VwGH 2009/02/0242

VwGH2009/02/024224.9.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. N. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Becker, über die Beschwerde des H W in R, vertreten durch Dr. Karl Hepperger, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Müllerstraße 27, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 12. November 2007, Zlen. uvs- 2007/20/2333 und 2624-2, betreffend Übertretung der StVO, zu Recht erkannt:

Normen

StVO 1960 §5 Abs1;
StVO 1960 §5 Abs2;
StVO 1960 §5 Abs3;
StVO 1960 §5 Abs8 Z2;
StVO 1960 §97 Abs1;
StVO 1960 §97 Abs2;
StVO 1960 §99 Abs1 lita;
VwRallg;
StVO 1960 §5 Abs1;
StVO 1960 §5 Abs2;
StVO 1960 §5 Abs3;
StVO 1960 §5 Abs8 Z2;
StVO 1960 §97 Abs1;
StVO 1960 §97 Abs2;
StVO 1960 §99 Abs1 lita;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 12. November 2007 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe am 19. April 2007 um 00.55 Uhr an einem näher genannten Ort ein dem Kennzeichen nach näher bestimmtes Fahrzeug in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt. Der Test am geeichten Alkomaten habe einen Alkoholgehalt der Atemluft von 0,73 mg/l ergeben (Spruchpunkt I des erstinstanzlichen Bescheides).

Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Übertretung des § 99 Abs. 1 lit. a iVm § 5 Abs. 1 StVO begangen; über ihn wurde eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 1.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 240 Stunden) verhängt.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher die Behandlung derselben mit Beschluss vom 2. Juli 2009, B 2413/07, ablehnte und sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG (unter Anschluss der Verwaltungsakten) an den Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

Die im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ergänzte Beschwerde macht Unzuständigkeit der belangten Behörde und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 5 Abs. 1 StVO darf, wer sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befindet, ein Fahrzeug weder lenken noch in Betrieb nehmen. Bei einem Alkoholgehalt des Blutes von 0,8 g/l (0,8 ‰) oder darüber oder bei einem Alkoholgehalt der Atemluft von 0,4 mg/l oder darüber gilt der Zustand einer Person als von Alkohol beeinträchtigt.

Nach § 5 Abs. 2 leg. cit. sind Organe des amtsärztlichen Dienstes oder besonders geschulte und von der Behörde hiezu ermächtigte Organe der Straßenaufsicht berechtigt, jederzeit die Atemluft von Personen, die ein Fahrzeug lenken, in Betrieb nehmen oder zu lenken oder in Betrieb zu nehmen versuchen, auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Sie sind außerdem berechtigt, die Atemluft von Personen,

1. die verdächtig sind, in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand ein Fahrzeug gelenkt zu haben, oder

2. bei denen der Verdacht besteht, dass ihr Verhalten am Unfallsort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht,

auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Wer zu einer Untersuchung der Atemluft aufgefordert wird, hat sich dieser zu unterziehen.

Der Beschwerdeführer bringt zunächst vor, dass der einschreitende Polizeibeamte nicht die relevante bzw. aktuelle Ermächtigungsurkunde zur Durchführung der Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt mit Alkomaten vorgelegt habe, die zum Vorfallszeitpunkt im Hinblick auf die Zusammenlegung von Gendarmerie und Polizei Gültigkeit besitzen müsse, weil die vorgelegte Ermächtigungsurkunde von der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck (anstatt von der Bundespolizeidirektion Innsbruck) ausgestellt worden sei.

Abgesehen davon, dass nach der ständigen hg. Rechtsprechung die Verwertung des zu Stande gekommenen Messergebnisses auch zulässig wäre, wenn es entgegen der Bestimmung des § 5 Abs. 2 StVO zu Stande gekommen wäre (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. April 2001, Zl. 2000/02/0098), verkennt der Beschwerdeführer die Rechtslage:

Die Ermächtigung des § 5 Abs. 2 StVO wird "Organen der Straßenaufsicht" erteilt. Aus § 97 Abs. 1 und 2 StVO ergibt sich zweifelsfrei (arg: "insbesondere"), dass als Organe der Straßenaufsicht nicht nur Angehörige der (ehemaligen) Bundesgendarmerie, der Bundessicherheitswache und der Gemeindewachkörper in Frage kommen. Schon daraus ist ersichtlich, dass die StVO dann, wenn sie den Terminus "Organe der Straßenaufsicht" nennt, nicht auf die dienstrechtliche Einordnung dieses Organs abstellt. Daher wird die Ermächtigung gemäß § 5 Abs. 2 StVO an eine besonders geschulte Person in ihrer Funktion als "Organ der Straßenaufsicht" erteilt. Es ist somit für die Gültigkeit der Ermächtigung ohne Belang, dass mit einem bestimmten Datum der Wachkörper "Bundesgendarmerie" mit dem Wachkörper "Bundespolizei" zusammengelegt wurde und das ermächtigte Organ der Straßenaufsicht nunmehr durch die Zusammenlegung einem anderen Wachkörper angehört als zum Zeitpunkt der Ermächtigung (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. September 2006, Zl. 2006/02/0220).

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes darf die Behörde dann, wenn in der Anzeige - wie dies im vorliegenden Fall geschehen ist - ausdrücklich auf die Ermächtigungsurkunde des Meldungslegers Bezug genommen ist, von der nach § 5 Abs. 2 StVO erforderlichen Qualifikation des Meldungslegers zur Vornahme der Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt ausgehen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. September 1994, Zl. 93/02/0319, mwN), zumal der Beschwerdeführer auch nicht ausgeführt hat, aus welchen Gründen er die Ermächtigung und die dieser vorausgegangene Schulung in Zweifel zieht.

Wenn der Beschwerdeführerin geltend macht, dass das von den einschreitenden Beamten verwendete Messgerät entweder nicht richtig funktioniert habe oder nicht ordnungsgemäß und entsprechend den Verwendungsbestimmungen verwendet worden sei, so handelt es sich hiebei um allgemein gehaltene Vermutungen, die daran nichts zu ändern vermögen, dass auf Grund der bestehenden Rechtslage grundsätzlich von der Tauglichkeit solcher Geräte auszugehen ist (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. Oktober 1989, Zl. 89/02/0039).

Der Beschwerdeführer bringt weiters vor, es sei ihm unerklärlich, wie die belangte Behörde zum Schluss gekommen sei, er habe zur Tatzeit ein Fahrzeug in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt. Tatsache sei vielmehr, dass er am besagten Abend nicht mit seinem Auto gefahren sei und es auch nicht in Betrieb genommen habe.

Dem ist entgegenzuhalten, dass die Beweiswürdigung ein Denkprozess ist, der nur insofern einer Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof zugänglich ist, als es sich um die Schlüssigkeit dieses Denkvorganges handelt bzw. darum, ob die Beweisergebnisse, die in diesem Denkvorgang gewürdigt wurden, in einem ordnungsgemäßen Verfahren ermittelt worden sind. Die Schlüssigkeit der Erwägungen innerhalb der Beweiswürdigung unterliegt daher der Kontrollbefugnis des Verwaltungsgerichtshofes, nicht aber deren konkrete Richtigkeit (vgl. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053). Die Beschwerdeausführungen lassen aber Zweifel an der Schlüssigkeit der von der belangten Behörde dargelegten Erwägungen zur Beweiswürdigung nicht aufkommen.

Soweit der Beschwerdeführer ferner einwendet, der Tatvorwurf bestehe nicht zu Recht, weil er in dieser Nacht nicht so viel getrunken habe, dass ein Wert von 0,73 mg/l hätte festgestellt werden können, bei der von ihm konsumierten Alkoholmenge könne in Anbetracht seiner Statur nie der genannte Wert erreicht werden, ist er zunächst darauf hinzuweisen, dass er - sollte er das Ergebnis des Alkomattests angezweifelt haben - die Möglichkeit gehabt hätte, im Anschluss an den Alkomattest gemäß § 5 Abs. 8 Z. 2 StVO eine Blutabnahme durch einen bei einer öffentlichen Krankenanstalt diensthabenden Arzt zum Zweck der Bestimmung des Blutalkoholgehaltes zu verlangen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. April 2004, Zl. 2003/03/0009, mwN). Der Beschwerdeführer hat es jedoch unterlassen, eine Blutabnahme zum Zwecke der Bestimmung des Blutalkoholgehaltes zu veranlassen. Das Ergebnis der Untersuchung der Atemluft gemäß § 5 Abs. 2a lit. b StVO hat daher als Feststellung des Grades der Alkoholbeeinträchtigung zu gelten (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 31. Oktober 1990, Zl. 90/02/0149). Nach den Feststellungen des angefochtenen Bescheides wurde der Beschwerdeführer am 19. April 2007 um 00.55 angehalten und der um 00.17 bzw. 00.19 durchgeführte Test am Alkomaten ergab nach Einhaltung einer Wartezeit - dass der Beschwerdeführer in dieser Zeit Medikamente genommen hätte, wurde nicht behauptet - einen Alkoholgehalt der Atemluft von (mindestens) 0,73 mg/l, wodurch er gemäß § 5 Abs. 1 StVO als alkoholbeeinträchtigt zu gelten hatte.

Damit gehen sämtliche Ausführungen des Beschwerdeführers im Zusammenhang mit der unterbliebenen Aufnahme von Beweisen, wie etwa der Einholung eines medizinischen Gutachtens oder die Durchführung eines Lokalaugenscheines ins Leere.

Insoweit der Beschwerdeführer die Verfassungswidrigkeit der Einrichtung eines Geschäftsverteilungsausschusses bei der belangten Behörde, den Wahlmodus für Mitglieder des Geschäftsverteilungsausschusses, die Unvereinbarkeit der Mitgliedschaft im Geschäftsverteilungsausschuss und im Disziplinarausschuss aufgrund des Gesetzes über den Unabhängigen Verwaltungssenat in Tirol, das Übergewicht der Dienstgeberseite im Geschäftsverteilungsausschuss, das Fehlen eines Rechtsmittels gegen Beschlüsse des Geschäftsverteilungsausschusses, die Verwendung der Wendung "möglichst" in § 12a Abs. 1 des vorgenannten Gesetzes, die Verwendung der Wendung "feststehende Gesichtspunkte" in § 12 Abs. 2 letzter Satz des vorgenannten Gesetzes, das Fehlen von Bestimmungen über das Wahlverfahren in der Geschäftsordnung der belangten Behörde, die "unsachliche Kammerbeschränkung" in § 12 Abs. 2 des vorgenannten Gesetzes, einen Widerspruch in § 8 Abs. 2 lit. c und § 8 Abs. 3 des vorgenannten Gesetzes, einen Widerspruch in § 8a Abs. 1 und § 8b Abs. 4 des vorgenannten Gesetzes, sowie die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter, auf ein faires Verfahren und auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz rügt, macht er keine konkreten, vor dem Verwaltungsgerichtshof verfolgbaren Rechtsverletzungen durch den angefochtenen Bescheid geltend. Im Übrigen wurde die Behandlung des diesbezüglich identen Beschwerdevorbringens vom Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom 2. Juli 2009, B 2413/07, abgelehnt.

Da der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 24. September 2010

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