VwGH 2006/15/0310

VwGH2006/15/031029.7.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Zorn, Dr. Büsser, MMag. Maislinger und Mag. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer, über die Beschwerde des A L in T, vertreten durch Dr. Manfred Nessmann, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Erzabt-Klotz-Straße 12, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Salzburg, vom 24. August 2006, Zl. RV/0114-S/04, betreffend Einkommensteuer für das Jahr 1994, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §113;
BAO §113;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdefall steht im Zusammenhang mit den unter dem Begriff "European Kings Club" (im Folgenden nur: EKC) durch zahlreiche Medienberichte und Publikationen in der Öffentlichkeit bekannt gewordenen Vorgängen.

Die Anleger erwarben so genannte "Letter" zum Stückpreis von

9.800 S. Im "Letter" verpflichtete sich der EKC, beginnend innerhalb des zweiten Monats nach der Einzahlung durch den Anleger, durch einen Zeitraum von zwölf Monaten jeweils zum siebten eines jeden Monats 1.400 S an den Anleger zu bezahlen. Die sieben ersten Zahlungen dienten der Kapitaltilgung, die restlichen fünf Zahlungen stellten Zinsen dar. Für weitere Einzelheiten wird auf die Sachverhaltsschilderung im hg. Erkenntnis vom 25. November 2002, 97/14/0094, VwSlg 7.763/F verwiesen.

Die Großbetriebsprüfung stellte fest, dass der Beschwerdeführer in mehreren Tranchen insgesamt 98 "Letter" erworben habe.

Mit Vorhalt vom 6. Mai 1997 forderte das Finanzamt den Beschwerdeführer u.a. auf, dazu Stellung zu nehmen, dass er 1994 Einkünfte aus Kapitalvermögen in Höhe von 147.000 S aus dem Kauf von Lettern des EKC erzielt habe.

Der Beschwerdeführer teilte dem Finanzamt mit Schreiben vom 30. Mai 1997 mit, dass er "Letter" um ca. 300.000 S gekauft und das Geld verloren habe.

"Mein Verlust ist deshalb eingetreten, weil durch eine geschickte Wiederanlagestrategie die tatsächlichen Auszahlungen verhindert und später durch Geldmangel faktisch unmöglich wurden.

Die Wiederveranlagung erfolgte beispielsweise durch folgende Argumente des Betreuers (Manfred D.), welcher durch den Großteil der Verwaltungsgebühr je Letter ein erhebliches Eigeninteresse hatte:

1. Ich muss auf die Bank gehen, weil ich nicht soviel Geld in meinem Büro aufbewahren kann, denn dies wäre zu gefährlich.

2. Die (...) Datenverarbeitung wurde dreimal durch die Behörden an der Arbeit gehindert und schließlich abgebaut.

3. Die Banken verweigern die Überweisungen beziehungsweise die Einlösung der Wechsel.

  1. 4. Ein Geldkoffer wurde beschlagnahmt.
  2. 5. Die DC-Firma wurde von den Behörden beschlagnahmt.
  3. 6. Die Präsidentin wurde verhaftet und deshalb herrscht ein Durcheinander usw.

    Diese Argumente wurden dazu verwendet, um Auszahlungen zu verhindern, sodass ich nicht in die tatsächliche Verfügungsbefugnis der Auszahlungen kam. Auf Grund der angesprochenen Schwierigkeiten wurde eine Wiederanlage vereinbart, schließlich auch deshalb, weil kein Geld mehr für die Auszahlungen kam.

    ...

    Ich bin auch nicht sicher, ob die geringen Investitionen ein Pyramidenspiel oder ein Schneeballsystem zu etwas anderem machen, aber es liegt wohl ein Mischsystem vor, mit einem schweren Überhang zum Pyramidenspiel oder Schneeballsystem."

    Das Finanzamt setzte daraufhin die aus den "Letters" resultierenden Zinsen von insgesamt 147.000 S bei der Einkommensteuerveranlagung 1994 als Einkünfte aus Kapitalvermögen fest. Begründend wurde ausgeführt, dass die den Kapitaleinsatz übersteigenden Rückflüsse, auch für den Fall, dass sie wieder investiert würden, Einkünfte aus Kapitalvermögen darstellten.

    In der dagegen erhobenen Berufung wurde vom Beschwerdeführer ausgeführt, dass ihm die in Ansatz gebrachten Einkünfte aus Kapitalvermögen nie zugeflossen seien und beim Verwaltungsgerichtshof bereits ein Verfahren zu einem gleich gelagerten Fall anhängig sei.

    Mit Schreiben vom 25. März 2003 wurde dem Beschwerdeführer, unter Hinweis auf das Erkenntnis vom 25. November 2002, 97/14/0094, mitgeteilt, dass der Verwaltungsgerichtshof im Erwerb eines vom EKC begebenen "Letters" weder die Teilnahme an einem Glücks- noch an einem Pyramidenspiel gesehen und entschieden habe, dass die dem Anleger über das zurückgezahlte Kapital hinaus ausbezahlten Erträge (in der Regel ab der achten Ratenzahlung) Einkünfte aus Kapitalvermögen darstellten. Es sei klargestellt worden, dass der Verlust des einbezahlten Kapitals steuerlich unbeachtlich sei. Ob die Beträge tatsächlich zur Auszahlung gelangten oder zum Erwerb neuer "Letter" verwendet würden, sei steuerlich irrelevant, weil letzteres als Einkommensverwendung zu qualifizieren sei.

    Mit Berufungsvorentscheidung vom 20. Juni 2003 wurde die Berufung einer Erledigung zugeführt, wobei die Einkünfte aus Kapitalvermögen aufgrund näher dargestellter Berechnungen von 147.000 S auf 100.100 S vermindert wurden.

    Der Beschwerdeführer beantragte die Vorlage der Berufung zur Entscheidung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz und brachte unter Bezugnahme auf das Erkenntnis vom 25. November 2002, 97/14/0094, vor, er behaupte nicht an einem Pyramiden- oder Glücksspiel teilgenommen, sondern Investitionen durch seinen Betreuer Manfred D. bei der R-GmbH getätigt zu haben. Die Gelder sollten vereinbarungsgemäß für CD-Produktionen, Reiseunternehmen, Immobilienkauf, Bankbeteiligungen, sowie Überbrückungskredite in der Hochfinanz für Firmen in Zahlungsschwierigkeiten usw. verwendet werden. Der Beschwerdeführer sei getäuscht und durch Vorspiegelung falscher Tatsachen zum Kauf von "Letters" bewogen worden. Er beantrage die Einvernahme seines Betreuers Manfred D. als Zeuge. Dieser solle inbesondere zu den Investitionen und Wechseln befragt werden.

    Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung teilweise statt.

    Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits im Erkenntnis vom 25. November 2002, 97/14/0094, ausgesprochen habe, stellten die dem Erwerber eines "Letters" über das zurückgezahlte Kapital iSd § 19 Abs. 1 EStG 1988 ausbezahlten Beträge (in der Regel ab der achten Ratenzahlung) Einkünfte gemäß § 27 Abs. 1 Z 4 leg. cit. dar.

    Einnahmen würden als zugeflossen i.S.d. § 19 EStG 1988 gelten, wenn ein Steuerpflichtiger über sie rechtlich und wirtschaftlich verfügen könne. Wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 6. Juli 2006, 2003/15/0128, neuerlich bestätigt habe, verfüge der Gläubiger über einen Geldbetrag, wenn die Auszahlung des Geldbetrages auf Wunsch des Gläubigers verschoben werde, obwohl der Schuldner zahlungswillig sei. Sei eine Auszahlung grundsätzlich möglich, entscheide der Gläubiger aber - wenn auch nach Überredung durch den Schuldner - die fälligen Erträge wieder zu veranlagen, so sei der Zufluss i.S.d. § 19 EStG 1988 durch die Verfügung der Wiederveranlagung in diesem Zeitpunkt erfolgt. Der wiederveranlagte Ertrag bilde eine neue Einkunftsquelle (Kapital), deren Untergang auf die Steuerpflicht früher zugeflossener Erträge keine Auswirkung habe.

    Laut Eingabe des Beschwerdeführers vom 30. Mai 1997 sei sein "Verlust eingetreten, weil durch eine geschickte Wiederveranlagungsstrategie die tatsächlichen Auszahlungen verhindert und später durch Geldmangel faktisch unmöglich gemacht" worden seien. Dem Umstand, dass der Beschwerdeführer ein Schreiben des Betreuers Manfred D. vorgelegt habe, in dem dieser bestätige, dass ab Oktober 1994 keine Auszahlungen mehr erfolgt seien, sei in der Berufungsvorentscheidung insofern Rechnung getragen worden, als in Abänderung des bekämpften Erstbescheides nur mehr die bis September 1994 fälligen Zinsen der Besteuerung unterworfen worden seien. Dem Argument des letztlich erlittenen Verlustes sei zu entgegnen, dass laut Vertragslage kein "Letterkäufer" verpflichtet gewesen sei, weitere "Letter" zu kaufen. Die Wiederveranlagung in zusätzliche "Letter" stelle solange eine steuerlich unbeachtliche Einkommensverwendung dar, als die Zahlungsfähigkeit der Gesellschaft gegeben sei, was nach der Aktenlage bis Oktober 1994 der Fall gewesen sei. Bei Erlassung der Berufungsvorentscheidung habe daher unbedenklich von einem Zufluss der fälligen Zinsen bis einschließlich September 1994 in Höhe von 100.100 S ausgegangen werden können.

    Von der Zeugeneinvernahme des Manfred D. sei Abstand genommen worden. Einerseits sei ein Beweisthema, welche konkreten Tatsachenbehauptungen im Einzelnen durch die angebotene Zeugeneinvernahme hätten erwiesen werden sollen, nicht genannt worden. Andererseits sei in Würdigung der schriftlichen Bestätigung von Manfred D. eine Zurechnung von Kapitaleinkünften nur bis einschließlich September 1994 erfolgt.

    Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der diese mit Beschluss vom 13. Oktober 2006, B 1747/06, abgelehnt und dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten hat.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die für das verwaltungsgerichtliche Verfahren ergänzte Beschwerde nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

In den Erkenntnissen vom 25. November 2002, 97/14/0094, VwSlg 7763 F/2002, und vom 6. Juli 2006, 2003/15/0128, auf welche gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird, hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass die einem Erwerber eines "Letter" des EKC (in der Regel ab der achten Ratenzahlung) über das zurückgezahlte Kapital iSd § 19 Abs. 1 EStG 1988 zugeflossenen Beträge Einkünfte gemäß § 27 Abs. 1 Z 4 leg. cit. darstellen.

Die Beschwerde rügt, dass Manfred D. nicht als Zeuge einvernommen worden sei, obwohl der Antrag auf Zeugeneinvernahme "sowohl in der ersten Instanz als auch im Berufungsverfahren aufrecht erhalten" worden sei, und trägt vor, die Einvernahme des Zeugen Manfred D. hätte klar gelegt, dass bereits im Juli 1994 keine Auszahlungen mehr erfolgt seien und die Heranziehung der Auszahlungsmonate Juli bis September 1994 nicht rechtens sei.

Die Rüge ist nicht berechtigt. Vorweg ist der Beschwerde zu entgegnen, dass der Antrag auf Einvernahme von Manfred D. als Zeuge erst im Vorlageantrag gestellt wurde. Der Antrag lautete:

"Ich beantrage hier die detaillierte Zeugeneinvernahme meines Betreuers (Manfred D.). Insbesondere soll er zu den Investitionen und Wechseln befragt werden." Ein Beweisthema, welche konkreten Tatsachenbehauptungen im einzelnen durch die angebotene Zeugeneinvernahme erwiesen werden sollten, ist nicht genannt, weshalb die belangte Behörde zu einer solcherart als Erkundungsbeweis anzusehenden Einvernahme nicht verpflichtet war (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 24. September 2003, 2001/13/0286).

Dass die Einvernahme von Manfred D. klar gelegt hätte, dass bereits im Juli 1994 keine Auszahlungen mehr erfolgt seien, wurde im Verwaltungsverfahren nicht behauptet und steht im Widerspruch zum Schreiben des Manfred D., das vom Beschwerdeführer der belangten Behörde vorgelegt wurde. In diesem Schreiben führt Manfred D. aus: "Von der Firma (...) war auch ich im Jahr 1994 Betreuer und bestätige Ihnen hiermit, dass im Oktober - November und Dezember 1994 keine Letterauszahlungen durchgeführt wurden, da kein Geld von der Firma (...) vorhanden war, es wurde allen empfohlen Aktien oder Letter dafür zu nehmen (reinvestieren)."

Aufgrund der vorgelegten Bestätigung des Manfred D. und dem Vorbringen des Beschwerdeführers im Schreiben vom 30. Mai 1997, wonach sein Verlust eingetreten sei, weil durch eine geschickte Wiederanlagestrategie die tatsächlichen Auszahlungen verhindert und später durch Geldmangel faktisch unmöglich geworden seien, kann der belangten Behörde auch nicht mit Erfolg entgegen getreten werden, wenn sie im Sinne der Erkenntnisse vom 25. November 2002 und vom 6. Juli 2006 von einem Zufluss iSd § 19 Abs. 1 EStG 1988 der bis einschließlich August 1994 fälligen Zinsen im Zeitpunkt der Wiederveranlagung ausgegangen ist.

Die Beschwerde rügt weiters, der Beschwerdeführer habe in beiden Instanzen Rechtsbelehrung ("Manuduktionspflicht") beantragt, damit der Sachverhalt vollständig aufgehellt werde und keine höhere Besteuerung erfolge, als gesetzlich notwendig.

Auch diese Rüge ist nicht berechtigt. Die Rechtsbelehrungspflicht des § 113 BAO bezieht sich nur auf Verfahrensangelegenheiten und nicht auf Fragen des materiellen Rechts. Es besteht keine Verpflichtung, der Partei Ratschläge über den Inhalt erfolgversprechender Eingaben zu geben oder Anleitungen dahingehend zu erteilen, bei welchem Sachvorbringen eine für sie günstige Entscheidung zu erwarten wäre (vgl. Ritz, BAO3, § 113 Tz 1f).

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 29. Juli 2010

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