VwGH 2009/07/0014

VwGH2009/07/001430.9.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofräte Dr. Enzenhofer und Dr. N. Bachler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Zykan, über die Beschwerde des GR in S, vertreten durch Weh Rechtsanwalt GmbH in 6900 Bregenz, Wolfeggstraße 1, gegen den Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Vorarlberger Landesregierung vom 13. Oktober 2008, Zl. LAS-210/0608, betreffend Übertragung von Anteilsrechten an einer Agrargemeinschaft (mitbeteiligte Partei: Agrargemeinschaft Alpe N, vertreten durch Dr. Dietmar Fritz, Rechtsanwalt in 6870 Bezau, Unterdorf 10), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §8;
FlVfGG §17 Abs2;
FlVfGG §21;
FlVfLG Vlbg 1979 §33 Abs4;
FlVfLG Vlbg 1979 §33 Abs5;
FlVfLG Vlbg 1979 §33 Abs6;
FlVfLG Vlbg 1979 §33 Abs8;
AVG §8;
FlVfGG §17 Abs2;
FlVfGG §21;
FlVfLG Vlbg 1979 §33 Abs4;
FlVfLG Vlbg 1979 §33 Abs5;
FlVfLG Vlbg 1979 §33 Abs6;
FlVfLG Vlbg 1979 §33 Abs8;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Vorarlberg Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 17. Jänner 2008 wies die Agrarbezirksbehörde B (im Folgenden: ABB) gemäß § 33 Abs. 8 des Vorarlberger Gesetzes über die Regelung der Flurverfassung (FlVG) iVm § 4 Abs. 1 und 6 der Satzung der mitbeteiligten Partei die beiden Anträge des Beschwerdeführers, jeweils vom 14. Juni 2007, es möge ihm der Erwerb der 3 1/6 Weiderechte an der mitbeteiligten Partei, die der K.R. gehörten, und der 5/6 Weiderechtsanteile an der mitbeteiligten Partei, die der G.B., dem F.B. und dem M.B. zu jeweils 1/3 gehörten, bewilligt werden, als unzulässig zurück.

In der Begründung dieses Bescheides verwies die ABB auf den Umstand, dass G.B., F.B. und M.B. im Anteilsbuch der mitbeteiligten Partei nicht als Mitglieder eingetragen seien. Ein allfälliger Weiderechtserwerb dieser Personen sei in der Vergangenheit weder der ABB zur Bewilligung vorgelegt noch von dieser bewilligt worden. Die genannten Personen könnten daher diese Weiderechtsanteile nicht veräußern. Außerdem habe während des Ermittlungsverfahrens die mitbeteiligte Partei ihr Vorkaufsrecht gemäß § 4 Abs. 6 ihrer Satzung geltend gemacht. Zudem führe der Beschwerdeführer das Alpengasthaus M., das im Gebiet der Alpe N. gelegen sei. Er betreibe keinen landwirtschaftlichen Betrieb und sei auch nicht Landwirt.

In der Begründung dieses Bescheides führte die ABB weiter aus, dass die Veräußerung eines Anteilsrechtes der agrarbehördlichen Bewilligung bedürfe, eine Bewilligung antragsbedürftig sei und nur der Veräußerer die Bewilligung beantragen könne. Dies bedeute, dass der Beschwerdeführer als Erwerber von Weiderechten nicht berechtigt sei, einen Antrag auf Erteilung einer Bewilligung nach § 33 Abs. 8 FlVG zu stellen, weil er eben nicht Veräußerer der Weiderechte sei. Die Anträge seien somit als unzulässig zurückzuweisen gewesen. Die Prüfung der materiell-rechtlichen Seite der Anträge führe zum Ergebnis - was jedoch "nicht tragender Bestandteil der Erledigung" sei -, dass dem Beschwerdeführer die gewünschte Bewilligung nicht erteilt werden könne, weil er kein Landwirt sei, die mitbeteiligte Partei ihr Vorkaufsrecht in Anspruch genommen habe und die Weiderechte dann an interessierte Besitzer weitergeben wolle.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung an die belangte Behörde.

Die belangte Behörde führte am 17. September 2008 eine mündliche Verhandlung durch. Bei dieser mündlichen Verhandlung führte der Vertreter des Beschwerdeführers aus, dass zum vorliegenden Fall keine inhaltlichen Einwände vorgebracht würden. Er gehe davon aus, dass "nur formale Aspekte" verhandelt würden. Es sei zu klären, wer "bei einem solchen Rechtsgeschäft überhaupt Parteistellung" habe.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 33 Abs. 8 FlVG als unbegründet ab und bestätigte den Bescheid der ABB unter anderem mit der Maßgabe, dass die Wortfolge betreffend die Satzungsbestimmungen der mitbeteiligten Partei zu entfallen habe.

Begründend führte die belangte Behörde aus, dass der Beschwerdeführer nach den im Akt aufliegenden Kaufverträgen vom 25. September 2003 und vom 2. Oktober 2003 Käufer und damit Erwerber der gegenständlichen Weiderechtsanteile sei. Nach der ihm bekannten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes komme dem Erwerber eines Anteilsrechtes an einer Agrargemeinschaft kein Rechtsanspruch auf die agrarbehördliche Genehmigung seines Erwerbes zu. Eine solche Genehmigung (des Erwerbes) sei nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes im Gesetz nicht vorgesehen. Ihre Erteilung oder Verweigerung sei auf die Gültigkeit des zugrundeliegenden Erwerbsaktes insofern ohne Einfluss, als die Gültigkeit des Rechtsgeschäftes über walzende Anteilsrechte an einer Agrargemeinschaft allein von der agrarbehördlichen Genehmigung der Veräußerung der Anteile im Sinne des § 33 Abs. 8 FlVG abhänge. Auf die Erwirkung der allein vom Veräußerer von Anteilen einzuholenden agrarbehördlichen Genehmigung der Veräußerung der Anteilsrechte komme aber dem Erwerber keine Ingerenz zu. Er habe auf die Erteilung einer agrarbehördichen Genehmigung des Veräußerungsvorganges kein subjektiv-öffentliches Recht und im betroffenen Verfahren auch keine Parteistellung.

Diese Rechtsprechung werde im konkreten Fall gerade nicht "uferlos auf Fälle erweitert, in denen Weiderechtsanteile ohne(hin) schon frei und an keine Stammsitzliegenschaft mehr geknüpft" seien. Vielmehr komme der Verwaltungsgerichtshof auch im Fall des Erwerbes von persönlichen (walzenden) Anteilen an einer Agrargemeinschaft zum Schluss, dass einem Erwerber eines solchen Anteilsrechtes kein Recht zur Stellung eines Genehmigungsantrages bei der Agrarbehörde zukomme.

Eine Prüfung, ob G.B., F.B. und M.B. überhaupt als Veräußerer der 5/6 Weiderechtsanteile an der mitbeteiligten Partei rechtlich in Betracht kommen würden, habe, da keine Anträge dieser Personen vorlägen, ebenso wie die Frage, ob der Erwerb der Weiderechtsanteile einerseits von K.R., andererseits von G.B., F.B. und M.B. durch den Beschwerdeführer der Satzung der mitbeteiligten Partei entspreche, dahingestellt bleiben können. Der Spruch der erstinstanzlichen Entscheidung sei daher insoweit zu präzisieren gewesen.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof.

Darin wird die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes als "lebensfremd und systemwidrig" kritisiert. Deshalb möge der Verfassungsgerichtshof "menschenrechtlich Klartext" sprechen.

Dieser lehnte mit Beschluss vom 11. Dezember 2008, Zl. B 1938/08, die Behandlung der Beschwerde ab und trat diese über nachträglichen Antrag des Beschwerdeführers mit Beschluss vom 8. Jänner 2009, gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG an den Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

In der ergänzten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte in ihrer Gegenschrift - ebenso wie die mitbeteiligte Partei - die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat hierüber in einem nach § 12 Abs. 1 Z. 2 gebildeten Senat erwogen:

Zutreffend bezieht sich die belangte Behörde in der Begründung ihres angefochtenen Bescheides auf den hg. Beschluss vom 22. Dezember 2005, Zl. 2004/07/0161. Der vorliegende Beschwerdefall gleicht in den für seine Entscheidung wesentlichen Gesichtspunkten vollkommen jenem, der diesem Beschluss zugrunde lag. Auf diesen wird somit gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen.

Für die auch im vorliegenden Beschwerdefall relevante Veräußerung persönlicher (walzender) Weideanteile hat der Verwaltungsgerichtshof in diesem Beschluss ausgesprochen, dass dem Erwerber eines Anteilsrechtes an einer Agrargemeinschaft - und somit dem Beschwerdeführer - kein Rechtsanspruch auf die agrarbehördliche Genehmigung seines Erwerbes zukommt. Auf die Erteilung einer agrarbehördlichen Genehmigung des Veräußerungsvorganges hat der Beschwerdeführer somit kein subjektiv-öffentliches Recht und im betroffenen Verfahren auch keine Parteistellung (vgl. zum Stmk. AgrGG das hg. Erkenntnis vom 8. Juli 2004, Zl. 2004/07/0057 und zum Bgld. FLG den hg. Beschluss vom 21. Februar 2008, Zl. 2008/07/0023).

Den Beschwerdeausführungen zu "Weiderechtsanteilen von Verstorbenen" ist entgegenzuhalten, dass eine Übertragung persönlicher (walzender) Anteilsrechte auf Grund letztwilliger Verfügungen nach § 33 Abs. 8 FlVG nicht der Bewilligung der Agrarbehörde bedarf, weil bei walzenden Anteilsrechten auf Grund dieser Sonderbestimmung nur die Veräußerung bewilligungspflichtig ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 13. Mai 1996, Zl. 95/07/0092, mwN).

Der Beschwerdeführer meint, es sei seit dem Urteil Ringeisen ständige Spruchpraxis des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechtes und des Verfassungsgerichtshofes, dass alle Vertragsparteien eines Grundverkehrsgeschäftes den Rechtsanspruch auf Einreichung des Vertrages zur grundverkehrsbehördlichen Genehmigung hätten. In diesem Zusammenhang sei auch auf die ständige Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte zu "landwirtschaftlichen Kommassierungsverfahren" zu verweisen. Auch habe der Verfassungsgerichtshof "im Erkenntnis über die Antragslegitimation betreffend humanitäre Visa" (VfGH vom 27. Juni 2008, Zl. G 246/07 ua.) entschieden, dass jeder innerstaatliche Rechtsanspruch auch einen korrespondierenden rechtsstaatlichen Rechtsverfolgungsanspruch gewährleiste.

Aus den genannten Entscheidungen lässt sich eine Parteistellung für den Beschwerdeführer im vorliegenden Verfahren nicht ableiten.

Dies hat auch für die vom Beschwerdeführer angeführten Urteile des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte vom 27. Juli 2006, Application no. 10523/02, und vom 27. Juli 2006, Application no. 62539/00, zu gelten. Diese betreffen völlig anders gelagerte Fälle im Bereich des Ausländerbeschäftigungsrechtes.

Die Bewilligungsanträge des Beschwerdeführers wurden somit zu Recht mangels Parteistellung zurückgewiesen. Dem Beschwerdeführer kam kein Recht zur Antragstellung zu.

Von der vom Beschwerdeführer beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden, da der Anforderung des Art. 6 EMRK durch die Durchführung einer öffentlichen, mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde, einem Tribunal im Sinne der EMRK, Genüge getan wurde.

Die Beschwerde erweist sich demnach als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 30. September 2010

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