VwGH 99/06/0015

VwGH99/06/001522.4.1999

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Händschke und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fischer, über die Beschwerde 1. des R G und 2. der I G, beide in L, beide vertreten durch S und B Rechtsanwälte KEG D, Rechtsanwalts-Gesellschaft in D, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bregenz vom 18. Dezember 1998, Zl. I-2-16/1998, betreffend Nachbareinwendungen im Bauverfahren (mitbeteiligte Parteien: P in L; 2. Marktgemeinde Lauterach, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §8;
BauG Vlbg 1972 §12 Abs1;
BauG Vlbg 1972 §12 Abs2;
BauG Vlbg 1972 §2 liti;
BauG Vlbg 1972 §30 Abs1 litb;
BauG Vlbg 1972 §30 Abs1 litd;
BauG Vlbg 1972 §30 Abs1;
BauG Vlbg 1972 §30;
BauG Vlbg 1972 §6 Abs10;
BauRallg;
GaragenV Vlbg 1976 §4 Abs4;
AVG §8;
BauG Vlbg 1972 §12 Abs1;
BauG Vlbg 1972 §12 Abs2;
BauG Vlbg 1972 §2 liti;
BauG Vlbg 1972 §30 Abs1 litb;
BauG Vlbg 1972 §30 Abs1 litd;
BauG Vlbg 1972 §30 Abs1;
BauG Vlbg 1972 §30;
BauG Vlbg 1972 §6 Abs10;
BauRallg;
GaragenV Vlbg 1976 §4 Abs4;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aufgrund der Beschwerde und der dieser angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ist von folgendem Sachverhalt auszugehen:

Mit Bescheid des Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde vom 10. August 1998 wurde dem Erstmitbeteiligten die Baubewilligung für den Umbau des bestehenden Stadls auf näher angeführten Grundstücken erteilt. Die Grundstücke lägen an der B 190, stünden im Eigentum des Erstmitbeteiligten und seien als Bau-Mischgebiet gewidmet.

Der gegen diesen Bescheid von den Beschwerdeführern eingebrachten Berufung wurde mit Bescheid der Gemeindevertretung der mitbeteiligten Gemeinde vom 21. Oktober 1998 insoweit Folge gegeben, als die Einwendungen "insofern sie sich auf § 6 Baugesetz stützen, als unbegründet abgewiesen und im übrigen gemäß § 30 Abs. 2 Baugesetz als unzulässig zurückgewiesen wurden".

Die gegen diesen Bescheid erhobene Vorstellung der Beschwerdeführer wurde mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen. Diese Entscheidung wurde im wesentlichen damit begründet, dass der Nachbar nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes im Bauverfahren weder einen Rechtsanspruch darauf habe, dass sich die Verkehrsverhältnisse auf einer öffentlichen Straße nicht änderten, noch ob die öffentliche Verkehrsfläche der beabsichtigten Verwendung des auf dem Baugrundstück zu errichtenden Objektes entspreche. Hinsichtlich der im Lichte des § 12 Vbg BauG geltend gemachten fehlenden Abstellplätze werde darauf verwiesen, dass sich nach dem klaren Wortlaut des Vbg BauG diese Nachbarrechte nur auf Nachbargrundstücke bezögen, "die eines besonderen Schutzes gegen Lärm und sonstige Belästigungen bedürfen". Dazu zählten jedenfalls reine Wohnobjekte, Gasthäuser, Lebensmittelgeschäfte und dgl. nicht (es werde auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes VwSlg. Nr. 12.141/A, verwiesen). Die Objekte der Beschwerdeführer, die Wohnzwecken dienten sowie einen Kiosk beherbergten, seien daher nicht besonders schutzwürdig im Sinne dieser Bestimmung. Die Frage, ob es sich bei dem vorliegenden Lokal um ein "Fast-Food-Lokal" handle, sei rechtlich unerheblich. Zu dem Vorbringen, es stelle einen wesentlichen Verfahrensmangel dar, dass zum Schutz gegen Immissionen aus dem Zu- und Abfahrtsverkehr des Baugrundstückes durch Vorkehrungen und Sicherheitsmaßnahmen, wie z.B. Lärmschutzwände, keine Sachverständigengutachten eingeholt worden seien, werde auf § 30 Abs. 1 lit. b Vbg BauG verwiesen, wonach über Einwendungen der Nachbarn in Erledigung über den Bauantrag abzusprechen sei, die sich auf Rechte nach § 6 stützten, "insoweit dieser den Schutz der Nachbarn aus Rücksichten des Brandschutzes und der Gesundheit, insbesondere Belichtung, Luft- und Lärm, betrifft". Abgesehen davon, dass die Beschwerdeführer hinsichtlich der Geltendmachung der Widmungswidrigkeit präkludiert seien, bestehe weder hinsichtlich der Einhaltung eines Flächenwidmungsplanes noch hinsichtlich eines allgemeinen Immissionsschutzes ein subjektv-öffentliches Nachbarrecht. Weiters sei festzuhalten, dass eine Imbißstube bzw. eine Jausenstation eine für ein Bau-Mischgebiet geradezu typische Anlage darstelle. Von einer wesentlichen Störung im Sinne des § 14 Abs. 4 Vbg Raumplanungsgesetz könne bei einem Gastgewerbebetrieb dieser Größenordnung nicht ausgegangen werden. Es habe daher keine Veranlassung der Baubehörde bestanden, hinsichtlich der Flächenwidmung ein Sachverständigengutachten einzuholen. Es sei davon auszugehen, dass das Bauvorhaben mit der vorliegenden Widmung vereinbar sei. Der Baubehörde sei ferner Recht zu geben, dass sie zu prüfen habe, ob ein Bauprojekt in seiner vorgesehenen Verwendung betriebstypisch mit dem Flächenwidmungsplan vereinbar sei. In Hauer, Der Nachbar im Baurecht3, 203 ff, werde aufgezeigt, dass "die Abwehr der von einem Gewerbebetrieb ausgehenden konkreten Emission nach der bestehenden, durch die Verfassung vorgezeichneten Rechtslage nicht den Baubehörden, sondern den Gewerbebehörden anvertraut ist". Der Betrieb als solcher, insbesondere die einzelnen Betriebsabläufe, könnten daher nicht Gegenstand des baubehördlichen Bewilligungsverfahrens sein. Sofern die Beschwerdeführer auf die mangelnde Parteistellung im gewerberechtlichen Genehmigungsverfahren verwiesen, sei festzuhalten, dass sie von ihrem nach § 359b Abs. 1 GewO im Verfahren der Bezirkshauptmannschaft Bregenz zustehenden Anhörungsrecht sehr wohl Gebrauch gemacht hätten. Dies hätte zur Folge gehabt, dass im Betriebsanlagengenehmigungsverfahren nicht nur Lärmmessungen durchgeführt worden seien, sondern anhand des Ergebnisses des dort umfangreich geführten Ermittlungsverfahrens nach dem rechtskräftigen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft vom 13. Juli 1998 auch Lärmschutzwände, u.a. zur Liegenschaft des Erstbeschwerdeführers vorgesehen seien. Die Nachbarinteressen hinsichtlich eines Schutzes vor Emissionen seien daher gewahrt worden.

In der dagegen erhobenen Beschwerde wird die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2

VwGG gebildeten Senat erwogen:

Zu den im Rahmen der Begründung der Beschwerde geltend gemachten Rechtsverletzungen der Beschwerdeführer in materieller

Hinsicht ist folgendes auszuführen:

Gemäß der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes haben Nachbarn im Bauverfahren - worauf die Beschwerdeführer selbst verweisen - keinen Anspruch darauf, dass sich die Verkehrsverhältnisse auf der öffentlichen Straße nicht ändern bzw. dass die öffentliche Verkehrsfläche der beabsichtigten Verwendung des auf dem Baugrundstück zu errichtenden Gebäudes entspricht (vgl.

u. a das hg. Erkenntins vom 3. September 1998, Zl. 98/06/0009, und die in Hauer, Der Nachbar im Baurecht5, 316, angeführte hg. Judikatur). Diese Judikatur bezieht sich gerade auf Auswirkungen, die sich aus dem vermehrten Verkehr, der durch ein neues Bauvorhaben ausgelöst wird, für Nachbargrundstücke ergeben. Anders wäre die Sachlage allerdings zu beurteilen, was von den Beschwerdeführern im vorliegenden Fall nicht behauptet wird, dass Belästigungen vom Verkehr auf der Nachbarliegenschaft selbst ausgehen.

Soweit sich die Beschwerdeführer auf § 30 Abs. 1 lit. d iVm § 12 Abs. 1 Vbg BauG berufen, begründen die Beschwerdeführer in keiner Weise näher, warum ein Wohngebäude bzw. ein Kiosk nach ihrer Zweckbestimmung eines besonderen Schutzes der Benützer gegen Lärm oder sonstige Belästigung bedürfen. In dem hg. Erkenntnis vom 6. Juli 1981, Slg. 10.514/A, werden als schützenswerte Einrichtungen im Sinne dieser Bestimmung Schulen, Kirchen, Krankenanstalten und Kindergärten genannt, ein Wohngebäude könne nach diesem Erkenntnis nicht als eine solche schützenswerte Einrichtung angesehen werden. Auch ein Gasthof ist nach der hg. Judikatur keine solche Einrichtung (vgl. das Erkenntnis vom 15. Mai 1986, Zl. 86/06/0076, BauSlg. Nr. 685). Aus § 12 Abs. 1 fünfter Satz Vbg. BauG würde sich auch immer nur ein Anspruch des Nachbarn auf Errichtung von Garagen anstelle von Abstellplätzen im Freien ergeben. Der in § 30 Abs. 1 lit. d Vbg BauG verwiesene § 12 Abs. 1 Vbg BauG enthält keinen weiteren Verweis auf die Garagenordnung. In diesem Zusammenhang wird allerdings folgendes festgestellt: § 4 Abs. 4 Garagenverordnung bestimmt, dass, wenn im Hinblick auf die beabsichtigte Verwendung und die örtliche Lage der Anlage die nach Abs. 2 vorgeschriebene Mindestanzahl von Stellplätzen nicht ausreicht, entsprechend dem besonderen Bedarf zusätzliche Stellplätze zu schaffen sind. Aus dieser Regelung des Vbg Baurechtes ergibt sich im Zusammenhalt mit § 30 Abs. 1 Vbg. BauG kein Nachbarrecht.

Aus § 30 Abs. 1 lit. b Vbg BauG iVm § 6 Abs. 10 kann aber auch nicht zum Schutz gegen Immissionen aus dem Zu- und Abfahrtsverkehr ein Recht des Nachbarn auf Vorschreibung zweckentsprechender Auflagen abgeleitet werden. § 6 Abs. 10 Vbg Baugesetz sieht als ausschließliche Anordnung die Festsetzung größerer als in Abs. 2 bis 8 vorgeschriebener Abstandsflächen und Abstände vor, wenn der Verwendungszweck eines Bauwerkes eine das ortsübliche Ausmaß übersteigende Belästigung oder eine Gefährdung der Nachbarn erwarten lässt. Diese Bestimmung ermöglicht somit nicht die Anordnung von Auflagen und bezieht sich im übrigen nur auf Immissionen, die sich aus dem Verwendungszweck eines Bauwerkes ergeben.

Wenn die Beschwerdeführer weiters die Widmungswidrigkeit des Bauvorhabens rügen, genügt es ihnen entgegenzuhalten, dass dem Nachbarn gemäß dem Vbg Baugesetz (§ 30 Abs. 1) kein Recht auf Einhaltung der Widmung zukommt (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 3. September 1998, Zl. 98/06/0009, und vom 5. Oktober 1998, Zl. 97/06/0276). Gemäß § 30 Abs. 1 Vbg. BauG steht dem Nachbarn auch dann kein Recht auf Einhaltung der Widmung zu, wenn die Widmungsregelung einen Immissionsschutz vorsieht. Die Zulässigkeit des Bauvorhabens in der Widmung kann im Rahmen der Nachbarrechte nur im Zusammenhang mit § 6 Abs. 10 Vbg BauG und dem geltend gemachten Anspruch auf Festsetzung eines höheren Abstandes im Sinne dieser Bestimmung geltend gemacht werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. Oktober 1998, Zl. 97/06/0276). Unbestritten haben die Beschwerdeführer ein solches Recht auf einen größeren Abstand gemäß § 6 Abs. 10 leg. cit. im Verfahren nicht vorgetragen.

Da eine Verletzung der Beschwerdeführer in den in der Beschwerde vorgetragenen materiellen Rechten nicht in Betracht kommt, erübrigte sich ein näheres Eingehen auf die von den Beschwerdeführern für verletzt erachteten Verfahrensrechte, da prozessuale Rechte der Durchsetzung materieller Rechte dienen und daher nie weiter gehen können als diese materiellen Rechte selbst (vgl. hg. Erkenntnis vom 29. Jänner 1996, 94/10/0064).

Da die Beschwerde bereits erkennen lässt, dass die von den Beschwerdeführern behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 22. April 1999

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