VwGH 93/02/0319

VwGH93/02/031923.9.1994

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Stoll und Dr. Holeschofsky als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Eigelsberger, über die Beschwerde des A in G, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 5. November 1993, Zl. UVS-03/19/01063/93, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §37;
AVG §39 Abs2;
AVG §45 Abs2;
AVG §46;
StVO 1960 §5 Abs1;
StVO 1960 §5 Abs2;
StVO 1960 §5 Abs6;
VStG §24;
VStG §3;
VStG §5 Abs1;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
VwRallg;
AVG §37;
AVG §39 Abs2;
AVG §45 Abs2;
AVG §46;
StVO 1960 §5 Abs1;
StVO 1960 §5 Abs2;
StVO 1960 §5 Abs6;
VStG §24;
VStG §3;
VStG §5 Abs1;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt (Land) Wien Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid vom 5. November 1993 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe am 21. Juli 1992 von 21 Uhr bis gegen 21.30 Uhr in Wien 21, Edelsteingasse 1, einen dem Kennzeichen nach bestimmten PKW in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt. Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs. 1 StVO 1960 begangen, weshalb über ihn eine Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt wurde.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 5 Abs. 1 StVO 1960 darf, wer sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befindet, ein Fahrzeug weder lenken noch in Betrieb nehmen. Bei einem Alkoholgehalt des Blutes von 0,8 Gramm pro Liter (0,8 %o) oder darüber oder bei einem Alkoholgehalt der Atemluft von 0,4 Milligramm pro Liter oder darüber gilt der Zustand einer Person als von Alkohol beeinträchtigt.

Nach § 5 Abs. 2 leg. cit. sind Organe des amtsärztlichen Dienstes oder besonders geschulte und von der Behörde hiezu ermächtigte Organe der Straßenaufsicht berechtigt, die Atemluft von Personen, die ein Fahrzeug lenken, in Betrieb nehmen oder zu lenken oder in Betrieb zu nehmen versuchen, auf Alkohol zu untersuchen, wenn vermutet werden kann, daß sich diese Personen in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befinden.

Der Beschwerdeführer macht in seiner Beschwerde geltend, die belangte Behörde habe trotz seines diesbezüglichen Antrages nicht geprüft, ob der Meldungsleger die Qualifikation eines besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organes der Straßenaufsicht habe.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes darf die Behörde dann, wenn in der Anzeige - wie dies im vorliegenden Fall geschehen ist - ausdrücklich auf die Ermächtigungsurkunde des Meldungslegers samt Nummer und Datum Bezug genommen ist, von der nach § 5 Abs. 2 StVO 1960 erforderlichen Qualifikation des Meldungslegers zur Vornahme der Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt ausgehen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. März 1989, Zl. 88/03/0118). Die Behörde ist nicht verpflichtet, von Amts wegen zu prüfen, ob der eingeschrittene Beamte befugt war, die Atemluftprobe durchzuführen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. Jänner 1991, Zl. 90/18/0207).

Die belangte Behörde hat daher dadurch, daß sie die Ermächtigungsurkunde nicht beigeschafft hat, den angefochtenen Bescheid nicht mit Rechtswidrigkeit belastet, zumal der Beschwerdeführer nicht ausgeführt hat, aus welchen Gründen er die Ermächtigung und die dieser vorausgegangene Schulung in Zweifel zieht. Der Verwaltungsgerichtshof pflichtet im übrigen der belangten Behörde bei, daß es sich bei dem diesbezüglichen Begehren des Beschwerdeführers um ein solches auf Aufnahme eines - unzulässigen - Erkundungsbeweises handelt; überdies ist nicht ersichtlich, daß selbst dann, wenn dem Vorbringen des Beschwerdeführers Berechtigung zukommen sollte, die Verwertung des Meßergebnisses unzulässig wäre (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. April 1991, Zl. 90/02/0166).

Der Beschwerdeführer macht weiters geltend, sein Recht auf Erforschung der materiellen Wahrheit sei auch dadurch verletzt worden, daß einem Beweisantrag auf Beiziehung eines gerichtsmedizinischen Sachverständigen, welcher feststellen sollte, daß sein Blutalkoholgehalt zum Unfallzeitpunkt noch nicht die 0,8 Promille-Grenze erreicht hatte und er sich auch sonst nicht in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand im Sinne des § 5 Abs. 1 StVO 1960 befand, nicht stattgegeben wurde.

Unbestritten ist, daß der Beschwerdeführer zur Tatzeit ein Fahrzeug lenkte.

Der belangten Behörde kann nicht entgegengetreten werden, wenn sie im Hinblick auf das Ergebnis der Untersuchung mit einem Gerät im Sinne des § 5 Abs. 2 a lit. b StVO 1960, derzufolge der Alkoholgehalt der Atemluft des Beschwerdeführers ca. 1 1/4 Stunden nach dem Lenken des Fahrzeuges

0,95 Milligramm pro Liter betragen hat, davon ausgegangen ist, daß der Beschwerdeführer die ihm angelastete Übertretung begangen hat. Derjenige, der sich auf einen "Nachtrunk" beruft, hat nämlich nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Menge des solcherart konsumierten Alkoholes konkret anzugeben (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 15. März 1994, Zl. 92/11/0278). Auch im Falle eines Nachtrunkes kann nämlich der Blutalkoholgehalt zu einer bestimmten Tatzeit ermittelt werden, sofern der Zeitpunkt und die Menge des danach genossenen Alkohols feststehen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 4. März 1994, Zl. 93/02/0305, 0307). Im vorliegenden Fall machte der Beschwerdeführer zur Menge des Nachtrunkes im Laufe des Verwaltungsstrafverfahrens unterschiedliche Angaben, sodaß der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden kann, wenn sie den Angaben des Beschwerdeführers bei der ersten Einvernahme anläßlich der Anzeige mehr Glaubwürdigkeit beigemessen hat als den späteren Angaben im Laufe des Verwaltungsstrafverfahrens. Es entspricht nämlich der ständigen hg. Rechtsprechung, daß bei einer kurz nach der Tat gemachten Aussage in der Regel am ehesten richtige Angaben gemacht werden (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 25. Juni 1994, Zl. 92/03/0269).

Da die Frage, ob die Angaben des Beschwerdeführers bezüglich des von ihm behaupteten Nachtrunkes Glaubwürdigkeit verdienen oder nicht, nicht durch das Gutachten eines medizinischen Sachverständigen, sondern nur durch die belangte Behörde im Rahmen der freien Beweiswürdigung gelöst werden kann, vermag der Verwaltungsgerichtshof im vorliegenden Fall in der Nichtbeiziehung eines medizinischen Sachverständigen zur Frage des Grades der Akoholisierung im Zeitpunkt des Unfalles keinen Verfahrensmangel zu erblicken (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. Juni 1991, Zl. 91/09/0070). Die entsprechende Beweiswürdigung der belangten Behörde vermag der Gerichtshof allerdings nicht als rechtswidrig zu erkennen.

Soweit der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde auf das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 22. Mai 1970, Slg. Nr. 7.799/A verweist, wonach für die Verwirklichung des Tatbestandes des § 5 Abs. 1 StVO zur Tatzeit ein Blutalkoholgehalt von 0,8 %o gegeben sein müsse, ist für ihn nichts zu gewinnen, weil der Gerichtshof in der Folge - vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 10. Oktober 1973, Slg. Nr. 8477/A - von dieser Ansicht abgewichen ist. Vielmehr entspricht es nunmehr ständiger hg. Rechtsprechung, daß nicht nur bei Feststellung eines Blutalkoholgehaltes von 0,8 %o oder darüber bzw. Alkoholgehaltes der Atemluft von 0,4 mg/l oder darüber, sondern auch - ohne Rücksicht auf diese Werte - ein Verstoß gegen § 5 Abs. 1 StVO vorliegen kann, wobei Alkohol in der Anflutungsphase besonders nachteilige Auswirkungen auf die Fahrtüchtigkeit zeigt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. Mai 1994, Zl. 94/03/0090).

Die vorliegende Beschwerde erweist sich sohin als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr.416/1994, insbesondere deren Art. III Abs. 2.

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