VwGH 93/06/0218

VwGH93/06/021820.10.1994

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Onder und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Müller, Dr. Waldstätten und Dr. Köhler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Knecht, über die Beschwerde der J in G, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des Gemeinderates der Landeshauptstadt Graz vom 16. September 1993, Zl. A 17 - K - 27.656/1984 - 2, betreffend Abweisung eines Baugesuches, zu Recht erkannt:

Normen

ROG Stmk 1974 §25 Abs3;
ROG Stmk 1974 §25 Abs4 Z4;
ROG Stmk 1974 §25 Abs3;
ROG Stmk 1974 §25 Abs4 Z4;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat der Landeshauptstadt Graz Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin ist Eigentümerin eines Grundstückes in Graz. Mit Bescheid der Baubehörde I. Instanz vom 21. Mai 1976 wurde ihr die (nachträgliche) Bewilligung zur Errichtung einer Gartenhütte als Bauvorhaben vorübergehenden Bestandes auf diesem Grundstück, befristet bis zum 30. Dezember 1981, erteilt, wobei nach Ablauf der Frist das Bauwerk abzutragen und der vorherige Zustand wiederherzustellen sei. Mit weiterem Bescheid der Baubehörde I. Instanz vom 26. April 1984 wurde ihr neuerlich eine Bewilligung zur "Ausführung dieser Gartenhütte" (die zwischenzeitig nicht abgetragen worden war) gemäß den §§ 57 und 62 der Steiermärkischen Bauordnung 1968 (BO) als Provisorium mit der Maßgabe erteilt, daß die Genehmigung für die bereits errichtete Gartenhütte bis zum 31. Dezember 1992 gelte und nach Ablauf dieser Frist die Hütte abzutragen und der "bisherige Zustand" wieder herzustellen sei. Dieser Bescheid ist in Rechtskraft erwachsen. Im Zuge des Verfahrens hatte eine Besichtigung am 2. September 1982 ergeben, daß das gegenständliche Gartenhäuschen das umliegende Landschaftsbild nicht störe.

Mit Eingabe vom 25. März 1993 an die Baubehörde I. Instanz ersuchte die Beschwerdeführerin, "gegenständliches Provisorium als Bau vorübergehenden Bestandes gem. § 62 BO weiterhin zu genehmigen". Das Bauwerk diene ihr als zeitweilige Unterkunft und Unterstand bei Schlechtwetter, eventuellem Notfall, da sonst keine Möglichkeit bestehe, dieses entlegene Grundstück zu beaufsichtigen, fallweise zu betreuen bzw. zu pflegen. Die zimmermannsmäßig errichtete Hütte (Wirtschaftsraum mit Aufenthaltsmöglichkeit) werde auch im Falle des Grasmähens und sonstiger Pflege für eventuell eingesetzte Arbeitskräfte als Unterstand benötigt, was für das abgeschiedene Grundstück eine zwingende Notwendigkeit sei (wird näher ausgeführt). Sie ersuche, das "Provisorium um weitere 5 Jahre zu verlängern".

Hierauf teilte die Behörde der Beschwerdeführerin mit, daß sich ihr Grundstück gemäß dem gültigen Flächenwidmungsplan in einem Bereich befinde, der als "Freiland" ausgewiesen sei. Die Errichtung derartiger Gartenhäuser im "Freiland" sei gemäß § 25 des Steiermärkischen Raumordnungsgesetzes 1974 (StROG) nicht zulässig (wird näher ausgeführt), weshalb das Ansuchen um zeitliche Verlängerung der provisorisch genehmigten Gartenhütte um weitere fünf Jahre wegen unlösbaren Widerspruches zum Flächenwidmungsplan abzuweisen wäre.

Eine durchgeführte Erhebung nach Zustellung dieser Note ergab, daß das gegenständliche Gartenhaus noch nicht beseitigt worden war. Hierauf hat die Baubehörde I. Instanz mit Bescheid vom 18. Mai 1993 das verfahrensgegenständliche Baugesuch aus den in der zitierten Mitteilung genannten Gründen abgewiesen.

Dagegen erhob die Beschwerdeführerin Berufung, in der sie vorbrachte, daß die Abweisung rechtmäßig nicht mit dem Hinweis auf die Bestimmung des § 25 Abs. 3 wie auch Abs. 2 ROG begründet werden könne, weil diese Vorschriften die Errichtung bzw. Bewilligung zur Errichtung von Gebäuden, Bauwerken und der Anlagen im Freiland zum Gegenstand hätten. Im vorliegenden Fall handle es sich aber um einen Antrag "zur Fristverlängerung der über zehn Jahre bewilligten Benützungsbewilligung" dieser Hütte. Eine zwingende Vorschrift, daß im Freiland überhaupt keine Baumaßnahmen möglich seien, gebe es nicht. Im vorliegenden Fall lasse § 25 Abs. 4 StROG "rückschlüssig ableiten", daß diese ebenerdige und unbewohnte Hütte von untergeordneter Bedeutung im Freiland "vorhanden" sein dürfe. Das gegenständliche Grundstück werde im Osten von einer näher bezeichneten Straße, im Norden von einem Wohnhaus samt Nebengebäuden und im Süden von einem Haus "eingeschlossen"; es handle sich daher um eine Baugrundlücke. Das Grundstück werde von ihr auch als Bauerwartungsland deklariert und solle als solches umgewidmet werden.

Eine über Auftrag der belangten Behörde durchgeführte Erhebung ergab, daß auf dem verfahrensgegenständlichen Grundstück kein weiteres Gebäude (kein Wohnhaus) bestehe.

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde der Berufung keine Folge gegeben und die erstinstanzliche Entscheidung bestätigt. Begründend wurde nach Wiedergabe des Verfahrensganges und der Bestimmungen des § 25 Abs. 2 und Abs. 3 StROG ausgeführt, aus § 25 Abs. 2 leg. cit. sei zu entnehmen, daß eine Gartenhütte, die nicht land- und forstwirtschaftlichen Zwecken oder einer Sondernutzung diene, nicht zulässig sei. Ebenso sei keine Bewilligung nach § 25 Abs. 4 Z. 4 leg. cit. zulässig, weil sich auf der Liegenschaft kein Wohngebäude befinde, "was Voraussetzung für die Anwendung dieser Bestimmung gewesen wäre".

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Wie der Verwaltungsgerichtshof (aufgrund eines Hinweises in den Verwaltungsakten) erhoben hat, hat die Beschwerdeführerin den Berufungsbescheid auch mit Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof bekämpft (wobei sie sich inhaltlich insbesondere auch gegen die nunmehrige Fassung des § 25 Abs. 4 Z. 4 StROG gewandt hat). Der Verfassungsgerichtshof hat mit Beschluß vom 29. November 1993, B 1882/93-4, die Behandlung der Beschwerde abgelehnt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Beschwerdefall ist das Steiermärkische

Raumordnungsgesetz 1974 (StROG), LGBl. Nr. 127 idF

LGBl. Nr. 41/1991, anzuwenden. Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen lauten:

"§ 25

Freiland

(1) Alle nicht als Bauland oder Verkehrsflächen festgelegten Grundflächen gehören zum Freiland.

(2) Die Flächen des Freilandes, die nicht der land- und forstwirtschaftlichen Nutzung dienen und nicht Ödland sind, sind im Flächenwidmungsplan unter Angabe ihrer Sondernutzung festzulegen, soweit nicht eine Ersichtlichmachung auf Grund der überörtlichen Raumordnung (§ 6) zu erfolgen hat. Als Sondernutzungen gelten insbesondere Flächen für Gärtnereien, Kur-, Erholungs-, Spiel- und Sportzwecke, öffentliche Parkanlagen, Kleingartenanlagen, Ablagerungsplätze (für Müll, Altmaterial und deren Behandlung), Aufschüttungsgebiete, Bodenentnahmeflächen, Schießstätten, Schieß- und Sprengmittellager und ihre Gefährdungsbereiche, Energieerzeugungs- und -versorgungsanlagen, Hochwasserrückhalteanlagen, Wasserversorgungsanlagen, Abwasserbeseitigungs- und -reinigungsanlagen.

(3) Im Freiland dürfen

  1. 1. nur solche Gebäude, Bauwerke und Anlagen errichtet werden, die als Objekte eines Betriebes für eine bestimmungsgemäße Nutzung gemäß Abs. 2 nachweislich erforderlich sowie in ihrer standörtlichen Zuordnung und Gestaltung betriebstypisch sind;

  1. 2. bestehende Bauten im unbedingt notwendigen Abstand zum bisherigen Standort ersetzt werden, wenn sie sich infolge von Elementarereignissen oder im öffentlichen Interesse (Erfordernisse der Ver- und Entsorgung, des Verkehrs, der Landesverteidigung, der Verbesserung des Orts- und Landschaftsbildes und des Hochwasserschutzes) als erforderlich erweisen und die Bestimmung des Abs. 4 bezüglich der Bebauungsdichte und der Geschoßfläche eingehalten wird;

(...)

(4) Außer für Zwecke land- und forstwirtschaftlicher Nutzung dürfen im Freiland

(...)

4. kleinere, ebenerdige, unbewohnte Bauten von untergeordneter Bedeutung (Gartenhäuschen, Gerätehütten, Garagen für höchstens 2 Kraftfahrzeuge mit einem höchstens zulässigen Gesamtgewicht von je 2500 kg, Holzlagen, Bienenhütten u. dgl.) nur im unmittelbaren Anschluß an rechtmäßig bestehende Wohngebäude

errichtet werden, wenn hiedurch das Orts- und Landschaftsbild nicht beeinträchtigt wird.

(...)"

Die Beschwerdeführerin räumt selbst ein, es sei im vorliegenden Fall "bei einer kritischen Überprüfung des gegenständlichen Sachverhaltes davon auszugehen, daß bei der Bewirtschaftung der gegenständlichen Wiese durch die Beschwerdeführerin nicht von einer landwirtschaftlichen oder forstwirtschaftlichen Nutzung auszugehen ist, und daher die Nutzung dieser Wiese die Zulässigkeit einer Bauführung nicht rechtfertigt", bringt aber vor, § 25 (zu ergänzen nach dem Zusammenhang: Abs. 4 Z. 4) StROG regle nicht genau, was "der unmittelbare Anschluß an bestehende Wohngebäude für Entfernungen für allfällig errichtete Bienenhütten bzw. Gerätehütten vom Wohngebäude" zulasse.

Dem ist folgendes zu entgegnen:

Die Wendung "im unmittelbaren Anschluß an rechtmäßig bestehende Wohngebäude" im § 25 Abs. 4 Z. 4 StROG ist dahin zu verstehen, daß einerseits ein enger räumlicher Konnex, andererseits aber auch (vor dem Hintergrund des Zweckes der Norm, die einer Verhüttelung des Freilandes vorbeugen will) ein "Nutzungskonnex" (Nutzungseinheit) gefordert wird, wobei es aber (entgegen einer möglicherweise dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegenden Beurteilung) mangels diesbezüglicher gesetzlicher Anordnung nicht noch überdies darauf ankommt, ob Bauwerk und Wohnhaus sich auf demselben Grundstück befinden oder nicht.

Mit dem Vorbringen, daß die Beschwerdeführerin Eigentümerin mehrerer Objekte in der Stadt sei und ihr schon angesichts ihres Alters (sie stehe im 80. Lebensjahr) nicht zuzumuten sei, daß sie mit einem Mäher durch die Stadt fahren müsse, um die gegenständliche Wiese abzumähen, vermag die Beschwerdeführerin nicht den vom Gesetz geforderten engen räumlichen Konnex zwischen dieser Gartenhütte und ihren "Objekten in der Stadt" aufzuzeigen. Bejahte man hingegen einen solchen engen räumlichen Konnex zu den umliegenden (fremden) Wohnhäusern, wäre hieraus für die Beschwerdeführerin nichts zu gewinnen, weil das Vorliegen des ebenfalls erforderlichen "Nutzungskonnexes" nicht ersichtlich ist.

Die von der Beschwerdeführerin angestrebte "Verlängerung" der befristeten Baubewilligung ist rechtlich der Erteilung einer Baubewilligung gleichzusetzen; hiefür ist die Sach- und Rechtslage zum Entscheidungszeitpunkt (näherhin zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung) maßgeblich (zu letzterem siehe die in Hauer, Steiermärkisches Baurecht2 in E 40 bis 42 zu § 62 BO wiedergegebene Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes). Damit hat die Behörde zutreffend das Ansuchen wegen unlösbaren Widerspruches zum Flächenwidmungsplan (§ 61 Abs. 1 der Steiermärkischen Bauordnung 1968 - BO -, LGBl. Nr. 149 in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung LGBl. Nr. 54/1992) abgewiesen.

Aus dem Hinweis der Beschwerdeführerin auf die Bestimmung des § 57 Abs. 2 (richtig: 2a) BO (wonach von der Bewilligungspflicht im Rahmen der Land- und Forstwirtschaft unter anderem die Errichtung kleinerer, ebenerdiger und unbewohnter Bauten von untergeordneter Bedeutung im Sinne des § 53 Abs. 2 und § 4 Abs. 2 mit der Ausnahme von Kleingaragen ausgenommen ist) ist für sie nichts zu gewinnen. Soferne ihr Vorbringen in diesem Zusammenhang, "daß man auch auf dem Standpunkt stehen könnte, der nicht unberechtigt ist, daß die gegenständliche Hütte im Rahmen der landwirtschaftlichen Nutzung der Wiese von der Beschwerdeführerin benötigt wird" dahin zu verstehen sein sollte, daß sie in Abgehen ihrer (wiedergegebenen) Argumentation eingangs der Beschwerde eine landwirtschaftliche Nutzung dieser Wiese behaupte, wäre ihr diesbezüglich nicht zu folgen. Zum Begriff der landwirtschaftlichen Nutzung gehört, daß betriebliche Merkmale vorliegen, also von einer planvollen, grundsätzlich auf Erzielung von Einnahmen gerichteten nachhaltigen Tätigkeit gesprochen werden kann, die zumindest die Annahme eines nebenberuflichen Landwirtschaftsbetriebes rechtfertigt (siehe dazu die in Hauer, aaO, E 12 zu § 25 ROG wiedergegebene Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes). Die von der Beschwerdeführerin hervorgehobene Notwendigkeit, diese Wiese zu mähen und zu pflegen, erfüllt diese Voraussetzungen nicht.

Damit mußte die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abgewiesen werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf den § 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

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