VwGH 2009/04/0297

VwGH2009/04/029727.1.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Bayjones, Dr. Grünstäudl und Dr. Kleiser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Marzi, über die Beschwerde des S in N, vertreten durch Univ. Doz. Dr. Wolfgang List, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Barmherzigengasse 17/6/31, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 8. Oktober 2009, Zl. IIa-90001/8- 09, betreffend Gewinnungsbetriebsplan (mitbeteiligte Partei: E GmbH in W), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §8;
GewO 1973 §74 Abs1;
GewO 1994 §75 Abs2 impl;
MinroG 1999 §116 Abs1;
MinroG 1999 §116 Abs3 Z3;
MinroG 1999 §116 Abs3;
MinroG 1999 §119 Abs6 Z3;
StVO 1960 §1 Abs1;
VwRallg;
AVG §8;
GewO 1973 §74 Abs1;
GewO 1994 §75 Abs2 impl;
MinroG 1999 §116 Abs1;
MinroG 1999 §116 Abs3 Z3;
MinroG 1999 §116 Abs3;
MinroG 1999 §119 Abs6 Z3;
StVO 1960 §1 Abs1;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde und der mit ihr vorgelegten Bescheidausfertigung ergibt sich folgender Sachverhalt:

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 8. Oktober 2009 wurde der mitbeteiligten Partei der Gewinnungsbetriebsplan für einen bestimmt bezeichneten Tagbau gemäß § 116 Mineralrohstoffgesetz - MinroG, BGBl. I Nr. 38/1999, unter Vorschreibung von Auflagen genehmigt. Zur Begründung führte die belangte Behörde - soweit für das verwaltungsgerichtliche Verfahren wesentlich - aus, dass zur Beurteilung des gegenständlichen Projektes Sachverständigengutachten aus den Fachgebieten der Verkehrstechnik, der Raumordnung, der Gewerbetechnik, des Forstfaches, der Geologie und Hydrogeologie, der Sprengtechnik sowie ein amtsärztliches Gutachten eingeholt worden seien.

Zu den Einwendungen des Beschwerdeführers in Bezug auf Lärm, Staub und Erschütterungen sei auf die vollständigen, schlüssigen und nachvollziehbaren Sachverständigengutachten zu verweisen. Nach dem amtsärztlichen Gutachten in Verbindung mit den Gutachten des Gewerbetechnikers und des Sprengtechnikers komme es durch das beantragte Projekt zu keinen unzumutbaren Belästigungen oder gar Gesundheitsgefährdungen. Die Ausführungen des Beschwerdeführers seien nicht geeignet, die Schlüssigkeit und Nachvollziehbarkeit der Gutachten in Zweifel zu ziehen; er sei den einschlägigen Fachgutachten nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegen getreten. Es sei eine Lärmmessung bei einem Gebäude durchgeführt worden, das ungünstiger liege als jenes des Beschwerdeführers. Dabei habe sich ergeben, dass durch das gegenständliche Projekt keine oder nur eine geringfügige Erhöhung der Ist-Situation zu erwarten sei. Umso weniger könne daher eine Erhöhung der Ist-Situation beim günstiger gelegenen Anwesen des Beschwerdeführers erwartet werden. Nicht anders verhalte es sich in Bezug auf Staubimmissionen. Auch dazu habe der Amtssachverständige nachvollziehbar ausgeführt, dass die Ist-Situation bei Einhaltung der vorgeschlagenen Auflagen nicht wesentlich verändert werde. Der Amtsarzt habe in seinem Gutachten ausgeführt, dass keine unzumutbaren Belästigungen oder Gesundheitsstörungen durch Lärm bzw. Sprenglärm zu erwarten seien. Ebenso komme es zu keinen unzumutbaren Belästigungen oder Gesundheitsgefährdungen durch Feinstaub oder Erschütterungen. Bereits genehmigte Anlagenteile seien nicht Verfahrensgegenstand. Das Vorbringen des Beschwerdeführers betreffend das Verkehrskonzept sei nicht geeignet, eine Verletzung subjektiver Rechte aufzuzeigen. Bei dem vom Beschwerdeführer befürchteten zusätzlichen Verkehr handle es sich um ein bloßes Vorbeifahren auf einer öffentlichen Gemeindestraße an seiner Liegenschaft und nicht um ein konkretes Zu- bzw. Abfahren zum gegenständlichen Bergbaubetrieb. Ein solches bloßes Vorbeifahren auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr sei nicht dem Projekt zuzurechnen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 116 Abs. 1 MinroG sind Gewinnungsbetriebspläne erforderlichenfalls unter Festsetzung von Bedingungen und Auflagen, wenn nötig auch nur befristet, zu genehmigen, wenn bestimmte, in den Z. 1 bis 9 genannte Voraussetzungen erfüllt sind, u.a. jene, dass im konkreten Fall nach dem besten Stand der Technik vermeidbare Emissionen unterbleiben (Z. 5), dass nach dem Stand der medizinischen und sonst in Betracht kommenden Wissenschaften keine Gefährdung des Lebens oder der Gesundheit und keine unzumutbare Belästigung von Personen zu erwarten ist (Z. 6) und dass keine Gefährdung von dem Genehmigungswerber nicht zur Benützung überlassenen Sachen und keine über das zumutbare Maß hinaus gehende Beeinträchtigung der Umwelt und von Gewässern zu erwarten ist (Z. 7).

Gemäß § 116 Abs. 3 Z. 3 MinroG sind Parteien des Genehmigungsverfahrens (u.a.) Nachbarn, das sind im Sinne dieser Bestimmung alle Personen, die durch die Genehmigung des Gewinnungsbetriebsplanes gefährdet oder belästigt oder deren Eigentum oder sonstige dingliche Rechte gefährdet werden könnten.

Aus diesen Bestimmungen folgt ein subjektiv-öffentliches Recht des Nachbarn im Verfahren zur Genehmigung eines Gewinnungsbetriebsplanes (bzw. einer wesentlichen Änderung dieses Betriebsplanes), dass die beantragte Genehmigung nicht erteilt wird, wenn - trotz Vorschreibung von Bedingungen oder Auflagen - eine Gefährdung seines Lebens oder seiner Gesundheit, seines - dem Genehmigungswerber nicht zur Benützung überlassenen - Eigentums oder seiner sonstigen dinglichen Rechte bzw. wenn eine unzumutbare Belästigung seiner Person zu erwarten ist. Hingegen besteht kein subjektives Recht des Nachbarn, dass die beantragte Genehmigung nicht erteilt wird, wenn andere - im öffentlichen Interesse normierte - Genehmigungsvoraussetzungen (nach seiner Auffassung) nicht erfüllt sind. Sein Mitspracherecht im Genehmigungsverfahren ist vielmehr auf die Geltendmachung der ihm nach dem MinroG gewährleisteten Nachbarrechte beschränkt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 30. Juni 2004, Zl. 2002/04/0027). Nachbarn können daher etwa durch die allenfalls unrichtige Anwendung von raumordnungsrechtlichen Bestimmungen nicht in subjektiven öffentlichen Rechten beeinträchtigt werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 12. September 2007, Zl. 2005/04/0115). Die Nachbarn des Gewinnungsbetriebsplan- Genehmigungsverfahrens eingeräumte Parteistellung ist jener im Betriebsanlagenverfahren nach der Gewerbeordnung nachgebildet (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 6. Oktober 2009, Zl. 2009/04/0017).

Keine Verletzung in subjektiven Rechten zeigt der Beschwerdeführer daher mit seinem Vorbringen auf, das Projekt weise einen geringeren Abstand als die von § 82 Abs. 1 MinroG geforderten 300 m zu einem als Bauland, in dem Wohnbauten errichtet werden dürfen, gewidmeten Gebiet auf, die Zustimmung der Gemeinde als Eigentümerin eines vom Abbau umfassten Grundstückes liege nicht vor, es komme zu einer Überschreitung von Grenzwerten nach dem Immissionsschutzgesetz - Luft, auf die öffentlichen Interessen an der Wasserwirtschaft, des Schutzes der Umwelt und der Bevölkerung vor übermäßiger Verkehrsbelastung sei nicht Bedacht genommen worden.

Nach den auf den eingeholten Sachverständigengutachten basierenden Feststellungen der belangten Behörde ist bei konsensgemäßem Betrieb keine wesentliche Veränderung der Lärm- und Staubbelastung zu erwarten; eine unzumutbare Belästigung oder Gesundheitsgefährdung resultiere weder aus den Lärm- noch aus den Staubimmissionen. Der Beschwerdeführer behauptet nicht konkret, diesen sachverständigen Ausführungen auf gleicher fachlicher Ebene entgegen getreten zu sein.

Zum Beschwerdevorbringen, es werde auch zu "Gefährdungen durch PM2,5 kommen, was bis dato in keinster Weise geprüft wurde", ist zunächst auszuführen, dass der Beschwerdeführer - der sein Vorbringen im Verwaltungsverfahren im Beschwerdeschriftsatz wiedergibt - gar nicht behauptet, ein derartiges Vorbringen bereits im Verwaltungsverfahren erstattet zu haben. Im Übrigen zeigt er mit diesem in keiner Weise konkretisierten Vorbringen nicht auf, dass der Sachverständige bei seinem Gutachten, das zum Schluss kommt, die gegenständliche Anlage bewirke keine wesentliche Änderung der Staubbelastung gegenüber der Ist-Situation, nicht alle von der Anlage ausgehenden Emissionen berücksichtigt habe.

Soweit der Beschwerdeführer vorbringt, die belangte Behörde hätte auch die Auswirkungen bereits genehmigter Projekte berücksichtigen müssen, macht er schon deshalb keinen relevanten Verfahrensmangel geltend, weil er nicht vorbringt, inwiefern die belangte Behörde diesfalls zu einem anderen Ergebnis hätte gelangen können.

Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass es sich bei der an seinem Anwesen vorbeiführenden Straße um eine solche mit öffentlichem Verkehr handelt. Er wendet sich auch nicht gegen die Ansicht der belangten Behörde, dass das bloße Vorbeifahren auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr nicht dem Projekt zuzurechnen ist. Diese Auffassung ist vor dem Hintergrund, dass die Rechtsstellung der Nachbarn im Verfahren zur Genehmigung eines Gewinnungsbetriebsplanes - wie dargestellt - jener im Betriebsanlagenverfahren nach der Gewerbeordnung nachgebildet ist unbedenklich, kann doch nach der ständigen hg. Judikatur das bloße Vorbeifahren von Betriebsfahrzeugen auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr, auch wenn es sich um die einzige Zufahrtsstraße zur Betriebsanlage handelt, nicht mehr als zu einer gewerblichen Betriebsanlage gehörendes Geschehen gewertet werden (vgl. etwa das Erkenntnis vom 9. September 1998, Zl. 98/04/0083). Mit der bloßen nicht weiter konkretisierten Behauptung, seiner Meinung nach handle es sich bei den LKW-Fahrten auf dieser Straße nicht um ein bloßes Vorbeifahren auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr, sondern um ein "konkretes Zu- bzw. Abfahren zum gegenständlichen Bergbaubetrieb", vermag er keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen.

Da nach dem Gesagten bereits der Beschwerdeinhalt erkennen lässt, dass die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 27. Jänner 2010

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