Normen
AVG §38;
LVergabenachprüfungsG Tir 2002 §8 Abs1 Z2;
VwGG §42 Abs2 Z1;
AVG §38;
LVergabenachprüfungsG Tir 2002 §8 Abs1 Z2;
VwGG §42 Abs2 Z1;
Spruch:
Der zur hg. Zl. 2005/04/0060 angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, der zur hg. Zl. 2005/04/0085 angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Tirol hat der beschwerdeführenden Partei jeweils Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1. Mit dem zur hg. Zl. 2005/04/0060 angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde den Antrag der beschwerdeführenden Partei auf Nichtigerklärung der Entscheidung der mitbeteiligten Partei A GmbH auf Abschluss der "Kooperationsvereinbarung betreffend die Zusammenarbeit der A und der T AG" einschließlich der hiezu gestellten Eventualanträge gemäß § 12 Abs. 1 TVergNG 2002 als unzulässig zurückgewiesen.
In der Begründung führte die belangte Behörde nach Wiedergabe der Schriftsätze der Parteien des Verwaltungsverfahrens und der von ihnen vorgelegten Urkunden aus, die beschwerdeführende Partei bekämpfe den Abschluss einer Kooperationsvereinbarung betreffend die Zusammenarbeit der A und der T AG. Sie stütze ihr Vorbringen wesentlich auf den Prüfbericht des Landesrechnungshofes betreffend die T AG. In diesem Bericht werde der Abschluss einer Kooperationsvereinbarung zwischen der A und der T AG ohne förmliche Ausschreibung im Sinne des Vergabegesetzes kritisiert. Im gesamten Rechnungshofbericht werde als Partner der Kooperationsvereinbarung mit der T AG immer die A und niemals die A GmbH als Vertragspartner genannt. Bereits dem (unter einem wiedergegebenen) Deckblatt sei zu entnehmen, dass die Kooperationsvereinbarung nicht von der A GmbH, sondern vom Verein A geschlossen worden sei. Auf der letzten Seite der von der mitbeteiligten Partei vorgelegten Kooperationsvereinbarung habe für die A deren Geschäftsführer M. gezeichnet. Zu dem am Deckblatt der Kooperationsvereinbarung aufscheinenden Datum sei M. sowohl Geschäftsführer des Vereins A als auch Geschäftsführer der A GmbH gewesen. Die Eintragung der mitbeteiligten Partei beim Firmenbuch des Landesgerichtes Innsbruck sei ca. einen Monat vor Unterzeichnung der Kooperationsvereinbarung erfolgt. Zum Zeitpunkt der Kooperationsvereinbarung und auch heute noch existierten sowohl der behördlich registrierte Verein A als auch die beim Firmenbuch des Landesgerichtes Innsbruck registrierte mitbeteiligte Partei. Im gesamten Akt fänden sich keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass der Abschluss der bekämpften Kooperationsvereinbarung zwischen der mitbeteiligten Partei A GmbH und der T AG erfolgt sei. Tatsächlich verhalte es sich so, dass die Kooperationsvereinbarung zwischen dem Verein A und der T AG geschlossen worden sei.
In weiterer Folge führte die belangte Behörde aus, die Tatsache des Abschlusses der Kooperationsvereinbarung zwischen dem Verein A und der T AG stehe außer Zweifel, ebenso, dass im Nachprüfungsantrag nicht der Verein A, sondern die mitbeteiligte Partei als Auftraggeber genannt worden sei. Die Lösung reduziere sich daher auf die Klärung der Rechtsfrage, ob die mitbeteiligte Partei überhaupt passiv legitimiert sei. Nach den der belangten Behörde zur Verfügung stehenden Teilen der Kooperationsvereinbarung gehe unwiderlegbar hervor, dass Vertragspartner der Verein A und nicht die mitbeteiligte Partei gewesen sei. Wäre diese Vertragspartner gewesen, müsste sie im Kopf der Kooperationsvereinbarung aufscheinen und auch bei der Fertigung durch M. müsste ein Hinweis auf die mitbeteiligte Partei in Form eines Firmenstempels beigefügt sein, was aber nicht der Fall sei. M. habe ganz eindeutig nur für die A als deren Geschäftsführer gezeichnet, wozu er satzungsgemäß auch befugt gewesen sei.
Bei der Benennung des unrichtigen Auftraggebers handle es sich um einen nicht verbesserbaren Mangel des Nachprüfungsantrages. Eine Verbesserung im Sinne des § 13 Abs. 3 AVG sei daher nicht möglich gewesen. Da von vornherein klar gewesen sei, dass im Nachprüfungsantrag und auch in den folgenden Schriftsätzen der Antragsgegner unrichtig bezeichnet worden sei, seien sämtliche Anträge a limine zurückzuweisen gewesen. Die mitbeteiligte Partei sei niemals Vertragspartner der Kooperationsvereinbarung vom Oktober 2003 gewesen und könne somit auch nicht als öffentlicher Auftraggeber in diesem Verfahren zur Verantwortung gezogen werden.
2. Mit dem zur hg. Zl. 2005/04/0085 angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde das bei ihr anhängige Verfahren über den von der beschwerdeführenden Partei gegen den Verein A eingebrachten Nachprüfungsantrag betreffend die von diesem Verein abgeschlossene Kooperationsvereinbarung über die Zusammenarbeit der A mit der T AG gemäß § 38 AVG "bis zum rechtskräftigen bschluss des in derselben Vergaberechtssache derzeit beim Verwaltungsgerichtshof zu Aktenzahl 2005/04/0060-2 (Aktenzahl des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol, Zl. 2004/K11/018) behängenden Verfahrens" ausgesetzt, weil die Vorfrage der Passivlegitimation im Nachprüfungsverfahren bereits den Gegenstand dieses Verfahrens bilde.
3. Gegen diese Bescheide richten sich die vorliegenden Beschwerden wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes in eventu Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde hat jeweils die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt, im Verfahren zur Zl. 2005/04/0060 überdies eine Gegenschrift erstattet.
Die mitbeteiligten Parteien haben sich am verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht beteiligt.
4. Der Verwaltungsgerichtshof hat die beiden Verfahren wegen des sachlichen und rechtlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Entscheidung verbunden und hat hierüber erwogen:
4.1. Zur Beschwerde im Verfahren Zl. 2005/04/0060:
Die Begründung des erstangefochtenen Bescheides befasst sich ausschließlich mit der Frage, ob der richtige Auftraggeber bezeichnet wurde, wobei nach Verneinung dieser Frage der Nachprüfungsantrag samt allen Eventualanträgen allein aus diesem Grund zurückgewiesen wurde. Entscheidungserheblich ist daher nach Lage des gegenständlichen Falles ausschließlich die Frage, ob die Auffassung der belangten Behörde zutrifft, dass die Beschwerdeführerin in ihrem Nachprüfungsantrag den falschen Auftraggeber bezeichnet hat. Auf die inhaltliche Zulässigkeit und Begründetheit der einzelnen Anträge braucht daher hier nicht eingegangen zu werden.
Die Beschwerdeführerin wendet sich in ihrer Beschwerde gegen die Auffassung der belangten Behörde, es sei in ihrem Nachprüfungsantrag der falsche Antragsgegner bezeichnet worden und macht insofern sowohl Rechtswidrigkeit des Inhaltes wie auch die Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend. Mit diesem Vorbringen ist die Beschwerde im Ergebnis im Recht.
Unbestritten ist, dass zum Zeitpunkt des Abschlusses der in Rede stehenden Kooperationsvereinbarung mit der T AG sowohl der Verein A als auch die A GmbH selbständig existierende Rechtspersonen waren.
Dem angefochtenen Bescheid liegt die Ansicht zugrunde, Vertragspartner der Kooperationsvereinbarung sei auf Grund der vorliegenden Beweismittel "unwiderlegbar" der Verein A.
Die beschwerdeführende Partei ist allerdings mit ihrem Vorbringen im Recht, dass das Ermittlungsverfahren der belangten Behörde mangelhaft und unvollständig geblieben sei:
Entgegen der Ansicht der belangten Behörde ist dem wiedergegebenen Deckblatt der Kooperationsvereinbarung keinerlei Hinweis auf den Verein A zu entnehmen, vielmehr wird (unterhalb des Tirol Logos) nur die "A" genannt. Daraus und aus den Unterschriften auf der letzten Seite der Kooperationsvereinbarung leitete die belangte Behörde allerdings ab, Vertragspartner sei der Verein A.
Die beschwerdeführende Partei hat sich in ihrem Antrag wesentlich auf den von ihr vorgelegten und von der belangten Behörde zitierten Prüfbericht des Landesrechnungshofes über die Einschau bei der T AG gestützt. Nach den darin wiedergegebenen Prüfungsschwerpunkten (S 2) hatte die Vor-Ort-Einschau des Landesrechnungshofes bei der T AG zum Ziel, die finanzielle Entwicklung dieser Unternehmung, die ein wichtiges Geschäftsfeld der A abdecke, umfassend darzustellen. Nach Darstellung der Struktur der Unternehmungsgruppe A (S 7) wird der Zweck des Vereins A dargestellt (S 8 - Weiterentwicklung des Tiroler Tourismus, Koordination der lokalen Tourismusverbände, touristische Grundlagenarbeit) und festgehalten, dass der Betrieb des Vereins in die hundertprozentige Tochtergesellschaft A GmbH eingebracht wird. Dessen Unternehmensgegenstand bzw. Zuständigkeit wird in weiterer Folge näher umschrieben (operative Umsetzung der Tourismuskommunikations- und Marketinglinie für das Bundesland Tirol sowie für das Beteiligungsmanagement - S 9). Die Tätigkeit des Vereins A wird in diesem Kapitel abschließend auch dahingehend formuliert, dass sich diese auf die strategische Zielfestsetzung und auf die Anteilshaltung an der A GmbH beschränkt, die wiederum für die operative Umsetzung verantwortlich ist (S 14). Im Bericht des Landesrechnungshofes wird insbesondere im Zusammenhang mit der in Rede stehenden Kooperationsvereinbarung immer nur die Bezeichnung "A" verwendet bzw. die "A" auch als öffentlicher Auftraggeber angesehen.
Eine nachvollziehbare Auseinandersetzung mit diesem Beweisergebnis, das die jeweiligen Tätigkeitsbereiche des Vereins bzw. der GmbH näher determiniert und daher Rückschlüsse auf den Vertragspartner der in Rede stehenden Kooperationsvereinbarung ermöglicht, ist im angefochtenen Bescheid nicht erfolgt, sodass eine Überprüfung der Ansicht der belangten Behörde, Auftraggeber sei "unwiderlegbar" der Verein A, nicht möglich erscheint. Auf Grund dieses Begründungsmangels war der zur Zl. 2005/04/0060 angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
4.2. Zur Beschwerde im Verfahren Zl. 2005/04/0085:
Die belangte Behörde begründet die Aussetzung des bei ihr anhängigen Nachprüfungsverfahrens gegen den Verein A damit, die Vorfrage der Passivlegitimation sei bereits Gegenstand des Verfahrens gegen die A GmbH. In diesem Verfahren habe die belangte Behörde den Nachprüfungsantrag mangels Passivlegitimation als unzulässig zurückgewiesen und es habe die beschwerdeführende Partei dagegen die zur Zl. 2005/04/0060 protokollierte Beschwerde erhoben.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist unter einer Vorfrage im Sinne des § 38 AVG eine für die Entscheidung der Verwaltungsbehörde präjudizielle Rechtsfrage zu verstehen, über die als Hauptfrage von anderen Verwaltungsbehörden oder von den Gerichten oder auch von derselben Behörde, jedoch in einem anderen Verfahren zu entscheiden ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 24. November 2000, Zl. 2000/19/0100).
Die Beschwerdeführerin hat Nachprüfungsanträge sowohl gegen die A GmbH als auch gegen den Verein A eingebracht. Die Frage, wer als Auftraggeber in den Nachprüfungsverfahren anzusehen ist, ist jeweils (eine) Hauptfrage in diesen Verfahren, weil es infolge § 8 Abs. 1 Z. 2 TVergNG 2002 in die fachliche Zuständigkeit der belangten Behörde fällt, im Nachprüfungsverfahren zu beurteilen, ob der Auftraggeber richtig bezeichnet wurde (vgl. die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I3 unter E. 1 und 5 zu § 38 AVG referierte Rechtsprechung). Entgegen der Ansicht der belangten Behörde liegt daher keine Vorfragenentscheidung vor, die zu einer Aussetzung des Verfahrens gemäß § 38 AVG berechtigte. Die belangte Behörde hat insoweit die Rechtslage verkannt.
Der zur hg. Zl. 2005/04/0085 angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
5. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am 15. September 2011
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)