VwGH 2010/08/0211

VwGH2010/08/021124.11.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer, Dr. Lehofer und MMag. Maislinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peck, in der Beschwerdesache des P T G in Wien, gegen den auf Grund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom 7. Juli 2008, Zl. 2008-0566-9-001371, betreffend Verlust des Anspruchs auf Notstandshilfe (protokolliert zu Zl. 2008/08/0230), über die Ablehnung des Hofrates des Verwaltungsgerichtshofes Dr. D durch die beschwerdeführende Partei, den Beschluss gefasst:

Normen

StGB §58 Abs3 Z2;
StPO §80 Abs1;
VwGG §31 Abs1 Z5;
VwGG §31 Abs1;
VwGG §31 Abs2;
StGB §58 Abs3 Z2;
StPO §80 Abs1;
VwGG §31 Abs1 Z5;
VwGG §31 Abs1;
VwGG §31 Abs2;

 

Spruch:

Der Antrag wird abgewiesen.

Begründung

1. Mit Eingabe vom 19. Oktober 2010 beantragte der Beschwerdeführer, "einen neuen Referenten des VwGH mit der Bearbeitung der von meiner Verfahrenshilfe der

Rechtsanwaltskanzlei ... im Jahre 2008 für meine Person

eingebrachten Beschwerde beim VwGH zu betrauen." Dem Antrag war Korrespondenz mit seinem Verfahrenshelfer beigelegt. Daraus geht hervor, der Beschwerdeführer "hege den Verdacht", Mitarbeiter des Arbeitsmarktservice hätten gerichtlich strafbare Handlungen (u.a. Fälschung eines Beweismittels, schwerer Betrug) zu verantworten.

In einem weiteren Schreiben (ebenfalls vom 19. Oktober 2010) führte der Beschwerdeführer ergänzend aus, in einem Telefonat mit Hofrat Dr. D habe er gefragt, ob es sinnvoll sei, AMS-Bedienstete, die in Verdacht stünden, strafbare Handlungen im Zuge eines verwaltungsbehördlichen Verfahrens begangen zu haben, zivilrechtlich (etwa Klage gegen die Republik) zu verfolgen. Hofrat Dr. D habe geantwortet, ein Verfahren vor einem Zivilgericht würde vom zuständigen Gericht de facto keine Bearbeitung finden, sondern das Zivilgericht würde erst die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes abwarten. Eine Rechtsberatung habe aber mittlerweile eine anders lautende Antwort gegeben: Ein Zivilgerichtsverfahren könne jederzeit über ein Bezirksgericht in die Wege geleitet werden und sei unabhängig von der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes. Der zuständige Referent habe, obwohl er bereits Anfang Juni des Jahres darüber informiert worden sei, in der Angelegenheit lägen strafbare Handlungen von AMS-Bediensteten vor, keine Veranlassung gesehen, den Fall der Bearbeitung zuzuführen, obwohl ihm bekannt sei, dass strafbare Handlungen verjähren könnten.

In einer weiteren Eingabe (ebenfalls vom 19. Oktober 2010) führte der Beschwerdeführer aus, die Beschwerde sei vermutlich "versehentlich" beim Verwaltungsgerichtshof eingebracht worden.

2. Der Hofrat des Verwaltungsgerichtshofes Dr. D erklärte in seiner Stellungnahme zu diesem Antrag, sich nicht als befangen zu erachten.

3. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGG haben sich Mitglieder des Gerichtshofes unter Anzeige an den Präsidenten der Ausübung ihres Amtes wegen Befangenheit zu enthalten, wenn sonstige wichtige Gründe vorliegen, die geeignet sind, in ihre volle Unbefangenheit Zweifel zu setzen (Z 5).

Gemäß § 31 Abs. 2 VwGG können Mitglieder des Gerichtshofes aus den im Abs. 1 leg. cit. angeführten Gründen auch von den Parteien, und zwar spätestens zu Beginn der Verhandlung, abgelehnt werden. Stützt sich die Ablehnung auf Abs. 1 Z 5 leg. cit., so hat die Partei die hiefür maßgebenden Gründe glaubhaft zu machen. Über die Ablehnung entscheidet in Abwesenheit des Abgelehnten der für die Rechtssache zuständige Senat durch Beschluss; bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag. Werden der Vorsitzende oder so viele Mitglieder des Senates abgelehnt, dass nicht wenigstens drei verbleiben, so hat der Präsident die Beschlussfassung über den Ablehnungsantrag dem nach der Geschäftsverteilung vorgesehenen Senat zuzuweisen.

4. Der vom Beschwerdeführer geltend gemachte Umstand, durch Nichtbearbeitung der Beschwerde könnten allenfalls vorliegende strafbare Handlungen verjähren, bildet schon von der Behauptung her keine hinreichende Grundlage für die Annahme einer Befangenheit. Im Übrigen ist darauf zu verweisen, dass es dem Beschwerdeführer offen steht, selbst Anzeige an die Kriminalpolizei oder Staatsanwaltschaft über seiner Meinung nach zu seinem Nachteil begangene, gerichtlich strafbare Handlungen zu erstatten (§ 80 Abs. 1 StPO), und damit zu erreichen, dass durch eine staatsanwaltliche Anordnung oder durch eine Antragstellung auf Durchführung oder Bewilligung von Ermittlungsmaßnahmen und Beweisaufnahmen zur Aufklärung des gegen den Täter gerichteten Verdachtes die Verjährungsfrist verlängert wird (§ 58 Abs. 3 Z 2 StGB). Zudem ist es aber völlig unbedenklich, wenn ein Berichter die ihm zugeteilten Beschwerdefälle entsprechend der Reihenfolge ihres Anhängigwerdens einer Erledigung zuführt (vgl. den hg. Beschluss vom 22. September 1992, Zl. 92/11/0190).

Die Ablehnung war daher als unberechtigt abzuweisen.

Wien, am 24. November 2010

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