VwGH 2007/11/0034

VwGH2007/11/003431.1.2011

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner sowie Senatspräsident Dr. Gall und die Hofräte Dr. Schick, Dr. Grünstäudl und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Trefil, über die Beschwerde des F K in W, vertreten durch Dr. Hans Kröppel, Rechtsanwalt in 8650 Kindberg, Hauptstraße 7, gegen den Bescheid der Bundesberufungskommission für Sozialentschädigungs- und Behindertenangelegenheiten vom 23. Jänner 2007, Zl. 41.550/3- 9/05/ISchG, betreffend Entschädigung nach dem Impfschadengesetz, zu Recht erkannt:

Normen

HVG §2;
ImpfSchG §1;
ImpfSchG §3 Abs3 idF 2005/I/048;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
HVG §2;
ImpfSchG §1;
ImpfSchG §3 Abs3 idF 2005/I/048;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer ist schuldig, dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Schriftsatz vom 28. September 2003, beim Bundessozialamt eingelangt am 2. Oktober 2003, brachte der im Jahr 1949 geborene Beschwerdeführer eine "Schädigung zur Meldung, die eine Hepatitis B-Impfung, verabreicht durch den … Anfang Nov. 2000" nach sich gezogen habe. Darin machte der Beschwerdeführer geltend, wenige Tage nach der Impfung habe er einen völligen körperlichen und geistigen Zusammenbruch, verbunden mit hohem Fieber und hochgradiger zeitlicher und räumlicher Verwirrtheit und Desorientiertheit aufgewiesen, nach seinem Hausarzt eine "Eiweißunverträglichkeit", wie sie bei derartigen Impfungen häufig vorkäme. Er sei vor dieser Impfung gesund gewesen, für ihn sei schon gleich nach der Impfung völlig klar gewesen, dass hier "etwas ganz Gravierendes" geschehen sei, was zu überprüfen sei. Der Behörde wurde unter anderem der Befund der Sonderkrankenanstalt-Rehabilitationszentrum Hochegg, Grimmenstein, vom 23. April 2003 vorgelegt, in welchem als Diagnosen angeführt werden: "Aortenvitium mit überwiegender mäßiggradiger Aorteninsuffizienz, Z.n. Chlamydienpneumonie, Gonarthrose links, Hypercholesterinämie".

Im Rahmen einer Niederschrift vor dem Bundessozialamt, Landesstelle Niederösterreich, vom 2. Juni 2004 legte der Beschwerdeführer den Impfnachweis über eine Hepatitis B-Auffrischungsimpfung vom 10. Oktober 2000 (Impfstoff Engerix B mit der dort genannten Chargennummer) vor und machte "folgende Gesundheitsschädigungen nach dem Impfschadengesetz" geltend:

"Aortenvitium mit überwiegender mäßiggradiger Aorteninsuffizienz sowie CFS-chronic fatigue syndrome (starke Benommenheit, Kopfschmerzen, zeitliche und räumliche Desorientiertheit, hohes Fieber, Übelkeit, Schwindel, Erschöpfung, Durchschlafstörungen, Atemnot, Stimmstörung, hochgradige Konzentrationsstörungen, usw. ...)"

Nach Einholung der Gutachten eines Facharztes für Nervenkrankheiten (Dr. H.) vom 14. Juli 2004, in welchen zu den Leiden des Beschwerdeführers unter anderem die Beurteilung vorgenommen wird "kein Zusammenhang mit der im Oktober 2000 durchgeführten Hepatitis-B-Impfung" und eines Facharztes für Innere Medizin (Dr. R.) vom 14. Juli 2004, in dem unter anderem festgehalten wird, dass weder das chronische Müdigkeitssyndrom mit den vom Beschwerdeführer geschilderten Symptomen noch der geschilderte Herzklappenschaden Folgeerscheinungen der Hepatitis B-Auffrischungsimpfung mit dem Impfstoff Engerix 11/00 seien, forderte die erstinstanzliche Behörde den Beschwerdeführer mit Schreiben vom 7. September 2004 auf, zu den Ermittlungsergebnissen Stellung zu nehmen. Der Beschwerdeführer beantwortete dies mit seinem Schreiben vom 24. September 2004, worin er das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens als unrichtig qualifizierte. Daraufhin erließ die erstinstanzliche Behörde ihren Bescheid vom 13. Oktober 2004, mit welchem sie den Antrag des Beschwerdeführers gemäß §§ 1b und 2 des Impfschadengesetzes abwies. In der Begründung führte sie im Wesentlichen aus, dass sich auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens ergeben habe, dass ein kausaler Zusammenhang zwischen der Hepatitis B-Auffrischungsimpfung und den beim Beschwerdeführer vorliegenden Gesundheitsschädigungen nicht vorliege, sondern das bei ihm bestehende Aortenvitium eine degenerative Herzklappenerkrankung darstelle.

Auf Grund der dagegen vom Beschwerdeführer erhobenen Berufung holte die belangte Behörde weitere Gutachten von Fachärzten ein, die im Wesentlichen (auszugsweise) folgenden Wortlaut haben:

Gutachten des Facharztes für Innere Medizin Dr. Sch. vom 1. März 2005:

"…

Beurteilung und weitere Feststellungen:

Wie schon im internistischen Vorgutachten ausführlich ausgeführt, ist das kombinierte Aortenvitium eine degenerative Herzklappenerkrankung, welche zwar keine häufige, aber eine doch immer wieder vorkommende Erkrankung ist. Ein Zusammenhang mit einer Hepatitis B-Impfung kann durch den Stand des medizinischen Wissens mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden.

Auch ein Zusammenhang zwischen einer Chlamydien-Infektion sowie anderen Infektionen mit der Hepatitis-B-Impfung ist äußerst unwahrscheinlich, zumal bei einer derartigen Verunreinigung wohl nicht nur ein einziger Patient betroffen wäre.

Die Beurteilung der übrigen angegebenen Beschwerden betrifft nicht das Fachgebiet der inneren Medizin, sondern das Fachgebiet der Neurologie und Psychiatrie.

Eine Minderung der Erwerbsfähigkeit laut Impfschadengesetz ist im internen Fachbereich nicht gegeben.

Die wesentlichen Feststellungen in Abl. 45 beziehen sich ebenfalls auf das neurologisch/psychiatrische Fachgebiet."

Gutachten des Facharztes für Nervenkrankheiten Dr. S vom 27. Juni 2005:

"Beurteilung:

Bezüglich der Kausalität kann bei chronifiziertem depressiven Syndrom mit somatoformer Störung kein Zusammenhang mit der im Oktober 2000 durchgeführten Hep.B-Impfung neurologischpsychiatrischerseits gefunden werden.

Bezüglich des neuerlich vorgelegten Befundes auf Abl. 45/25 besteht keine neurogene Beeinträchtigung im Bereich der Muskulatur. Somit ist aus neurolog. Sicht keine MdE gegeben.

Aus neurolog. Sicht besteht eine Hilflosigkeit derzeit nicht, wonach sich der nachfolgende Fragenkatalog auf Abl. 45/5 erübrigen würde.

Bezüglich der wiederholten Urgenz auf das zeitlich aufeinanderfolgende Auftreten der psychischen Beschwerden nach Hep.B-Impfung ist von neurolog. Seite anzugeben, dass nach derzeit fachlicher Auffassung bezüglich der urgierten Beschwerden eine Zufälligkeit und Schicksalshaftigkeit, wie schon im VGA beschrieben, besteht."

Nach einer Stellungnahme des Beschwerdeführers, in welcher der Beschwerdeführer die Ermittlungsergebnisse bestritt, ergänzte der nervenfachärztliche Sachverständige sein Gutachten am 18. Oktober 2005 wie folgt:

"Ergänzende Stellungnahme

Aufgrund der Einwendungen des Parteiengehör auf Abl. 45/62-63 ergibt sich aus neurologischer Sicht keine Änderung der Einschätzung, da keine definitiv neurologischen Ausfälle im Untersuchungsgang am 27.6.2005 (siehe Abl. 45, 50) festzustellen waren.

Die zitierten 'Abnützungen' und die 'Depression' sind keine spezifisch nachvollziehbare Nebenwirkung des Impfstoffes.

Es muß noch einmal festgehalten werden, daß es sich dabei zusätzlich um eine Auffrischungsimpfung handelte.

Bezüglich der vorgelegten Beweismittel handelt es sich um einen Aufsatz über eine inflammatorische Myopathie, welche bei dem Pat. nicht festzustellen ist. Es handelt sich dabei um eine Nachweisbarkeit von Aluminium in der Absorptionsspectometrie im Muskel.

Diese Situation wurde bei dem AW nicht festgestellt. Daher kann der vorliegende Aufsatz auf Abl. 45/64-74 für den bestehenden Fall nicht als Beweismittel gelten.

Bezüglich der Frage nach der Wahrscheinlichkeit des Zurückführens der Gesundheitsschädigung auf die Hep. B-Impfung ist festzustellen, daß gerade erst am 27.6.2005 auf Abl. 45/50 die Feststellung gemacht wurde, daß die 5 Jahre zurückliegende Impfung nicht in kausalem Zusammenhang gesehen werden kann.

Eine Wahrscheinlichkeit diesbezüglich ist aus neurolog. Sicht nach wie vor nicht gegeben, da wie oben bereits bemerkt eine Muskelerkrankung neurologischerseits ausgeschlossen wurde und eine Nachweisbarkeit der toxischen Nebenwirkung zumindest aus neurolog. Sicht nicht gegeben ist."

Dem Beschwerdeführer wurden erneut die Ermittlungsergebnisse mit Schreiben der Behörde vom 12. Dezember 2005 bekannt gegeben und ihm Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt, die er mit Schriftsatz des Beschwerdevertreters vom 29. Dezember 2005 wahrnahm. Mit dieser Stellungnahme setzte sich zunächst der Amtssachverständige der belangten Behörde Dr. L auseinander, in welcher er im Ergebnis die Auffassung vertrat, ein Impfschaden im Sinne des Impfschadengesetzes liege aus gutachtlicher Sicht nicht vor. Daraufhin legte der Beschwerdeführer weitere Unterlagen, und insbesondere die als "Privatgutachten" bezeichnete Stellungnahme des Arztes für Allgemeinmedizin Dr. L vom 14. August 2006 vor, in welcher es unter anderem heißt:

"…

Wahrscheinlich

Das Krankheitsbild des AW wird als Chronique-Fatigue-Syndrom bezeichnet. Damit ist die Entstehung der Krankheit selbst noch nicht ganz geklärt. Aus den Symptomen und Befunden allein lässt sich ein Impfschaden nicht diagnostizieren. Diese Diagnose oder die Schlussfolgerung ergibt sich erst aus den folgenden Komponenten:

  1. 1. Auslösendes Ereignis (Ätiologie), war die Impfung
  2. 2. bekannte für den Impfstoff typische Nebenwirkungen, die sich mit den Symptomen des betroffenen Menschen decken müssen und

    3. das Fehlen anderer auslösender Faktoren

    Diese drei Komponenten sind zweifelsfrei gegeben und erlauben dem Gutachten den Schluss zu ziehen, dass es sich hier um einen Impfschaden handelt.

    Zusammenfassung

    Herr (der Beschwerdeführer) war bis zum Zeitpunkt der Impfung gegen Hepatitis B mit dem Impfstoff Engerix B bei guter Gesundheit, er war in der Lage seinen Beruf zu voller Zufriedenheit auszuüben.

    Am 4. Tage nach der Impfung erkrankte er akut an den für diesen Impfstoff typischen Nebenwirkungen.

    Außer dieser Impfung konnte kein anderes Ereignis ausgeforscht werden, das sein Leiden hätte hervorrufen können.

    Seither hat er seine Gesundheit trotz intensiven diagnostischen und therapeutischen Aufwands nicht mehr wieder erlangt. Er musste deswegen in Frühpension geschickt werden."

    Die belangte Behörde holte daraufhin ein weiteres Gutachten, nämlich das der Fachärztin für Nervenkrankheiten Dr. M vom 4. September 2006 ein, in welchem es, nach ausführlicher Darstellung der bisherigen Ermittlungsergebnisse und unter Berücksichtigung einer von der Ärztin am 4. September 2006 durchgeführten Untersuchung im Wesentlichen wie folgt lautet:

    "…

    Beantwortung der gestellten Fragen:

    1. Ist aus der Aktenlage ersichtlich, dass der Berufungswerber an einem CFS leidet?

    Nein. Es fehlt eine über ein definiertes Zeitintervall (siehe Kriterien des Chronic Fatigue Syndrome, Holmes) dokumentierte ärztliche Befundung.

    2. Kann ein CFS durch eine Hepatits B Auffrischungsimpfung ausgelöst werden?

    Nein. Wie ausführlich mit wissenschaftlichen Studien belegt (Seite 6), ist die Weltgesundheitsorganisation im 1/2006 zum Schluß gekommen, daß aufgrund der vorliegenden Evidenz kein Grund vorliegt einen Zusammenhang herzustellen.

    3. Können Depressionen durch ein CFS ausgelöst werden?

    Es besteht wohl kein Zweifel, dass jede lang andauernde Erkrankung wie es die CFS ist, auch eine depressive Begleitreaktion mit auslösen kann - in den aufgelisteten Symptomen beider Erkrankungen (Seite 7-8) findet man auch Überschneidungen - weshalb als wichtiges Ausschlusskriterium - siehe Major Criteria - chronic psychiatric disease, either newly diagnosed or by history (such as endogenous depression; hysterical personality disorder; anxiety neurosis) ausgeschlossen werden müssen!

    Bei Hr. K ist schon im Jahr 2003 nach einer ausführlichen neuropsychologischen Testung (Abl. 60-61-BeinstG) ein ausgeprägt depressives Syndrom mit Verlangsamung des psychomotorischen Tempos und eingeschränkter psychischer Belastungsfähigkeit diagnostiziert worden.

    4. Ist aus der Aktenlage ersichtlich ob für die geltend gemachten Beeinträchtigungen andere Ursachen verantwortlich gemacht werden können?

    Die Erschöpfungszustände, geringe Belastbarkeit und leichte Ermüdbarkeit werden im Entlassungsbericht der Univ.Klinik für Innere Medizin IV vom 12/2002 (Abl. 70-72-BeinstG) angeführt, und hätten sich unter Molsidolat 3x2mg/d deutlich gebessert.

    Im Entlassungsbrief von Hochegg vom 4/2003 (Abl. 51-57- BeinstG) wird eine zunehmende Müdigkeit seit Sommer 2002 angeführt, in der DU fand sich im August 2002 eine mittel bis höhergradige Aorteninsuffizienz. Nach der Angiograpie kam es zu einer Chlamydienpneumonie, welche länger antibiotisch behandelt wurde.

    Eine Lumbalpunktion zum Ausschluß einer anderen Genese der als 'encephalitisch' (Verwirrtheit, Desorientiertheit, Gedächtnisstörung) geschilderten Symptome wurde von Hr. K verweigert.

    Diese Symptome konnten bei der heutigen Untersuchung auch nicht verifiziert werden.

    5. Ab welchem Zeitpunkt liegen die Depressionen vor und können diese die Auslöser für die bestehenden Symptome sein?

    Erstmals in einem vorliegenden Befund beschrieben, werden sie im 9/2003. Neuerlich bestätigt wird die Depression in den nervenfachärztlichen Sachverständigen-Gutachten vom 7/2004 und 6/2005.

    Die von Hr. K geschildeten Symptome (Konzentrationsschwierigkeiten, schnelle Ermüdbarkeit), können die Folge einer chronifizierten jahrelang unbehandelten, aggravierten Depression sein.

    Eine Verwirrtheit, Störung der zeitlichen oder örtlichen Orientierung oder Gedächtnisstörung fanden sich weder bei den vorangegangenen noch heutigen Untersuchungen.

    6. Können Depressionen durch eine Hepatitis B Impfung ausgelöst werden und in welchem Zeitraum nach der Impfung müssen sie sich manifestieren?

    Nein. Es liegen keine wissenschaftlichen Studien vor, welche einen diesbezüglichen kausalen Zusammenhang aufzeigen.

    7. Können andere Bestandteile des Impfserums (Aluminium, sonstige Giftstoffe wie Schwermetalle, Quecksilber) CFS oder Depressionen auslösen?

    Nein. Dazu Folgendes: Recommendations of HepB Vaccination Regimens in Hong Kong Consensus of Scientific Working Group on Viral Hepatitis Prevention, Jan 2001

    Exposure to mercury as a result of thiomersal containing vaccines - there remains no convincing evidence of harmful effects of small amounts of thiomersal in vaccines.

    Thiomersal ist als Konservierungsmittel in Engerix B nicht mehr in Verwendung, wird in der Produktion noch eingesetzt.

    Da Aluminiumhydroxid im Impfstoff vorhanden ist und wissenschaftliche Studien einen kausalen Zusammenhang zwischen der Hepatitis B Impfung und CFS/Depressionen nicht aufgezeigt haben, muß diese Frage verneint werden. Aluminiumhydroxid selbst löst keine Allergien aus, allerdings kann es bei nicht in dem Muskel, sondern nur unter die Haut durchgeführten Impfungen teilweise sehr unangenehme Reaktionen an der Impfstelle auslösen."

    Nach Einholung einer weiteren Stellungnahme des Beschwerdeführers vom 18. Oktober 2006, in welcher er erneut die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens als unrichtig bezeichnet, die zuletzt genannte Gutachterin infolge - wie er behauptet - unsachlicher Äußerungen ablehnt und weitere Beweisanträge stellt, erließ die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid vom 23. Jänner 2007, mit welcher sie seiner Berufung keine Folge gab und den erstinstanzlichen Bescheid bestätigte. Sie verwies im Wesentlichen auf die eingeholten Sachverständigengutachten, die sich ausführlich mit den Einwendungen des Beschwerdeführers auseinandergesetzt hätten und gelangte - zusammengefasst - zu dem Ergebnis, dass auf Grund des Ermittlungsverfahrens sich ergeben habe, dass eine Kausalität zwischen der vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten Impfung und seiner Gesundheitsschädigung nicht bestehe und basierend auf dem im Rahmen der persönlichen Untersuchung erhobenen Befund auch nicht mit einer entsprechenden Wahrscheinlichkeit begründbar sei, und daher die Voraussetzungen für eine Entschädigung nach dem Impfschadengesetz im Sinne der Bestimmungen der §§ 1b Abs. 2 und 3 Abs. 3 nicht erfüllt seien.

    Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit welcher der Beschwerdeführer die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt.

    Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Das Impfschadengesetz, BGBl. Nr. 371/1973, in der vor Erlassung des angefochtenen Bescheides zuletzt mit BGBl. I Nr. 169/2006 geänderten Fassung, lautet auszugsweise:

"§ 1. Der Bund hat für Schäden, die durch eine Schutzimpfung auf Grund

...

verursacht worden sind, nach Maßgabe dieses Bundesgesetzes

Entschädigung zu leisten.

...

§ 1b. (1) Der Bund hat ferner für Schäden nach Maßgabe dieses Bundesgesetzes Entschädigung zu leisten, die durch eine Impfung verursacht worden sind, die nach einer gemäß Abs. 2 erlassenen Verordnung zur Abwehr einer Gefahr für den allgemeinen Gesundheitszustand der Bevölkerung im Interesse der Volksgesundheit empfohlen ist.

(2) Der Bundesminister für Gesundheit, Sport und Konsumentenschutz hat durch Verordnung jene Impfungen zu bezeichnen, die nach dem jeweiligen Stand der medizinischen Wissenschaft zur Abwehr einer Gefahr für den allgemeinen Gesundheitszustand der Bevölkerung im Interesse der Volksgesundheit empfohlen sind.

(3) Nach Maßgabe dieses Bundesgesetzes ist Entschädigung jedenfalls für Schäden zu leisten, die durch im jeweils ausgestellten Mutter-Kind-Pass genannte Impfungen verursacht worden sind.

...

§ 3. (1) (Verfassungsbestimmung) Die Angelegenheiten dieses Bundesgesetzes sind unmittelbar von Bundesbehörden zu versehen.

(2) Über Ansprüche auf Entschädigung nach diesem Bundesgesetz entscheidet in erster Instanz das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen, in zweiter und letzter Instanz die Bundesberufungskommission.

(3) Soweit dieses Bundesgesetz nicht Abweichendes bestimmt, sind die §§ 2, 31a, 54 bis 60, 65 bis 67, 69 bis 72, 73a, 82, 83 Abs. 1, 85 Abs. 1 erster Satz und Abs. 2, 86, 87, 87a Abs. 1 bis 3, 88 Abs. 3, 92 bis 94a und 98a Abs. 7 und 8 HVG sinngemäß anzuwenden.

..."

§ 2 des Heeresversorgungsgesetzes (HVG) lautet auszugsweise:

"§ 2. (1) Eine Gesundheitsschädigung ist als Dienstbeschädigung im Sinne des § 1 anzuerkennen, wenn und insoweit die festgestellte Gesundheitsschädigung zumindest mit Wahrscheinlichkeit auf das schädigende Ereignis oder die der Dienstleistung eigentümlichen Verhältnisse ursächlich zurückzuführen ist. ...

(2) Die Glaubhaftmachung eines ursächlichen Zusammenhanges durch hiezu geeignete Beweismittel genügt für die Anerkennung einer Gesundheitsschädigung als Dienstbeschädigung, wenn die obwaltenden Verhältnisse die Beschaffung von Urkunden oder amtlichen Beweismitteln zur Führung des Nachweises der Ursächlichkeit ausschließen.

..."

Bei der Hepatitis B-Impfung handelt es sich nach der - im Beschwerdefall im Hinblick auf den Zeitpunkt der Impfung maßgeblichen - Verordnung der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales über empfohlene Impfungen, BGBl. II 1997/242 um eine Impfung im Sinne des § 1b Abs. 2 des Impfschadengesetzes. Als zentrale Tatbestandsvoraussetzung wird in § 1b Impfschadengesetz, auf den sich der angefochtene Bescheid stützt, die Verursachung eines Schadens durch die Impfung normiert.

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich mit der Frage der Verursachung eines Schadens durch eine Impfung im Sinne des Impfschadengesetzes unter Bezugnahme auf die Novelle BGBl. I Nr. 48/2005, die auch im vorliegenden Fall Gültigkeit hat, in seinem Erkenntnis vom 17. November 2009, Zl. 2007/11/0005, auseinandergesetzt. Durch die genannte Novelle wurde § 3 Abs. 3 Impfschadengesetz dahin geändert, dass bei der Beurteilung eines Entschädigungsanspruches nach dem Impfschadengesetz der oben zitierte § 2 des Heeresversorgungsgesetzes (HVG) sinngemäß anzuwenden ist. Gemäß § 2 Abs. 1 HVG kommt es darauf an, dass die festgestellte Gesundheitsschädigung "zumindest mit

Wahrscheinlichkeit auf das schädigende Ereignis ... ursächlich

zurückzuführen ist"; Abs. 2 leg. cit. normiert, dass die Glaubhaftmachung eines ursächlichen Zusammenhanges für die Anerkennung einer Gesundheitsschädigung genügt, wenn die obwaltenden Verhältnisse die Führung des Nachweises der Ursächlichkeit ausschließen.

Die Erläuterungen (RV 671 BlgNR XXII. GP 6) zur Novelle des Impfschadengesetzes, BGBl. I Nr. 48/2005, führen zu § 3 Abs. 3 leg. cit. wie folgt aus:

"Dadurch wird im Bereich des Impfschadengesetzes ein Anspruch auf Entschädigung bereits dann eingeräumt, wenn die Gesundheitsschädigung zumindest mit Wahrscheinlichkeit auf die verabreichte Impfung zurückzuführen ist."

Daraus folgt, dass nach der hier anzuwendenden Rechtslage der Anspruch auf Entschädigung nach dem Impfschadengesetz nicht nur bei einem "Kausalitätsnachweis", sondern schon im Falle der "Kausalitätswahrscheinlichkeit" besteht. Davon ausgehend ist jedenfalls dann, wenn auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens anzunehmen ist, dass die drei maßgeblichen Kriterien (entsprechende Inkubationszeit, entsprechende Symptomatik, keine andere wahrscheinlichere Ursache) erfüllt sind, von der Wahrscheinlichkeit der Kausalität einer Impfung für die betreffende Gesundheitsschädigung im Sinne der §§ 1 und 3 Abs. 3 ImpfSchG iVm § 2 HVG auszugehen (vgl. erneut das hg. Erkenntnis vom 17. November 2009, Zl. 2007/11/0005). Anhand dessen ist zu überprüfen, ob die belangte Behörde ohne Rechtswidrigkeit zu dem Ergebnis gelangte, es sei im vorliegenden Fall nicht einmal die Wahrscheinlichkeit einer Kausalität der gegenständlichen Impfung für die Leiden des Beschwerdeführers anzunehmen.

Der Beschwerdeführer macht zunächst geltend, dass die Gutacherin Dr. M befangen gewesen sei, weil sie sich mit dem vom Beschwerdeführer vorgelegten Privatgutachten Dris. L nicht sachlich auseinandergesetzt habe, sondern in den Vordergrund gestellt habe, dass dieser ein bekannter Impfgegner sei und offenbar ein persönliches Interesse daran habe, den Privatgutachter und seinen Anwalt zu diffamieren.

Dem ist zu entgegnen, dass der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren nichts Konkretes vorgetragen hat und es sich um eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unbeachtliche Neuerung handelt.

Aber auch inhaltlich vermag es der Beschwerdeführer nicht, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen. Wie bereits oben ausgeführt, ist es nach der hier maßgebenden Rechtslage nicht erforderlich, den Kausalitätsbeweis zu erbringen, sondern es reicht für einen Anspruch auf Entschädigung aus, wenn eine "Kausalitätswahrscheinlichkeit" im oben beschriebenen Sinn besteht.

Der Beschwerdeführer stützte sich im Verwaltungsverfahren insbesondere auch auf eine wissenschaftliche Untersuchung des, wie er vorträgt, führenden Impfsachverständigen in Deutschland Dr. H., dessen Inaugural-Dissertation an der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main er zum Beweis seines Vorbringens vorlegte. Darin führt der genannte Sachverständige unter anderem aus, dass als Folgen der Hepatitis B-Impfung systematisch Müdigkeit und grippeartige Symptome auftreten, die zumeist keine Therapie erforderlich machen. An Impfkomplikationen würden bei 1 % der durchgeführten Impfungen schwere Arthralgien auftreten, die im Sinne eines Immunkomplexgeschehens interpretiert würden, desweiteren seien Vaskulitiden, Lymphadenopathien und schwere hypotone Kreislaufdysregulationen berichtet worden, in Einzelfällen seien Meningitiden, Enzephalitiden, Neuritiden und Guillain-Barr-Syndrome mit Tetraparesen beschrieben worden. Außerdem werde der Zusammenhang mit vermutlich autoimmun verursachten Erkrankungen wie Multipler Sklerose und idiopathischer thrombozytopenischer Purpura aufgrund von Einzelfallmeldungen diskutiert.

Im Ermittlungsverfahren, welches die belangte Behörde durchführte, sind die medizinischen Sachverständigen aus ihrer Sicht auch auf die Wahrscheinlichkeit einer Kausalität eingegangen. So hat nicht nur der Sachverständige Dr. Sch. eine Kausalität der gegenständlichen Impfung mit dem Leiden des Beschwerdeführers auch unter dem Aspekt einer Wahrscheinlichkeit verneint, sondern es hat insbesondere der Facharzt für Nervenkrankheiten Dr. S in seinem ergänzenden Gutachten vom 18. Oktober 2005 auch die Problematik der Wahrscheinlichkeit der Kausalität behandelt und ist zu dem Ergebnis gelangt, dass eine Wahrscheinlichkeit des Zurückführens der Gesundheitsschädigung auf die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte Hepatitis B-Impfung nicht gegeben sei. Er begründete dies zusammenfassend damit, dass eine Muskelerkrankung neurologischerseits ausgeschlossen worden sei und eine Nachweisbarkeit der toxischen Nebenwirkung zumindest aus neurologischer Sicht nicht gegeben sei. Er gelangte demgegenüber zu dem Ergebnis, dass beim Beschwerdeführer ein chronifiziertes depressives Syndrom mit somatoformer Störung vorliege.

Die Gutachterin Dr. M verneinte die von der Behörde an sie gestellte Frage, ob CFS (wie der Beschwerdeführer geltend gemacht hatte) durch eine Hepatitis B-Auffrischungsimpfung ausgelöst werden könne unter Hinweis auf die von ihr verwendeten und im Gutachten auch dargestellten wissenschaftlichen Studien und beantwortete die von der belangten Behörde an sie gestellte Frage, ob für die geltend gemachten Beeinträchtigungen andere Ursachen in Frage kämen, im Ergebnis damit, dass die Erschöpfungszustände, geringe Belastbarkeit und leichte Ermüdbarkeit auf eine mittelbis höhergradige Aorteninsuffizienz zurückzuführen seien und auch eine Chlamydienpneumonie vorliege, welche länger antibiotisch behandelt worden sei. Eine Lumbalpunktation zum Ausschluss einer anderen Genese der als "enzephalitisch" geschilderten Symptome habe der Beschwerdeführer jedoch verweigert. Ferner verneinte die Sachverständige die an sie gestellten Fragen, ob durch die Hepatitis B-Impfung Depressionen ausgelöst werden könnten oder allenfalls andere Bestandteile des Impfserums CFS oder Depressionen auslösen könnten.

Der Beschwerdeführer tritt diesen Ausführungen in der Beschwerde zwar verbal entgegen, zweifelt auch die von der Gutachterin herangezogene (amerikanische) Studie an, zeigt aber - wie schon im Verwaltungsverfahren - deren Unrichtigkeit nicht durch konkretes auf gleicher fachlicher Ebene durch auf seine Leiden eingehende medizinische Sachverständige untermauertes Vorbringen auf. Es kann daher nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn die belangte Behörde seine Leidenszustände nicht wie von ihm behauptet auf die Hepatitis B-Impfung zurückführte.

Da sich somit zusammenfassend keine Grundlage für die Wahrscheinlichkeit ergeben hat, die Impfung sei für den Leidenszustand des Beschwerdeführers kausal, liegt im Ergebnis keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides vor.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet, sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 31. Jänner 2011

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