Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1. Mit Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 18. Bezirk, vom 20. März 2009 wurde dem handelsrechtlichen Geschäftsführer der Beschwerdeführerin als deren zur Vertretung nach außen berufenes Organ zur Last gelegt, er habe es zu verantworten, dass die Beschwerdeführerin im Rahmen eines Krankenhausbetriebes das Gastgewerbe in der Betriebsart einer Cafeteria gewerbsmäßig betrieben habe, ohne hiezu gewerbeberechtigt gewesen zu sein. Dadurch habe er § 366 Abs. 1 Z. 1 Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994) verletzt. Deshalb wurde über ihn gemäß § 366 Abs. 1 Einleitungssatz GewO 1994 eine näher bezeichnete Geldstrafe und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe verhängt und wurde er gemäß § 64 VStG zur Zahlung eines näher bezeichneten Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens verpflichtet.
Im Anschluss an die Rechtsmittelbelehrung findet sich der Hinweis, dass gemäß § 9 Abs. 7 VStG juristische Personen und Personengesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit sowie die im Abs. 3 genannten physischen Personen für die zur Vertretung nach außen Berufenen oder über einen verantwortlichen Beauftragten verhängten Geldstrafen, sonstige in Geld bemessenen Unrechtsfolgen und die Verfahrenskosten zur ungeteilten Hand haften.
Dieser Bescheid wurde an den handelsrechtlichen Geschäftsführer und an die Beschwerdeführerin zugestellt; beide erhoben dagegen Berufung.
2. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung der Beschwerdeführerin gegen dieses Straferkenntnis gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 8 AVG und § 51 Abs. 1 VStG mangels Parteistellung zurückgewiesen.
Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, im Verwaltungsstrafverfahren sei der handelsrechtliche Geschäftsführer der Beschwerdeführerin als zur Vertretung nach außen Berufener verfolgt worden; die Beschwerdeführerin sei dem Verfahren nicht beigezogen worden. Das erstinstanzliche Straferkenntnis enthalte keinen Haftungsausspruch nach § 9 Abs. 7 VStG, sei der Beschwerdeführerin jedoch zugestellt worden. Mit der Berufung seien von der Beschwerdeführerin inhaltliche Gründe gegen das Straferkenntnis vorgebracht worden. Eine zulässige Berufung könne jedoch nur von einer Partei des Verfahrens erhoben werden. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Hinweis auf das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 21. November 2000, Zl. 99/09/0002) sei in einem Verwaltungsstrafverfahren gegen einen zur Vertretung nach außen berufenen Organwalter einer juristischen Person auch diese juristische Person dem Strafverfahren beizuziehen. Dies sei im erstinstanzlichen Verfahren nicht geschehen. Als formeller Bescheidadressatin komme der Beschwerdeführerin zwar grundsätzlich ein Berufungsrecht gegen diesen Bescheid zu, allerdings bedürfe es dazu eines Rechtsanspruches oder eines rechtlichen Interesses. Im konkreten Fall müsste sich die Parteistellung der Beschwerdeführerin aus ihrer Haftungspflicht ergeben. Die in § 9 Abs. 7 VStG geregelte Haftung von juristischen Personen sei keine ex-lege-Haftung, sondern bedürfe der Konkretisierung in Form eines Bescheides (Verweis auf das hg. Erkenntnis vom 25. Februar 2004, Zl. 2001/09/0165, und Martschin in Martschin/Schmid,
Das Verfahrensrecht der Unabhängigen Verwaltungssenate, 211). Dies ergebe sich eindeutig aus dem Erkenntnis des verstärkten Senates vom 21. November 2000, Zl. 99/09/0002, welcher der Rechtsauffassung von Walter/Mayer, Verwaltungsverfahrensrecht (7. Auflage), Rz. 780, gefolgt sei, wonach die Haftung im Straferkenntnis auszusprechen sei.
Da das vorliegende Straferkenntnis keinen Haftungsausspruch gemäß § 9 Abs. 7 VStG enthalte, sondern lediglich einen Hinweis darauf, komme diese Haftung nicht zum Tragen. Mangels Haftung habe die Beschwerdeführerin auch kein rechtliches Interesse und damit keine Parteistellung, weshalb ihr kein Berufungsrecht zukomme und ihre Berufung als unzulässig zurückzuweisen war.
3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und bringt in ihrer Gegenschrift vor, der angefochtene Bescheid bedeute für die Beschwerdeführerin keinen Rechtsnachteil, da mangels Titelbescheid auch keine Vollstreckung gegen sie möglich sei.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat erwogen:
1. Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch die mit dem angefochtenen Bescheid verfügte Zurückweisung ihrer Berufung (unter anderem) im Recht auf Sachentscheidung ("(rechtsrichtige) Behandlung/Nichtzurückweisung unserer Berufung") verletzt.
Begründend bringt sie im Wesentlichen vor, ihr komme auch ohne formellen Haftungsausspruch die umfassende Parteistellung samt Berufungsrecht zu. Das von der belangte Behörde zitierte hg. Erkenntnis vom 25. Februar 2004, Zl. 2001/09/0165, sei vorliegend nicht einschlägig. Es sei auch dem Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 21. November 2000, Zl. 99/09/0002, keineswegs zu entnehmen, dass es einer Konkretisierung der Haftung nach § 9 Abs. 7 VStG in Form eines Bescheides bedürfe. Der Verwaltungsgerichtshof habe in gleich gelagerten Fällen unabhängig von einem "formellen" Haftungsausspruch im Spruch des Straferkenntnisses ausgesprochen, dass der Haftungspflichtige nach § 9 Abs. 7 VStG dem Verwaltungsstrafverfahren als Partei beizuziehen sei und in diesem Verfahren alle Parteirechte einschließlich des Berufungsrechtes ausüben könne (Verweis auf die hg. Erkenntnisse vom 17. Dezember 2004, Zl. 2000/03/0231, und vom 22. Februar 2001, Zl. 2000/07/0036).
2. Der Auffassung der Beschwerdeführerin ist aus folgenden Erwägungen nicht zu folgen:
Wie die belangte Behörde zu Recht anführt, ist der Verwaltungsgerichtshof in dem zitierten Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 21. November 2000, Zl. 99/09/0002, ausdrücklich der Auffassung von Walter/Mayer, Verwaltungsverfahrensrecht (7. Auflage), Rz. 780, gefolgt, nach der die Haftung (nach § 9 Abs. 7 VStG) im Straferkenntnis auszusprechen ist. Dagegen (gemeint: gegen den Haftungsausspruch im Straferkenntnis) steht der haftungspflichtigen Gesellschaft Berufung zu. Der mit diesem Erkenntnis aufgehobene Bescheid wurde - so der verstärkte Senat ausdrücklich - deshalb aufgehoben, weil die dort beschwerdeführende Gesellschaft im Verwaltungsstrafverfahren nicht als Partei zugezogen wurde und (weiters) nicht bereits in dem das Strafverfahren abschließenden Bescheid über die Haftung der beschwerdeführenden Gesellschaft abgesprochen worden ist (vgl. zum Ganzen das zitierte Erkenntnis vom 21. November 2000, Zl. 99/09/0002).
Dass diesem Erkenntnis eines verstärkten Senates die Auffassung zugrundelag, der haftungspflichtigen Gesellschaft gegenüber habe auch im Spruch des das Strafverfahren gegen das Organ abschließenden Erkenntnisses ein Haftungsausspruch zu erfolgen und erst durch diesen im Spruch des gegen das Organ ergehenden Straferkenntnisses enthaltenen normativen Abspruch über die Haftung der vertretenen Gesellschaft werde diese in einer der Exekution zugänglichen Weise zur Zahlung der gegen ihr Organ verhängten Geldstrafe samt Anhang verpflichtet, hat der Verwaltungsgerichtshof neben dem von der belangten Behörde zitierten Erkenntnis vom 25. Februar 2004, Zl. 2001/09/0165, in jüngerer Zeit in einer Reihe von Erkenntnissen festgehalten. Liegt kein derartiger Haftungsausspruch vor, besteht nach dieser Rechtsprechung auch keine Zahlungspflicht der vertretenen Gesellschaft (vgl. insbesondere das hg. Erkenntnis vom 1. Juli 2010, Zlen. 2008/09/0377 und 0380, mwN, vgl. auch die hg. Erkenntnisse vom 23. April 2010, Zl. 2010/02/0074, vom 2. Juli 2010, Zl. 2007/09/0267, und vom 24. September 2010, Zl. 2010/02/0160).
Die von der Beschwerdeführerin angeführten hg. Erkenntnisse vom 22. Februar 2001, Zl. 2000/07/0036, und vom 17. Dezember 2004, Zl. 2000/03/0231, stehen diesem Ergebnis nicht entgegen, enthalten sie doch keine ausdrückliche Aussage zur Frage der Parteistellung in jenen Fällen, in denen im erstinstanzlichen Straferkenntnis kein Haftungsausspruch erfolgte.
Das hg. Erkenntnis vom 14. April 2010, Zl. 2009/08/0149, steht diesem Ergebnis ebenso nicht entgegen, lag diesem doch ein anders gelagerter Sachverhalt zugrunde (so bereits das zitierte hg. Erkenntnis vom 1. Juli 2010, Zl. 2008/09/0377; vgl. im Übrigen auch das hg. Erkenntnis vom 27. April 1995, Zl. 92/17/0288).
3. Im Beschwerdefall enthält der Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisse keinen derartigen Haftungsausspruch nach § 9 Abs. 7 VStG. Eine solcher kann auch nicht durch Aufnahme eines bloßen Hinweises auf diese Gesetzesbestimmung ersetzt werden.
Die belangte Behörde ist somit in der im Beschwerdefall (nach dem oben angeführten Beschwerdepunkt) entscheidenden Frage der Parteistellung der Beschwerdeführerin zu Recht davon ausgegangen, dass die Beschwerdeführerin mangels Ausspruchs einer sie treffenden (exekutierbaren) Haftung für die über ihr Organ verhängte Geldstrafe samt Anhang nicht in ihren subjektivöffentlichen Rechten berührt und daher auch nicht zur Erhebung einer Berufung legitimiert war.
Die belangte Behörde hat daher zu Recht die Berufung der Beschwerdeführerin als unzulässig zurückgewiesen. Aus diesen Gründen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
4. Von der von der Beschwerdeführerin beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden. Der Anforderung des Art. 6 Abs. 1 EMRK wurde durch die Durchführung einer öffentlichen, mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde, einem Tribunal im Sinne der EMRK, Genüge getan (vgl. das hg. Erkenntnis vom 2. Juli 2010, Zl. 2007/09/0267, mwN).
5. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455. Wien, am 5. November 2010
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