VwGH 2010/12/0101

VwGH2010/12/010125.8.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höß und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Thoma als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Khorramdel, über die Beschwerde des G S in G, vertreten durch Dr. Walter Riedl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz Josefs-Kai 5, gegen die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur und gegen den Bundespräsidenten wegen Verletzung der Entscheidungspflicht betreffend die Verleihung einer Schulleiterstelle im fortgesetzten Verfahren, den Beschluss gefasst:

Normen

AVG §18 Abs4;
AVG §8;
BDG 1979 §207;
B-VG Art132;
B-VG Art65 Abs2 lita;
B-VG Art67 Abs1;
VerfGG 1953 §87 Abs2;
VwGG §21;
VwGG §27;
VwGG §34 Abs1;
AVG §18 Abs4;
AVG §8;
BDG 1979 §207;
B-VG Art132;
B-VG Art65 Abs2 lita;
B-VG Art67 Abs1;
VerfGG 1953 §87 Abs2;
VwGG §21;
VwGG §27;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur) Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Zur Vorgeschichte wird in sinngemäßer Anwendung des § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG auf das den Beschwerdeführer betreffende hg. Erkenntnis vom 13. März 2009, Zl. 2007/12/0164, verwiesen, mit dem der den dort Mitbeteiligten zum Direktor der Bundeshandelsakademie und Bundeshandelsschule G ernennende Bescheid der belangten Behörde vom 28. Juni 2006 wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben wurde.

Mit der am 1. Juni 2010 beim Verwaltungsgerichtshof eingelangten, gegen die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur und gegen den Bundespräsidenten als belangte Behörden gerichteten Säumnisbeschwerde erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem "Recht auf fristgerechte Entscheidung gemäß § 73 AVG, in materiell-rechtlicher Hinsicht in seinem Recht auf Erledigung seiner Bewerbung (und der in ihr inkludierten Antragstellung) um die freie Planstelle des Direktors seiner Dienststelle - und zwar im positiven Sinne durch (seine) Ernennung auf die Planstelle - gemäß §§ 207 ff BDG 1979 verletzt".

Der Intimationsbescheid über die Ernennung des Mitbeteiligten zum Direktor der Bundeshandelsakademie - Bundeshandelsschule G sei vom Verwaltungsgerichtshof mit Entscheidung vom 13. März 2009 behoben worden. Die belangte Behörde erlasse jedoch keinen Ersatzbescheid, sondern verharre beharrlich in der Rechtsverweigerung.

Zur Frage ihrer Zulässigkeit bringt die Säumnisbeschwerde u. a. vor (Schreibung im Original):

"... Art. 132 B-VG spricht jedoch keineswegs bloss von Bescheiden, sondern von einer Verletzung der Entscheidungspflicht, das ist die aus Art. 18 B-VG erfliessende Pflicht, die gesetzlich begründete Kompetenz zur Entscheidung über alle subjektiven Rechte bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen auszuüben (Thienel, Der mehrstufige Verwaltungsakt, 1996, 249 mwN). Beschwerdelegitimiert ist daher, wer im Verwaltungsverfahren einen Erledigungsanspruch erworben hat. § 27 Abs.1 und 3 VwGG sprechen folgerichtig von Entscheidungspflicht und Entscheidungsfristen. § 36 Abs. 2 leg. cit. normiert, dass der belangten Behörde eine Frist zu setzen ist, 'den Bescheid' zu erlassen, und § 42 Abs. 4 VwGG, dass der Behörde aufzutragen ist, 'den versäumten Bescheid' zu erlassen, doch können diese Regelungen als unterverfassungsrechtlich die durch Art. 132 B-VG gewährten Rechte in keiner Weise einschränken, und schon gar keine den Art. 18, 130 B-VG widersprechenden gerichtsfreien Hoheitsakte normieren, weil dem Hohen Verwaltungsgerichtshof eine inhaltlich umfassende Kontrolle des Verwaltungshandels möglich sein muss (Thienel, 248 mwN). Daher muss schon die verfassungskonforme Interpretation der §§ 36 Abs. 2, 42 Abs. 4 VwGG zu einer teleologischen Erweiterung der Interpretation dahingehend führen, dass auch der Vorschlag an den Bundespräsidenten von diesen Bestimmungen umfasst ist. Andernfalls unterstellte man diesen Normen schlechthin einen verfassungswidrigen Inhalt und setzte sie in Widerspruch zum Stufenbau der Rechtsordnung.

Primär stehe ich auf dem Standpunkt, dass der Hohe Verwaltungsgerichtshof mit seiner Kompetenz sowohl den Minister wie den Bundespräsidenten ersetzt. Aus diesem Grund sind in dieser Beschwerde auch beide Organe als belangte Behörden angeführt.

Der Bundespräsident ist ebenso wie der Minister (die Ministerin) in einem solchen verfahrensrechtlichen Zusammenhang als Verwaltungsbehörde anzusehen, in Übereinstimmung damit, dass er auch schon an sich nicht ausserhalb der drei Gewalten steht sondern innerhalb dieser der 'Vollziehung' bzw. der 'Verwaltung' zuzurechnen ist (siehe Überschriften zu Art. 60 B-VG). Es gibt daher keinerlei Grund für die Annahme, dass er puncto Entscheidungspflicht nicht dem allgemeinen verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Regelungen unterliege.

Die gegenständliche Konstellation des Erfordernisses des Zusammenwirkens von zwei Verwaltungsorganen ist nicht die einzige dieser Art. Dass eine Behörde der Zustimmung einer anderen Behörde bedarf ist gerade auch im Beamtendienstrecht nichts Aussergewöhnliches (siehe §§ 15 Abs.2 u. Abs.2a, 16a Abs.3, 17a Abs.2, 17b Abs.4, 18 Abs.2, 19a Abs.2, 19b Abs.2, 20a Abs.2, 20d Abs.2, 21g Abs.3 u.a. GehG, §§ 137, 143, 147, 194 u.a. BDG 1979). Es ist einheitliche Judikatur des Hohen Verwaltungsgerichtshofes, dass in solchen Fällen die mangelnde Zustimmung der dafür zuständigen Behörde nichts am Recht auf Erhebung einer Säumnisbeschwerde ändert.

In Relation dazu weist die gegenständliche Konstellation allerdings insoweit einen Unterschied auf, als das verfahrensrechtlich handelnde Organ nicht jenes ist, welches die letzte Entscheidungskompetenz hat - diese liegt beim Bundespräsidenten, die zentrale Kompetenz für die Verfahrensabwicklung hingegen kommt bis hin zur Ausarbeitung eines Entscheidungsvorschlages dem Minister zu. Dieser ist demgemäss primär verantwortlich und auf dieser Ebene ist in concreto auch die Säumnis gegeben. Daher ist aus meiner Sicht als belangte Behörde insbesondere die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur anzusehen und erst in zweiter Linie der Bundespräsident, und zwar überhaupt nur mit der Massgabe, dass die Verletzung der Entscheidungspflicht nicht direkt durch ihn erfolgt ist. Für mich als Verfahrenspartei und Rechtssuchendem besteht jedoch das Endergebnis unabhängig davon darin, dass jene Entscheidung, auf welche ich Anspruch habe, seitens der Verwaltung nicht getroffen wird, wobei meines Erachtens davon auszugehen ist, dass die zur Zusammenwirkung mit Entscheidungsfällung verpflichteten Organe mir gegenüber als ein eine Einheit bildender Verwaltungsapparat zu verstehen sind, aus dessen Untätigkeit mir das Recht erwächst, mit Hilfe des justiziellen Elementes der Verwaltungsgerichtsbarkeit zur Durchsetzung meines Anspruches zu gelangen.

Im gegenständlichen Planstellenbesetzungsverfahren kommt mir auf Grund der Bindungswirkung des in der Sache ergangenen VfGH-Erkenntnisses Parteistellung und ein subjektives Recht auf Entscheidung zu. Das ergibt sich gemäss der Judikatur dieses Gerichtshofes aus der speziellen Rechtssituation bei der Besetzung von Schulleiterposten. Während Bewerber sonst im öffentlichen Dienstrecht keine Parteistellung haben, verleiht die Aufnahme in den Dreiervorschlag Parteistellung und damit Rechtsschutz. Verneinte man die Zulässigkeit der gegenständlichen Säumnisbeschwerde, so verletzte man damit das aus Art. 18 B-VG fliessende Prinzip, dass ein vom Gesetz eingeräumter Anspruch auch rechtlich durchsetzbar sein muss (VfSlg 11.931). Es würde damit dem Gesetzgeber unterstellt, er hätte den in den Dreiervorschlag aufgenommenen Bewerbern ohne konkreten Zweck Parteistellung verliehen. Diese Annahme verbietet sich, weil dem Gesetzgeber nicht zugesonnen werden kann, etwas Überflüssiges angeordnet zu haben (VfSlg 12.379). Somit muss mit Blick auf VfSlg 14.295 gesagt werden, dass der Verwaltungsgerichtshof durch unmittelbare Erlassung des die Planstelle verleihenden Bescheides an mich und abschlägige Bescheide an die anderen Bewerber den gebotenen Rechtsschutz zu verwirklichen haben wird, in eventu, indem er meine Ernennung dem Herrn Bundespräsidenten vorschlägt. Ansonsten wird der Hohe Verwaltungsgerichtshof der federführenden Behörde aufzutragen haben, meine Ernennung dem Herrn Bundespräsidenten vorzuschlagen (vgl. VwGH 15.3.1983, 81/05/0164 und 28.4.1997, 96/10/0049).

Es ist in diesem Zusammenhang auch noch besonders darauf hinzuweisen, dass durch das Erkenntnis VfSlg. 14295 vorgegeben wurde, dass seitens des Hohen Verwaltungsgerichtshofes nicht ein 'Bescheid' nachzuholen war, sondern eine Entscheidung im Sinne der Initiierung einer Verordnungsschaffung gefällt werden musste und auch gefällt wurde (Zl.96/10/0049). Allein daraus resultiert somit auch bereits mit aller Eindeutigkeit, dass keineswegs eng am im VwGG verwendeten Begriff 'Bescheid' gehaftet werden darf.

Die gegenständliche Säumnisbeschwerde ist daher als zulässig anzusehen, eine gegenteilige Entscheidung würde dem Verfassungsrecht widersprechen und auch der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes, dem gerade in kompetenzrechtlichen Fragen im Sinne der vorzitierten beiden Entscheidungen die ausschlaggebende Rolle zukommt."

In der Sache vertritt die Säumnisbeschwerde die Ansicht, dass der Beschwerdeführer als Bestqualifizierter Anspruch auf Ernennung zum Direktor der genannten Schule habe. Er beantragt abschließend, der Verwaltungsgerichtshof wolle dahingehend entscheiden, dass die gegenständliche Planstelle ihm verliehen werde - als Vollzugsbehörde wolle die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur bestimmt werden; in eventu, dass dem Bundespräsidenten seine Ernennung vorgeschlagen wird; in eventu, dass der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur aufgetragen wird, über seine Bewerbung über die Planstelle dahin zu befinden, dass dem Bundespräsidenten seine Ernennung vorgeschlagen wird.

Der Verwaltungsgerichtshof leitete daraufhin mit Verfügungen vom 11. Juni 2001 das Vorverfahren über die Säumnisbeschwerde ein und forderte die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur (die erstbelangte Behörde) auf, binnen Frist den versäumten Bescheid zu erlassen und eine Abschrift des Bescheides sowie eine Kopie des Nachweises über dessen Zustellung an den Beschwerdeführer dem Verwaltungsgerichtshof vorzulegen oder anzugeben, warum eine Verletzung der Entscheidungspflicht nicht vorliegt, und dazu gemäß § 36 Abs. 1 VwGG die Akten des Verwaltungsverfahrens vorzulegen; der Bundespräsident (die zweitbelangte Behörde) wurde ersucht, binnen Frist den versäumten Bescheid zu erlassen oder anzugeben, warum eine Verletzung der Entscheidungspflicht nicht vorliege, und dazu gemäß § 36 Abs. 1 VwGG die Akten des Verwaltungsverfahrens vorzulegen.

Die erstbelangte Behörde beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Zurückweisung, in eventu Abweisung der Säumnisbeschwerde, weil - auf das Wesentliche zusammengefasst - weder ein subjektives Recht auf Ernennung in einem öffentlichrechtlichen Dienstverhältnis noch auf Ernennung auf eine Planstelle als Schulleiter vorliege, wie sich schon aus mehreren Aspekten, insbesondere auch aus der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, aber auch der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes ergebe. So schließe § 207m Abs. 2 BDG 1979 explizit einen Rechtsanspruch auf Verleihung der ausgeschriebenen Planstelle und die Parteistellung in einem Ausschreibungs- und Bewerbungsverfahren zur Besetzung einer Schulleitung aus. Der Beschwerdeführer habe keinen Anspruch auf Ernennung.

Die zweitbelangte Behörde teilt mit Note vom 5. Juli 2010 mit, die erstbelangte Behörde habe ihr seit der Entschließung vom 23. Juni 2006 keinen weiteren Ernennungsvorschlag für die Bestellung der Direktorenstelle an der gegenständlichen Schule erstattet. Da die zweitbelangte Behörde gemäß Art. 67 Abs. 1 B-VG in diesem Bereich nur antragsgebunden agieren könne, habe sie somit keine Entscheidungspflicht verletzt. Sie lege den Akt, der zur Entschließung vom 23. Juni 2006 geführt habe, vor, weitere Akten lägen ihr nicht vor.

Wie im bereits eingangs zitierten Erkenntnis vom 13. März 2009 ausgeführt wurde, hat im vorliegenden Fall der Verfassungsgerichtshof durch die Zulassung der Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den sein Bewerbungsgesuch abweisenden Bescheid und dessen Aufhebung die Parteistellung des Beschwerdeführers im Ernennungsverfahren bejaht. Daran sind im fortgesetzten Verfahren die Behörden und auch der Verwaltungsgerichtshof gebunden.

Eine von den sonstigen Voraussetzungen unabhängige Entscheidungspflicht wurde den Behörden damit jedoch nicht überbunden, zumal das den Beschwerdeführer betreffende Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 28. November 2006, B 1488/06, auch keine tragenden Ausführungen in diesem Sinne traf (vgl. zu einer ähnlichen Fallkonstellation den hg. Beschluss vom 19. November 2002, Zl. 2000/12/0278).

Im Beschwerdefall ist davon auszugehen, dass die erstbelangte Behörde der zweitbelangten keinen neuen Besetzungsvorschlag für die gegenständliche Planstelle erstattet hat.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. den bereits zitierten Beschluss vom 19. November 2002 sowie die hg. Beschlüsse vom 13. September 2006, Zl. 2006/12/0140, vom 25. Juni 2008, Zl. 2008/12/0116, sowie vom 22. April 2009, Zl. 2009/12/0042 und Zl. 2009/12/0064) kommt der Erstattung eines solchen Vorschlages auch kein Bescheidcharakter zu, weshalb sie auch nicht zum Gegenstand einer Beschwerde nach Art. 132 B-VG gemacht werden kann.

Die gegen die erstbelangte Behörde gerichtete Säumnisbeschwerde war daher schon deshalb zurückzuweisen.

Da dem Bundespräsidenten nach Art. 67 Abs. 1 B-VG kein neuer Besetzungsvorschlag für die gegenständliche Planstelle unterbreitet wurde, fehlt es schon deshalb an der Säumnis der zweitbelangten Behörde.

Von dieser ständigen Rechtsprechung abzugehen, bietet auch die vorliegende Säumnisbeschwerde keinen Anlass. Soweit sie sich für ihren Standpunkt auf Thienel, Der mehrstufige Verwaltungsakt (1996), 248 f beruft, behandelt die von ihr zitierte Fundstelle nicht die in Rede stehende, verfassungsgesetzlich vorgezeichnete Konstellation, dass nach Art. 67 Abs. 1 B-VG Akte des Bundespräsidenten grundsätzlich eines Vorschlages bedürfen. Die nach Art. 67 Abs. 1 B-VG erforderlichen Vorschläge (wie auch die nach Art. 14 Abs. 4 lit. a B-VG vorgesehenen Besetzungsvorschläge der Schulbehörden des Bundes an die Ernennungsbehörden - siehe dazu auch das hg. Erkenntnis vom 19. Oktober 1994, Zl. 94/12/0186 = VwSlg. 14.140 A/1994) sind auch Thienel, aaO, Seite 290f, nach der Intention des Verfassungsgesetzgebers offenkundig nicht als Bescheide intendiert und daher nicht als solche deutbar. Eine verfassungskonforme Umdeutung derartiger Akte als Bescheide sei nicht unbedingt geboten, weil die durch die "Leugnung des Bescheidcharakters" auftretenden Probleme im Hinblick auf das verfassungsrechtliche Rechtsschutzsystem durch den Verfassungsrang der sie vorsehenden Normen "saniert" seien.

Zum Rechtsschutz bei Säumnis der mitwirkenden Stelle in dieser Fallkonstellation führt Thienel, aaO, Seite 296f, u. a. Folgendes aus:

"Im Fall der Säumnis der mitwirkenden Stelle ist jedoch der Rechtsschutz nicht gewährleistbar ...: Bleibt die mitwirkende Stelle untätig, ist die Annahme einer dennoch bestehenden Entscheidungspflicht der federführenden Behörde und eines Übergangs der Mitwirkungsbefugnis auf den VwGH - aus den schon eingehend dargelegten Gründen - nicht haltbar. Gegen die Untätigkeit der mitwirkungsbefugten Stelle besteht daher kein Rechtsschutz; dies mag unbefriedigend erscheinen, ist aber die notwendige Konsequenz des Umstandes, daß Art 132 B-VG die Durchsetzung einer Entscheidungspflicht nur dann vorsieht, wenn eine Verwaltungsbehörde einen Bescheid zu erlassen hat. Sieht der Verfassungsgesetzgeber ein rechtsgestaltendes Handeln anderer Stellen oder in anderen Formen vor, bedeutet das zugleich den Ausschluß des Säumnisschutzes. ..."

Soweit die vorliegende Säumnisbeschwerde im Weiteren auf im Gehaltsgesetz 1956 sowie im Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 vorgesehene Zustimmungserfordernisse verweist und darauf gegründet ins Treffen führt, dass nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes in solchen Fällen mangelnde Zustimmung der dafür zuständigen Behörde einer Zulässigkeit der Säumnisbeschwerde nicht entgegenstehe (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 15. Jänner 1976, Zl. 897/75 = Slg. 8.959/A, sowie vom 9. Jänner 1981, Zl. 2882/80 = Slg. 10.334/A), unterscheiden sich solche einfachgesetzlich vorgesehenen Zustimmungserfordernisse von der verfassungsgesetzlich vorgesehenen Bindung des Bundespräsidenten an einen Vorschlag schon dadurch, dass bloß einfachgesetzlich verankerte Zustimmungserfordernisse - verfassungskonform gedeutet - einem im Verfassungsrang vorgesehenen Rechtsschutzsystem keinen Abbruch tun.

Wenn sich die vorliegende Säumnisbeschwerde schließlich auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 4. Oktober 1995, KI-9/94 = VfSlg. 14.295, beruft, lässt sich auch daraus für die nun vorliegende Fallkonstellation nichts Entscheidendes gewinnen:

Im damaligen, dem zitierten Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes zu Grunde liegenden Fall ging es um die behauptete Säumnis des (damaligen) Bundesministers für Unterricht, Kunst und Sport in der Anerkennung der Antragstellerin als Religionsgesellschaft nach dem Anerkennungsgesetz. Der Verfassungsgerichtshof sah damals eine Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes zur Entscheidung über die bei ihm eingebrachte Säumnisbeschwerde wegen Untätigkeit des Kultusministers gegeben, weil die Anerkennung als Religionsgesellschaft auf Grund des bundesverfassungsgesetzlichen Rechtstypenzwanges mit keinem anderen Instrument als mit Bescheid oder Verordnung erfolgen könne. Der damals vom Verfassungsgerichtshof beurteilte Fall unterscheidet sich von dem nun vorliegenden darin, dass, wie bereits ausgeführt, dem Vorschlag an den Bundespräsidenten nach Art. 67 Abs. 1 B-VG nicht Bescheidcharakter zukommt.

Die vorliegende Säumnisbeschwerde war daher mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.

Der Zuspruch von Aufwandersatz an die erstbelangte Behörde gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 25. August 2010

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