VwGH 2008/07/0207

VwGH2008/07/020718.11.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofräte Dr. Hinterwirth, Dr. Enzenhofer, Dr. Sulzbacher und Dr. N. Bachler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pühringer, über die Beschwerde der G H in S, vertreten durch Dr. Wilfried Ludwig Weh, Rechtsanwalt in 6900 Bregenz, Wolfeggstraße 1, gegen den Bescheid des Obersten Agrarsenates beim Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt- und Wasserwirtschaft vom 7. November 2007, Zl. OAS.1.1.1/0108-OAS/07, betreffend Aufnahme in eine Agrargemeinschaft (mitbeteiligte Partei: Agrargemeinschaft S, vertreten durch Obmann DI M K in S), zu Recht erkannt:

Normen

B-VG Art7;
FlVfGG §15 Abs1;
FlVfGG §35 Abs1;
FlVfGG §36 Abs1;
FlVfLG Vlbg 1979 §35;
FlVfLG Vlbg 1979 §73;
B-VG Art7;
FlVfGG §15 Abs1;
FlVfGG §35 Abs1;
FlVfGG §36 Abs1;
FlVfLG Vlbg 1979 §35;
FlVfLG Vlbg 1979 §73;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Der Antrag der mitbeteiligten Partei auf Zuerkennung von Aufwandersatz wird abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit Bescheid der Agrarbezirksbehörde B (ABB) vom 1. August 1961 wurde ausgesprochen, dass die Gesamtheit der an den Liegenschaften des agrargemeinschaftlichen Gemeindegutes S entweder aufgrund eines persönlichen oder mit einem Besitz verbundenen Anteilsrechtes nutzungsberechtigten Personen gemäß § 36 Abs. 1 des damaligen Vorarlberger Flurverfassungsgesetzes, LGBl. Nr. 4/1951, eine Agrargemeinschaft mit Rechtspersönlichkeit bilde (Agrargemeinschaft S = die mitbeteiligte Partei; in weiterer Folge als Agrargemeinschaft bezeichnet).

Mit Spruchpunkt II. des genannten Bescheides wurde die von der Bürgerversammlung der Agrargemeinschaft am 13. Jänner 1961 und von der Gemeindevertretung am 5. Jänner 1961 beschlossene und mit Beschluss der Vollversammlung der Agrargemeinschaft vom 10. März 1961 bzw. dem Gemeindevertretungsbeschluss vom 24. März 1961 abgeänderte Verwaltungssatzung agrarbehördlich genehmigt (im Folgenden: Satzung 1961).

§ 3 dieser Satzung lautete:

"§ 3. Mitglieder der Agrargemeinschaft sind die nach derzeitigen Rechten und Übungen nutzungsberechtigten Personen, sei das Recht ein persönliches oder an einen Besitz gebunden. Die Nutzungsausübung durch die Mitglieder der Agrargemeinschaft erfolgt weiterhin nach derzeit bestehenden Rechten und Übungen. Der Nutzungsanspruch der Gemeinde S als Mitglied der Agrargemeinschaft ist in dem genehmigten Übereinkommen festgelegt."

Mit Bescheid vom 11. Jänner 1989 genehmigte die ABB gemäß §§ 73 und 80 des Vorarlberger Flurverfassungsgesetzes, LGBl. Nr. 2/1979, (FLG) die abgeänderte Verwaltungs- und die neu erstellte Nutzungssatzung der Agrargemeinschaft, die in deren Vollversammlung am 17. Dezember 1988 beschlossen worden war (im Folgenden: Satzung 1989). Diese Satzung enthielt u. a. folgende Bestimmungen:

"§ 3

Besitz der Mitgliedschaft

1. Mitglieder der Agrargemeinschaft S sind die am Tage des Inkrafttretens dieser Satzungen nach bisherigen Rechten und Übungen nutzungsberechtigten Personen.

2. Die Gemeinde S ist Mitglied der Agrargemeinschaft S gemäß dem Übereinkommen zwischen der Gemeinde S und der Agrargemeinschaft S vom 14. Jänner 1961.

§ 4

Erwerb der Mitgliedschaft

1. Der Verwaltungsausschuss hat die Mitgliedschaft zuzuerkennen:

a) Bewerbern ohne Unterschied des Geschlechtes, die ihre eheliche Abstammung von einem männlichen Mitglied der Agrargemeinschaft S oder von einer Person nachweisen, die im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Satzungen die Voraussetzungen erfüllt hätte, der aber die Mitgliedschaft nicht zuerkannt wurde.

b) ……

§ 6

Ruhen der Mitgliedschaft

1. Die Mitgliedschaft ruht

a) bei Mitgliedern, die ihren ordentlichen Wohnsitz (§ 7 Abs. 1 Gemeindegesetz) im Gemeindegebiet aufgegeben haben, mit Beginn des dem Wegzugstermin folgenden Kalenderhalbjahres.

b) bei weiblichen Mitgliedern während ihres Ehestandes.

2. Während des Ruhens der Mitgliedschaft sind die Rechte und Pflichten eines Mitgliedes ausgesetzt.

Gegenseitige Ersatzansprüche aus bezogenem oder nicht bezogenem Holznutzen, entstehen nicht, mit Ausnahme bei Vorschußlose (§ 30).

3. Die Beendigung des Ruhens der Mitgliedschaft hat das Mitglied der Agrargemeinschaft nachzuweisen. Vom Tage des erbrachten Nachweises tritt das Mitglied wieder voll in seine Pflichten und Rechte mit der Maßgabe ein, dass der Holznutzen vom nächsten Kalenderhalbjahr an zuzuteilen ist.

§ 23

Teilnahme an der Nutzung

Die Voraussetzungen für den Holzbezug der Mitglieder sind:

a) Der ordentliche Wohnsitz in S. Überschreitet die Abwesenheit eines Mitgliedes aus S die Dauer eines Halbjahres, so gilt dies als Unterbrechung des Wohnsitzes. Wird diese Frist aus beruflichen oder Krankheitsgründen überschritten, so gilt dies nicht als Unterbrechung des Wohnsitzes, wenn das Mitglied Familienangehörige hat, die ihren ordentlichen Wohnsitz in S beibehalten.

b) Die Führung eines eigenen Haushaltes.

Eigene Haushaltsführung ist auch gegeben, wenn bei beruflicher oder krankheitsbedingter Abwesenheit des Mitgliedes, seine Familie über die erforderliche Koch- und Heizeinrichtung für eine eigene Haushaltsführung verfügt und diese regelmäßig benützt."

In der ordentlichen Vollversammlung der Agrargemeinschaft vom 21. Mai 1997 wurden aufgrund des zwischenzeitlich ergangenen Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom 12. Dezember 1994, VfSlg. 13.975/1994, einstimmig Satzungsänderungen beschlossen, die - mit Ausnahme des § 4 Abs. 3 - mit Bescheid der ABB vom 9. Juli 1997 aufsichtsbehördlich genehmigt wurden (im Folgenden: Satzung 1997). Diese Satzung enthielt u.a. folgende Bestimmungen:

"§ 3

Besitz der Mitgliedschaft

1. Mitglieder der Agrargemeinschaft S sind die am Tage des Inkrafttretens dieser Satzungen nach den bisherigen Rechten und Übungen nutzungsberechtigten Personen.

2. Die Gemeinde S ist Mitglied der Agrargemeinschaft S gemäß dem Übereinkommen zwischen der Gemeinde S und der Agrargemeinschaft S vom 14. Jänner 1961.

§ 4

Erwerb der Mitgliedschaft

1. Der Verwaltungsausschuss hat die Mitgliedschaft zuzuerkennen:

a) Bewerbern ohne Unterschied des Geschlechtes, die ihre direkte Abstammung (Sohn oder Tochter) von einem Mitglied der Agrargemeinschaft S oder von einer Person nachweisen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Satzungen die Voraussetzungen erfüllt hätten, der aber die Mitgliedschaft nicht zuerkannt wurde.

b) Personen, die nicht unter lit. a) fallen, vom Zeitpunkt und auf die Dauer ihrer Witwen- oder Witwerschaft nach einem Mitglied der Agrargemeinschaft S. Ausgenommen vom Erwerb der Mitgliedschaft sind Kinder von Witwen und Witwern nach einem Mitglied der Agrargemeinschaft S, die nicht direkt von einem Mitglied abstammen.

Die Mitgliedschaft steht nur jenen Bewerbern und Bewerberinnen zu, die zugleich die Voraussetzungen für die Nutzung nach § 23 erfüllen.

(Anmerkung: Abs. 3 mit Bescheid der ABB vom 9. Juli 1997 nicht genehmigt:

3. Übergangsregelung im Sinne des Verfassungsgerichtshof-Erkenntnisses 12.12.1994: Personen, die zum Stichtag 12.12.1994, die direkte Abstammung oder Adoption von einem Mitglied der Agrargemeinschaft S, welches zum Stichtag 12.12.1994 in der Mitgliederliste der Agrargemeinschaft S eingetragen war, nachweisen können, dürfen einen Antrag auf Zuerkennung der Mitgliedschaft bzw. des Nutzungsrechtes stellen. …… )

§ 6

Ruhen der Mitgliedschaft

1. Die Mitgliedschaft ruht bei Mitgliedern, die ihren ordentlichen Wohnsitz (§ 7 Abs. 1 Gemeindegesetz) im Gemeindegebiet aufgegeben haben, mit Beginn des dem Wegzugstermin folgenden Kalenderjahres.

2. Während des Ruhens der Mitgliedschaft sind die Rechte und Pflichten eines Mitgliedes ausgesetzt.

Gegenseitige Ersatzansprüche aus bezogenem oder nicht bezogenem Holznutzen, entstehen nicht, mit Ausnahme bei Vorschußlose (§ 30).

3. Die Beendigung des Ruhens der Mitgliedschaft hat das Mitglied der Agrargemeinschaft nachzuweisen. Vom Tage des erbrachten Nachweises tritt das Mitglied wieder voll in seine Pflichten und Rechte mit der Maßgabe ein, dass der Holznutzen vom nächsten Kalenderhalbjahr an zuzuteilen ist."

§ 23 der Satzung ("Teilnahme an der Nutzung") legt fest, dass die Voraussetzungen für den Holzbezug der Mitglieder der ordentliche Wohnsitz in S sowie die Führung eines eigenen Haushaltes sind.

Schließlich beschloss die ordentliche Vollversammlung der Agrargemeinschaft am 21. April 1998 einstimmig eine Änderung des § 4 der Satzung, die mit Bescheid der ABB vom 4. Mai 1998 aufsichtsbehördlich genehmigt wurde (im Folgenden: Satzung 1998). § 4 der Satzung lautet nun auszugsweise:

"§ 4

Erwerb der Mitgliedschaft

1. Der Verwaltungsausschuss hat die Mitgliedschaft zuzuerkennen:

Bewerbern ohne Unterschied des Geschlechtes, die ihre direkte Abstammung (Sohn oder Tochter) von einem Mitglied der Agrargemeinschaft S nachweisen können.

……

3. Übergangsregelung aufgrund des Verfassungsgerichtshof-Erkenntnisses vom 12.12.1994:

a) Personen, welche die direkte Abstammung oder Adoption von Mitgliedern der Agrargemeinschaft S nachweisen können, welche zum Zeitpunkt 08.09.1982 (Aufhebung der Diskriminierung der Frauen BGBl. Nr. 443/1982) oder später, in der Mitgliederliste der Agrargemeinschaft S eingetragen waren, können einen Antrag auf Zuerkennung der Mitgliedschaft bzw. des Nutzungsrechtes stellen.

b) Witwen/Witwer nach einem nutzungsberechtigten Mitglied, die selber die Voraussetzung für die Mitgliedschaft gem. § 4 lit. 1 nicht erfüllen, erhalten das Nutzungsrecht für die Dauer des Witwen/Witwenstandes für ihre Person. Bisherige Rechte werden dadurch nicht berührt.

4. Die Mitgliedschaft, bzw. das Nutzungsrecht, steht nur jenen Bewerbern und Bewerberinnen zu, die zugleich die Voraussetzungen des § 23 erfüllen. ….."

2. Die Beschwerdeführerin beantragte mit einem an die Agrargemeinschaft gerichteten Schreiben vom 18. Mai 2006 die Zuerkennung des Bürger- und Bürgernutzungsrechtes der Agrargemeinschaft. Ihr Vater, Josef Eugen F., geb. am 19. April 1900, gest. am 8. September 1974, sei als Bürgernutzungsberechtigter Bürger von S gewesen. Da sich durch die Europäische Menschenrechtskonvention die Rechtslage geändert habe, ersuche sie auf dieser Grundlage, ihrem Ansuchen stattzugeben.

Die Agrargemeinschaft teilte der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 4. Juli 2006 mit, dass eine Mitgliedschaft nach ihren Satzungen, insbesondere nach § 4 Abs. 3 der geltenden Satzungen nicht möglich sei.

Mit Eingabe vom 4. August 2006 ersuchte die Beschwerdeführerin die ABB um Überprüfung der im ablehnenden Schreiben der Agrargemeinschaft enthaltenen Begründung. Mit ergänzendem Schreiben vom 24. August 2006 ersuchte sie um bescheidmäßige Erledigung und übermittelte mit Eingabe vom 21. September 2006 ergänzende Daten zu ihrem Ansuchen um Mitgliedschaft bei der Agrargemeinschaft.

Die zur Stellungnahme aufgeforderte Agrargemeinschaft teilte der ABB mit Schreiben vom 3. Oktober 2006 nach Durchsicht ihrer Akten mit, dass kein Ansuchen der Beschwerdeführerin auf Mitgliedschaft aus früherer Zeit vorliege. Die Agrargemeinschaft betonte weiters, dass sie mit der Stichtagsregelung bis ins Jahr 1982 zurückgehe und damit eine relativ liberale Haltung hinsichtlich der Aufnahme neuer Mitglieder im Gegensatz zu anderen Agrargemeinschaften einnehme.

3. Mit Bescheid der ABB vom 29. November 2006 wurde der Beschwerde betreffend die Abweisung des Antrags um Aufnahme in die Mitgliederliste der Agrargemeinschaft gemäß § 35 FLG in Verbindung mit § 4 Z 3 lit a der Satzung 1998 der Agrargemeinschaft nicht stattgegeben. Die ABB vertrat die Ansicht, dass die Beschwerdeführerin (gemeint wohl: früher) aufgrund der genannten Ruhensbestimmung offensichtlich nie einen Antrag um Aufnahme in die Mitgliederliste der Agrargemeinschaft gestellt habe. Hätte sie jedoch vor der Satzungsänderung im Jahr 1997 einen solchen Antrag gestellt, hätte ihr damals die Mitgliedschaft - mit ruhenden Rechten und Pflichten - von der Agrargemeinschaft zuerkannt werden müssen. Aufgrund der geltenden Satzungsbestimmungen mit dem Stichtag 8. September 1982 könne die Beschwerdeführerin nicht mehr in die Mitgliederliste der Agrargemeinschaft aufgenommen werden, da ihr Vater zu diesem Zeitpunkt (Stichtag) nicht mehr in der Mitgliederliste eingetragen gewesen sei. Der vorangeführte Stichtag sei vom Verwaltungsgerichtshof in mehreren Erkenntnissen bestätigt und als unbedenklich bezeichnet worden.

Die Beschwerdeführerin erhob Berufung und erstattete während des Berufungsverfahrens mehrere Schriftsätze. Auch die Agrargemeinschaft erstattete eine Stellungnahme.

Eine zunächst für 31. Mai 2007 anberaumte mündliche Verhandlung des Landesagrarsenates beim Amt der Vorarlberger Landesregierung, bei der aufgrund einer terminlichen Verhinderung des in forstfachlichen Angelegenheiten fachkundigen Mitglieds das stellvertretende Mitglied teilgenommen hätte, musste abberaumt werden, da das stellvertretende forstfachliche Mitglied aus gesundheitlichen Gründen ebenso wenig an der Sitzung hätte teilnehmen können. In weiterer Folge wurde eine mündliche Verhandlung für den 5. Juli 2007 anberaumt.

4. Am 5. Juli 2007 langte bei der belangten Behörde ein Devolutionsantrag der Beschwerdeführerin ein, mit dem sie den Übergang der Entscheidungszuständigkeit an die belangte Behörde begehrte.

Der Landesagrarsenat erstattete eine Stellungnahme, in der er darlegte, dass er bemüht gewesen sei, die Entscheidung rechtzeitig unter Wahrung der Frist des § 73 AVG abzuwickeln. Die Verzögerung gehe aus näher dargestellten Gründen nicht allein auf sein Verschulden zurück. Dem widersprach die Beschwerdeführerin in einer Stellungnahme vom 2. August 2007.

5. Die belangte Behörde führte am 7. November 2007 eine mündliche Verhandlung durch. Dabei verwies der Vertreter der Beschwerdeführerin im Wesentlichen auf die Judikatur des Verfassungsgerichtshofes, woraus sich der zivilrechtliche Charakter der Satzungen von Agrargemeinschaften ergebe, sowie auf ein Gutachten von Univ. Prof. Dr. Peter P aus dem Jahre 1995. Hätte man in den Satzungen statt "Mann" "Mensch" gelesen, wäre die Beschwerdeführerin heute Mitglied der Agrargemeinschaft S. Zum Zeitpunkt der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes in der Sache "Riesch" sei die Beschwerdeführerin mit einem Nichtbürger verheiratet gewesen und habe deswegen ihr Recht nicht wahr-nehmen können. Die Brüder der Beschwerdeführerin, die mit Personen verheiratet seien, die aufgrund ihrer Herkunft und ihres Wohnsitzes nicht die Voraussetzungen für die Mitgliedschaft gehabt hätten, seien in der Mitgliederliste eingetragen, obwohl bei geschlechtsumgekehrter Betrachtung die Ehefrauen der Brüder der Beschwerdeführerin jenen die Voraussetzungen für die Aufnahme genommen hätten. Bereits 1975 sei der Mann als Haupt der Familie abgeschafft worden. Die 1958 ratifizierte Menschenrechtskonvention habe die Diskriminierung der Frau verboten.

Der Vertreter der Agrargemeinschaft entgegnete, dass nach alten Rechten und Übungen die Mitgliedschaft in der männlichen Linie weitergegeben worden sei. Man müsse Begriffe wie "Nutzungsrecht" und "Mitgliedschaft" unterscheiden. Die Agrargemeinschaft habe klar genehmigte Statuten und mit dem Jahr 1982 einen liberalen Stichtag. Wichtig sei, die Statuten für alle gleich auszulegen.

6. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 7. November 2007 wurde nach Stattgebung des Devolutionsantrages - im hier noch interessierenden Umfang - mit Spruchpunkt 2 die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Erstbescheid als unbegründet abgewiesen.

Die belangte Behörde begründete dies damit, dass die Beschwerdeführerin ihr Begehren auf Aufnahme in die Mitgliederliste der Agrargemeinschaft allein auf die ehemalige Vollmitgliedschaft ihres am 6. September 1974 verstorbenen Vaters stütze. Weiters stehe fest, dass die Beschwerdeführerin bis zu ihrer Eheschließung mit einem Nichtmitglied am 4. November 1971 in ihrem Elternhaus wohnhaft gewesen sei und keinen eigenen Hausstand gegründet habe. Sie sei in weiterer Folge zwischenzeitig in G wohnhaft gewesen und im Frühling 1973 mit ihrer Familie wieder zu ihren Eltern nach S gezogen. In diesem Zeitraum habe sie nach ihren Angaben mit ihrem Ehegatten ein Einfamilienhaus in S errichtet. Auch heute sei sie noch in S wohnhaft. Sie verweise nun im Zuge ihres Begehrens darauf, vor ihrer Verehelichung keine Möglichkeit zur Gründung eines eigenen Hausstandes gehabt zu haben und nach der Verheiratung nicht um das Bürgerrecht bzw. die Nutzung ansuchen habe können, weil ihr Ehegatte kein Bürger der Agrargemeinschaft sei.

Geltende oder frühere Satzungsbestimmungen, die hinsichtlich der Zuerkennung der Mitgliedschaft oder hinsichtlich des Ruhens derselben auf den ordentlichen Wohnsitz in S oder die Führung eines eigenen Haushaltes abstellten oder abgestellt hätten, zeigten keine Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes. Der Satzung 1961 seien - ihrem Wortlaut nach - keine diskriminierenden Bestimmungen aufgrund des Geschlechtes zu entnehmen. Sie enthalte insbesondere auch keine Ruhensbestimmungen. § 3 der Satzung verweise jedoch auf die "derzeitigen Rechte und Übungen" der nutzungsberechtigten Personen, ohne diese Rechte und Übungen näher zu definieren. Die Satzung 1989 habe in ihrem § 4 Abs. 1 lit. a eine diskriminierende Bestimmung insofern enthalten, als sie bei der Zuerkennung der Mitgliedschaft an Bewerber auf deren (eheliche) Abstammung von einem männlichen Mitglied der Agrargemeinschaft S abgestellt habe. Diese Satzungsbestimmung werde jedoch im vorliegenden Fall nicht schlagend, da die Beschwerdeführerin ihr Mitgliedschaftsrecht ohnehin allein von ihrem Vater ableiten möchte.

Aber auch die Bestimmung des § 6 Abs. 1 lit. b der Satzung 1989, wonach die Mitgliedschaft bei weiblichen Mitgliedern während ihres Ehestandes ruhe, habe einen diskriminierenden Inhalt, da sie zwischen Männern und Frauen unterschieden habe, ohne dass für diese Diskriminierung der Frauen ein sachlicher Grund erkennbar gewesen wäre. In diesem Zusammenhang sei jedoch anzumerken, dass nach der - auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 12. Dezember 1994, VfSlg. 13975/1994, Bezug nehmenden - Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes das Diskriminierende an einer Satzungsbestimmung, wonach die Mitgliedschaft bei weiblichen Mitgliedern während ihres Ehestandes ruhe, der Umstand gewesen sei, dass verheiratete weibliche Mitglieder ihre Nutzungsrechte nicht ausüben konnten, hingegen verheiratete männliche Mitglieder an der Ausübung ihrer Mitgliedschaftsrechte nicht gehindert gewesen seien. Die Diskriminierung habe sich nach den Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes auf die Möglichkeit der Ausübung der Nutzungsrechte bezogen, welche nur Mitgliedern zugekommen sei und habe mit der Erlangung der Mitgliedschaft selbst nichts zu tun (vgl. VwGH 20.1.2005, 2004/07/0006).

Für diese Rechtsansicht spreche im vorliegenden Fall auch der Umstand, dass mit den Bestimmungen der §§ 4 und 6 der Satzung 1989 getrennte Regelungen über den Erwerb der Mitgliedschaft einerseits und das Ruhen der Mitgliedschaft andererseits getroffen worden seien. § 6 Abs. 2 der Satzung 1989, wonach "während des Ruhens der Mitgliedschaft … die Rechte und Pflichten eines Mitgliedes ausgesetzt" seien, stehe einem Antrag auf Aufnahme in die Mitgliederliste während aufrechter Ehe ebenfalls nicht entgegen.

Selbst wenn man aber - entgegen den vorstehenden, auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes Bezug nehmenden Erwägungen -

davon ausginge, dass die Beschwerdeführerin aufgrund der früheren (jedenfalls seit der Satzung 1989 in Geltung gestandenen) diskriminierenden Regelung, wonach die Mitgliedschaft bei weiblichen Mitgliedern während ihres Ehestandes ruhe, seit ihrer Verehelichung am 4. November 1971 gehindert gewesen wäre, erfolgreich einen Antrag auf Aufnahme in die Mitgliederliste der Agrargemeinschaft S zu stellen, könnte - auch vor dem Hintergrund der in der Satzung 1998 enthaltenen Stichtagsregelung - dem Berufungsbegehren aus nachstehenden Gründen nicht Folge gegeben werden: In seinem Beschluss vom 4. Oktober 2004, B 887-890/04, habe der Verfassungsgerichtshof ausgesprochen, dass die - allfällige Anwartschaften beseitigende - begrenzte Rückwirkung einer Satzungsänderung, um das (zunächst auf unsachliche Weise verfolgte) Ziel einer Beschränkung der Mitgliederzahl für die Zeit nach dem Offenbarwerden des Fehlers auf andere Weise zu erreichen, verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden sei. Diese Rechtsmeinung sei mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 5. März 2007, B 864-866/06, bekräftigt worden. Im zuletzt zitierten Erkenntnis habe der Verfassungsgerichtshof darüber hinaus ausgesprochen, dass die begrenzte Rückwirkung einer Satzungsänderung auch dann zulässig sei, wenn dabei allfällige Anwartschaften beseitigt würden, weil niemand auf den Fortbestand gegebener Möglichkeiten, die Mitgliedschaft zu verlangen, vertrauen könne.

Auch der Verwaltungsgerichtshof habe in seiner Rechtsprechung dargelegt, dass Stichtagsregelungen, wonach der Eintritt von Rechtsfolgen daran geknüpft werde, dass zu einem bestimmten Tag ein bestimmter Sachverhalt verwirklicht gewesen sei, zwar ein Element des Zufälligen in der Auslösung von Rechtsfolgen mit sich brächten, jedoch unverzichtbarer Bestandteil jedes Normsetzungsverfahrens seien (VwGH 25.3.1999, 98/07/0148; 21.10.1999, 98/07/0056). Im zuletzt zitierten Erkenntnis vom 21. Oktober 1999 habe der Verwaltungsgerichtshof darüber hinaus festgehalten, dass die Wahl (im damaligen Fall: des 1. Jänners) jenes Jahres, in welchem die Konvention für die Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau durch BGBl. Nr. 443/1982 kundgemacht worden sei, als Stichtag mit der vorgenommenen Anknüpfung an die kundgemachte Konvention nicht als unsachlich anzusehen sei (vgl. dazu auch VwGH 20.1.2005, 2004/07/0006, mwN).

Des Weiteren sei festzuhalten, dass in der Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts sogar in einem - aus dem Blickwinkel eines Aufnahmewerbers/einer Aufnahmewerberin strengeren Fall mit einem Stichtag 12. Dezember 1994, in dem eine ältere Satzung ebenfalls eine Regelung enthalten habe, wonach bei Töchtern von Mitgliedern während der Zeit der Verheiratung die Mitgliedschaft ruhe - Säumigkeit einer Aufnahmewerberin angenommen worden sei, die sich auf ihren 1984 verstorbenen männlichen Rechtsvorgänger berufen und die bereits 1995 bei der Agrargemeinschaft bzw. (nach einer Satzungsänderung 1996) im Jahre 1997 bei der Agrarbehörde ihre Aufnahme in die Mitgliederliste einer Agrargemeinschaft begehrt habe (vgl. VwGH 16.10.2003, Zlen. 2002/07/0027 bis 0031, betreffend die damals Fünftmitbeteiligte, und VwGH 24.11.2005, Zl. 2004/07/0191, sowie die darauf Bezug nehmenden Ausführungen des VfGH in seinem Erkenntnis vom 5.3.2007, B 864-866/06).

Betrachte man - entgegen den obigen Überlegungen - die frühere Satzungsbestimmung betreffend das Ruhen der Mitgliedschaft von weiblichen Mitgliedern während ihres Ehestandes tatsächlich als Hindernisgrund für eine erfolgreiche Antragstellung der Beschwerdeführerin, so müsse für sie jedoch - im Sinne der Ausführungen des Verfassungsgerichtshofes im zitierten Erkenntnis vom 5. März 2007 - durch die Entscheidung VfSlg. 13.975/1994 offenkundig geworden sein, dass sie entgegen dem Wortlaut der Satzung 1989 einen Anspruch auf Aufnahme in die Agrargemeinschaft habe. Diesen Anspruch habe sie jedoch erst im Jahre 2006 bei der Agrargemeinschaft geltend gemacht.

Im zitierten Erkenntnis vom 5. März 2007 habe der Verfassungsgerichtshof bemängelt, dass im damaligen Fall gerade jene Anwartschaften plötzlich beseitigt worden seien, welche die Satzung gleichheitswidrig bisher verwehrt hätten, obwohl sie innerhalb angemessener Frist auch geltend gemacht worden seien. Es sei darüber hinaus anzumerken, dass die Beschwerdeführer des dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes zugrunde gelegenen Verfahrens deshalb als in ihren verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt erachtet worden seien, da sie ihr Recht von weiblichen Mitgliedern abgeleitet hätten und gemäß einer gleichheitswidrigen älteren Satzungsbestimmung ein männlicher Vorfahre für die Ableitung des Mitgliedschaftsrechts entscheidend gewesen sei. Im zitierten Erkenntnis habe der Verfassungsgerichtshof schließlich ausgesprochen, dass sich nur der rückwirkende Ausschluss jener bis 12. Dezember 1994 durch die Satzung am Eintritt in die Agrargemeinschaft gehindert gewesenen Nachkommen weiblicher Mitglieder, die noch vor der Satzungsänderung ihren Antrag gestellt hätten, mit dem Gleichheitssatz in Widerspruch setze.

Unter Hinweis auf die dargestellte Rechtslage könne durch die Abweisung des Aufnahmeantrages der Beschwerdeführerin, die sich ausschließlich auf einen männlichen, im Jahre 1974 verstorbenen Aszendenten berufe, ihren Aufnahmeantrag aber erst am 18. Mai 2006, somit mehr als 11 Jahre nach dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 12. Dezember 1994 und ca. 9 bzw. 8 Jahre nach der aufsichtsbehördlichen Genehmigung der Satzungen 1997 und 1998 gestellt habe, eine Verletzung von Rechten nicht erkannt werden. Selbst bei der für das Begehren der Beschwerdeführerin günstigsten (jedoch der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes widersprechenden) Rechtsansicht einer auch für den vorliegenden Fall relevanten Diskriminierung durch die frühere Ruhensbestimmung (betreffend verheiratete weibliche Mitglieder) müsse der Beschwerdeführerin jedenfalls entgegen gehalten werden, im Zeitraum zwischen dem zur Nichtigkeit von Satzungsbestimmungen ergangenen Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 12. Dezember 1994 und der Satzungsänderung 1998 (Einführung der Stichtagsregelung 8. September 1982) keinen Antrag auf Aufnahme gestellt zu haben. Auf die Frage, ob es der Beschwerdeführerin überhaupt im Zeitraum der Geltung der Satzung 1961 möglich gewesen wäre, erfolgreich um die Aufnahme in die Mitgliederliste der Agrargemeinschaft anzusuchen, müsse daher nicht mehr näher eingegangen werden. Darüber hinaus seien aus der Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts keine Bedenken gegen den Stichtag 8. September 1982 abzuleiten.

Das im Zuge des Verfahrens von der Beschwerdeführerin erstattete Vorbringen, wonach jede neue Satzung oder Übergangsbestimmung, die einen Stichtag schaffe, eine neuerliche Diskriminierung beinhalte, und daher alle Satzungen seit 1994 nichtig seien, soweit sie Übergangsstichtage einführten, stehe im Widerspruch zur oben dargestellten Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts. Bestünden aber gegen den Stichtag 8. September 1982 keine Bedenken, so könne auch aus der in der vorgelegten Stellungnahme von Univ.Prof. Dr. P vertretenen Rechtsansicht, wonach der nichtige Teil einer Satzung bereits zum Zeitpunkt seiner Entstehung unwirksam sei, im vorliegenden Fall kein Mitgliedschaftsrecht der Beschwerdeführerin abgeleitet werden.

Vor dem Hintergrund der dargelegten Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes sowie des daraus insbesondere abzuleitenden Umstandes, dass der Beschwerdeführerin Säumnis vorzuwerfen sei, könnten auch ihre Hinweise auf Art. 14 EMRK und Art. 7 B-VG sowie ihre Anmerkung, dass die Konvention zur Beseitigung von jeder Form von Diskriminierung der Frau nicht als direkt anwendbarer völkerrechtlicher Vertrag ratifiziert worden sei, ihrem Begehren nicht zum Erfolg verhelfen.

8. Die Beschwerdeführerin erhob gegen diesen Bescheid Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Der Verfassungsgerichtshof lehnte die Behandlung dieser Beschwerde mit Beschluss vom 23. September 2008, B 23/08-7, ab und trat sie mit Beschluss vom 14. November 2008, B 23/08-9, dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

9. In ihrer über Aufforderung durch den Verwaltungsgerichtshof ergänzten Beschwerde macht die Beschwerdeführerin Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Auch die mitbeteiligte Partei erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Unstrittig ist im vorliegenden Fall, dass sich die Beschwerdeführerin im vorliegenden Verfahren zur Ableitung ihres Mitgliedschaftsrechtes auf einen männlichen, im Jahre 1974 verstorbenen Aszendenten, nämlich ihren Vater, beruft. Unstrittig ist weiters, dass dem Vater der Beschwerdeführerin ein walzendes Anteilsrecht an der Agrargemeinschaft zukam; er war am 8. September 1982 (das ist der Stichtag der Satzung 1998) in der Mitgliederliste der Agrargemeinschaft nicht mehr eingetragen. Die Beschwerdeführerin stellte ihren Antrag auf Erwerb eines Mitgliedschaftsrechtes im Jahr 2006.

In der Satzung 1961, die von der Gründung der Agrargemeinschaft in diesem Jahr bis zur Satzung 1989 galt, fehlten Bestimmungen über den Erwerb walzender Mitgliedschaftsrechte an der Agrargemeinschaft völlig. Möglicherweise sollte damals (lediglich) den bei der Gründung der Agrargemeinschaft vorhandenen, auf Grund eines persönlichen Rechtes nutzungsberechtigten Personen ein solches Recht zukommen. Denkbar ist aber auch, dass im Geltungsbereich dieser Satzung den Deszendenten (jedenfalls) der männlichen Mitglieder mit walzenden Anteilsrechten "nach den derzeitigen Rechten und Übungen" die Möglichkeit eröffnet war, einen Antrag auf Aufnahme in die Agrargemeinschaft zu stellen. In diesem Fall wäre der Beschwerdeführerin seit 1974 eine Anwartschaft zugekommen.

Ausdrückliche Bestimmungen über die Möglichkeit eines Neuerwerbs dieser Rechte durch Nicht-Gründungsmitglieder finden sich erst in der Satzung 1989.

Dazu ist festzuhalten, dass es für die Aufnahme in die Mitgliederliste als Mitglied aufgrund eines walzenden Anteilsrechtes eines Antrages bedurfte. Das walzende Mitgliedschaftsrecht ist nämlich nicht in dem Sinn "vererblich", dass es im Falle des Todes eines Mitgliedes zu einem automatischen Erwerb der Mitgliedschaft bzw. zu einer automatischen Eintragung des Erben in die Liste kommt; vielmehr wird die walzende Mitgliedschaft auf Grund eines Antrages bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen durch einen konstitutiven Beschluss des Ausschusses der Agrargemeinschaft neu und als persönliches Recht erworben.

Die belangte Behörde hat zutreffend aufgezeigt, dass die Beschwerdeführerin von den Bestimmungen der Satzung 1989, die diskriminierenden Charakter hatten, gar nicht betroffen war. Sie leitet ihren Anspruch von einem männlichen Aszendenten ab, sodass die allein darauf abstellende, die Nachkommen weiblicher Aszendenten diskriminierende Bestimmung des § 4 Abs. 1 lit. a der Satzung 1989 auf sie keine Anwendung findet.

Auch die Ruhensbestimmung des § 6 Abs. 1 lit. b der Satzung 1989 wäre einer erfolgreichen Antragstellung nicht im Wege gestanden, weil diese Bestimmung nur die Ausübung der Nutzungen, nicht aber die Aufnahme in die Agrargemeinschaft selbst, also den Erwerb der Mitgliedschaft, betrafen. Die Beschwerdeführerin hätte als Tochter eines männlichen Mitgliedes der Agrargemeinschaft die (walzende) Mitgliedschaft nach § 4 Abs. 1 lit. a der Satzung 1989 erwerben können; diese hätte für die Dauer ihrer Verehelichung geruht.

Im Zusammenhang mit einer ähnlichen Satzungsbestimmung hat der Verwaltungsgerichtshof nun bereits die Ansicht vertreten, dass sich eine solche Satzungsbestimmung lediglich auf die Möglichkeit der Ausübung der Nutzungsrechte bezieht, mit der Erlangung der Mitgliedschaft selbst aber nichts zu tun hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Jänner 2005, 2004/07/0006). Das Ruhen einer Mitgliedschaft setzt die Mitgliedschaft nämlich bereits voraus; dies zeigt auch die Bestimmung des § 6 Z 3 der Satzung, wonach mit Beendigung des Ruhens "das Mitglied wieder voll in seine Pflichten

und Rechte .... eintritt." Auch diese Satzungsbestimmung der

Satzung 1989 hinderte die Beschwerdeführerin daher keinesfalls, die Aufnahme in die Agrargemeinschaft zu begehren. (Eine verfassungskonforme Interpretation dieser Ruhensbestimmung, deren Notwendigkeit spätestens mit dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes am 12. Dezember 1994 offenkundig geworden ist, hätte im Übrigen auch die Ruhendstellung des - ihr als Mitglied zukommenden, aber ruhend gestellten - Nutzungsanspruches beseitigt.)

Die Beschwerdeführerin hätte daher jedenfalls im Geltungsbereich der Satzung 1989 und auch in demjenigen der insofern gleichlautenden Satzung 1997, möglicherweise aber bereits im Geltungsbereich der Satzung 1961 einen Antrag auf Aufnahme in die Agrargemeinschaft stellen und sich dabei erfolgreich auf die eheliche Abstammung von einem männlichen Mitglied berufen können. Dies hat sie aber unterlassen.

Mit der Satzung 1998 wurde die Bestimmung des § 4 Z. 3 lit. a neu einführt, die eine Stichtagsregelung beinhaltet; nur Personen, die die direkte Abstammung oder Adoption eines am 8. September 1982 in die Mitgliedsliste eingetragen gewesenen Mitgliedes nachweisen können, können einen Antrag auf Aufnahme in die Agrargemeinschaft stellen. Mit dieser Satzungsänderung wurden Anwartschaften von Personen, die direkt von einem Mitglied abstammen, das an diesem Stichtag nicht oder mehr eingetragen war, zunichte gemacht.

Der Verfassungsgerichtshof hat bereits in seinem Ablehnungsbeschluss vom 4. Oktober 2004, B 887-890/04, ausgesprochen, dass die begrenzte Rückwirkung einer Satzungsänderung zu dem Zweck, das (zunächst auf unsachliche Weise verfolgte) Ziel einer Beschränkung der Mitgliederzahl für die Zeit nach dem Offenbarwerden des Fehlers auf andere Weise zu erreichen, auch dann zulässig sei, wenn dabei allfällige Anwartschaften beseitigt werden, weil niemand auf den Fortbestand gegebener Möglichkeiten, die Mitgliedschaft zu erlangen, vertrauen könne. Diese Ansicht wiederholte der Verfassungsgerichtshof in seinem mehrfach erwähnten Erkenntnis vom 5. März 2007, VfSlg 18.080/2007, und fügte hinzu, dass sich dies auch nicht dadurch ändere, dass die Anwartschaft inzwischen bereits geltend gemacht worden sei.

Im vorliegenden Fall wurde die Anwartschaft der Beschwerdeführerin erst im Jahr 2006 (also 32 Jahre nach dem Ableben des Vaters der Beschwerdeführerin, 17 Jahre nach dem gesicherten Bestehen einer Anwartschaft und 8 Jahre nach dem Untergang dieser Anwartschaft) durch die Beschwerdeführerin geltend gemacht. Die Säumnis, in den Jahren bis zur Satzungsänderung 1998 keinen Antrag gestellt zu haben, muss sich die Beschwerdeführerin zurechnen lassen.

Die Satzungsänderung 1998 ist auch nicht als nichtig im Sinne des § 879 ABGB anzusehen. Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits im Erkenntnis vom 25. März 1999, 98/07/0148, ausgeführt, dass Stichtagsregelungen derart, dass der Eintritt von Rechtsfolgen daran geknüpft wird, dass zu einem bestimmten Tag ein bestimmter Sachverhalt verwirklicht war, zwar ein Element des Zufälligen in der Auslösung von Rechtsfolgen mit sich bringen, jedoch unverzichtbarer Bestandteil jedes Normsetzungsverfahrens sind. In der Verfolgung des Zieles einer Verhinderung des Ansteigens der Anzahl der Mitglieder einer Agrargemeinschaft durch die in einer Satzung einer Agrargemeinschaft enthaltene Stichtagsregelung ist ein Verstoß gegen das Sachlichkeitsgebot nicht zu erkennen. Die Wahl (dort:) des 1. Jänner jenes Jahres, in welchem die Konvention für die Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau durch BGBl Nr. 1982/443 kundgemacht worden war, als Stichtag ist mit der vorgenommenen Anknüpfung an die kundgemachte Konvention nicht als unsachlich anzusehen (vgl. zu ähnlichen Stichtagsregelungen die hg. Erkenntnisse vom 21. Oktober 1999, 98/07/0056, und vom 20. Jänner 2005, 2004/07/0006). Die Stichtagsregelung beseitigte bereits im Jahr 1998 die von der Beschwerdeführerin angesprochene Anwartschaft, ohne dadurch deren Rechte zu verletzen.

2. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin liegt auch jene Fallkonstellation, die der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 5. März 2007 kritisch beurteilt hat, nicht vor. Die im damaligen Fall zu prüfende Stichtagsregelung hielt - nach Ansicht des Verfassungsgerichtshofes - die diskriminierende Folge der Satzungsanwendung unter gezieltem Ausschluss der durch die gleichheitswidrige Bestimmung Benachteiligten (dort: Kinder von weiblichen Aszendenten) weiterhin aufrecht und bewirkte, dass die Mitgliedschaftsansprüche der dortigen Beschwerdeführer, die sie praktisch erst seit 1995 geltend machen konnten und die 1995, also innerhalb angemessener Frist, auch geltend gemacht wurden, rückwirkend vernichtet wurden. Dafür sei aber keine Rechtfertigung ersichtlich.

Der Fall der Beschwerdeführerin ist aber mit diesen Fällen in keiner Weise vergleichbar. Die Beschwerdeführerin leitet - im Gegensatz zu den dortigen Beschwerdeführern - Rechte von einem männlichen und nicht von einem weiblichen Aszendenten ab; ihr stand daher - im Gegensatz zu den dortigen Fällen - ein Anwartschaftsrecht in der Vergangenheit über mehrere Jahre zu, von dem sie aber keinen Gebrauch machte.

3. Der belangten Behörde ist zuzustimmen, dass der Fall der Beschwerdeführerin am ehesten noch dem Fall der Edith W. vergleichbar ist, die ebenso ein Mitgliedschaftsrecht an einer Agrargemeinschaft von einem männlichen Aszendenten abzuleiten wünschte und von dieser ihr offen stehenden Möglichkeit gleichfalls über Jahre nicht Gebrauch machte. Edith W. stellte im Vergleich zur Beschwerdeführerin aber weitaus früher, nämlich unmittelbar nach der die Anwartschaft beseitigenden Satzungsänderung einen solchen Antrag; ihre Beschwerden an den Verwaltungsgerichtshof blieben erfolglos (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 16. Oktober 2003, 2002/07/0027 bis 0031, und vom 20. Jänner 2005, 2004/07/0006); sie war in dem zitierten Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof auch nicht Beschwerdeführerin.

4. Die Beschwerdeführerin macht im Einzelnen noch geltend, dass der EGMR in der Edith W. betreffenden Menschenrechtsbeschwerdeangelegenheit die Republik Österreich zur Beantwortung von Fragen aufgefordert habe. Angesichts des sachverhaltsmäßigen Unterschiedes zum vorliegenden Fall - die Beschwerdeführerin stellte den Antrag im Gegensatz zu Edith W. erst Jahre nach Beendigung der ihr zuvor offengestandenen Anwartschaft - und mangels näherer Darstellung in der Beschwerde bleibt dunkel, was aus dem zitierten Vorbringen der Beschwerdeführerin für die Beurteilung ihres Falles zu gewinnen sei.

4. Die Beschwerdeführerin zitiert weiters Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes in einem Beschluss vom 12. November 2008, 2005/12/0149. Der Verwaltungsgerichtshof kann nicht nachvollziehen, was die Beschwerdeführerin daraus im vorliegenden Fall zu gewinnen meint. Dem angefochtenen Bescheid lag - im Gegensatz zum zitierten Erkenntnis, wo es um die Durchsetzung des aus dem Gemeinschaftsrecht erfließenden Anspruches auf Gleichbehandlung von Wanderarbeitnehmern hinsichtlich der besonderen Dienstalterszulage ging - weder ein grenzüberschreitender gemeinschaftsrechtlich relevanter Sachverhalt zugrunde noch ist irgendeine Verletzung von Rechten der Beschwerdeführerin wegen einer allfälligen Inländerdiskriminierung erkennbar.

Darüberhinaus argumentiert die Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang mit den Satzungen 1989, die sie ihrer Ansicht nach diskriminierten. Dass im Fall der Beschwerdeführerin keine Diskriminierung vorlag, wurde oben aber bereits dargetan.

5. Die Beschwerdeführerin meint weiters, sie sei nicht eingeladen worden, Anträge auf Aufnahme in die Agrargemeinschaft zu stellen. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass der Verfassungsgerichtshof in seinem zitierten Erkenntnis vom 5. März 2007 vielmehr - sogar hinsichtlich der Nachkommen weiblicher Mitglieder - die Ansicht ausdrücklich abgelehnt hat, dass die Agrargemeinschaft die durch die nichtige Satzungsbestimmung bisher von einem Aufnahmeantrag abgehaltenen Nachkommen geradezu einladen hätte müssen, sich um die Mitgliedschaft zu bewerben. Der Verwaltungsgerichtshof teilt diese Ansicht.

Nichts anderes kann aber für die Beschwerdeführerin gelten, die nicht einmal ins Treffen führen kann, im Zeitraum bis zur Satzung 1998 durch nichtige Satzungsbestimmungen von einem Aufnahmeantrag abgehalten worden zu sein.

6. Die Beschwerde wirft der belangten Behörde weiters einen "willkürlichen Umgang mit Präjudizien" der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes vor und hat dies bereits in ihrer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof getan. Dieses Beschwerdevorbringen ist vor dem Verfassungsgerichtshof selbst erfolglos geblieben (vgl. den Abtretungsbeschluss vom 23. September 2008, B 23/08). Auch der Verwaltungsgerichtshof kann diesen Vorwurf - angesichts der ausführlichen und auf die Rechtsprechung beider Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes detailliert eingehenden Begründung des angefochtenen Bescheides - nicht nachvollziehen.

7. Die Beschwerdeführerin meint weiter, Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes seien durch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 5. März 2007 de facto "aufgehoben worden". Dieses Vorbringen ist für das gegenständliche Verfahren aber ohne Bedeutung, bezieht sich die zitierte Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs doch - wie wiederholt dargetan - auf andere Fallkonstellationen.

8. Wenn die Beschwerdeführerin schließlich wiederholt vorbringt, dass im gegenständlichen Fall eine Diskriminierung erst im Jahre 1989 eingeführt worden sei, so übersieht sie, dass - wie bereits wiederholt dargetan - für sie als Tochter eines männlichen Aszendenten aus den oben dargestellten Gründen die Satzung 1989 keine den Erwerb der Mitgliedschaft betreffende diskriminierenden Bestimmungen umfasste.

9. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

10. Die von der Beschwerdeführerin beantragte Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof war entbehrlich, weil der angefochtene Bescheid vom Obersten Agrarsenat und damit einem Tribunal im Sinne des Art. 6 MRK stammt (vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 7. Dezember 1987, G145/87, VfSlg 11.569, und die dort angeführte Judikatur des EGMR); der Oberste Agrarsenat hat eine mündliche Verhandlung durchgeführt.

11. Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008. Der Antrag der mitbeteiligten Partei auf Kostenersatz war abzuweisen, weil nach § 48 Abs. 3 Z. 2 VwGG in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 4/2008 einem Mitbeteiligten nur dann Anspruch auf Ersatz des Schriftsatzaufwandes zukommt, wenn die Gegenschrift durch einen Rechtsanwalt eingebracht wurde.

Wien, am 18. November 2010

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