VwGH 2009/05/0064

VwGH2009/05/006411.5.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Hofräte Dr. Pallitsch, Dr. Handstanger, Dr. Hinterwirth und Dr. Moritz als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Crnja, über die Beschwerde der B in X, vertreten durch Mag. Markus Cerny, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Gonzagagasse 14, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 19. November 2008, Zl. RU1-BR-1058/002-2008, betreffend Verlängerung einer befristeten Baubewilligung (mitbeteiligte Partei: Stadtgemeinde X), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §8;
BauO NÖ 1996 §23 Abs2;
BauO NÖ 1996 §23;
BauRallg;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
AVG §8;
BauO NÖ 1996 §23 Abs2;
BauO NÖ 1996 §23;
BauRallg;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Niederösterreich hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid des Stadtamtes der Stadtgemeinde X als Baubehörde I. Instanz vom 12. August 1994 wurde K. I. als Bauwerber antragsgemäß die Errichtung eines Würstelstandes (405 cm x 280 cm) sowie des erforderlichen Kanalanschlusses "auf die Dauer von 5 Jahren" auf dem Grundstück Nr. 3276/63, KG X, auf dem "Park and Ride Platz hinter dem K-Bahnhof" unter Vorschreibung von Nebenbestimmungen gemäß "§§ 89 Abs. 1, 92 Abs. 1 Z. 2, 99a und 100, in Verbindung mit § 101 NÖ Bauordnung 1976, LGBl 8200-10", unter Vorschreibung von Auflagen bewilligt. Auflage 1 hat folgenden Wortlaut:

"Der Würstelstand ist nach Ablauf der Frist von 5 Jahren ohne Anspruch auf Entschädigung vom Eigentümer oder Pächter oder deren Rechtsnachfolger abzutragen und der ursprüngliche Zustand ist wieder herzustellen, oder es kann vor Ablauf der Frist eine neuerliche Bewilligung erwirkt werden."

Mit Bescheid des Stadtamtes der Stadtgemeinde X als Baubehörde I. Instanz vom 3. Mai 1995 wurde K. I. als Bauwerber die Errichtung "eines Lager- und Müllraumes in Holzbauweise im Ausmaß von 4 m x 1,4 m neben dem bestehenden Verkaufsstand sowie der Herstellung einer Überdachung bei der Verkaufshütte" auf dem erwähnten Grundstück, gestützt auf die genannten Bestimmungen der NÖ Bauordnung 1976, mit der Auflage bewilligt, dass der Lager- und Müllraum "mit gleichem Datum" wie die am 12. August 1994 bewilligte Verkaufshütte" zu entfernen ist.

Mit Bescheid des Stadtamtes der Stadtgemeinde X als Baubehörde I. Instanz vom 12. August 1998 wurde K. K. als Bauwerber gemäß § 14 Z. 2, 4 und 23 NÖ Bauordnung 1996 die Errichtung von Lagerräumen und einer überdachten Terrasse auf dem Baugrundstück befristet bis 2. September 1999 erteilt. Ausdrücklich wurde in diesem Bescheid festgehalten, dass die Bescheide vom 12. August 1994 und vom 18. September 1995 "vollinhaltlich in Geltung" bleiben.

Mit Bescheid des Stadtamtes der Stadtgemeinde X als Baubehörde I. Instanz vom 17. September 1999 wurde der Beschwerdeführerin als Bauwerberin antragsgemäß gemäß § 23 Abs. 1 in Verbindung mit § 22 Abs. 2 NÖ Bauordnung 1996 die baubehördliche Bewilligung für die Errichtung eines "Würstelstand(es) mit Lagerraum und überdachter Terrasse auf dem Park and Ride - Platz hinter dem K-Bahnhof, auf die Dauer von 5 Jahren auf dem Grundstück A, EZ 5929, KG X, (basierend auf dem Bescheid vom 12. 08 1994, ...) befristet bis 02.09.2004" unter Vorschreibung von Nebenbestimmungen erteilt. In Auflage 2. wurde angeordnet:

"Die Anlage konnte nur als Bau vorübergehenden Bestandes bewilligt werden, und ist ohne Aufforderung nach 5 Jahren zu entfernen. Bei beabsichtigter längerer Bestandsdauer ist erneut, zeitgerecht, vor Ablauf dieser Bewilligung um Genehmigung anzusuchen."

Mit Schriftsatz vom 7. April 2004, bei der Behörde eingelangt am 14. April 2004, beantragte die Beschwerdeführerin wie folgt:

"Ich beziehe mich auf die Bewilligung GZ IV-153-9/1999-4824 vom 17.09.1999, nach der meiner Imbissstube bis 02.09.2004 der Bestand zugesichert wurde. Ich bitte um Verlängerung des Objektbestandes um weitere fünf Jahre, d.i. bis 02.09.2009."

Mit Bescheid des Stadtamtes der Stadtgemeinde X vom 22. Jänner 2008 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin vom 7. April 2004 auf Fristverlängerung der Baubewilligung vom 17. September 1999 gemäß § 23 NÖ Bauordnung 1996 abgewiesen, weil eine "solche Fristverlängerung in der NÖ Bauordnung 1996 nicht vorgesehen ist".

Mit Bescheid des Stadtrates der Stadtgemeinde X vom 17. September 2008 wurde die dagegen erhobene Berufung der Beschwerdeführerin als unbegründet abgewiesen.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde die dagegen erhobene Vorstellung als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, dass die im Jahre 1999 erteilte Baubewilligung bis 2. September 2004 befristet erteilt worden sei. Ob diese Befristung zulässigerweise erteilt worden sei, sei nicht mehr Gegenstand des Verfahrens. Die Befristung im Bewilligungsbescheid sei nicht bekämpft worden und daher rechtskräftig. Ein rechtskräftiger Bescheid sei verbindlich und binde die Verwaltungsbehörde auch dann, wenn er rechtswidrig sein sollte. Auf Grund des eindeutigen Wortlautes bestünden keine Zweifel an der Befristung des Bewilligungsbescheides. Eine Fristverlängerung komme im Übrigen nur in den gesetzlich vorgesehenen Fällen in Betracht. Die NÖ Bauordnung 1996 kenne keine Verlängerung von befristet erteilten Baubewilligungen. Die Beschwerdeführerin vermenge die Frage der Rechtmäßigkeit der seinerzeitigen Befristung mit der Zulässigkeit der Verlängerung einer solchen Befristung.

Der Verfassungsgerichtshof hat mit Beschluss vom 23. Februar 2009, B 35/09-3, nach Ablehnung ihrer Behandlung die dagegen erhobenen Beschwerde gemäß Art 144 Abs. 3 B-VG an den Verwaltungsgerichtshof abgetreten.

Vor dem Verwaltungsgerichtshof macht die Beschwerdeführerin Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend. Sie erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem gesetzlich gewährleisteten Recht "auf Verlängerung bzw. auf Erteilung der Baubewilligung" verletzt. Den Bauwerbern, der Beschwerdeführerin und auch der Baubehörde sei von Anfang an klar gewesen, dass die Baubewilligung nicht befristet sein solle. Dies ergebe sich aus dem Antrag aus 1993 und der in der Baubewilligung erteilten Auflage, einen festen Untergrund zu schaffen, Anschlüsse und Installationen vorzunehmen. Daraus sei ersichtlich, dass es sich bei dem bewilligten Würstelstand um keinen Bau "vorübergehenden Bestandes" gehandelt habe. Auch die weiteren Bewilligungen zeigten, dass es sich nicht um Bauten vorübergehenden Bestandes gehandelt habe. Aus der "Verlängerung" im Jahre 1999 gehe ebenfalls hervor, dass die Voraussetzungen für die Anwendung der Regelung für Bauwerke vorübergehenden Bestandes nicht gegeben gewesen seien. Da somit dieser Bescheid nicht § 23 NÖ Bauordnung 1996 entspräche, sei von einer auslegungsbedürftigen Undeutlichkeit auszugehen. Eine "Betrachtung der tatsächlichen Gegebenheiten sowie der Handhabung der de-facto Verlängerung 1999" führe daher dazu, dass es sich bei der Baubewilligung im Jahr 1999 nur um eine unbefristete Baubewilligung gehandelt habe; die Falschbezeichnung im Spruch vermöge daran nichts zu ändern.

Der Antrag des Rechtsvorgängers der Beschwerdeführerin aus dem Jahr 1999 sowie der Antrag der Beschwerdeführerin vom 7. April 2004 hätten als Anträge auf Erteilung einer neuen Baubewilligung gewertet werden müssen. Die Beschwerdeführerin hätte allenfalls von der Behörde dementsprechend angeleitet werden müssen.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die hier maßgeblichen Bestimmungen der NÖ Bauordnung 1996

haben folgenden Wortlaut:

"§ 20

Vorprüfung

(1) Die Baubehörde hat bei Anträgen nach § 14 vorerst zu prüfen, ob dem Bauvorhaben

1. die im Flächenwidmungsplan festgelegte Widmungsart des Baugrundstückes, seine Erklärung zur Vorbehaltsfläche oder Aufschließungszone,

  1. 2. der Bebauungsplan,
  2. 3. eine Bausperre,
  3. 4. die Unzulässigkeit der Erklärung des betroffenen Grundstückes im Bauland zum Bauplatz,
  4. 5. ein Bauverbot nach § 11 Abs. 5 oder
  5. 6. eine Bestimmung dieses Gesetzes, der NÖ Aufzugsordnung, LGBl. 8220, des NÖ Kleingartengesetzes, LGBl. 8210, oder einer Durchführungsverordnung zu einem dieser Gesetze entgegensteht.

    ...

(3) Wenn die Baubehörde eines der im Abs. 1 angeführten Hindernisse feststellt, hat sie den Antrag abzuweisen. ...

...

§ 23

Bewilligung

(1) Die Baubehörde hat über einen Antrag der Baubewilligung einen schriftlichen Bescheid zu erlassen. Eine Baubewilligung ist zu erteilen, wenn kein Widerspruch zu den in § 20 Abs. 1 Z. 1 bis 6 angeführten Bestimmungen besteht.

...

(2) Der Baubewilligungsbescheid hat zu enthalten die Angabe des bewilligten Bauvorhabens und

die Vorschreibung jener Auflagen, durch deren Erfüllung den Bestimmungen der in § 20 Abs. 1 Z. 6 angeführten Gesetze und Verordnungen entsprochen wird. ...

Mit Auflagen darf die Baubehörde insbesondere die Vorlage von Berechnungen, Befunden und Bescheinigungen von staatlich autorisierten oder akkreditierten Stellen, Ziviltechnikern oder Gewerbeberechtigten zum Nachweis der Einhaltung von Vorschriften und technischen Regeln vorschreiben.

...

(6) Bauwerke vorübergehenden Bestandes (Ausstellungsbauten, Tribünen u. dgl.) dürfen nur für die Dauer von höchstens 5 Jahren bewilligt werden.

Notstandsbauten, die im Katastrophenfall errichtet werden,

sind auf die Dauer ihres Bedarfs zu bewilligen.

..."

Aus der dargestellten Rechtslage folgt, dass eine Baubewilligung zu erteilen ist, wenn kein Widerspruch zu den in § 20 Abs. 1 Z. 1 bis 6 NÖ Bauordnung 1996 angeführten Bestimmungen besteht.

Das Baubewilligungsverfahren ist ein Projektgenehmigungsverfahren. Es ist der in den Einreichplänen und in den Baubeschreibungen zum Ausdruck gebrachte Bauwille des Bauwerbers entscheidend (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 29. Jänner 2008, Zl. 2006/05/0297). Die Baubewilligung ist demnach ein antragsbedürftiger Verwaltungsakt, der einen auf seine Erlassung gerichteten, von einer hiezu legitimierten Partei gestellten Antrag voraussetzt (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 12. November 2002, Zl. 2002/05/0740).

Der Bauwerber besitzt daher einen Rechtsanspruch auf Erteilung der beantragten baubehördlichen Bewilligung bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen. Besteht kein Widerspruch zu den in § 20 Abs. 1 Z. 1 bis 6 NÖ Bauordnung 1996 angeführten Bestimmungen, besitzt der Bauwerber einen Rechtsanspruch auf Erteilung der von ihm beantragten Baubewilligung.

Dem Baubewilligungsbescheid können, soweit dies im Gesetz vorgesehen ist, Nebenbestimmungen beigesetzt werden. Hierbei handelt es sich um Willensäußerungen der Behörde, die in Form von Bedingungen, Auflagen, Befristungen oder Widerrufsvorbehalten zum Hauptinhalt des Bescheides hinzutreten können (vgl. hiezu Antoniolli/Koja, Allgemeines Verwaltungsrecht3, S. 551 f).

§ 23 Abs. 2 NÖ Bauordnung 1996 sieht solche Nebenbestimmungen ausdrücklich vor (vgl. das hg. Erkenntnis vom 16. September 2009, Zl. 2008/05/0077).

Der belangten Behörde ist jedoch darin zu folgen, dass in der Niederösterreichischen Bauordnung 1996 eine Verlängerung einer befristet erteilten Baubewilligung nicht vorgesehen ist. Ein Ansuchen um "Verlängerung" der befristeten Baubewilligung (hier:

"Verlängerung des Objektbestandes um weitere fünf Jahre, d.i. bis 2.9.2009") ist aber rechtlich einem Antrag um Erteilung einer (wie beantragt befristeten) Baubewilligung gleichzusetzen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 20. Oktober 1994, Zl. 93/06/0218, und vom 20. April 2004, Zl. 2003/06/0088).

Die Baubehörden hätten daher den Antrag der Beschwerdeführerin vom 7. April 2004 nicht als im Gesetz nicht vorgesehenen Antrag auf Verlängerung der befristeten Baubewilligung (aus dem Jahre 1999) abweisen dürfen, vielmehr wäre dieses Ansuchen als Antrag um Erteilung einer Baubewilligung zu prüfen und darüber gemäß §§ 20 ff NÖ Bauordnung 1996 zu entscheiden gewesen, zumal das Ansuchen vom 24. April 2008 nicht den Würstelstand selbst betroffen hat.

Da die belangte Behörde dies verkannt hat, belastete sie ihren Bescheid mit einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008. Im pauschalierten Schriftsatzaufwand in der Höhe von EUR 1.106,40 ist die Umsatzsteuer bereits enthalten.

Wien, am 11. Mai 2010

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