nach § 15 zweiter Satz AVG der Beweis der Unrichtigkeit eines durch eine Niederschrift bezeugten Vorganges jedenfalls zulässig ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. Juni 2007, Zl. 2006/07/0060).

Diesen Beweis erachtete die belangte Behörde als nicht erbracht. Sie hat sich im Ermittlungsverfahren ausgiebig mit dem Berufungsvorbringen der mangelnden Deutschkenntnisse auseinandergesetzt. Sie hat aufgrund der Ermittlungsergebnisse in nachvollziehbarer und schlüssiger Weise angenommen, dass der Beschwerdeführer in der Lage war, der Amtshandlung am 2. Mai 2007 ohne Dolmetscher zu folgen und dass er die dort niederschriftlich festgehaltenen Angaben machen habe können. Es wäre auch nur schwer denkbar, dass detaillierte zeitliche Angaben wie die Öffnungszeiten des Cafe C., die wöchentliche Arbeitszeit des Beschwerdeführers und das voraussichtliche Datum seiner Beschäftigungsmeldung festgehalten würden, ohne dass der Beschwerdeführer selbst sich zu diesen Themen geäußert hätte. Die von der belangten Behörde getroffene Feststellung der ausreichenden Deutschkenntnisse begegnet daher vor dem Verwaltungsgerichtshof keinen Bedenken; auch die Angabe des Beschwerdeführers, er wisse nicht mehr, warum er die Niederschrift letztlich unterschrieben habe, ist jedenfalls nicht geeignet, Zweifel am Inhalt dieser Niederschrift zu wecken, geschweige denn den dem Beschwerdeführer obliegenden Nachweis für die Unrichtigkeit der Niederschrift zu erbringen.

Hinsichtlich der vom Beschwerdeführer behaupteten Nichterledigung von Beweisanträgen weist die Beschwerde lediglich pauschal darauf hin, dass es in der Berufung vom 16. Oktober 2007 "schlüssig" Beweisanbote gegeben hätte. Dazu ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer, der bei der Berufungserhebung anwaltlich vertreten war, in seiner Berufung tatsächlich keine ausdrücklichen Beweisanträge gestellt hat und auch das sonstige Berufungsvorbringen nicht erkennen lässt, dass er bestimmte Beweise zur Untermauerung seines Vorbringens zumindest schlüssig angeboten hätte.

Auch bezüglich der behaupteten Verletzung des Parteiengehörs verabsäumt es die Beschwerde, näher zu substantiieren, hinsichtlich welcher Ermittlungsergebnisse unzureichend Parteiengehör eingeräumt worden sei und woraus sich die Relevanz der behaupteten Verletzung des Parteiengehörs ergebe.

4. Die Beschwerde macht geltend, die belangte Behörde übersehe, dass der Beschwerdeführer ein eigenes wirtschaftliches Interesse am Erfolg der Cafe C. KEG habe, da er Kommanditist derselben sei. Deshalb habe er aufgrund der schlechten Ertragssituation des Unternehmens gelegentlich unentgeltliche Hilfstätigkeiten geleistet. Dem Beschwerdeführer werde ein Entgelt über der Geringfügigkeitsgrenze angerechnet; dabei übersehe die belangte Behörde allerdings, dass der Beschwerdeführer die Hilfstätigkeiten unentgeltlich verrichtet habe. Die belangte Behörde gehe irrig davon aus, dass eine unentgeltliche Tätigkeit eines Kommanditisten die unwiderlegliche Rechtsvermutung nach sich ziehe, dass diese Tätigkeit über der Geringfügigkeitsgrenze liege. Ein Kommanditist als Gesellschafter sei nämlich nicht mit einem Arbeitslosen gleichzusetzen, welcher bei der Ausübung seiner Tätigkeit betreten werde, "dies allein aufgrund der gesellschaftsrechtlichen Verpflichtungen". Es obliege in diesem Fall der Behörde, zu dokumentieren, dass der Beschwerdeführer für seine Tätigkeit entlohnt werde. Eine Entlohnung sei im gegenständlichen Fall bereits aufgrund der finanziellen Situation der Gesellschaft auszuschließen, wozu die belangte Behörde keine Feststellungen getroffen habe.

Die belangte Behörde ist davon ausgegangen, dass der Beschwerdeführer im Betrieb seiner Ehegattin tätig gewesen sei und damit gemäß § 12 Abs. 3 lit. b AlVG nicht als arbeitslos gegolten habe. Zum Umfang der Tätigkeit des Beschwerdeführers hat die belangte Behörde im Hinblick auf die Rechtsvermutung gemäß § 25 Abs. 2 AlVG keine näheren Feststellungen getroffen.

Damit erweist sich der angefochtene Bescheid als inhaltlich rechtswidrig:

Bei der Cafe C. KEG handelte es sich um eine Kommanditgesellschaft und somit um ein eigenes Zurechnungssubjekt von Rechten und Pflichten, deren Betrieb - auch wenn die Ehefrau des Beschwerdeführers (einzige) Komplementärin war - nicht als "Betrieb der Ehegattin" angesehen werden kann (vgl. - zu einer GmbH - das hg. Erkenntnis vom 31. Mai 2000, Zl. 96/08/0024, sowie - zu einer KEG als Dienstgeber im Sinne des § 35 ASVG - das hg. Erkenntnis vom 4. Juni 2008, Zl. 2005/08/0022).

Die belangte Behörde hätte daher zu prüfen gehabt, ob die festgestellte Tätigkeit des Beschwerdeführers - im Hinblick auf seine Beteiligung an der Cafe C. KEG als Kommanditist - gegebenenfalls als selbständige Erwerbstätigkeit anzusehen war (vgl. zur möglichen Beurteilung eines Kommanditisten - bei entsprechenden Einflussmöglichkeiten auf die Geschäftsführung - als selbständig Erwerbstätiger das hg. Erkenntnis vom 14. Jänner 2004, Zl. 2000/08/0108), oder ob eine Beschäftigung als Dienstnehmer im Sinne des § 4 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 ASVG vorlag. Dabei kann die Behörde grundsätzlich, wenn jemand bei der Erbringung von Dienstleistungen arbeitend unter solchen Umständen angetroffen wird, die nach der Lebenserfahrung üblicherweise auf ein Dienstverhältnis hindeuten (wie dies bei der Tätigkeit als Kellner in einem Gastwirtschaftsbetrieb der Fall ist), von einem Dienstverhältnis im üblichen Sinne ausgehen, sofern im Verfahren nicht jene atypischen Umstände dargelegt werden, die einer solchen Deutung ohne nähere Untersuchung entgegenstehen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Juli 2001, Zl. 99/08/0030, Slg. Nr. 15653 A/2001).

Im Falle eines Dienstverhältnisses hätte der Beschwerdeführer gemäß § 12 Abs. 3 lit. a AlVG nicht als arbeitslos gegolten, es sei denn, das Entgelt wäre unter der in § 12 Abs. 6 lit. a AlVG genannten Grenze gelegen. Dass der Beschwerdeführer nach seinen Angaben tatsächlich kein Entgelt erhalten hat, wäre in diesem Fall unbeachtlich, da es bei der Beurteilung des Vorliegens der Arbeitslosigkeit gemäß § 12 Abs. 6 lit. a AlVG nicht darauf ankommt, welches Entgelt der Beschwerdeführer tatsächlich erhalten, sondern darauf, auf welches Entgelt er auf Grund seiner Beschäftigung Anspruch hatte (vgl. das hg. Erkenntnis vom 3. Oktober 2002, Zl. 97/08/0611). Sollte der Beschwerdeführer die festgestellte Tätigkeit hingegen als selbständig Erwerbstätiger ausgeübt haben, so könnte er nur dann als arbeitslos gelten, wenn die Einkommens- und Umsatzgrenzen des § 12 Abs. 6 lit. d AlVG nicht überschritten werden.

Sowohl bei selbständiger als auch bei unselbständiger Tätigkeit kommt im Beschwerdefall zwar die unwiderlegliche Rechtsvermutung des § 25 Abs. 2 AlVG ("Entlohnung" über der Geringfügigkeitsgrenze) zur Anwendung. Die belangte Behörde hat allerdings übersehen, dass die Rechtsvermutung des ersten Satzes des § 25 Abs. 2 AlVG nur für die im zweiten Satz genannte Frist von - nach der hier noch anzuwendenden Rechtslage - zwei Wochen (zurückgerechnet ab dem Zeitpunkt des "Betretens") gilt. Eine über diese Frist hinausgehende Rückforderung hängt davon ab, ob die allgemeinen Voraussetzungen der §§ 24 und 25 Abs. 1 AlVG vorliegen (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 18. Oktober 2000, Zl. 2000/08/0138).

Zwar liegt aufgrund der im angefochtenen Bescheid auch wiedergegebenen Aussagen des Beschwerdeführers, er habe (gemeint wohl: während des gesamten von der Rückforderung betroffenen Zeitraums) "pro Woche 20 bis 30 Stunden im Lokal" gearbeitet, auch nahe, dass der Beschwerdeführer schon aufgrund dieser zeitlichen Inanspruchnahme möglicherweise nicht im Sinne des § 7 Abs. 3 Z 1 AlVG verfügbar gewesen sein könnte. Die belangte Behörde hat aber allein aufgrund der Rechtsvermutung des § 25 Abs. 2 AlVG den Leistungsbezug für den gesamten Zeitraum vom 26. März 2002 bis 2. Mai 2007 zurückgefordert, ohne nähere Feststellungen über Art und Umfang der Tätigkeit des Beschwerdeführers vor dem von der Vermutung gedeckten zweiwöchigen Zeitraum zu treffen.

Sie hat damit den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet, sodass dieser gemäß § 42 Abs. 1 VwGG aufzuheben war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 25. Mai 2011

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