Normen
AVG §8;
BauG Stmk 1995 §19 Abs5;
BauG Stmk 1995 §26 Abs1 Z5;
BauG Stmk 1995 §5;
BauG Stmk 1995 §65 Abs1 ;
BauG Stmk 1995 §65 Abs1;
BauRallg;
B-VG Art10 Abs1 Z10;
AVG §8;
BauG Stmk 1995 §19 Abs5;
BauG Stmk 1995 §26 Abs1 Z5;
BauG Stmk 1995 §5;
BauG Stmk 1995 §65 Abs1 ;
BauG Stmk 1995 §65 Abs1;
BauRallg;
B-VG Art10 Abs1 Z10;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat der Landeshauptstadt Graz Aufwendungen in der Höhe von EUR 305,60 und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem am 14. März 2008 eingebrachten Baugesuch vom selben Tag kam die mitbeteiligte Partei (kurz: Bauwerberin) um die Erteilung der baubehördlichen Bewilligung für die Errichtung eines unterkellerten, vier- bis fünfgeschossigen Wohnhauses mit 21 Wohneinheiten, 5 Pkw-Abstellplätzen sowie einer Tiefgarage für 20 Pkw und Geländeveränderungen auf einer (im Flächenwidmungsplan als Bauland gewidmeten) Liegenschaft in Graz ein. Der Beschwerdeführer ist Miteigentümer eines Grundstückes, das dem Baugrundstück in nordwestlicher Richtung davon an der G.R.-Gasse gegenüberliegt. Die Zufahrt zur Tiefgarage des Projektes liegt in diesem Bereich der G.R.-Gasse. Entlang der Tiefgarageneinfahrt ist zum nordöstlich gelegenen, unmittelbar angrenzenden Nachbargrundstück eine ca. 5,5 m lange, 1,8 m hohe Lärmschutzwand vorgesehen. Das Projekt sieht auf dem Baugrundstück südöstlich im Bereich der dort konzipierten Abstellplätze im Freien zur Grundgrenze hin eine weitere Lärmschutzwand mit einer Höhe von 1,8 m vor. Das Baugrundstück und die umliegenden Grundstücke befinden sich im HQ30-Hochwassergefährdungs- und Ausuferungsbereich des S-Baches.
In der von der (auf Grund eines Devolutionsantrages der Bauwerberin als Behörde erster Instanz zuständig gewordenen) belangten Behörde am 26. November 2008 durchgeführten Bauverhandlung erhob unter anderem der Beschwerdeführer Einwendungen gegen das Vorhaben, und zwar, soweit für das Beschwerdeverfahren noch erheblich, hinsichtlich von Lärmimmissionen und der Vergrößerung der Hochwassergefahr für sein Grundstück durch das Vorhaben.
Nach verschiedenen Verfahrensschritten hat die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid die angestrebte Baubewilligung mit einer Reihe von Vorschreibungen und Auflagen erteilt (auf die angeführte, südöstlich am Baugrundstück gelegene Lärmschutzwand nimmt die Auflage 30. Bezug, nach der sie in einer bestimmten Höhe und mit einem bestimmten Schalldämmmaß auszuführen ist). Bezogen auf die Einwendungen des Beschwerdeführers führte die belangte Behörde zur Begründung aus, dass zur Frage des ausreichenden Schallschutzes eines Gebäudes gemäß § 43 Abs. 2 Z. 5 Stmk. BauG lärmtechnische Gutachten der V & Partner Z.T. GmbH vom 16. Februar 2009 und 6. Mai 2009 sowie gutachterliche Stellungnahmen des lärmtechnischen Amtssachverständigen des Umweltamtes vom 20. Februar 2009 und vom 26. Mai 2009 vorlägen. Aus diesen gehe hervor, dass das Widmungsmaß für das Allgemeine Wohngebiet bei Tag und in der Nacht weder durch die spezifischen Immissionen noch durch den zukünftigen Beurteilungspegel (Summenpegel aus Ist-Situation und spezifischen Immissionen) bei Einhaltung der Schallschutzmaßnahmen überschritten werde. Der Einwendung, durch das Vorhaben entstünde eine Verschärfung der Hochwassersituation, sei entgegenzuhalten, dass Einwendungen, die sich auf wasserrechtliche Bestimmungen stützten, nicht im Bauverfahren zu behandeln seien; wasserrechtliche Bestimmungen begründeten kein subjektiv-öffentliches Nachbarrecht im Bauverfahren.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit.
Die belangte Behörde hat zu diesem Beschwerdeverfahren und zum hg. Beschwerdeverfahren Zl. 2009/06/0163 (betreffend die Beschwerde einer anderen Person) die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer gemeinsamen Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt. Auch die mitbeteiligte Partei hat die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Beschwerdefall ist das Steiermärkische Baugesetz 1995, LGBl. Nr. 59 (Stmk. BauG), in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 6/2008 anzuwenden.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das Mitspracherecht des Nachbarn im Baubewilligungsverfahren in zweifacher Weise beschränkt: Es besteht einerseits nur insoweit, als dem Nachbarn nach den in Betracht kommenden baurechtlichen Vorschriften subjektiv-öffentliche Rechte zukommen, und andererseits nur in jenem Umfang, in dem der Nachbar solche Rechte im Verfahren durch die rechtzeitige Erhebung entsprechender Einwendungen wirksam geltend gemacht hat (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Dezember 1980, Slg. Nr. 10.317/A, u. v.a.). Das gilt weiterhin auch für den Nachbarn, der i.S. des § 27 Stmk. BauG die Parteistellung behalten hat.
Gemäß § 26 Abs. 1 Stmk. BauG kann der Nachbar gegen die Erteilung der Baubewilligung Einwendungen erheben, wenn diese sich auf Bauvorschriften beziehen, die nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse der Nachbarn dienen (subjektiv-öffentlich-rechtliche Einwendungen). Das sind Bestimmungen über
"1. die Übereinstimmung des Vorhabens mit dem Flächenwidmungsplan, einem Bebauungsplan und mit Bebauungsrichtlinien, soweit damit ein Immissionsschutz verbunden ist;
- 2. die Abstände (§ 13);
- 3. den Schallschutz (§ 43 Abs. 2 Z. 5);
- 4. die Brandwände an der Grundgrenze (§ 51 Abs. 1);
- 5. die Vermeidung einer Brandgefahr, einer sonstigen Gefährdung oder unzumutbaren Belästigung (§ 61 Abs. 1, § 63 Abs. 1 und § 65 Abs. 1);
6. die Baueinstellung und die Beseitigung (§ 41 Abs. 6)."
Gemäß § 43 Abs. 2 Z. 5 Stmk. BauG muss das Bauwerk derart geplant und ausgeführt sein, dass der von den Benützern oder von Nachbarn wahrgenommene Schall auf einem Pegel gehalten wird, der nicht gesundheitsgefährdend ist und bei dem zufrieden stellende Wohn- und Arbeitsbedingungen sichergestellt sind.
§ 65 Abs. 1 Stmk. BauG lautet:
"(1) Bei baulichen Anlagen ist eine einwandfreie Entsorgung der anfallenden Abwässer und Beseitigung der Niederschlagswässer auf Bestandsdauer sicherzustellen. Dafür erforderliche Anlagen sind so anzuordnen, herzustellen und in Stand zu halten, dass sie betriebssicher sind und Gefahren oder unzumutbare Belästigungen nicht entstehen. Bei Veränderungen des Geländes im Bauland und auf daran angrenzenden Grundstücken im Freiland dürfen damit verbundene Änderungen der Abflussverhältnisse keine Gefährdungen oder unzumutbaren Beeinträchtigungen verursachen."
Der Beschwerdeführer führt aus, er habe nicht nur die allgemeine Erhöhung der Gefahr eines Hochwassers für sein Grundstück auf Grund des geplanten Bauvorhabens geltend gemacht. Die Besonderheit im vorliegenden Fall sei es, dass die Tiefgaragenabfahrt des Projektes seinem Grundstück gegenüberliege und durch die zusätzliche Versiegelung des Bauplatzes die (schon einmal so schädlich gewesenen) Immissionen von Wasser gleichsam durch direkte Zuleitung noch verstärkt würden. Er habe sich also nicht auf die allgemeine Verschärfung der Hochwasserlage an sich, sondern sehr wohl auf eine Verschärfung des Eindringens von Wasser (im Zuge eines Hochwasserereignisses) berufen, die durch die Versiegelung des Bauplatzes verursacht würde. Dies bilde ein Nachbarrecht, da gemäß § 65 Abs. 1 i.V.m. § 26 Abs. 1 Z. 5 Stmk. BauG bei Veränderungen des Geländes im Bauland damit verbundene Änderungen der Abflussverhältnisse keine Gefährdungen oder unzumutbare Beeinträchtigungen verursachen dürften. Der vorliegende Fall sei dem im Erkenntnis vom 18. September 2003, Zl. 2003/06/0052, zu Grunde liegenden Fall vergleichbar, in dem sich auf Grund einer unzureichenden Ableitung der Niederschlagswässer für die Nachbarin die Gefahr von Hangrutschungen ergeben habe, was als Nachbarrecht anerkannt worden sei. Auch der Beschwerdeführer mache nicht nur eine mangelnde Bauplatzeignung geltend, sondern die durch die spezifische Baukonstellation hervorgerufene Gefährdung seines Grundstücks, das vom Bauplatz allein durch eine gleichfalls versiegelte öffentliche Straße getrennt sei und das Projekt gerade in diesem Bereich die Tiefgaragenabfahrt habe. Die projektierte Versiegelung des Bauplatzes würde dort zu erhöhten Immissionen führen. Mit diesem Einwand habe sich kein Sachverständiger auseinander gesetzt. Die vorliegenden Gutachten beschäftigten sich nur mit der Versickerung der auf dem Bauplatz selbst anfallenden Niederschlagswässer. Auch am 18. Juli 2009 habe ein drei- bis vierstündiger starker Regen dazu geführt, dass der S-Bach auf der Höhe eines näher genannten Grundstückes rechtsseitig ausgeufert sei, die Wassermengen seien dann über die umstrittenen Hochwasserverteilungsmulden dieses Grundstückes direkt über den H-Weg und die G-Gasse zur Liegenschaft des Beschwerdeführers und zum verfahrensgegenständlichen Baugrundstück geleitet worden und hätten dort beide Liegenschaften überschwemmt. Von dort sei das Hochwasser über die G.R.-Gasse und die G-Gasse in den Ortskern A. weitergeflossen.
Dem ist Folgendes zu entgegnen: § 26 Abs. 1 Z. 5 i.V.m. § 65 Abs. 1 Stmk. BauG gewährt dem Nachbarn ein Mitspracherecht betreffend die im § 65 Abs. 1 zweiter Satz umschriebenen Anlagen einerseits (nämlich zur einwandfreien Entsorgung der anfallenden Abwässer und Beseitigung der Niederschlagswässer auf Bestanddauer) und (dritter Satz) hinsichtlich näher umschriebener Geländeveränderungen andererseits. Das Vorbringen des Beschwerdeführers bezieht sich nicht auf bauliche Anlagen im Sinne des zweiten Satzes leg. cit., sondern auf eine befürchtete Vergrößerung der Hochwassergefahr (durch die Versiegelung des benachbarten Bauplatzes und die seinem Grundstück gegenüber liegende Tiefgaragenabfahrt), die von diesem zweiten Satz nicht umfasst ist (siehe dazu das hg. Erkenntnis vom 26. Jänner 2006, Zl. 2002/06/0205, m.w.N.). Für den Beschwerdeführer ist aber auch nichts aus dem dritten Satz dieses Absatzes (Geländeveränderungen) zu gewinnen. Wie dies der Verwaltungsgerichtshof in dem hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2009/06/0163, näher begründet ausgesprochen hat, worauf gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, soll § 65 Abs. 1 dritter Satz leg. cit. über die Problematik von durch eine Geländeveränderung bewirkten geänderten Abflussverhältnissen der Oberflächenwässer hinaus keinen Nachbarschutz im Katastrophenfall, nämlich bei einem Hochwasser, bewirken. Vielmehr steht dem Beschwerdeführer im Bauverfahren, auch wenn er sich auf Geländeveränderungen (Absenkung des Geländes) beruft, kein subjektiv-öffentliches Nachbarrecht zur Abwehr von Hochwassergefahren zu; die genannte Novelle bietet keinen Anlass, von der bisherigen Rechtsprechung, wie im zitierten Erkenntnis vom 26. Jänner 2006, Zl. 2002/06/0205, dargestellt (siehe zuletzt auch das hg. Erkenntnis vom 27. Jänner 2009, Zl. 2005/06/0082), abzurücken. Eine Vergleichbarkeit mit dem dem Erkenntnis vom 18. September 2003 zu Grunde gelegenen Fall ist schon deshalb nicht gegeben, da der Beschwerdeführer im vorliegenden Fall gerade nicht geltend gemacht hat, dass die für das Bauvorhaben vorgesehenen baulichen Anlagen für die Ableitung der Niederschlagswässer unzureichend seien.
Der Beschwerdeführer macht weiters Lärmimmissionen insoweit geltend, als nach einer vorgeschriebenen Auflage eine Lärmschutzwand im Freien mit einer Höhe von 1,8 m über dem Niveau der Fahrbewegungen auszuführen sei. Die Wohnung des Beschwerdeführers liege im 3. bzw. 4. Stock des dem Bauprojekt gegenüberliegenden Gebäudes. Die bloß 1,8 m hohe Lärmschutzwand würde die Ausbreitung des Schalls in seine Richtung in keiner Weise behindern. Die von der belangten Behörde diesbezüglich vorgesehene Auflage sei für den Schutz des Beschwerdeführers untauglich.
Dazu ist Folgendes auszuführen: Die im Projekt vorgesehene Lärmschutzwand im Bereich der Abstellplätze im Freien, die die Auflage 30. des angefochtenen Bescheides betrifft, befindet sich im südöstlichen Bereich des Bauvorhabens auf der dem Grundstück des Beschwerdeführers abgewandten Seite dieses Bauvorhabens. Im Projekt ist weiters zu der nordöstlichen Grundgrenze hin im Bereich der Zufahrt zur Tiefgarage gleichfalls eine Lärmschutzwand in der Höhe von 1,8 m vorgesehen, auf die sich das Vorbringen des Beschwerdeführers offensichtlich beziehen will. Diese Lärmschutzwand bietet einen Schutz bzw. eine Verminderung der auf der Zufahrt entstehenden Lärmimmissionen zu dem nordöstlich unmittelbar angrenzenden Grundstück hin. Für das Grundstück des Beschwerdeführers, das an der G.R.-Gasse gegenüber dem Bauprojekt gelegen ist, ist in lärmmäßiger Hinsicht der sich auf dieser öffentlichen Verkehrsfläche ereignende Verkehrslärm maßgeblich. Der Nachbar hat im Bauverfahren kein Recht, dass sich die Verkehrsverhältnisse auf öffentlichen Verkehrsflächen nicht ändern (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 22. April 1999, Zl. 99/06/0015). Dass die Lärmimmissionen auf der vorgesehenen Garagenzufahrt die durch den Verkehr auf der G.R.-Gasse bewirkten Lärmimmissionen erhöhten und nicht in diesen untergingen, wird vom Beschwerdeführer nicht behauptet und ist auch für den Verwaltungsgerichtshof nicht ersichtlich. Mit diesem Vorbringen kann der Beschwerdeführer keine Bedenken im Hinblick auf den gemäß § 43 Abs. 2 Z. 5 Stmk. BauG einzuhaltenden Schallschutz durch das verfahrensgegenständliche Vorhaben erwecken.
Weiters regt der Beschwerdeführer an, § 26 Abs. 1 zweiter Satz Stmk. BauG beim Verfassungsgerichtshof in Prüfung zu ziehen, da die dort enthaltenen Nachbarrechte kein Nachbarrecht auf Abwehr der Verschärfung der Immissionen von Hochwasser von dem Bauplatz auf das Nachbargrundstück vermitteln. Der Verwaltungsgerichtshof teilt diese Normbedenken nicht. Das Stmk. BauG berücksichtigt die Gefahr von Hochwasser einerseits im Zusammenhang mit der Bauplatzeignung im § 5, die von Amts wegen wahrzunehmen ist, andererseits fällt es in die Kompetenz des Bundesgesetzgebers im Rahmen der Sachmaterie "Wasserrecht" gemäß Art. 10 Abs. 1 Z. 10 B-VG - wie dies auch im Wasserrechtsgesetz erfolgt ist - Regelungen zum Schutz vor Hochwasser zu treffen.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008. Da die Gegenschrift gemeinsam zu zwei Beschwerdeverfahren erstattet wurde, was sinngemäß für die Aktenvorlage gilt, wurde der Landeshauptstadt Graz in diesem Beschwerdeverfahren die Hälfte des Schriftsatz- und Vorlageaufwandes zugesprochen.
Wien, am 21. Oktober 2009
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