Normen
KFG 1967 §102 Abs10;
StVO 1960 §1 Abs1;
StVO 1960 §5 Abs2;
StVO 1960 §99 Abs1 litb;
VStG §5 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z1;
KFG 1967 §102 Abs10;
StVO 1960 §1 Abs1;
StVO 1960 §5 Abs2;
StVO 1960 §99 Abs1 litb;
VStG §5 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z1;
Spruch:
I. zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird hinsichtlich des Spruchpunktes 1 des erstinstanzlichen Bescheides (Übertretung nach § 5 Abs. 2 StVO 1960) als unbegründet abgewiesen.
Hingegen wird der angefochtene Bescheid hinsichtlich der Spruchpunkte 5 bis 7 (Übertretungen nach § 102 Abs. 10 KFG 1967) wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
II. den Beschluss gefasst:
Die Behandlung der Beschwerde wird hinsichtlich der Spruchpunkte 3, 4 und 8 (Übertretungen nach § 102 Abs. 5 lit. b KFG 1967 sowie § 102 Abs. 9 KFG 1967) abgelehnt.
Begründung
Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kufstein vom 12. März 2008 wurde dem Beschwerdeführer vorgeworfen, er habe am 18. Jänner 2008 um 23.05 Uhr (hinsichtlich Übertretung 1. 23.10 Uhr) an einem näher genannten Ort als Lenker eines dem Kennzeichen nach näher bestimmten Sattelzugfahrzeuges mit Sattelanhänger nachstehende Verwaltungsübertretungen begangen:
"1. Sie haben zum angeführten Zeitpunkt am angeführten Ort das angeführte Fahrzeug gelenkt und sich nach Aufforderung eines besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organ der Straßenaufsicht geweigert, Ihre Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, wobei vermutet werden konnte, dass Sie sich beim Lenken in einem alkoholbeeinträchtigten Zustand befunden haben.
2. Sie haben es als Fahrzeuglenker unterlassen, den Führerschein trotz Verlangen eines Organs der Straßenaufsicht zur Überprüfung auszuhändigen.
3. Sie haben es als Lenker unterlassen, den Zulassungsschein des Sattelzugfahrzeuges trotz Verlangens der Straßenaufsicht dieses Dokument zur Überprüfung auszuhändigen.
4. Sie haben es als Lenker unterlassen, den Zulassungsschein des Sattelanhängers trotz Verlangens der Straßenaufsicht dieses Dokument zur Überprüfung auszuhändigen.
5. Sie haben als Lenker des angeführten Fahrzeuges keine geeignete Warneinrichtung mitgeführt bzw. es wurde das Vorweisen der Warneinrichtung verweigert.
6. Sie haben als Lenker kein geeignetes Verbandszeug, das zur Wundversorgung geeignet und in einem widerstandsfähigen Behälter staubdicht verpackt und gegen Verschmutzung geschützt war, mitgeführt bzw. es wurde das Vorweisen des Verbandszeuges verweigert.
7. Sie haben keine geeignete, der ÖNORM EN 471 entsprechende Warnkleidung mit weiß retroreflektierenden Streifen mitgeführt bzw. wurde das Vorweisen verweigert.
8. Sie haben sich als Lenker, obwohl es Ihnen zumutbar war, vor Antritt der Fahrt nicht davon überzeugt, dass das von Ihnen verwendete Fahrzeug den Vorschriften des Kraftfahrgesetzes entspricht, da festgestellt wurde, dass Sie für das Fahrzeug der Klasse N 3 keine geeigneten Schneeketten für mindestens zwei Antriebsräder mitgeführt haben, obwohl während des Zeitraumes von jeweils 15. November bis 15. April der Lenker eines Kraftfahrzeug der Klassen M2, M3, N2 und N3 sowie von einem solchen Fahrzeug abgeleiteten Kraftfahrzeug geeignete Schneeketten für mindestens zwei Antriebsräder mitzuführen hat.
9. Sie haben als Lenker des angeführten KFZ, welches zur Güterbeförderung im internationalen Straßenverkehr eingesetzt ist und dessen höchst zulässiges Gesamtgewicht einschließlich Anhänger oder Sattelanhänger 3.5 t übersteigt, folgende Übertretungen begangen. Sie haben die Schaublätter für Tage der laufenden Woche nicht vorgelegt, obwohl die Schaublätter der laufenden Woche dem Kontrollorgan auf dessen Verlangen vorzulegen sind."
Der Beschwerdeführer habe dadurch Verwaltungsübertretungen nach § 99 Abs. 1 lit. b iVm § 5 Abs. 2 StVO 1960 (Spruchpunkt 1), § 37 Abs. 1 iVm § 14 Abs. 1 Z. 1 FSG (Spruchpunkt 2), § 102 Abs. 5 lit. b KFG (Spruchpunkte 3 und 4), § 102 Abs. 10 KFG 1967 (Spruchpunkte 5 bis 7), § 102 Abs. 9 KFG 1967 (Spruchpunkt 8) und § 134 Abs. 1 KFG 1967 iVm Art. 15 Abs. 7 lit. a Abschnitt i EG-VO 3821 (Spruchpunkt 9) begangen.
Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wurden über ihn folgende Geldstrafen (Ersatzfreiheitsstrafen) verhängt: 1. EUR 1.162,--(12 Tage)‚ 2. EUR 36,-- (12 Stunden), 3. EUR 29,-- (12 Stunden), 4. EUR 29,-- (12 Stunden), 5. 36,-- (12 Stunden), 6. EUR 36,-- (12 Stunden), 7. EUR 36,-- (12 Stunden), 8. EUR 36,-- (12 Stunden) und 9. EUR 220,-- (2 Tage).
Der dagegen gerichteten Berufung des Beschwerdeführers wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 13. August 2008 teilweise Folge gegeben, das Straferkenntnis hinsichtlich der Spruchpunkte 2 und 9 behoben und diesbezüglich das Strafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 2 VStG eingestellt, im Übrigen wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen.
Gegen den abweisenden Teil dieses Bescheides richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
1. Zu Spruchpunkt 1 (Übertretung der StVO 1960):
Der Beschwerdeführer bringt zunächst vor, er hätte nicht zur Atemalkoholuntersuchung aufgefordert werden dürfen, weil er sich nicht auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr befunden habe. Hiezu genügt es, auf die hg. Rechtsprechung zu verweisen, wonach einer diesbezüglichen Aufforderung auch auf "Privatgrund" Folge zu leisten ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. Oktober 2004, Zl. 2002/02/0049, uvm).
Die Beschwerde führt weiters aus, dass der einschreitende Polizeibeamte mangels konkreten Verdachtes einer Alkoholisierung nicht berechtigt gewesen sei, den Beschwerdeführer zu einem Alkotest aufzufordern. Hinsichtlich der dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Übertretung des § 5 Abs. 2 StVO kam es zunächst darauf an, dass die einschreitenden Beamten im Zeitpunkt der von ihnen durchgeführten Amtshandlung auf Grund der näheren Tatumstände den begründeten Verdacht haben konnten, dass der Beschwerdeführer in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand ein Fahrzeug gelenkt habe. Dies war jedoch auf Grund der Wahrnehmung von Alkoholisierungsmerkmalen (gerötete Bindehäute und aufbrausendes, unbeherrschtes Verhalten) im Zeitpunkt der Befragung des Beschwerdeführers der Fall, zumal nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. April 2004, Zl. 2003/03/0252) für den hier maßgeblichen Verdacht einer Alkoholisierung bereits das Vorliegen eines einzigen Alkoholisierungsmerkmales genügt.
Es ist richtig, dass sich der "Verdacht" im Sinne des § 5 Abs. 2 StVO 1960 auch darauf beziehen muss, dass der Aufgeforderte ein Fahrzeug auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr gelenkt habe (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. Oktober 2004, Zl. 2002/02/0049). Der ursprüngliche Anlass des Einschreitens der Beamten war nach den Feststellungen des angefochtenen Bescheides darin gelegen, dass der Beschwerdeführer mit einem Sattelzugfahrzeug von einer näher bezeichneten Bundesstraße in eine Landesstraße einbog, auf der ein Fahrverbot für alle Kraftfahrzeug über 3,5 t bestand, sodass auf Grund des Nachfahrens und der unmittelbar daran anschließenden Anhaltung kein Zweifel bestehen kann, dass der Beschwerdeführer das Fahrzeug auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr gelenkt hat.
Über die näheren Umstände der Durchführung einer Atemluftprobe bestimmt allein das jeweils einschreitende Organ. Der Aufgeforderte hat weder ein Bestimmungsrecht hinsichtlich Ort und Zeit der Atemluftprobe noch kommt ihm ein Wahlrecht zur Art der Untersuchung zu. Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits entschieden, dass das Gesetz dem zur Alkoholuntersuchung Aufgeforderten kein Recht einräumt, die Untersuchung mit dem Hinweis zu verweigern, es sei kein Atemalkoholmessgerät an Ort und Stelle (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 15. September 1999, Zl. 95/03/0232). Damit ist aber auch klargestellt, dass eine Aufforderung zur Atemluftalkoholuntersuchung unabhängig davon ergehen darf, ob sich ein Atemalkoholmessgerät zum Zeitpunkt der Aufforderung vor Ort befindet, erst ein Polizeifahrzeug mit Alkomat zum Anhalteort beordert werden muss, um die Messung durchzuführen oder diese Messung bei der nächsten Polizeidienststelle, bei der sich ein Atemalkoholmessgerät befindet, durchgeführt werden kann.
Es stellt daher - entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers -
auch keinen relevanten Mangel dar, wenn die belangte Behörde die Einvernahme des Zeugen BI Silberbauer zum Beweis dafür, dass die Meldungsleger kein Vortestgerät dabei gehabt hätten und daher eine Verweigerung der Alkoholuntersuchung mit einem Vortestgerät zu keinem Zeitpunkt erfolgt sei, unterlassen hat.
Als weiteren Verfahrensmangel rügt der Beschwerdeführer schließlich, dass die belangte Behörde die Krankenschwester, die bei ihm die Blutabnahme durchgeführt und dabei weder Alkoholisierungsmerkmale noch Alkoholgeruch wahrgenommen habe, nicht als Zeugin einvernommen habe.
Der belangten Behörde kann nicht entgegengetreten werden, wenn sie beim gegebenen Sachverhalt von der Einvernahme einer Zeugin Abstand nahm, die den Beschwerdeführer erst einige Zeit nach der Aufforderung zu Alkotest behandelt hat, zumal der Meldungsleger selbst dann, wenn diese Zeugin bestätigt hätte, dass sie keinen Alkoholgeruch der Atemluft wahrnahm, auf Grund der von ihm in zeitlich näherem Zusammenhang festgestellten Alkoholisierungssymptome zur Vermutung einer Alkoholbeeinträchtigung des Beschwerdeführers berechtigt war.
Der Beschwerdeführer bestreitet sodann, dass ihn an der vorgeworfenen Verweigerung ein Verschulden treffe, weil er eine Kontrolle nach der StVO 1960 und dem KFG 1967 deshalb für unzulässig gehalten habe, weil er sich auf einem Privatgrundstück befunden habe. Soweit sich der Beschwerdeführer damit offenbar auf einen Rechtsirrtum beruft, ist zu bemerken, dass einem Rechtsirrtum auch im Verwaltungsstrafverfahren nach Maßgabe des § 5 Abs. 2 VStG Bedeutung zukommt. Nach dieser Gesetzesstelle entschuldigt Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift, der der Täter zuwidergehandelt hat, allerdings nur dann, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann aber die Unkenntnis oder irrige Auslegung von Bestimmungen der StVO 1960 (und des KFG 1967) für Lenker von Kraftfahrzeugen nicht als unverschuldet angesehen werden (vgl. etwa das Erkenntnis vom 17. Juni 1994, Zl. 94/02/0251). Wenn der Beschwerdeführer daher - entgegen der oben dargestellten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 99 Abs. 1 lit. b in Verbindung mit § 5 Abs. 2 StVO 1960 - zum Zeitpunkt der Aufforderung zur Ablegung der Atemluftprobe der Ansicht gewesen sein sollte, hiezu auf Privatgrund nicht verpflichtet zu sein, so handelte es sich um eine irrige Auslegung der StVO 1960, die nicht als unverschuldet angesehen werden kann. Im Übrigen hätte der Beschwerdeführer auf Grund der Aufforderung durch das Straßenaufsichtsorgan jedenfalls Zweifel an seiner - unrichtigen - Rechtsansicht haben müssen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. Juni 1994, Zl. 94/02/0251).
Die vorliegende Beschwerde erweist sich daher - soweit sie Spruchpunkt 1 des erstinstanzlichen Bescheides betrifft - als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
2. Zu den Spruchpunkten 5 bis 7 (Übertretungen nach § 102 Abs. 10 KFG 1967):
§ 102 Abs. 10 erster Satz KFG 1967 lautet:
"Der Lenker hat auf Fahrten Verbandzeug, das zur Wundversorgung geeignet und in einem widerstandsfähigen Behälter staubdicht verpackt und gegen Verschmutzung geschützt ist, sowie bei mehrspurigen Kraftfahrzeugen eine geeignete Warneinrichtung und eine geeignete, der ÖNORM EN 471 entsprechende Warnkleidung mit weiß retroreflektierenden Streifen mitzuführen."
Zu Recht rügt der Beschwerdeführer zu diesen ihm vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen, dass ihm lediglich das "Nicht- Mitführen " von Verbandzeug und Pannendreieck angelastet hätte werden können:
Der Verwaltungsgerichtshof hat nämlich im Erkenntnis vom 19. Oktober 2004, Zl. 2004/02/0214, zu § 102 Abs. 10 (erster Satz) KFG 1967 die Rechtsansicht vertreten, dass diese Gesetzesstelle keine Handhabe bietet, den Lenker auch wegen des "Nicht-Vorweisens" - wie im vorliegenden Beschwerdefall spruchgemäß angelastet - dieser Gegenstände zu bestrafen.
Der angefochtene Bescheid war daher hinsichtlich dieser Spruchpunkte gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
3. Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff, insbesondere § 50, VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
II. Zu den Spruchpunkten 3, 4 und 8 (Übertretungen nach § 102 Abs. 5 lit. b KFG 1967 sowie § 102 Abs. 9 KFG 1967):
Gemäß § 33a VwGG kann der Verwaltungsgerichtshof die Behandlung einer Beschwerde gegen einen Bescheid eines unabhängigen Verwaltungssenates durch Beschluss ablehnen, wenn die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil sie von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird, in Verwaltungsstrafsachen außerdem nur dann, wenn eine Geldstrafe von höchstens EUR 750,-- verhängt wurde.
Die Voraussetzungen für eine Ablehnung der vorliegenden Beschwerde nach dieser Gesetzesstelle sind hinsichtlich der Spruchpunkte 3, 4 und 8 erfüllt. Es wurde jeweils keine EUR 750,-- übersteigende Geldstrafe verhängt. Die Fällung einer Sachentscheidung über die Beschwerde hängt von keiner Rechtsfrage ab, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.
Wien, am 18. November 2011
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)