VwGH 2010/22/0147

VwGH2010/22/01475.10.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok und die Hofräte Dr. Robl und Mag. Eder als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Perauer, über die Beschwerde des Z, vertreten durch die Rechtsanwaltsgemeinschaft Mory & Schellhorn OEG in 5020 Salzburg, Wolf-Dietrich-Straße 19, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Salzburg vom 14. Juli 2010, Zl. E1/2467/3/2010, betreffend Ausweisung nach § 53 Abs. 1 FPG, zu Recht erkannt:

Normen

FrPolG 2005 §53 Abs1;
FrPolG 2005 §66;
MRK Art8;
FrPolG 2005 §53 Abs1;
FrPolG 2005 §66;
MRK Art8;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 14. Juli 2010 wies die belangte Behörde den Beschwerdeführer, einen chinesischen Staatsangehörigen, gemäß § 53 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG aus.

Diesen Bescheid begründet die belangte Behörde im Wesentlichen damit, dass der Beschwerdeführer am 18. Juli 2003 mit Hilfe von Schleppern eingereist sei und am 23. Juli 2003 einen Asylantrag gestellt habe. Mit Bescheid des Bundesasylamtes (laut belangter Behörde vom 23. Juli 2003; laut Beschwerde vom 4. August 2003) sei dieser Antrag erstinstanzlich gemäß § 7 Asylgesetz 1997 abgewiesen worden. Gemäß § 8 AsylG sei festgestellt worden, dass seine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in die Volksrepublik China zulässig sei. Mit Erkenntnis des Asylgerichtshofs vom 26. Februar 2010 sei der Asylantrag in letzter Instanz negativ entschieden worden. Der Beschwerdeführer halte sich seit dem rechtskräftigen Abschluss des Asylverfahrens nicht mehr rechtmäßig im Bundesgebiet auf. Sein siebenjähriger inländischer Aufenthalt sei auf das Stellen eines völlig unberechtigten Asylantrages und die Ausnützung des Instanzenzuges zurückzuführen. Bereits mit dem abweisenden erstinstanzlichen Asylbescheid hätte dem Beschwerdeführer bewusst sein müssen, dass sein Aufenthalt im Bundesgebiet lediglich vorübergehend sei. Somit sei das Gewicht der aus dem langjährigen Aufenthalt abzuleitenden Integration gemindert. Er habe keine familiären und privaten Bindungen "mit einer Österreicherin oder daueraufenthaltsberechtigten Fremden".

In der Berufung habe er nunmehr vorgebracht, dass er eine Lebensgefährtin hätte. Dies sei jedoch unglaubwürdig, weil er erst im April 2010 niederschriftlich bekanntgegeben habe, in keiner Lebensgemeinschaft zu leben, obwohl nach nunmehriger Behauptung die Lebensgefährtin seit Februar 2010 an der gemeinsamen Adresse gemeldet aufscheine. Der Beschwerdeführer verstehe nur wenig deutsch und habe angegeben, aus diesem Grund wenig Anschluss zu Österreichern zu haben.

Der Beschwerdeführer sei im Besitz einer Beschäftigungsbewilligung und seit 1. Juli 2005 mehreren meldepflichtigen Erwerbstätigkeiten nachgegangen.

Im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers lebten laut seinen Angaben seine Mutter und seine Schwester. Er sei im Alter von 20 Jahren in das Bundesgebiet eingereist und es sei ihm möglich, in seiner Heimat Arbeit zu finden, zumal er über eine Berufserfahrung als chinesischer Koch in Österreich verfüge.

Im konkreten Fall des Beschwerdeführers würden die öffentlichen Interessen an einer Aufenthaltsbeendigung bei weitem seine privaten Interessen an einem Verbleib in Österreich überwiegen, weil beim Beschwerdeführer trotz des mehrjährigen Aufenthalts im Bundesgebiet zwar eine gewisse Integration im beruflichen, jedoch keineswegs im privaten oder familiären Bereich festzustellen gewesen sei.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde in einem nach § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass sein Asylantrag rechtskräftig abgewiesen wurde. Da auch sonst kein Grund für eine Rechtmäßigkeit des inländischen Aufenthalts ersichtlich ist, hegt der Gerichtshof keine Bedenken gegen die Heranziehung des Ausweisungstatbestandes des § 53 Abs. 1 FPG durch die belangte Behörde.

Der Beschwerdeführer bringt vor, dass er einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 44 Abs. 3 NAG gestellt habe. Auf Grund dieses Antrages habe die Aufenthaltsbehörde eine Stellungnahme der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Salzburg eingeholt, in der festgestellt worden sei, dass beim Beschwerdeführer aufenthaltsbeendende Maßnahmen zulässig wären. In der Folge sei über den Antrag des Beschwerdeführers nach § 44 Abs. 3 NAG nicht entschieden, sondern gegen ihn ein Ausweisungsverfahren eingeleitet worden. Er sei in verfassungsgesetzlich garantierten Rechten insoweit verletzt worden, als im Verfahren nach § 44 Abs. 3 NAG die Entscheidung von der Stellungnahme der Sicherheitsdirektion abhängig gemacht worden sei und die gleiche Behörde auch im Ausweisungsverfahren entschieden habe, sodass ein und dieselbe Behörde in beiden Verfahren im Ergebnis die Entscheidung getroffen habe. Damit sei ihm jede reale Möglichkeit genommen worden, zu einem Aufenthaltstitel nach § 44 Abs. 3 NAG zu gelangen.

Mit diesem Vorbringen wendet sich der Beschwerdeführer in Wahrheit gegen die Nichterteilung eines Aufenthaltstitels, was hier aber nicht Verfahrensgegenstand ist.

Entgegen der Beschwerdeansicht kann das Ergebnis der Prüfung iSd § 66 FPG nicht als rechtswidrig gewertet werden. Selbst wenn der Beschwerdeführer in Lebensgemeinschaft mit einer chinesischen Staatsangehörigen lebt, überwiegt sein daraus resultierendes Interesse an einem Verbleib in Österreich nicht das öffentliche Interesse an seiner Ausweisung. Der Einhaltung fremdenrechtlicher Vorschriften kommt nämlich aus dem Gedanken des Schutzes der öffentlichen Ordnung ein hoher Stellenwert zu (vgl. für viele etwa das hg. Erkenntnis vom 6. Juli 2010, 2008/22/0688).

Gegen dieses öffentliche Interesse hat der Beschwerdeführer durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nach rechtskräftiger Beendigung des Asylverfahrens verstoßen. Es war aber - wie von der belangten Behörde zutreffend betont - bereits nach der erstinstanzlichen Abweisung seines Asylantrages davon auszugehen, dass sein Aufenthaltsstatus im Inland unsicher ist. Da der Beschwerdeführer nicht über eine Kernfamilie im Inland verfügt, stehen familiäre Interessen nicht der Ausweisung entgegen. Selbst wenn - laut Beschwerde - Köche in chinesischen Restaurants "sehr rar und begehrt sind", sind solche Interessen des inländischen Arbeitsmarktes nicht von Art. 8 EMRK umfasst (vgl. zum ähnlichen Fall des mit einem Aufenthaltsverbot verbundenen befürchteten Verlustes inländischer Arbeitsplätze das hg. Erkenntnis vom 26. Mai 2003, 2001/18/0071).

Betreffend sein Heimatland verweist der Beschwerdeführer auf sein Vorbringen, dass er mit seiner Mutter und seiner Schwester von den Erträgnissen des Obstanbaus habe leben müssen und als Kleinbauer berufstätig gewesen sei. Er habe noch "persönlichfamiliäre Bindungen zu China". Aus diesem Vorbringen ist keine so weitgehende Entwurzelung und soziale Loslösung des Beschwerdeführers von seinem Heimatland abzuleiten, dass die Ausweisung unzulässig wäre.

Soweit der Beschwerdeführer auf die "jahrelange Untätigkeit der Asylbehörde zweiter Instanz" verweist, führte diese zwar zu einem längeren inländischen Aufenthalt des Beschwerdeführers, der grundsätzlich sein Interesse an einem Verbleib in Österreich verstärkt, nicht jedoch zu einer Abschwächung des öffentlichen Interesses an einer Aufenthaltsbeendigung. Dass eine Gesamtbetrachtung im vorliegenden Fall nicht zu einer Unzulässigkeit der Ausweisung führt, wurde schon dargelegt.

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen. Wien, am 5. Oktober 2010

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