VwGH 2009/02/0270

VwGH2009/02/027028.7.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Beck und Dr. Köller als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Schmidl, über die Beschwerde der A L in L, vertreten durch Dr. Johann Postlmayr, Rechtsanwalt in 5230 Mattighofen, Stadtplatz 6, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom 10. Juni 2008, Zl. Senat-AM-07-0106, betreffend Übertretung der StVO, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §10 Abs1;
AVG §10 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z1;
ZustG §2 Z1 idF 2004/I/010;
ZustG §7 Abs1 idF 2004/I/010;
ZustG §9 Abs3 idF 2004/I/010;
AVG §10 Abs1;
AVG §10 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z1;
ZustG §2 Z1 idF 2004/I/010;
ZustG §7 Abs1 idF 2004/I/010;
ZustG §9 Abs3 idF 2004/I/010;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Das Land Niederösterreich hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis der BH A vom 5. April 2007 wurde die Beschwerdeführerin einer Verwaltungsübertretung nach der StVO schuldig erkannt. Das Straferkenntnis wurde der Beschwerdeführerin, nicht aber dem für dieses Verwaltungsstrafverfahren von ihr bevollmächtigten Beschwerdeführervertreter, der seine Bevollmächtigung mit Anzeige vom 16. November 2006 der BH A mitgeteilt hat, am 19. April 2007 zugestellt.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der gegen dieses Straferkenntnis erhobenen Berufung, in der die Beschwerdeführerin unter anderem auf die Unterlassung der Zustellung an den Beschwerdeführervertreter hinwies, insofern Folge gegeben, als eine Herabsetzung der Verwaltungsstrafe erfolgte.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der die Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom 16. Juni 2009, B 1413/08-6, abgelehnt und die Beschwerde über nachträglichen Antrag dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten hat.

In der auftragsgemäß ergänzten Beschwerde macht die Beschwerdeführerin Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand genommen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 2 Z 1, § 7 Abs. 1 und § 9 Abs. 1 des Zustellgesetzes (im Folgenden: ZustellG) in der (hier) maßgebenden Fassung dieser Bestimmung (Zustellung am 19. April 2007) nach dem E-Government-Gesetz, BGBl. I Nr. 10/2004, lauten:

"§ 2. Im Sinne dieses Bundesgesetzes bedeuten die Begriffe:

1. 'Empfänger': die von der Behörde in der Zustellverfügung (§ 5) namentlich bezeichnete Person, in deren Verfügungsgewalt das zuzustellende Dokument gelangen soll;

... § 7. (1) Unterlaufen im Verfahren der Zustellung Mängel, so gilt die Zustellung als in dem Zeitpunkt dennoch bewirkt, in dem das Dokument dem Empfänger tatsächlich zugekommen ist.

...

§ 9. ...

... (3) Ist ein Zustellbevollmächtigter bestellt, so hat die

Behörde, soweit gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, diesen als Empfänger zu bezeichnen."

Das Straferkenntnis vom 5. April 2007 wurde im Kopf mit dem Zusatz an die Beschwerdeführerin gerichtet, dass sie durch den mit Namen und Anschrift angeführten Beschwerdeführervertreter vertreten sei. Die Zustellverfügung dieses Straferkenntnisses enthält den Vermerk "Abfertigen an RA". Tatsächlich erfolgte nach der Aktenlage die Zustellung nur an die Beschwerdeführerin selbst.

Im vorliegenden Fall hat die erstinstanzliche Behörde in der Zustellverfügung keine Person namentlich als Empfänger genannt. Gemäß § 9 Abs. 3 iVm § 2 Z. 1 ZustellG in der oben zitierten Fassung wäre der Vertreter der Beschwerdeführerin aber als Empfänger in der Zustellverfügung namentlich zu bezeichnen gewesen. Das Kürzel "RA" genügt dieser Anforderung einer "namentlichen Bezeichnung" nicht. Das Fehlen der Angabe des Namens einer Person kann - wie der vorliegende Fall zeigt - zu Mängeln bei der Zustellung führen.

Die vorliegende Zustellung an die Beschwerdeführerin äußerte demnach keine Rechtswirkungen. Auch wenn das Dokument dem Zustellbevollmächtigten in der Folge zukommt, führt dies nicht zur Heilung des Zustellmangels, weil die fehlerhafte Bezeichnung einer Person als Empfänger in der Zustellverfügung nicht heilen kann (vgl. das Erkenntnis vom 29. Jänner 2009, Zl. 2007/09/0227).

Mit diesem Umstand hat sich die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid nicht auseinandergesetzt, weshalb dieser wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes gemäß § 42 Abs. 1 VwGG aufzuheben war.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 28. Juli 2010

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