VwGH 2008/22/0392

VwGH2008/22/03929.9.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok, die Hofräte Dr. Robl und Mag. Eder, die Hofrätin Mag. Merl und den Hofrat Dr. Lukasser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Perauer, über die Beschwerde des S, vertreten durch Dr. Hellmut Prankl, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Erzabt-Klotz-Straße 12/II, gegen den Bundesminister für Inneres wegen Verletzung der Entscheidungspflicht in einer Angelegenheit betreffend eine Niederlassungsbewilligung, zu Recht erkannt:

Normen

MRK Art8;
NAG 2005 §2 Abs1 Z9;
NAG 2005 §46 Abs4;
NAG 2005 §81 Abs1;
MRK Art8;
NAG 2005 §2 Abs1 Z9;
NAG 2005 §46 Abs4;
NAG 2005 §81 Abs1;

 

Spruch:

Die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Salzburg vom 6. Mai 2005 wird gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 46 Abs. 4 iVm § 2 Abs. 1 Z. 9 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) abgewiesen.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein serbischer Staatsangehöriger, stellte am 17. September 2004 bei der österreichischen Botschaft in Belgrad einen Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung für den Aufenthaltszweck "Familiengemeinschaft, § 20 Abs. 1 FrG". Als Bezugsperson wurde die in Österreich lebende Großmutter, ebenfalls serbischer Staatsangehörigkeit, angegeben.

Mit Bescheid vom 6. Mai 2005 wies der durch Verordnung des Landeshauptmannes von Salzburg vom 19. Dezember 2002 ermächtigte Bürgermeister der Stadt Salzburg den genannten Antrag gemäß § 8 Abs. 1 erster Satz iVm § 10 Abs. 3 letzter Satz und § 21 Abs. 3 des (bis 31. Dezember 2005 in Geltung gestandenen) Fremdengesetzes 1997 - FrG ab. Zur Begründung verwies die erstinstanzliche Behörde darauf, dass zwischen Großmutter und Enkelkind kein Anspruch auf Familiengemeinschaft nach den Bestimmungen des FrG geltend gemacht werden könne. Nachdem der Lebensunterhalt des minderjährigen Antragstellers auf Grundlage einer Verpflichtungserklärung seiner Großmutter im Bundesgebiet gesichert werden solle, komme der zwingende Versagungsgrund des § 10 Abs. 3 letzter Satz FrG zum Tragen, wonach die Erteilung einer Niederlassungsbewilligung unzulässig sei.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung.

Wegen Nichterledigung dieser Berufung durch den dafür zuständigen Bundesminister für Inneres (§ 94 Abs. 4 FrG) erhob der Beschwerdeführer am 11. September 2006 Säumnisbeschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Durch das ergebnislose Verstreichen der zur Nachholung des versäumten Bescheides gesetzten Frist ist die Zuständigkeit zur Entscheidung über die Berufung des Beschwerdeführers gegen den genannten Bescheid auf den Verwaltungsgerichtshof übergegangen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde erwogen:

Gemäß § 81 Abs. 1 NAG sind Verfahren auf Erteilung von Aufenthalts- und Niederlassungsberechtigungen, die bei Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes (am 1. Jänner 2006) anhängig sind, nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes zu Ende zu führen.

Sowohl aus dem Antrag als auch aus der Berufung geht eindeutig hervor, dass der zum Zeitpunkt der Antragstellung elfjährige Beschwerdeführer eine Niederlassungsbewilligung zum Zweck der Familiengemeinschaft mit seiner in Österreich lebenden Großmutter begehrt. Die Großmutter ist - unbestritten - serbische Staatsangehörige.

§ 2 Abs. 1 Z. 9 (i.d.F. BGBl. I Nr. 135/2009) und § 46 Abs. 4 (i.d.F. BGBl. I Nr. 122/2009) NAG lauten:

"§ 2. (1) Im Sinne dieses Bundesgesetzes ist

...

9. Familienangehöriger: wer Ehegatte oder minderjähriges lediges Kind, einschließlich Adoptiv- oder Stiefkind, ist (Kernfamilie); dies gilt weiters auch für eingetragene Partner; Ehegatten und eingetragene Partner müssen das 21. Lebensjahr zum Zeitpunkt der Antragstellung bereits vollendet haben; lebt im Fall einer Mehrfachehe bereits ein Ehegatte gemeinsam mit dem Zusammenführenden im Bundesgebiet, so sind die weiteren Ehegatten keine anspruchsberechtigten Familienangehörigen zur Erlangung eines Aufenthaltstitels;

...

§ 46.

...

(4) Familienangehörigen von Drittstaatsangehörigen ist eine 'Niederlassungsbewilligung - beschränkt' zu erteilen, wenn

  1. 1. sie die Voraussetzungen des 1. Teiles erfüllen;
  2. 2. ein Quotenplatz vorhanden ist und
  3. 3. der Zusammenführende
    1. a) einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt - EG" innehat;
    2. b) eine "Niederlassungsbewilligung - unbeschränkt" innehat;
    3. c) eine Niederlassungsbewilligung außer eine 'Niederlassungsbewilligung-ausgenommen Erwerbstätigkeit' nach §42 innehat und die Integrationsvereinbarung (§14) erfüllt hat oder

      d) Asylberechtigter ist und § 34 Abs. 2 AsylG 2005 nicht gilt."

      Der Beschwerdeführer ist als Enkel der "Zusammenführenden" kein "Familienangehöriger" im Sinne des § 46 Abs. 4 iVm § 2 Abs. 1 Z. 9 NAG. Schon deshalb kommt die Erteilung einer Niederlassungsbewilligung nach den genannten Bestimmungen nicht in Betracht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. September 2007, 2007/21/0247). Da die hier relevante Frage, ob Enkel Familienangehörige im Sinne des NAG sind, eine Rechtsfrage ist, bestand auch keine Notwendigkeit, dem Beschwerdeführer dazu Parteiengehör einzuräumen (vgl. Hengstschläger/Leeb AVG § 45 Rz 26 mit Hinweisen auf die hg. Rechtsprechung).

      Die Beschwerdeausführungen, die Behörde hätte "in verfassungskonformer Interpretation der einschlägigen Bestimmungen der MRK-Konvention die Niederlassungsbewilligung für den Antragsteller erteilen müssen" und durch die Versagung der Niederlassungsbewilligung sei der Antragsteller in seinem Recht auf Unversehrtheit der Familie verletzt, gehen ins Leere, weil bei Fehlen einer besonderen Erteilungsvoraussetzung auf eine allfällige Verletzung im Recht nach Art. 8 EMRK nicht Bedacht zu nehmen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 6. Juli 2010, 2010/22/0087).

      Aus diesen Erwägungen war die Berufung abzuweisen.

      Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff, insbesondere auf § 55 Abs. 1 erster Satz VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung.

      Wien, am 9. September 2010

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