VwGH 2007/07/0015

VwGH2007/07/001522.4.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofräte Dr. Beck und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Jantschgi, über die Beschwerden 1. des H H und 2. des H H, beide in S, beide vertreten durch Dr. Herwig Ernst, Rechtsanwalt in 2100 Korneuburg, Hauptplatz 32, gegen die Bescheide des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich

1. vom 15. Dezember 2006, Zl. Senat-KO-05-0026 (betreffend den Erstbeschwerdeführer protokolliert zur hg. Zl. 2007/07/0015),

2. vom 15. Dezember 2006, Zl. Senat-KO-05-0025 (betreffend den Zweitbeschwerdeführer protokolliert zur hg. Zl. 2007/07/0016),

3. vom 23. April 2007, Zl. Senat-KO-05-0026/1 (betreffend den Erstbeschwerdeführer protokolliert zur hg. Zl. 2007/07/0082) und

4. vom 23. April 2007, Zl. Senat-KO-05-0025/1 (betreffend den Zweitbeschwerdeführer protokolliert zur hg. Zl. 2007/07/0083) jeweils betreffend Übertretung des AWG 2002 (weitere Partei:

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft),

Normen

AVG §66 Abs4;
AWG 1990 §2 Abs1 Z2;
AWG 1990 §2 Abs1;
AWG 2002 §1 Abs3;
AWG 2002 §2 Abs1 Z2;
AWG 2002 §2 Abs1;
AWG 2002 §2 Abs3 Z1;
AWG 2002 §2 Abs3 Z2;
AWG 2002 §79 Abs1 Z1;
VStG §19;
VStG §51 Abs6 idF 1990/358 ;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
AVG §66 Abs4;
AWG 1990 §2 Abs1 Z2;
AWG 1990 §2 Abs1;
AWG 2002 §1 Abs3;
AWG 2002 §2 Abs1 Z2;
AWG 2002 §2 Abs1;
AWG 2002 §2 Abs3 Z1;
AWG 2002 §2 Abs3 Z2;
AWG 2002 §79 Abs1 Z1;
VStG §19;
VStG §51 Abs6 idF 1990/358 ;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;

 

Spruch:

1. den Beschluss gefasst:

Die Beschwerden gegen den erstangefochtenen Bescheid vom 15. Dezember 2006 (prot. zu hg. Zl. 2007/07/0015), sowie gegen den zweitangefochtenen Bescheid ebenfalls vom 15. Dezember 2006 (prot. zu hg. Zl. 2007/07/0016), werden als gegenstandslos erklärt und die Verfahren eingestellt.

Der Bund hat den Beschwerdeführern jeweils Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

2. zu Recht erkannt:

Der drittangefochtene Bescheid vom 23. April 2007 (prot. zu hg. Zl. 2007/07/0082), sowie der viertangefochtene Bescheid ebenfalls vom 23. April 2007 (prot. zu hg. Zl. 2007/07/0083) werden wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat den Beschwerdeführern jeweils Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Bezirkshauptmannschaft K. (BH) erließ gegen den Erstbeschwerdeführer das Straferkenntnis vom 29. Juni 2005 mit folgendem Spruch:

"Sie haben in der Zeit von Sept. 2000 bis zumindest 28. Feb. 2005 auf dem Anwesen in S. ... in einem halb offenen Schuppen mit Erdboden einen PKW der Marke Ford Taunus, beige lackiert, letztes Kennzeichen KO HH27, welcher aufgrund der enthaltenen umweltrelevanten Mengen an gefährlichen Anteilen oder Inhaltsstoffen (z.B. Motoröl, Bremsflüssigkeit, Starterbatterie) als gefährlicher Abfall zu werten ist, gelagert obwohl gefährliche Abfälle außerhalb von genehmigten Anlagen oder für die Sammlung oder Behandlung derartiger Abfälle vorgesehenen geeigneten Orten nicht gelagert werden dürfen."

Dadurch habe er § 79 Abs. 1 Z. 1 in Verbindung mit § 15 Abs. 3 AWG 2002 übertreten; es wurde eine Geldstrafe von EUR 730.--

(Ersatzfreiheitsstrafe drei Tage) sowie gemäß § 64 Abs. 2 VStG ein Kostenbeitrag von EUR 73.-- verhängt.

Ferner erließ die BH gegen den Zweitbeschwerdeführer ein wortgleiches Straferkenntnis ebenfalls vom 29. Juni 2005 mit der Maßgabe, dass sich dieses gegen den Zweitbeschwerdeführer betreffend einen "PKW der Marke Ford Taunus, gelb lackiert, letztes Kennzeichen KO 200V" richte. Der Spruch, insbesondere die darin angeführten, verletzten Rechtsvorschriften, die verhängte Strafe und die Begründung, gleicht dem eingangs angeführten Bescheid.

Gegen diese beiden Bescheide vom 29. Juni 2005 erhoben die Beschwerdeführer jeweils Berufung.

Die belangte Behörde führte daraufhin bezüglich des erst- und zweitangefochtenen Bescheides am 14. Dezember 2006 eine mündliche Verhandlung durch.

Mit den nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheiden der belangten Behörde jeweils vom 15. Dezember 2006 (erst- und zweitangefochtener Bescheid) wurde den Berufungen gegen die beiden genannten Straferkenntnisse teilweise Folge gegeben und die bekämpften erstinstanzlichen Bescheide dahin abgeändert, dass bei der Tatbeschreibung die Wortfolge "(z.B. Motoröl, Bremsflüssigkeit, Starterbatterie)" durch die Wortfolge "(z.B. Ölfilter, Benzinfilter und Schmierfette)" ersetzt werde. Die Strafhöhe wurde jeweils unverändert gelassen und im Hinblick auf die teilweise Stattgebung der Berufungen jeweils kein Kostenbeitrag für das Berufungsverfahren festgesetzt.

Nach Wiedergabe des wesentlichen Berufungsvorbringens führte die belangte Behörde in der Begründung des erst- und zeitangefochtenen Bescheides aus, es stehe aufgrund des Ermittlungsverfahrens fest, dass die Beschwerdeführer jeweils von September 2000 bis zumindest 28. Februar 2005 in einem Schuppen in S. jeweils ein näher bezeichnetes Kraftfahrzeug abgestellt hätten. Während des angelasteten Tatzeitraumes seien die Fahrzeuge nicht zum Verkehr zugelassen gewesen. Motoröl, Getriebeöl, Bremsflüssigkeit, Kühlflüssigkeit und Starterbatterien seien vor dem Abstellen zwar entfernt worden, nicht hingegen der Ölfilter, der Benzinfilter sowie die Schmierfette bei beweglichen Teilen (zB. Radlager). Die Fahrzeuge seien auf unbefestigtem Boden (Erdreich) abgestellt worden, massivst verschmutzt und in keiner Weise geeignet gewesen, ohne Vornahme umfangreicher Instandsetzungs- und Reparaturarbeiten in Betrieb genommen zu werden.

Nach Wiedergabe des § 79 Abs. 2 Z. 1 AWG 2002 sowie der §§ 1 Abs. 3 Z. 4, 2 Abs. 1 und 15 Abs. 3 AWG 2002 ging die belangte Behörde in die rechtliche Würdigung des Sachverhalts ein und führte begründend aus, dass es sich bei den gegenständlichen Kraftfahrzeugen jeweils um Abfall im Sinne des AWG 2002 handle.

Es seien nach Angaben der Beschwerdeführer zwar flüssige Betriebsstoffe in einem erheblichen Ausmaß aus den Fahrzeugen entfernt worden, nicht genannt worden seien aber Schmierfette, der Benzinfilter und der Ölfilter. Es sei deshalb davon auszugehen gewesen, dass die Stoffe bzw. Fahrzeugbestandteile nach wie vor vorhanden gewesen seien und speziell unter Berücksichtigung des unbefestigten Bodens die Möglichkeit einer Verunreinigung der Umwelt über das unvermeidliche Ausmaß hinaus im Bereich des Möglichen gelegen sei. Somit sei unzweifelhaft davon auszugehen gewesen, dass es sich bei den gegenständlichen Fahrzeugen um Abfall im Sinne des AWG 2002 gehandelt habe; die einzustufenden Stoffe seien in einer umweltrelevanten Menge vorhanden gewesen.

Mit den nunmehr ebenfalls vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen dritt- und viertangefochtenen Bescheiden jeweils vom 23. April 2007 wurden die erst- und zweitangefochtenen Bescheide gemäß § 52a VStG von Amts wegen jeweils dahingehend geändert, als folgende Wortfolge nach dem ersten Absatz im Spruch eingefügt wurde:

"Weiters wird der Tatzeitraum auf '2. November 2002 bis 28. Februar 2005' eingeschränkt."

Im Übrigen blieben die Bescheide aber unverändert.

Die belangte Behörde führte in ihrer Begründung aus, dass das AWG 2002 mit 2. November 2002 in Kraft getreten sei und die gegenständliche Übertretungsnorm formal nicht ident mit § 15 AWG 1990 sei, der bis einschließlich 1. November 2002 in Kraft gewesen sei.

Gegen diese Bescheide richten sich die vorliegenden vier Beschwerden, in denen jeweils Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete je eine Gegenschrift, in der sie jeweils die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die wegen ihres sachlichen und rechtlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbundenen Beschwerdefälle erwogen:

I. Zum erstangefochtenen Bescheid des Erstbeschwerdeführers (prot. zu hg. Zl. 2007/07/0015):

Nach der hg. Rechtsprechung wird ein letztinstanzlicher Bescheid durch einen gemäß § 52a Abs. 1 VStG erlassenen Abänderungsbescheid aus dem Rechtsbestand ausgeschieden und durch letzteren Bescheid ersetzt. Dies gilt auch dann, wenn dieser Bescheid den ursprünglichen Bescheid spruchgemäß nur zum Teil abändert und im Übrigen dessen Inhalt rezipiert (vgl. u.a. die hg. Erkenntnisse vom 23. Februar 2006, Zlen. 2003/07/0056, 0057 m.w.N.).

Eine derartige Konstellation liegt auch in dem genannten Beschwerdefall vor. Der Erstbeschwerdeführer wurde daher durch den Bescheid vom 23. April 2007 im Beschwerdeverfahren gegen den Bescheid vom 15. Dezember 2006 klaglos gestellt, weshalb das Verfahren gemäß § 33 Abs. 1 VwGG nach dessen Anhörung einzustellen war.

II. Zum zweitangefochtenen Bescheid des Zweitbeschwerdeführers (prot. zu hg. Zl. 2007/07/0016):

Der genannte Beschwerdefall gleicht in den wesentlichen Punkten - sowohl hinsichtlich des Verfahrensgangs als auch des maßgeblichen Sachverhalts und der anzuwendenden Rechtslage - dem Fall, der dem erstangefochtenen Bescheid zu Grunde lag. Aus den dort genannten Gründen war auch in dem vorliegenden Fall das Beschwerdeverfahren gemäß § 33 Abs. 1 VwGG nach Anhörung des Zweitbeschwerdeführers einzustellen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz hinsichtlich des erst- und zweitangefochtenen Bescheides gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG, insbesondere § 56 erster Satz VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455. III. Zum drittangefochtenen Bescheid des Erstbeschwerdeführers (prot. zu hg. Zl. 2007/07/0082):

Gemäß § 19 Abs. 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Nach Abs. 2 dieses Paragraphen sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Gemäß § 51 Abs. 6 VStG darf auf Grund einer vom Beschuldigten oder auf Grund einer zu seinen Gunsten erhobenen Berufung in einer Berufungsentscheidung oder Berufungsvorentscheidung keine höhere Strafe verhängt werden als im angefochtenen Bescheid.

Das sich aus der letztgenannten Gesetzesstelle ergebende Verbot der reformatio in peius führt dazu, dass dann, wenn im Berufungsbescheid der Tatzeitraum reduziert wird - sofern nicht andere Strafzumessungsgründe heranzuziehen sind als im Erstbescheid -, nicht die gleiche Strafe verhängt werden darf wie im Erstbescheid (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Mai 2008, Zl. 2007/05/0235, m.w.N.).

Der drittangefochtene Bescheid enthält jedoch keinerlei Hinweis, weshalb trotz (erheblicher) Reduktion des Strafzeitraumes die ursprünglich verhängte Strafe unverändert blieb. Die belangte Behörde belastete daher den drittangefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit.

Der Erstbeschwerdeführer bestreitet in der Beschwerde u. a. das Vorliegen des subjektiven und des objektiven Abfallbegriffs (im Sinne des § 2 Abs. 1 AWG 2002) und bringt weiters vor, dass sich aus dem Ermittlungsverfahren kein konkreter Hinweis auf eine Gefährdung der Umwelt ergeben habe. Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, die (objektive) Abfalleigenschaft des Autowracks zu widerlegen, zumal im Zuge des Verwaltungsstrafverfahrens dargelegt wurde, dass der Ölfilter, der Benzinfilter sowie sämtliche Schmierfette nicht aus dem Autowrack entfernt worden und diese als gefährliche Abfälle einzustufen seien.

Gemäß § 1 Abs. 1 Z. 1 AWG 2002, BGBl. I Nr. 102, ist die Abfallwirtschaft im Sinne des Vorsorgeprinzips und der Nachhaltigkeit danach auszurichten, dass schädliche oder nachteilige Einwirkungen auf Mensch, Tier und Pflanze, deren Lebensgrundlagen und deren natürliche Umwelt vermieden oder sonst das allgemeine menschliche Wohlbefinden beeinträchtigende Einwirkungen so gering wie möglich gehalten werden.

Nach § 1 Abs. 3 AWG 2002 ist im öffentlichen Interesse die Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall erforderlich, wenn andernfalls u.a. (Z. 1) die Gesundheit der Menschen gefährdet oder unzumutbare Belästigungen bewirkt werden können, (Z. 2) Gefahren für die natürlichen Lebensbedingungen von Tieren oder Pflanzen oder für den Boden verursacht werden können, (Z. 3) die nachhaltige Nutzung von Wasser oder Boden beeinträchtigt werden kann, (Z. 4) die Umwelt über das unvermeidliche Ausmaß hinaus verunreinigt werden kann.

Gemäß § 2 Abs. 1 Z. 2 AWG 2002 sind Abfälle im Sinne dieses Bundesgesetzes bewegliche Sachen, die unter die in Anhang 1 angeführten Gruppen fallen und

1. deren dich der Besitzer entledigen will oder entledigt hat oder

2. deren Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall erforderlich ist, um die öffentlichen Interessen (§ 1 Abs. 3) nicht zu beeinträchtigen.

Gemäß § 2 Abs. 2 erster Satz AWG 2002 gelten als Abfälle Sachen, deren ordnungsgemäße Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall im öffentlichen Interesse erforderlich ist, auch dann, wenn sie eine die Umwelt beeinträchtigende Verbindung mit dem Boden eingegangen sind.

Nach § 2 Abs. 3 erster Satz AWG 2002 ist eine geordnete Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung im Sinne dieses Bundesgesetzes jedenfalls solange nicht im öffentlichen Interesse (§ 1 Abs. 3) erforderlich, solange

  1. 1. eine Sache nach allgemeiner Verkehrsauffassung neu ist oder
  2. 2. sie in einer nach allgemeiner Verkehrsauffassung für sie bestimmungsgemäßen Verwendung steht.

    Gemäß § 15 Abs. 1 AWG 2002 i.d.F. vor der Novelle BGBl. I Nr. 34/2006 sind bei der Sammlung, Beförderung, Lagerung und Behandlung von Abfällen

    1. die Ziele und Grundsätze gemäß § 1 Abs. 1 und 2 zu beachten und

    2. Beeinträchtigungen der öffentlichen Interessen (§ 1 Abs. 3) zu vermeiden.

    Nach § 15 Abs. 3 erster Satz AWG 2002 dürfen Abfälle außerhalb von

  1. 1. hiefür genehmigten Anlagen oder
  2. 2. für die Sammlung oder Behandlung vorgesehenen geeigneten Orten

    nicht gesammelt, gelagert oder behandelt werden.

    Durch die Novelle BGBl. I Nr. 155/2004. wurden dem § 15 Abs. 3 AWG 2002 folgender Satz angefügt:

    "Eine Ablagerung von Abfällen darf nur in hiefür genehmigten Deponien erfolgen."

    Gemäß § 79 Abs. 1 Z. 1 AWG 2002 begeht, wer gefährliche Abfälle entgegen § 15 Abs. 1, 3 oder 4 oder entgegen § 16 Abs. 1 sammelt, befördert, lagert, behandelt oder entgegen § 15 Abs. 2 vermischt oder vermengt, - sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist - eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 730 EUR bis 36.340 EUR zu bestrafen ist; wer jedoch gewerbsmäßig im Bereich der Abfallwirtschaft tätig ist, ist mit einer Mindeststrafe von 3.630 EUR bedroht.

    Da für die Qualifikation des Vorliegens von Abfall nach § 2 Abs. 1 AWG 2002 bereits die Verwirklichung des objektiven Abfallbegriffs genügt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Oktober 2005, Zl. 2005/07/0045), kann dahin gestellt bleiben, ob auch der subjektive Abfallbegriff verwirklicht wurde.

    Für die Unterstellung von beweglichen Sachen der vorliegenden Art unter den objektiven Abfallbegriff ist vorerst einmal die Gefährdung einer der im § 1 Abs. 3 AWG 2002 aufgezählten Interessen erforderlich. Weiters dürfen die beweglichen Sachen nach allgemeiner Verkehrsauffassung nicht mehr neu sein (§ 2 Abs. 3 Z. 1 AWG 2002) und wegen ihrer Beschaffenheit (zB. Funktionsuntüchtigkeit) nicht mehr bestimmungsgemäß verwendet werden können (§ 2 Abs. 3 Z. 2 AWG 2002). Es muss sich also dabei um bewegliche Sachen handeln, deren man sich üblicherweise, d.h. nach der Verkehrsauffassung, entledigt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. Februar 1996, Zl. 95/07/0079, m.w.N., ergangen zum AWG 1990, dass auf das AWG 2002 übertragen werden kann).

    Bei der allgemeinen Verkehrsauffassung im Sinne des § 2 Abs. 3 Z. 1 AWG 2002 kommt es auf die durchschnittliche Auffassung

    der in Betracht kommenden Verkehrskreise an, nicht hingegen auf

    die subjektive Betrachtungsweise des Inhabers der Sache, weshalb die behauptete Restaurierungsabsicht des Erstbeschwerdeführers nicht entscheidungsrelevant ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. Juli 2002, Zl. 2001/07/0043, ebenfalls ergangen zum AWG 1990, das auf das AWG 2002 übertragen werden kann).

    Es steht unstrittig fest, dass das näher bezeichnete Fahrzeug nach allgemeiner Verkehrsauffassung nicht mehr eine neue Sache im Sinne des § 2 Abs. 3 Z. 1 AWG 2002 ist, zumal es sich nicht um eine Sache handelt, die erst ihrer bestimmungsgemäßen Verwendung (durch wen auch immer) harrt. Dies ergibt sich auch im Zusammenhalt mit § 2 Abs. 3 Z. 2 AWG 2002. Gegenüber dem dort erfassten Tatbestand der bestimmungsgemäßen Verwendung einer Sache meint die Z. 1 dieses Absatzes offensichtlich die noch nie bestimmungsgemäß verwendete neue Sache (vgl. das soeben zitierte hg. Erkenntnis vom 25. Juli 2002).

    Dass das Autowrack nicht in bestimmungsgemäßer Verwendung im Sinne des § 2 Abs. 3 Z. 2 AWG 2002 stand, steht aufgrund der verfahrensgegenständlich unstrittigen Entfernung von Motoröl, Getriebeöl, Bremsflüssigkeit, Kühlflüssigkeit und Starterbatterie fest; von einer Fahrtüchtigkeit kann mangels Vorhandenseins der angeführten Betriebsflüssigkeiten und der Starterbatterie keine Rede sein.

    Entscheidend für die Bestrafung nach § 79 Abs. 1 Z. 1 AWG 2002 ist jedoch, ob der verfahrensgegenständliche PKW als gefährlicher Abfall eingestuft werden kann.

    Gemäß § 2 Abs. 4 Z. 3 AWG 2002 sind "gefährliche Abfälle" jene Abfälle, die gemäß einer Verordnung nach § 4 als gefährlich festgelegt sind.

    Gemäß § 3 Abs. 1 der Verordnung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft über die Festsetzung von gefährlichen Abfällen und Problemstoffen - Festsetzungsverordnung 1997, BGBl. II Nr. 227, gelten als gefährliche Abfälle jene Abfälle der ÖNORM S 2100 "Abfallkatalog", ausgegeben am 1. September 1997, welche in dem Verzeichnis gefährlicher Abfälle gemäß Anlage 1 enthalten sind. Die Zuordnung eines Abfalls zu einer fünfstelligen Schlüsselnummer der ÖNORM S 2100 hat entsprechend den in der Anlage 1 festgelegten Zuordnungskriterien zu erfolgen.

    Die Festsetzungsverordnung 1997 war bis 31. Dezember 2003 in Kraft, wobei deren Kurztitel mit BGBl. II Nr. 178/2000, in Kraft getreten mit 1. Juli 2000, in "Festsetzungsverordnung gefährliche Abfälle" geändert wurde.

    Gemäß § 4 Abs. 2 der Verordnung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft über ein Abfallverzeichnis - Abfallverzeichnisverordnung, BGBl. II Nr. 570/2003, in Kraft getreten am 1. Jänner 2004, gelten bis ein Jahr nach In-Kraft-Treten dieser Verordnung (31. Dezember 2004) Abfallarten der Anlage 5 und jene der ÖNORM S 2100 "Abfallkatalog", ausgegeben am 1. September 1997, und der ÖNORM S 2100/AC 1 "Abfallkatalog (Berichtigung)", ausgegeben am 1. Jänner 1998, erhältlich beim Österreichischen Normungsinstitut, Heinestraße 38, 1020 Wien, als gefährlich, die mit einem "g" versehen sind. Die Zuordnung eines Abfalls zu einer Abfallart in Anlage 5 hat nach den in Anlage 5 festgelegten Zuordnungskriterien zu erfolgen.

    Gemäß § 4 Abs. 1 der am 1. Jänner 2004 in Kraft getreten Abfallverzeichnisverordnung gelten als gefährliche Abfälle ab einem Jahr nach In-Kraft-Treten dieser Verordnung (1. Jänner 2005) jene Abfallarten, die in Anlage 2 mit einem Sternchen versehen sind. Die Zuordnung eines Abfalls zu einer Abfallart in Anlage 2 hat nach den in Anlage 1 festgelegten Zuordnungskriterien zu erfolgen. Sofern für die Zuordnung Untersuchungen erforderlich sind, haben diese gemäß Anlage 4 zu erfolgen.

    Der von der belangten Behörde herangezogene Abfallkatalog der ÖNORM S 2100 nennt unter der Schlüsselnummer 35203 als gefährlich einzustufende Abfälle "Fahrzeuge, Arbeitsmaschinen und -teile, mit umweltrelevanten Mengen an gefährlichen Anteilen oder Inhaltsstoffen (zB Starterbatterie, Bremsflüssigkeit, Motoröl)".

    Nach der ab dem 1. Jänner 2005 heranzuziehenden Abfallverzeichnisverordnung gelten "Altfahrzeuge" (Abfallcode 16 01 04) sowie "Ölfilter" (Abfallcode 16 01 07), die beide mit einem Sternchen versehen sind, als gefährlicher Abfall.

    Im vorliegenden Fall stellte die belangte Behörde fest, dass das Autowrack auf unbefestigtem Boden (Erdreich) abgestellt wurde und der Ölfilter, der Benzinfilter sowie die Schmierfette bei beweglichen Teilen (zB. Radlager) nicht entfernt wurden.

    Der Erstbeschwerdeführer wendet u.a. ein, es sei ihm im Zuge des Verfahrens nie vorgehalten worden, dass der Ölfilter, der Benzinfilter sowie sämtliche Schmierfette nicht fachgerecht entfernt worden seien. Im Zuge der Befragung (anlässlich der mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde) sei der Beschwerdeführer in keiner Weise darauf angesprochen worden und es sei von ihm diesbezüglich auch keine Auskunft verlangt worden. Er habe sohin keine Möglichkeit gehabt, sich bezüglich dieses Vorwurfes zu rechtfertigen.

    Mit diesem Vorbringen zeigt der Erstbeschwerdeführer auf, dass die belangte Behörde durch Austausch der im erstinstanzlichen Bescheid angeführten gefährlichen Anteile oder Inhaltsstoffe (Änderung des Spruches von "Motoröl, Bremsflüssigkeit, Starterbatterien" auf "Ölfilter, Benzinfilter und Schmierstoffe" im Klammerausdruck) die als erwiesen angenommene Tat auswechselte, zumal es dem Beschwerdeführer aufgrund dieser Änderung nicht möglich war, hiezu näher Stellung zu nehmen.

    Die Berufungsbehörde ist nach Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht zur Auswechslung der als erwiesen angenommenen Tat befugt (vgl. die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze II, S. 985, unter E 152 zu § 51 VStG wiedergegebene Judikatur). Es liegt daher auch diesbezüglich eine weitere inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides vor.

    Der drittangefochtene Bescheid war daher schon aus den angeführten Gründen gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben. Es erübrigt sich daher auch, auf das weitere Beschwerdevorbringen näher einzugehen. IV. Zum viertangefochtenen Bescheid des Zweitbeschwerdeführers (prot. zu hg. Zl. 2007/07/0083):

    Der genannte Beschwerdefall gleicht in den wesentlichen Punkten - sowohl hinsichtlich des Verfahrensgangs als auch des maßgeblichen Sachverhalts und der anzuwendenden Rechtslage - dem Fall, der dem drittangefochtenen Bescheid zu Grunde lag. Auf diese Entscheidungsgründe wird daher näher verwiesen.

    Es war daher auch der viertangefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

    Die Entscheidung über den Aufwandersatz hinsichtlich des dritt- und viertangefochtenen Bescheides gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

    Wien, am 22. April 2010

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